Ella Fitzgerald zum 100. Geburtstag: Die First Lady of Swing | Jazz & Weltmusik | BR-KLASSIK | Bayerischer Rundfunk

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Ella Fitzgerald zum 100. Geburtstag Die First Lady of Swing

Ihr Leben klingt wie ein Song: schwere Kindheit, der märchenhafte Durchbruch, eine steile, weltweite Karriere und der einsame Tod in einer Villa in Beverly Hills. Ella Fitzgerald war die "First Lady of Swing" und wird bis heute als bedeutendste Jazzsängerin überhaupt angesehen. Am 25. April wäre sie 100 Jahre alt geworden.

Jazz-Sängerin Ella Fitzgerald auf der Bühne | Bildquelle: picture alliance/KEYSTONE

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Ihre Stimme hatte das gewisse Etwas, das jeden Superlativ rechtfertigt: die eleganteste, die feinste, die swingendste. Sie glitzerte, sie schimmerte, sie ließ Hörer mit offenem Mund staunen. Eine Stimme, die so stark war, dass selbst Blasinstrumentalisten, und zwar die besten, sie fürchteten - und die zugleich eine bluesige Tiefe und eine samtige Wärme hatte.

Diese Stimme konnte im Grunde alles: sich von einem Orchester oder einer Bigband tragen lassen, zusammen mit Klavier, Bass und Schlagzeug einen dichten Groove entwickeln, der selbst die Instrumentalisten vorantrieb. Daneben aber auch: in kleinster Besetzung mit ganz viel Blues und Sinnlichkeit die Story eines Songs ungemein plastisch erzählen. Und: Sie konnte ihr Publikum bezaubern. Wenige Musiker wurden so bedingungslos geliebt, gefeiert und verehrt wie Ella Fitzgerald.

Überleben durch Tanzen

Geboren am 25. April 1917 in Newport News, Virginia, aufgewachsen in Yonkers bei New York. Die Eltern: Wäscherin und Kutscher, nicht verheiratet. Der Vater verlässt die Mutter, als das Kind noch kein Jahr alt ist. 1932 stirbt die Mutter an den Folgen eines Autounfalls. Das Mädchen zieht zu einer Tante, arbeitet als Aufpasserin für ein Bordell und als Wetten-Einsammlerin bei illegalen Glücksspielen - und landet schließlich in einer Besserungsanstalt für Mädchen. Eine Zeitlang ist sie obdachlos und hält sich über Wasser, indem sie auf der Straße für Geld tanzt.

Fotos aus Berlin von Ludwig Binder

Ludwig-Binder-Sammlung

Von 1965 bis zu seinem Tod 1980 arbeitete Ludwig Binder als freiberuflicher Fotograf. Einer seiner Schwerpunkte war Jazz. Von 1968 bis 1980 fotografierte er in Berlin die Stars der Szene. Sein Nachlass ist seit 1999 im Besitz des Bayerischen Jazzinstituts in Regensburg.

Erster Erfolg mit einem Kinderlied

Mit siebzehn will die straßenerprobte junge Tänzerin bei einem Talentwettbewerb in Harlem zeigen, was sie kann. Weil aber die Mädchen, die vor ihr dran sind, so gut sind, singt sie lieber ein Lied - und gewinnt damit überraschend einen ersten Preis. Daraufhin engagiert sie der Drummer Chick Webb vom Fleck weg als Sängerin für seine Band, und mit ihm spielt sie 1938 mit dem Kinderlied "A Tisket, A Tasket" ihren ersten großen Hit ein.

Norman Granz, Ellas großer Mentor

Nach Chick Webbs Tod 1939 übernimmt sie dieses Orchester sogar und wird, eine Besonderheit zur damaligen Zeit, Bandleaderin einer Bigband. "Ella and her Famous Orchestra" heißt dieses Ensemble. Nach drei Jahren gibt Fitzgerald die Band auf und arbeitet an ihrer Solokarriere. Sie lernt den Impresario Norman Granz kennen, und es beginnt eine Jahrzehnte andauernde Zusammenarbeit.

Granz war aber nicht nur Veranstalter der später weltweiten Konzertserie "Jazz at the Philharmonic". Er war auch Plattenboss, Manager, und vor allem war er ein wichtiger Vorreiter im Kampf gegen die Rassentrennung und gegen die Diskriminierung der schwarzen Musiker. Als eine Airline Ella Fitzgerald keinen Platz im Flugzeug geben wollte, weil mehrere weiße Passagiere für diesen Flug anstanden und die Sängerin deshalb einige Tage auf ihren Weiterflug warten musste, verklagte Granz die Airline - und gewann.

Traum-Duett mit Louis Armstrong

Weltweit berühmt wurde Ella Fitzgerald durch ihre besondere Fähigkeit, mit ihrer flexiblen Stimme instrumentale Linien zu improvisieren. Ihr Gesang: ein Muster an Biegsamkeit, Treffsicherheit und Schönheit der Linienführung. Ihre Aufnahmen: verbindliche Maßstäbe, bis heute. Lieder der großen Musical-Komponisten George Gershwin, Cole Porter, Irving Berlin und Jerome Kern hat kaum eine andere Sängerin witziger, subtiler, funkelnder gesungen. Wie sie sich in Cole-Porter-Stücke wie "I Get a Kick Out of You" und "Begin the Beguine" die Worte auf der Zunge zergehen ließ, wie sie sich mit langem Atem über die Textzeilen hinausschwang und wie sie ohne auch nur den kleinsten Drücker Spitzentöne zum Glitzern brachte - das war schlicht atemberaubend. Und ist es immer noch, wenn man die Musik heute, aus einer zeitlichen Distanz von mehreren Jahrzehnten anhört.

Eine Traumbesetzung sind ihre Duette mit dem Trompeter und Sänger Louis Armstrong in den 50er Jahren, aber auch ihre feinen, leisen Duos mit dem Gitarristen Joe Pass aus den 70ern: Kammermusik mit Stimme und Saiten von zwei Weltmeistern, die sich in äußerster Sensibilität begegnen, die Töne zum Tanzen und die Geschichten, die Songs erzählen können, zum Schillern bringen. Alles Facetten einer ganz großen Gestalt der Jazzgeschichte, der Gigantin einer oft nachgeahmten, aber selten so erreichten Kunst.

Einsames Ende

Die letzten Jahre ihres Lebens waren einsam und tragisch. Ella Fitzgerald litt lange Zeit an Diabetes, drei Jahre vor ihrem Tod mussten ihr beide Unterschenkel amputiert werden. Sie, die erfolgreichste Jazz-Diva aller Zeiten, ließ sich bereits in der Mitte ihres Lebens zum dritten Mal scheiden und lebte zurückgezogen mit Dienstmädchen und Chauffeur. Sie wurde 78 Jahre alt - ihre so stilvollen und vollendet schönen und geschmackssicheren Töne strahlen auch im 21. Jahrhundert unerreicht weiter.

 Ella Fitzgerald auf BR-KLASSIK

Ella Fitzgerald ist vom 24. bis 28. April Thema der Woche in der Mittagsmusik.

Zwei Ausgaben der "Jazztime" - am 25. April und 27. April, jeweils ab 23.05 Uhr - sind Ella Fitzgerald zum 100. Geburtstag gewidmet.

Musik unter anderem von Ella Fitzgerald gibt es außerdem in der Sendung "Classic Sounds in Jazz" am Mittwoch, 26. April, ab 19.05 Uhr.

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