Die juristische Presseschau vom 9. bis 11. März 2024: AfD-Prozess in Münster beginnt / Neuer Streit um Kinderehen / Einsatz von Lügendetektoren

Die juristische Presseschau vom 9. bis 11. März 2024: AfD-Pro­zess in Münster beginnt / Neuer Streit um Kin­der­ehen / Ein­satz von Lügen­de­tek­toren

11.03.2024

Das OVG NRW verhandelt ab morgen über die Einstufung der AfD als extremistischer Verdachtsfall. Die SPD kritisiert Justizminister Buschmanns Vorschlag zu Kinderehen. An deutschen Gerichten werden immer wieder Lügendetektoren eingesetzt.

Thema des Tages

OVG NRW – Verdachtsfall AfD: Am morgigen Dienstag beginnt die Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen um die Einstufung der AfD als "Verdachtsfall" durch das Bundesamt für Verfassungsschutz. Es werden insgesamt drei Verfahren verhandelt, in denen es um die Berufung gegen eine Einstufung der AfD als Verdachtsfall nach dem Bundesverfassungsschutzgesetz, die Einstufung des sogenannten "Flügel“ als Verdachtsfall und als "gesichert extremistische Bestrebung" sowie um die Einstufung der Jungen Alternative für Deutschland als Verdachtsfall geht. Vor dem Verwaltungsgericht Köln sind die AfD-Organisationen mit Klagen gegen die Einstufungen 2022 noch weitgehend gescheitert, seitdem darf der Verfassungsschutz sie mit nachrichtendienstlichen Mitteln, beispielsweise mit V-Leuten, beobachten. Wegen des zu erwartenden Medienandrangs wurde die Verhandlung in die Vorhalle des Gerichtes verlegt, geplant sind zwei Tage. Die AfD wird wohl zwei Strategien verfolgen: die Einschätzungen des Verfassungsschutzes als "willkürliche Meinungsbekundungen einer regierungsabhängigen Behörde" brandmarken und zum zweiten klären lassen, inwiefern das vorgelegte Material nicht selbst vom Geheimdienst verfasst oder provoziert wurde – etwa durch V-Leute. Die Mo-SZ (Ronen Steinke/Christoph Koopmann u.a.) schildert das Verfahren ausführlich in einem Seite 3-Beitrag. Auch die Sa-taz (Konrad Litschko/Gareth Joswig) brachte einen Vorbericht.

Rechtspolitik

Kinderehen: Die SPD-Bundestagsfraktion kritisiert den Vorschlag von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) zur Neuregelung des rechtlichen Umgangs mit im Ausland geschlossenen Kinderehen. Eine Neuregelung ist notwendig, da das Bundesverfassungsgericht vor einem Jahr Teile des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderehen von 2017 für verfassungswidrig erklärt hatte. Auch wenn eine im Ausland geschlossene Ehe automatisch für unwirksam erklärt werden könne, weil einer der Partner beim Eheschluss unter 16 Jahre alt war, müsse die Ehe nach Erreichung der Volljährigkeit als wirksam fortgeführt werden können, so das BVerfG. Der Justizminister wolle nun, dass in jedem Einzelfall entschieden werde, ob die Ehe aufgehoben werden soll oder nicht. Das aber sei "ein völlig falsches Signal", heißt es aus der SPD. Ehen, in denen ein Ehepartner unter 16 Jahre alt war, müssten weiterhin nichtig bleiben, Rechte beim Unterhalt sollten vom Gesetzgeber gesondert geregelt werden. Der Spiegel berichtet.

IStGH-Richterwahl: Am heutigen Montag endet die Amtszeit des deutschen Richters am Internationalen Strafgerichtshof Bertram Schmitt. Dass es für ihn keine deutsche Nachfolger:in gibt, sei für Deutschland "eine Blamage", findet Stephan Klenner (Mo-FAZ) im Leitartikel. Der Autor erläutert erneut, welche Fehler das Auswärtige Amt bei der Kandidatenkür gemacht hat. Er schlägt vor, die Kandidatenwahl künftig anders zu organisieren. Bisher entscheidet ein Auswahlkomitee aus vier Völkerrechtsprofessor:innen, dessen Vorschlag die Außenminister:in zustimmen muss. Stattdessen solle die Außenminister:in im Einvernehmen mit dem Richterwahlausschuss einen Vorschlag benennen, so wäre auch die Opposition und alle Landesjustizminister:innen eingebunden. 

Cannabis: Den aktuellen Stand im Gesetzgebungsverfahren um die geplante Cannabis-Teil-Legalisierung fasst die Sa-SZ (Angelika Slavik) zusammen. Zwar hat der Bundestag vor zwei Wochen das entsprechende Gesetz beschlossen, vermutlich werde am 22. März der Bundesrat aber den Vermittlungsausschuss anrufen. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wolle verhindern, dass nicht nur das Inkrafttreten verschoben wird, sondern das gesamte Gesetz neu verhandelt werden muss. Er drohr den Ländern daher, das gesamte Projekt für gescheitert zu erklären und komplett zurückzuziehen.

Was die im Gesetz vorgesehene Amnestie in der Praxis bedeuten könnte, erläutert der Spiegel (Dietmar Hipp/Christine Keck u.a.). Danach schätze der Deutsche Richterbund, dass bundesweit 100.000 Strafakten durchforstet werden müssten. Die Hälfte der Fälle seien Mischfälle, hier müsse die Cannabis-Strafbarkeit mühsam aus einer Gesamtstrafe herausgerechnet werden. Die Zusatzarbeit könne in einem Rechtsstaat aber kein Argument dafür sein, ein Gesetz zu verschieben, heißt es vom Deutschen Anwaltverein.

Schwangerschaftsabbruch: Nachdem Frankreich die "Freiheit zur Abtreibung" in der Verfassung verankert habe, fordert Milena Hassenkamp (Spiegel) im Leitartikel auch für Deutschland eine Neuregelung des Abtreibungsrechts. Ein verfassungsrechtlich garantiertes Recht auf Abtreibung müsse gar nicht sein, so die Autorin, es würde schon reichen, wenn Deutschland Schwangerschaftsabbrüche endlich entkriminalisieren würde. Der Spiegel blickt in einem weiteren Artikel auf die 1970er-Jahre zurück, als in Deutschland besonders heftig um das Abtreibungsrecht debattiert wurde und das Bundesverfassungsgericht die vom Bundestag zuvor beschlossene Fristenlösung wieder kippte.

Frauen: Am 8. März hat Rechtsprofessorin Anna Katharina Mangold im Verfassungsblog an die Einführung des Internationalen Frauentags im Jahre 1910 erinnert und erläutert, welchen Herausforderungen sich Frauen seitdem gegenübersahen. Unzweifelhaft sei die Gleichberechtigung von Männern und Frauen seit 1910 in vielen Staaten der Welt wesentlich vorangekommen, aber heute kämpften Frauen gegen "gender care gap, gender pay gap (...), digital gender gap, gender data bias, gender lifetime earnings gap, gender pension gap". Hinzu kämen jene Kämpfe, die schon 1910 aktuell waren und es noch immer seien. Der Internationale Frauentag sei daher nach wie vor wichtig.

Wehrpflicht: Über die Schwierigkeiten, eine wieder aktivierte Wehrpflicht tatsächlich nach dem Maßstab der Wehrgerechtigkeit auszugestalten, schreibt Rechtsprofessorin Kathrin Groh im Verfassungsblog. Wie ein willkürfreies Einberufungsverfahren aussehen könnte, sei schwer vorstellbar, meint sie. Die Wehrpflicht müsste von vornherein eingebunden werden in ein allgemeines Dienstpflichtsystem – das alle Männer und alle Frauen gleichermaßen treffe, hierfür wäre eine Änderung von Art. 12 GG erforderlich.

Asyl/Arbeitspflicht: In seiner Kolumne weist Rechtsprofessor Arnd Diringer in der WamS angesichts der aktuellen Debatte um eine Arbeitspflicht für Asylbewerber darauf hin, dass bereits jetzt nach den Vorgaben des Asylbewerberleistungsgesetzes Aufnahmeeinrichtungen und vergleichbare Einrichtungen verpflichtet sind, sogenannte Arbeitsgelegenheiten zur Verfügung zu stellen. Bei den vielfach kritisierten 80 Cent pro Stunde handele es sich nicht um Arbeitsentgelt, sondern um eine gesetzlich festgelegte, pauschale Aufwandsentschädigung und sie sei daher auch kein Grund für Empörung.

Streik: Im Interview mit beck-aktuell (Maximilian Amos) erläutert Hochschullehrer Richard Giesen den rechtlichen Rahmen für Streiks und plädiert für eine gesetzliche Regelung von Schlichtungsverfahren. Dabei könne es natürlich keine Zwangsschlichtung geben wie zu Weimarer Zeiten, so Giesen, aber es würde doch die Bereitschaft steigern, sich ernstlich mit einem Angebot der Gegenseite auseinanderzusetzen.

Resilienz des BVerfG: Die Mo-SZ (Ronen Steinke) porträtiert den Berliner Rechtsanwalt Ulrich Karpenstein, der bereits seit 2016 auf Schwachstellen im Grundgesetz aufmerksam macht, die von autoritären Populist:innen als Einfallstore genutzt werden könnten und überlegt, was man für mehr "Resilienz" tun müsste. Karpenstein plädiere dafür, die Regeln für die Wahl der Bundesverfassungsrichter:innen im Grundgesetz zu verankern. Er mahnt, dass die Pläne für die "Resilienz" des Verfassungsgerichts auf keinen Fall zwischen den Parteien "zerrieben" werden dürften, und ärgert sich deshalb, dass das Thema jüngst doch "zu einem Zankapfel zwischen Unions- und Ampelparteien geworden ist".

EU-Verteidigungskommissar:in: Im FAZ-Einspruch erläutert der Jurastudent Tobias Rudloff, wie sich der von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorgeschlagene neue Verteidigungskommissar:in in das EU-Recht einfügen würde. Drei Szenarien seien dabei denkbar: eine Umverteilung von Zuständigkeiten innerhalb der Kommission, ein Doppelhut-Modell, das es einer Person erlaubt, sowohl das Amt der Verteidigungskommissar:in als auch das der Hohen Vertreter:in der EU zu bekleiden, sowie eine Erweiterung der EU-Kompetenzen im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik.

Justiz

Einsatz von Lügendetektoren: Die Sa-taz (Anne Fromm/Sabine Seifert) beschreibt, wie Lügendetektoren in deutschen Gerichtsprozessen weiter zum Einsatz kommen, obwohl der BGH sie 1998 für völlig ungeeignet erklärt hatte. Zur Anwendung komme der Polygraf in Straf- und Zivilverfahren, meistens gehe es um Vorwürfe von Kindesmissbrauch, bei denen Aussage gegen Aussage steht. Eingesetzt wurde der Polygraf vor allem am Amtsgericht Bautzen und anderen Amtsgerichten in Sachsen, aber auch am Amtsgericht Schwäbisch Hall und am Oberlandesgericht Hamm. Meist werde mit dem Test festgestellt, das der Vater sein Kind nicht missbraucht hat und die Mutter ihn aber auch nicht böswillig beschuldigte. Der Vater erhalte dann weiter Umgang mit dem Kind. 

EuGH – DSA/Pornhub: Die Plattform Pornhub klagt, wie die Sa-FAZ (Sieba Abadi) berichtet, vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Europäische Kommission. Pornhub behauptet, dass sich die Kommission bei den Nutzerzahlen geirrt habe und Pornhub deshalb nicht unter die Definition der "sehr großen Online-Plattformen" falle. Entsprechende Pflichten des Digital Services Act würden daher für Pornhub nicht gelten.

BGH zu WEG-Beschlüssen während Corona: Dass während der Corona-Pandemie gefasste WEG-Beschlüsse nicht deshalb nichtig sind, weil die Wohnungseigentümer an der Eigentümerversammlung nicht in Präsenz, sondern nur durch Erteilung einer Vollmacht an den Verwalter teilnehmen konnten, hat jetzt der Bundesgerichtshof entschieden. Wohnungseigentümer hätten sich während der Pandemie in einem Dilemma befunden, so der BGH: Verwalter hätte entweder gegen das Wohnungseigentumsrecht oder gegen das Infektionsschutzrecht verstoßen müssen. spiegel.de, beck-aktuell und LTO berichten.

KG Berlin – Spion im BND: spiegel.de (Wiebke Ramm) resümiert die bisherigen Erkenntnisse aus dem Prozess um den Ex-BND-Beamten Carsten L., dem vorgeworfen wird, für Russland spioniert zu haben. Angeklagt ist L. wegen besonders schweren Landesverrates. Am Mittwoch soll BND-Präsident Bruno Kahl als Zeuge aussagen.

OLG Koblenz – Anschlag auf Asylheim Saarlouis: Das Oberlandesgericht Koblenz hat am Freitag den Haftbefehl gegen den Angeklagten Peter St. aufgehoben, dem vor dem Oberlandesgericht Koblenz Beihilfe zum Mord wegen seiner Beteiligung an einem Brandanschlag auf eine Asylbewerberunterkunft in Saarlouis 1991 vorgeworfen wird. Nach der Aussage des Hauptbelastungszeugen  letzte Woche sah das Gericht keinen dringenden Tatverdacht mehr. Die Nebenkläger:innen, halten den Zeitpunkt für die Aufhebung des Haftbefehls für "verfrüht", weil "zahlreiche Beweismittel nur unzureichend berücksichtigt" worden seien. Der Prozess wird in der kommenden Woche fortgesetzt. spiegel.de (Julia Jüttner) berichtet.

OLG Frankfurt/M. zu Bäumen der Nachbarin: Für das exzessive Kürzen von zwei Bäumen, die auf dem Nachbargrundstück stehen, muss ein Mann Schadensersatz zahlen. Der Mann durfte zwar überhängende Zweige schneiden, stutzte die Bäume dann aber so stark, dass sie möglicherweise absterben. Weil das Landgericht der betroffenen Nachbarin statt der beantragten 35.000 Euro nur 4.000 Euro zusprach, wandte sie sich an das Oberlandesgericht, das daraufhin das erstintanzliche Urteil aufhob. Das Landgericht muss nun aufklären, welche Funktion die Bäume für das konkrete Grundstück hatten. LTO berichtet.

OVG Sachsen-Anhalt zu "Vorgriffstunde" für Lehrer: Die so genannten "Vorgriffstunden" für Lehrer:innen in Sachsen-Anhalt  sind rechtmäßig, entschied das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt und wies zwei Normenkontrollanträge ab. Die entsprechende Verordnung des Bildungsministeriums sei nicht zu beanstanden, es handele sich nicht um eine Erhöhung der Regelarbeitszeit für die Lehrer:innen, vielmehr sei es eine Arbeitszeitverschiebung. Die Lehrer:innen müssen dabei seit einem Jahr wöchentlich eine Stunde mehr unterrichten, was auf einem Arbeitszeitkonto gut geschrieben wird und ab 2033 wieder abgebaut werden kann. LTO berichtet.

LG Frankfurt/M – "Sommermärchen": In der vergangenen Woche hat vor dem Landgericht Frankfurt/M. der "Sommermärchen"-Prozess begonnen, in dem sich die drei Ex-DFB-Funktionäre Theo Zwanziger, Wolfgang Niersbach und Horst R. Schmidt wegen schwerer Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit der Fußball-WM 2006 verantworten müssen. Der Spiegel (Matthias Bartsch/Jürgen Dahlkamp u.a.) fasst die Hintergründe und den bisherigen Verlauf der mündlichen Verhandlung zusammen. Während Schmidt und Niersbach das Verfahren möglichst schnell und geräuschlos beenden wollten und deshalb mit ihren Anwälten bereits vor Prozessbeginn Deals mit der Frankfurter Staatsanwaltschaft ausgehandelt hatten, die allerdings vom Gericht abgelehnt wurden, wolle Theo Zwanziger "die Sache offenbar bis zum Urteil durchziehen".

LG Berlin II zu Mission Lifetime vs Reichelt: Auf Antrag des Seenotrettungsvereins "Mission Lifetime" hat das Landgericht Berlin II bereits im Februar ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 Euro gegen den Geschäftsführer der Rome Medien GmbH Julian Reichelt verhängt. Anlass waren laut Mo-taz ein Video auf dem Youtube-Kanal "Achtung Reichelt" und ein Beitrag auf dem Portal "Nius", in denen fälschlicherweise behauptet wurde, dass Mission Lifeline von einem Verein finanziert werde, an dessen Spitze der Lebensgefährte von Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt stehe.

LG Berlin – Vaterschaftsurlaub: spiegel.de (Florian Gontek) hat einen jungen Vater interviewt, der vor dem Landgericht Berlin Schadensersatz einklagen will, weil die Bundesrepublik es versäumt habe, die EU-Vereinbarkeitsrichtlinie, die einen zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub vorsieht, umzusetzen. Zu seiner Motivation sagt der Kläger, dass es völlig unbestritten sei, dass eine Frau nach der Geburt Zeit brauche, um sich zu erholen, aber er frage sich, warum nicht auch der Vater danach die Möglichkeit haben solle, sich zwei Wochen freizunehmen? Es wäre eine Win-win-win-Situation, die am Ende der Frau, dem Mann – und vor allem dem Kind nutze.

AG Frankfurt/M. zu Fan-Schal: Mit der Frage, ob ein Fußball-Fan, der einem Anhänger der gegnerischen Mannschaft den Fan-Schal weggenommen hatte, eine Nötigung oder einen (räuberischen) Diebstahl begangen hat, musste sich laut LTO das Amtsgericht Frankfurt/M. befassen. Die Staatsanwaltschaft hatte wegen räuberischen Diebstahls angeklagt, das Gericht war aber der Auffassung, dass es dazu an einer Zueignungsabsicht gefehlt habe und eröffnete das Verfahren dementsprechend mit dem Nötigungsvorwurf. Letztlich wurde der Fussballfan wegen uneinheitlicher Zeugenaussagen sogar freigesprochen. 

Richterin Elke Büdenbender: Die WamS (Inga Michler) hat Elke Büdenbender, die Ehefrau von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, interviewt und sie dabei auch befragt, wie sie ihren Beruf als Richterin mit den repräsentativen Aufgaben vereinbart. Nachdem sie in der ersten Amtszeit ihres Mannes eine Auszeit genommen habe, sei sie nun montags, dienstags, mittwochs im Gericht und donnerstags, freitags, samstags und sonntags für das Präsidialamt verfügbar. Es sei manchmal erschöpfend, aber sie sei glücklich mit ihrer Entscheidung, so Büdenbender.

Recht in der Welt

Belgien – Ökozid: Belgien hat den Ökizid in sein Strafgesetzbuch übernommen. Der Doktorand Daniel Bertram analysiert im Verfassungsblog die Neuregelung und kommt dabei zu dem Ergebnis, dass es wegen des eingeschränkten Geltungsbereichs doch eher ein symbolischer Akt sei. Das "wahre Potenzial" könnte aber darin bestehen, "das Eis für künftige Ökozidgesetze gebrochen zu haben."

Irland – Gleichberechtigung: Am Freitag lehnte die irische Bevölkerung zwei Verfassungsänderungen ab, mit denen als sexistisch eingestufte Bestimmungen der irischen Verfassung modernisiert werden sollten. Die Änderungen zur Institution der Ehe und einer Bezugnahme auf häusliche Pflichten von Frauen wurden mit 67 Prozent bzs. 74 Prozent der Stimmen abgelehnt. Die Stimmberechtigten waren wohl vor allem mit den von der Regierung vorgeschlagenen Ersatzformulierungen unzufrieden. Die Mo-taz (Ralf Sotschek) berichtet.

Frankreich – Schwangerschaftsabbruch: Die Rechtsprofessorinnen Eleonora Bottini, Margaux Bouaziz und Stéphanie Hennette-Vauchez erläutern im Verfassungsblog (in englischer Sprache) die Debatte um die nun verabschiedete Verfassungsänderung in Frankreich, nach der Frauen die Freiheit zum Schwangerschaftsabbruch garantiert wird. Mit der Verfassungsänderung soll ein Versprechen an die Welt und zukünftige Generationen gegeben werden, schreiben die Autorinnen. Man müsse nun abwarten, ob französische Politiker:innen und Richter:innen dieses Versprechen einlösen werden.

Sonstiges

Sexueller Missbrauch in katholischer Kirche: Die Rechtsprofessoren Stephan Rixen und Jörg Scheinfeld analysieren auf LTO den Umgang der katholischen Kirche mit den bekannt gewordenen Missbrauchsfällen und entsprechenden Entschädigungsansprüchen. Die Autoren kritisieren die Ablehnung von Vergleichsverhandlungen und appellieren an die Kirchenverantwortlichen, "sich gegenüber den zu entschädigenden Betroffenen, die teils unvorstellbare Gewalt erlitten haben, endlich so zu verhalten, dass weiteres Leid vermieden wird, also so, wie es nicht nur Anstand und Fairness gebieten, sondern wie es neben dem staatlichen Recht ihr eigenes Kirchenrecht fordert". Vergleiche würden die Schuld der Kirche anerkennen und die vielfältigen Belastungen für Betroffene, die mit einem streitigen Verfahren verbunden sind, vermeiden.

AfD-Verbot: Über eine Veranstaltung in Düsseldorf zu den Chancen und Risiken eines AfD-Verbotes schreibt die Sa-FAZ (Martin Otto). Beteiligt an der Diskussion waren auch "Veteranen" der Karlsruher Verfahren gegen die NPD, beispielsweise Peter Müller, der Berichterstatter am zweiten NPD-Verbotsverfahren oder auch der damalige Prozessbevollmächtigte des Bundesrats, der Berliner Staatsrechtslehrer Christian Waldhoff. Letzterer wies unter anderem auf die Unterschiede zwischen dem NPD- und einem möglichen AfD-Verbotsverfahren hin: Das Programm der NPD sei mehr oder weniger eine Kopie des NSDAP-Parteiprogramms "ohne Antisemitismus" gewesen, das Programm der AfD aus dem Jahre 2016 lese sich dagegen "wie ein Bekenntnis zum Grundgesetz".

Insolvenzverwalter für Signa/Benko: Ein Anwalt der Wirtschaftskanzlei Görg verwaltet derzeit als sogenannter vorläufiger Insolvenzverwalter mehr als 100 Verfahren von Signa-Tochterfirmen. Die Kanzlei selbst hat ihren Sitz in einem Hochhaus, das einer wichtigen Firma des Benko-Imperiums gehört, hat die Sa-SZ (Michael Kläsgen) erfahren. Diese Doppelrolle sei nach Ansicht mehrerer Juristen nur "eine von vielen Merkwürdigkeiten, die ins Auge fallen, wenn man sich die Insolvenzverfahren genauer anschaut", heißt es im Text, der auch weitere personelle Verquickungen des Insolvenzverwalters beschreibt.

Sicherungsverwahrung mit Katze: Von "Clyde", einer Katze, die seit zehn Jahren in der Sicherungsverwahrung der Berliner JVA-Tegel lebt, erzählt die Sa-SZ (Jan Stremmel). Kater Clyde sei eine ziemlich große Ausnahme, denn Tiere seien in deutschen Haftanstalten selten, heißt es im Text, meist beschränke sich die Gefängnisfauna auf Fische im Aquarium. Die Katze ermögliche den Insassen, Gefühle zu zeigen.

Rechtsanwalt Olaf Scholz: Für seine Kolumne hat sich Ronen Steinke (Sa-SZ) bei früheren Wegbegleitern von Olaf Scholz informiert, die den Kanzler noch aus seiner früheren Tätigkeit als Rechtsanwalt im Arbeitsrecht kennen. Scholz sei "nicht gerade ein Charmebolzen", gewesen, erinnert sich beispielsweise der spätere Präsident des Landesarbeitsgerichts Hamburg, Helmut Nause, "aber er hatte Ahnung, und er hat gekonnt sein Ziel verfolgt".

"Zone of Interest": Finn Zappel hat sich für LTO den oscar-nominierten Film "Zone of Interest" angesehen, in dem es um das Leben der Familie von Rudolf Höß, dem Kommandant des KZ Auschwitz, und ihren "banalen Alltag" in einem gutbürgerlichen Haus direkt an der Mauer des KZ Auschwitz geht.

Eisenbahnrecht: Martin Rath begibt sich auf LTO auf "Historische Nebengleise des Eisenbahnrechts". Es geht um Zigaretten, die "vom Zuge gefallen" waren, betrunkene Bahnbeamte und ost-westliche Eisenbahner.

 

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LTO/pf/chr

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Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 9. bis 11. März 2024: AfD-Prozess in Münster beginnt / Neuer Streit um Kinderehen / Einsatz von Lügendetektoren . In: Legal Tribune Online, 11.03.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54071/ (abgerufen am: 27.04.2024 )

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