Ekel - Funktion, Aufgabe & Krankheiten | MedLexi.de

Ekel

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 28. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Ekel ist verbunden mit höchst unangenehmen Empfindungen und Emotionen, die entschieden abgelehnt werden wollen. Doch die genauere, wissenschaftliche Betrachtung selbst solcher negativen Gefühlsaspekte birgt interessante Erkenntnisse über unsere Natur, aber auch unsere Kultur.

Somit lohnt es sich, das Gefühl des Ekels zu definieren, seine Funktionen und Nutzen für den Menschen zu ergründen und etwaige Ekelstörungen beim Menschen zu erläutern.

Inhaltsverzeichnis

Was ist der Ekel?

Als Ekel können allgemein alle negativen, oftmals mit Übelkeit und Abstoßung assoziierten Gefühle beschrieben werden.

Als Ekel können allgemein alle negativen, oftmals mit Übelkeit und Abstoßung assoziierten Gefühle beschrieben werden. Wichtig dabei ist eine gefühlte physische Reaktion in Verbindung mit der Emotion der Abneigung.

Einen Politiker nicht zu mögen, weil dieser eine aus eigener Sicht falsche Agenda vertritt, zählt beispielsweise nicht als Ekel, weil deswegen in der Regel keine körperlichen Reaktionen erfolgen. Erst bei Erscheinungen wie Würgen, Schweißausbrüchen, Herzrasen, Schwindel oder gar Erbrechen gilt die Reaktion als Ekel.

Durch die Kombination von mentaler Ablehnung und physischer Abstoßung ist Ekel eine sehr starke Empfindung, die sich mit Macht in den Bewusstseinsvordergrund der betroffenen Person drängt.

Die meisten Menschen ekeln sich vor einer Reihe selber Dinge: Fäkalien, Innereien, Schimmel und Müll. Auch bestimmte Tiere rufen bei vielen Menschen Ekel hervor, in aller Regel Kleingetiere wie Würmer, Maden, Spinnen und Schlangen.

Apropos Tiere: Auch Tiere mit einem entwickelten Gehirn scheinen sich vor bestimmten Dingen zu ekeln oder zumindest einen weiten Bogen um sie zu machen. Beispielsweise fürchten sich Menschenaffen wie Schimpansen davor, durch Flüsse zu waten, weswegen sie auch nicht schwimmen können. Ekel ist nicht exklusiv menschlich.

Funktion & Aufgabe

Die Funktion des Ekels für den Menschen scheint recht offensichtlich: Genauso wie die Angst ist der Ekel eine Schutzfunktion, wobei es aber im Gegensatz zur Angst nicht darum geht, vor welchen Dingen weggelaufen werden muss, sondern welche Dinge einfach gemieden werden sollten, also was zum Beispiel nicht gegessen werden darf.

Gäbe es keine Ekelreaktion, würden Menschen verdorbene Lebensmittel essen, nicht gründlich ihren Unrat versorgen und deutlich unhygienischer leben. Zustände, in denen Keime und Krankheiten florieren würden unsere Lebenserwartung und -qualität drastisch verringern.

Wie stark und gleichzeitig schützend der Ekel sein kann, konnte bei einem Experiment mit Menschenaffen belegen werden: Der eigene Kot der Affen wurde nach allen Regeln der Kunst so präpariert, dass die Primaten ihn für Nahrung halten und essen sollten. Er wurde angemalt, mit Duftstoffen besprüht und zusammen mit der herkömmlichen Nahrung vorgesetzt. Umsonst. Die Affen weigerten sich stets, den Kot zu essen.

Während die Schutzfunktion des Ekels unumstritten ist, kann jedoch über dessen Ursprung diskutiert werden: Ist Ekel eher genetisch oder kulturell bedingt? Natürlich empfinden auch Tiere Ekel, aber Tiere verfügen durchaus auch über eine Art kulturelle Evolution, bei der Verhaltensnormen nicht über das Erbgut, sondern durch Zuschauen und Lernen weitergegeben werden.

Genauso gibt es auch merkliche Unterschiede zwischen menschlichen Kulturen. Beispielhaft ist der Ekel vieler Europäer vor Insekten wie Heuschrecken, die dafür in Asien als Delikatesse oder Snack verzehrt werden.

Was Menschen als ekelhaft empfinden und was nicht, hängt oft von den Wertvorstellungen ab, die den Dingen angehaftet werden. Obwohl es zB kein rationales Argument dafür gibt, warum Hundefleisch weniger schmackhaft sein sollte als Schweine- oder Rinderfleisch, empfinden wir hierzulande fast automatisch Ekel und Ablehnung bei Fleisch vom Hund. Einfach, weil Hundefleisch zum Verzehr im Westen nicht sein darf, weil es als unmoralisch gilt.


Krankheiten & Beschwerden

Störungen des Ekelgefühls können in beide Extreme ausschlagen. Zunächst sind da Phobien, also übertriebenes Ekel- und Ablehnungsgefühl gegenüber Dingen, die für die allermeisten Menschen vollkommen gewöhnlich sind. Manche Phobien sind durchaus noch verständlich, wie z.B. die Arachnophobie (Angst vor Spinnen) oder die Achluophobie (Angst vor Dunkelheit). Doch viele weitere erscheinen den meisten rätselhaft, darunter etwa die Aquaphobie (Angst vor Wasser bzw. im Wasser zu sein) oder die Koniophobie (Angst vor Staub) und unzählige mehr.

Manchmal erscheinen Phobien schlicht unerklärlich, doch immer wieder ist eine traumatische Erfahrung in der Kindheit als Ursache des irrationalen Ekels erkannt worden. Wer z.B. als Kind beinahe im See ertrunken ist, mag sich zu Recht zukünftig davor fürchten, auch nur in eine Badewanne zu steigen.

Am anderen Extrem stehen die Menschen, die selbst bei den unhygienischsten Dingen keinen Ekel empfinden. Oft geht dies sogar mit sexuellen Neigungen einher, was als krankhafter Fetischismus (Paraphilie) angesehen werden kann. Beispiele hierfür können Leichen sein (Nekrophilie), Kot (Koprophilie), der Drang Exkremente zu essen (Koprophagie) und Urin (Urophilie).

Es ist nach wie vor Gegenstand intensiver psychologischer Forschung, was Ursache für diese Paraphilien ist und warum der Ekel bei ihnen nicht nur ausgeschaltet, sondern förmlich in Verzückung umgekehrt wird. Häufig werden schwere Persönlichkeitsstörungen bei den betroffenen Personen vermutet. Auffällig ist zudem, dass diese Personen niemals primär an ihren Perversionen leiden, sondern nur durch das soziale Umfeld mit ihrer Störung konfrontiert werden, sei es durch Konfrontation mit dem Gesetz oder die Zurechtweisung durch andere Menschen.

Quellen

  • Gesenhues, S., Zisché, R.H., Breetholt, A. (Hrsg.): Praxisleitfaden Allgemeinmedizin. Urban & Fischer, München 2013
  • Rothgangel, S.: Medizinische Psychologie und Soziologie. Thieme, Stuttgart 2010
  • Zimbardo, P. & Gerrig, R.: Psychologie. Pearson Verlag, Hallbergmoos 2008

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