�Ariane Krampe Filmproduktion – Ariane Krampe
Big Window Productions – J�rg Winger, Sebastian Werninger, Tyron Ricketts
Wer die Seite sch�tzt, sie privat oder gar beruflich nutzt, k�nnte gelegentlich SPENDEN
Tivoli Film – Thomas Hroch, Gerald Podgornig
Das Regiedeb�t von Drehbuchautor Benedikt R�skau ist eine sehenswerte, vorz�glich gespielte und mit gro�er Zuneigung zu den Figuren umgesetzte Kom�die: „Eine Almh�tte f�r Zwei“ (Degeto / Amalia Film) erz�hlt die Geschichte eines als Dorfdepp geschm�hten Bergbauern, dessen Traum von einer Lebensgef�hrtin in Erf�llung geht, als eine geistig zur�ckgebliebene junge Frau auf seinem Hof Zuflucht sucht. Die Idylle k�nnte perfekt sein, aber die Angeh�rigen sabotieren das stille Gl�ck. Letztlich dreht sich die Geschichte um eine ethisch-moralische Frage, die der renommierte Autor („Contergan“) jedoch geschickt verpackt hat: Wie geht unsere Gesellschaft damit um, wenn Menschen mit geistigen Einschr�nkungen Kinder bekommen? Eindrucksvoll ist vor allem die F�hrung der Schauspieler, zumal Beck und Drexler darauf verzichtet haben, die Beeintr�chtigung ihrer Figuren zur Schau zu stellen.
Foto: Degeto / Marc ReimannDas Leben miteinander genie�en – Beate (Anna Drexler) und Leonhard (Tom Beck)
Eigentlich schade, dass das „Erste“ diesen sehenswerten Film nicht an einem Freitag ausstrahlt, denn er f�hrt eine Entwicklung fort, die die ARD-Tochter Degeto vor f�nf Jahren begonnen hat: Kom�dien wie „Vier kriegen ein Kind“ oder „Mein Sohn Helen“ waren kurzweilige Verpackungen f�r Themen von gesellschaftlicher Relevanz. Das gilt dem (sicher nicht auf dem Mist des Autors gewachsenen) Titel zum Trotz auch f�r „Eine Almh�tte f�r zwei“. Die Handlung setzt sich sehr kurzweilig mit einer komplexen ethisch-moralischen Frage auseinander: Wie geht unsere Gesellschaft damit um, wenn Menschen mit geistigen Einschr�nkungen Kinder bekommen? D�rfen die das �berhaupt? Und wer �bernimmt die Verantwortung? Das klingt nach Stoff f�r einen Mittwochsfilm, doch Benedikt R�skau hat daraus eine sympathische Kom�die gemacht, die gleich in mehrfacher Hinsicht �berzeugende Kompromisse findet: Der Film ist witzig, aber nie auf Kosten seiner Hauptfiguren, denn bl�d sind hier die anderen; er spielt mit Stereotypen, ohne in Klischees zu verfallen; und er ist mit ganzem Herzen bei Leonhard und Beate, ohne das eigentliche Problem zu bagatellisieren.
Foto: Degeto / Marc ReimannNicht die �blichen Bergpanoramen. Hanna (Annette Frier) ist nicht gerade begeistert �ber das Verh�ltnis zwischen Beate (Anna Drexler) und Leonhard (Tom Beck).
R�skau hat in den letzten gut zwanzig Jahren unter anderem die Drehb�cher zu „Das Wunder von Lengede“, „Romy“, „Die Auserw�hlten“ und allen voran zum mehrfach ausgezeichneten Zweiteiler „Contergan“ geschrieben. Komisch waren seine Stoffe selten. Es ist daher umso bemerkenswerter, dass er f�r sein Regiedeb�t das schwierige Kom�dienfach gew�hlt hat. Das Ergebnis kann sich jedoch mehr als blo� sehen lassen: weil er dem Film eine sehr angenehme Tonalit�t gegeben hat. Das Thema ist zudem �u�erst geschickt als eine jener Heimat-Geschichten verpackt, wie sie die Degeto immer wieder freitags gern erz�hlt, selbst wenn der Film darauf verzichtet, st�ndig in Bergpanoramen zu schwelgen: Weil ein oberbayrisches Dorf am Fu� des Karwendelgebirges langsam vor die Hunde geht und dringend ein Wunder braucht, will der B�rgermeister rund um eine Heilquelle einen Kurpark einrichten.
Foto: Degeto / Marc ReimannChristian (launig: Martin Brambach) liegt nach schweren Sturz im Krankenhaus.
Innerhalb dieses gel�ufigen Rahmens hat R�skau eine zu Herzen gehende Liebesgeschichte angesiedelt. Besitzer des Landes mit der Quelle ist ein geistig schlichter, aber grundanst�ndiger Almbauer (Tom Beck), der mit seiner Handvoll Milchk�he ein beschauliches und zufriedenes Dasein f�hrt; k�nnte er die Idylle mit einer Frau teilen, w�re sein Gl�ck perfekt. Eines Tages sind seine allabendlichen Gebete offenbar erh�rt worden: Beate (Anna Drexler) aus K�ln macht mit ihren Eltern Hanna und Christian Spengler (Annette Frier, Martin Brambach) Urlaub in der Gegend. Die junge Frau rettet eine Stute samt Fohlen vor dem Abdecker, indem sie kurzerhand auf dem Pferd davon reitet. Als ein Unwetter aufkommt, sucht sie Zuflucht in Leonhards Stall. Beate wirkt �u�erlich ganz normal, aber weil es bei ihrer Geburt Komplikationen gab, bewegt sie sich geistig auf dem Niveau eines Kindes zwischen acht und zw�lf. Dass der Bauer und die St�dterin dennoch oder gerade deshalb f�reinander bestimmt sind, verdeutlicht R�skau mit einer witzigen Einf�hrung, in der vermeintlich falsche Euros eine entscheidende Rolle spielen.
Foto: Degeto / Marc ReimannAuf der Alm, da gibt's a S�nd: Cousin Anton (Gabriel Raab) ist Leonhard (Tom Beck) eigentlich wohlgesonnen –� doch jener l�sst sich zu einer miesen Intrige �berreden.
Bis zu diesem Punkt k�nnte „Ein Almh�tte f�r Zwei“ (Arbeitstitel: „Leonhards Traum“) eine unbeschwerte Liebesgeschichte sein, aber dann wird Beate schwanger und die Sache kompliziert: Mutter Hanna hatte sich nun, da ihre Tochter mit Mitte zwanzig halbwegs auf eigenen Beinen stehen kann, darauf gefreut, endlich an sich denken zu k�nnen. Jetzt f�rchtet sie, dass alles wieder von vorn losgeht, weil sie sich um das Baby k�mmern muss. Beate spricht aus, was letztlich die Relevanz des Films ausmacht: „Ich darf kein Kind haben, weil ich behindert bin.“ Leonhard wiederum droht Opfer eines Komplotts zu werden. Er steht unter der Kuratel seines ihm eigentlich wohlgesonnenen Cousins Anton (Gabriel Raab), doch der l�sst sich von seiner Frau Franziska (Mara Widmann als Lady Macbeth) zu einer miesen Intrige �berreden: Er soll den Vetter dazu bringen, seine Alm samt Quelle gegen ein minderwertiges St�ck Land zu tauschen, damit der B�rgermeister (Felix Hellmann), der offenbar schon immer ein Drecksack war, seine Pl�ne mit der Heilquelle ungest�rt umsetzen kann. Damit die Spenglers gar nicht erst mitbekommen, welchen Schatz der Vater ihres ungeborenen Enkelkinds besitzt, redet Anton ihm das Kind aus: Leonhard wolle doch bestimmt nicht, dass sein Nachwuchs wie er selbst als Dorfdepp aufwachse.
Foto: Degeto / Marc ReimannHanna (Anette Frier) und ihr Mann Christian (Martin Brambach) sehen den Baby-Freuden ihrer Tochter Beate (Anna Drexler) mit gemischten Gef�hlen entgegen.
Nat�rlich kommt alles anders, und selbstredend wei� der erfahrene R�skau, wie sich die Geschichte allen Widrigkeiten zum Trotz plausibel zu einem guten Ende f�hren l�sst. Dass er den Kreis schlie�t, indem er die Sache mit den Euros aus der Einf�hrung im Epilog noch mal aufgreift, sorgt f�r einen heiteren Schlusspunkt. Aber R�skaus Meriten als Autor stehen ohnehin au�er Frage, und so ist die Qualit�t der Inszenierung die eigentliche �berraschung des Films. An der Bildgestaltung wird auch Kameramann Thorsten Harms seinen Anteil gehabt haben, doch die F�hrung der Schauspieler ist Sache des Regisseurs, und in dieser Hinsicht hat R�skau ebenfalls genau das richtige Ma� gefunden. Die Darstellung von Menschen mit geistiger Behinderung ist immer heikel, aber Tom Beck und Anna Drexler verzichten auf jede Zurschaustellung der Beschr�nktheit. Gerade Drexler macht das in ihrer ersten TV-Hauptrolle ganz vorz�glich. Beck, der f�r einen Mittelfranken ein sehr glaubw�rdiges Bairisch spricht, verk�rpert den Bauern als freundlichen Hinterw�ldler. Dass der Mann mit seinen K�hen redet, ist f�r einen Landwirt im Allgemeinen und einen Einzelg�nger im Besonderen ebenso ungew�hnlich wie die einseitigen Zwiegespr�che mit einer Marienstatue, die je nach Situation den Gesichtsausdruck wechselt. Bei Beate �u�ert sich die geistige Einschr�nkung vor allem in Taten, etwa, als sie dem Herdfeuer mit Petroleum nachhelfen will, weshalb anschlie�end mit einem ordentlichen Wumms Rauch aus allen H�tten�ffnungen schie�t. Ansonsten offenbaren die beiden Figuren jene herzerfrischende Kindlichkeit, die den meisten Erwachsenen – oft zum eigenen Bedauern – irgendwann abhanden gekommen ist.
Das Drehbuch basiert auf einer Idee von Sylvia Leuker. R�skaus Lebensgef�hrtin und vielfache Koautorin ist im vergangenen Jahr gestorben; er hat ihr „Eine Almh�tte f�r Zwei“ gewidmet. Entsprechend wehm�tig wird ihm w�hrend der Dreharbeiten zumute gewesen sein, aber davon ist nichts zu sp�ren. Der Film ist zwar trotz der Slapstick-Einlagen von Martin Brambach und einiger verbl�ffender Einf�lle eine stille Kom�die, vermittelt aber nicht zuletzt dank der eing�ngigen und immer stimmigen Musik (David Reichelt) viel Lebensfreude.
Foto: Degeto / Marc ReimannEine stille Kom�die. Leonhard (Tom Beck) hat bald eine Familie zu versorgen.
Tilmann P. Gangloff ist seit 1985 freiberuflicher Fernseh- und Filmkritiker f�r Tageszeitungen und Fachzeitschriften, seit 1990 regelm��iges Mitglied der Jury f�r den Grimme-Preis sowie Mitglied diverser anderer Fernsehpreisjurys.