Tödlicher Datenthriller: „Ein gefährliches Angebot“ - WELT
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Dieser Film ist der beste Start in die Fernsehwoche

Redakteur Feuilleton
Im Griff des Verbrechens: Ina Roth (Petra Schmidt-Schaller) sitzt und wird verhört. Unangenehm Im Griff des Verbrechens: Ina Roth (Petra Schmidt-Schaller) sitzt und wird verhört. Unangenehm
Im Griff des Verbrechens: Ina Roth (Petra Schmidt-Schaller) sitzt und wird verhört. Unangenehm
Quelle: ZDF und Daniela Incoronato
Wehe, wenn Datenschützer losreiten: Armin Rohde, Christian Berkel und Petra Schmidt-Schaller ziehen in „Ein gefährliches Angebot“ in einen schmutzigen Informationskrieg. Schön, düster und magisch.

Eine Frau im Dunkeln. Eine Stimme schleicht um sie herum. Ein Mann kündigt ihr ihren Selbstmord an. Erzählt was vom Wolf und Geisslein. Und dass die Welt sich eben aufteilt in die Wölfe und in die Geissen. Und was von beiden sie denn sein will. Und dann legt er ihr die Hände auf die Schultern, an den Hals. Ihre Augen rollen. Ihre Angst leuchtet auf.

Es wird später noch um Straßenköter gehen. Und um die Kavallerie. Vor allem wird es um Informationen gehen, die Währung des 21. Jahrhundert. Um ihre Sicherung, um ihre Fälschbarkeit und darum, dass manchmal die Gefahr für jene Informationen gerade von denen ausgeht, die sie schützen sollen.

Die Daten-Kavallerie verteidigt den Mittelstand

Vor allem wenn sie eine Agenda haben. Und eine Hybris. Wenn sie meinen, das Wohl, der Wohlstand des Landes hänge von ihnen ab. Und sie seien die Kavallerie, die immer dann losreitet, wenn sich der Mittelstand wieder im Datenkrieg befindet. Also immer.

„Ein gefährliches Angebot“ heißt der Film mit der Frau im Dunkeln. Hannu Salonen hat ihn gedreht. Und das Schöne an ihm ist, dass er eine einfache, wenn auch verwinkelte Geschichte erzählt über einem ziemlich komplizierten gesellschaftspolitischen Abgrund und aufgrund einer finsteren kriminalistischen Analyse, dass er von Gerechtigkeit und Gewissen handelt, und alles sich ergänzt, sich überlappt, vorantreibt, nichts verloren geht, nichts in den Vordergrund drängt, alles entspannt sich gegenseitig verstärkt.

Eine Frau boxt sich durch: Ina (Petra Schmidt-Schaller) muss einiges verarbeiten. Manchmal auch am Sandsack
Eine Frau boxt sich durch: Ina (Petra Schmidt-Schaller) muss einiges verarbeiten. Manchmal auch am Sandsack
Quelle: ZDF und Britta Krehl

Die Frau heißt Ina Roth. Petra Schmidt-Schaller, die seit ihrem durchaus bedauerlichen „Tatort“-Abschied eine ziemlich glückliche Hand für abwechslungsreiche Hauptrollen hat, spielt sie. Schön, verletzlich, restnaiv, energisch, ein scheinbar leichtes Opfer für eine Verführung

„Ein gefährliches Angebot“ ist auch ein Entwicklungsroman. Ina Roth hat es nicht in den gehobenen Dienst der Polizei geschafft. Prüfung versemmelt. Da meldet sich ihr ehemaliger Ausbilder, einen Straßenköter nennt er sich, eine Sicherheitsfirma hat er, die er Cerberus genannt hat, nach dem mythischen Köter mit den drei Köpfen.

Balu der Bär in Böse

Armin Rohde gibt dem mefistofelischen Versucher, Theissen heißt er, wieder alles, was er an Abgefeimtheit, an gefährlicher Harmlosigkeit und Durchtriebenheit zur Verfügung hat, Armin Rohde ist ein Balu der Bär in böse.

Und Theissen, der Straßenköter, gibt der gescheiterten Polizistin einen Job, verdreifacht ihr Gehalt und setzt sie mit einem Ex-Stasi-Mann auf den Schutz einer der führenden Firmen für erneuerbare Energien an. Was insofern fein ist, als die Energie von „Ein gefährliches Angebot“ sich immer dann von selbst erneuert, wenn man schon glaubt die Geschichte sei auserzählt. Drei, vier Mal kommt das vor.

Erfolg muss auch Erfolg genannt werden dürfen: Ecotecs-Vorstand Klostermeier (Anian Zollner m.) feiert den Verkauf seiner Firma an die Chinesen
Erfolg muss auch Erfolg genannt werden dürfen: Ecotecs-Vorstand Klostermeier (Anian Zollner m.) feiert den Verkauf seiner Firma an die Chinesen
Quelle: ZDF und BRITTA KREHL

Ecotecs, so heißt die Firma, hat zwei Gründungsvorstände, einen großen Plan – den Verkauf an chinesische Investoren und zwei große Probleme: einer der Vorstände will nicht verkaufen und es gibt ein gigantisches Datenleck. Cerberus soll das Leck stopfen und Dithardt, den Vorstand, aber das stellt sich erst später heraus, auf ziemlich schmutzige Weise abservieren.

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Und wie macht man das? Man nimmt zum Beispiel das Laptop des guten Mannes, hackt sich rein und platziert ein paar heruntergeladene Videos von Kinderpornoseiten. Das macht was her in den Boulevardmedien und den uneinsichtigen Vorstand, den Christian Berkel mit einer enormen zwielichtigen Körperlichkeit gibt, unmöglich für alle Zeit.

Die großen alten Jungs und ihr Netzwerk

Und Ina Roth merkt allmählich, dass sie von der Geiss zum Wolf werden soll, werden muss. Oder auch nicht. Dass die großen alten Jungs aus dem Netzwerk ehemaliger Polizisten, die jetzt Sicherheitsdienste führen, zum Beispiel, sich gegenseitig mit Informationen versorgen, die wiederum eine Realität komplett solange fälschen können, bis selbst der Fälscher nicht mehr weiß, was echt ist.

Dann geht’s um Gewissen und um Gerechtigkeit, um so lächerliche Kleinigkeiten wie Moral und Wahrheit. Alle zwanzig Minuten wetzt der Film um eine neue dramaturgische Ecke. Berlin sieht schön aus und düster und magisch.

Noch ein gefährliches Angebot? Der Ecotec-Vorstand Dithardt (Christian Berkel l.) und Ina (Petra Schmidt Schaller)
Noch ein gefährliches Angebot? Der Ecotec-Vorstand Dithardt (Christian Berkel l.) und Ina (Petra Schmidt Schaller)
Quelle: ZDF und Britta Krehl

Alle Figuren bleiben gefährlich unscharf und verdächtig diffus und sind doch sehr konkret und handfest. Rohde darf herzerwärmend fiese Dinge sagen. Die Welt ist voller Wanzen und wummernder Musik.

Irgendwann schließt sich der Kreis und man sitzt wieder im Dunkel mit dem schönen, dem ängstlichen Gesicht der Petra Schmidt-Schaller. Und hat sich keine Sekunde gelangweilt. Kein schlechter Start in die Fernsehwoche.

Ein gefährliches Angebot: 11. April, ZDF, 20.15 Uhr

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