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Ein Spezialist (1998)

Un sp�cialiste, portrait d'un criminel moderne

User-Film-Bewertung [?]: unterirdischschlechtmittelm??iggutweltklasse 4.8 / 5

Filmsterne von 1 bis 5 d�rfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste m�gliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 5 Besucher eine Bewertung abgegeben.


Ein Spezialist ist ein Drama im Gerichtssaal. Der Film zeichnet das Bild eines diensteifrigen B�rokraten, der gro�en Respekt vor Gesetzen zeigt, der - als SS-Offizier t�tig im Reichssicherheitsamt - f�r die Vernichtung von Millionen von Menschen verantwortlich war.
Mit seiner leicht gebeugten Haltung wirkt Adolf Eichmann wie ein ergebener Staatsdiener. Alles an ihm erinnert an einen perfekten B�rokraten. Sechs Jahre lang organisierte dieser B�rokrat, wie von ihm erwartet, die Zusammenf�hrung, Auspl�nderung und Deportation von "Menschenmaterial" zu den verschiedenen Bestimmungsorten.
Vor Gericht und im Angesicht jener, die die H�lle �berlebten, muss der SS-Offizier Eichmann, den der Ankl�ger als Inkarnation des B�sen pr�sentiert, sich zu den Anklagepunkten �u�ern...

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Filmkritik

Als "Mann im Glaskasten" ging er 1961 um die Welt: ein farbloser Pedant und Schreibtischt�ter, sichtlich bem�ht, die Anklagepunkte seiner Strafverfolger im ihm vertrauten B�rokraten-Jargon zu entkr�ften. Jedoch: Von 1939 bis 1945 war Adolf Eichmann in der Nazi-Kriegsmaschine ein regelrechter Spezialist. Zu Beginn seiner "Karriere" organisierte der "erfahrene Praktiker", wie er sich bezeichnet, in Wien die Zwangsauswanderung von Juden. Ab 1941 war er schlie�lich als SS-Offizier im Referat "J�dische Angelegenheiten und Evakuierung" des Reichssicherheitshauptamts verantwortlich f�r die Vernichtung von Millionen.

Vom ersten bis zum letzten Tag wurde der spektakul�re Eichmann-Prozess im Jahre 1961 mit der damals noch kaum entwickelten Videotechnik aufgenommen. Aus 350 Stunden unver�ffentlichten
Aufzeichnungsmaterial destillierte Eyal Sivan diese packende Dokumentation �ber einen ganz "normalen" Befehlsempf�nger, die den harmlos wirkenden Mann mit sch�tterem Haar und dunkler Brille als Buchhalter und B�rokraten entlarvt, dem mit Begriffen wie Schuld und Reue nicht beizukommen ist.

Die Arbeit mit Dokumentarmaterial ist schwierig. Der Dokumentarfilm ist so umstritten, wie keine andere Filmform. Dementsprechend wurde bei jeglicher Ank�ndigung zu "Ein Spezialist" das Wort Dokumentarfilm vermieden. Aber dennoch ist der Film nichts anderes, und in seiner Form ist er wohl �u�erst problematisch.

Die beiden Autoren dieses Films, Ronny Brauman und Eyal Sivan, haben aus �ber 300 Stunden Filmmaterial zu dem Prozess gegen Adolf Eichmann einen zweist�ndigen Film zusammengeschnitten, der eine Art Portrait des Naziverbrechers darstellen soll. Schon alleine diese Tatsache offenbart das gr��te und allgemeing�ltige Problem eines Dokumentarfilms: Die Autoren m�ssen aus eine Masse an Material entscheiden, was gezeigt wird und was nicht. Dies bedingt nat�rlich schon eine gewisse Kontrolle �ber den Zuschauer. Dieser kann sich kein Bild machen, sondern er bekommt es gemacht, und zwar auf eine Weise, dass er es nicht einmal bemerkt. Dazu kommt –im kleineren- die Montage. Durch den Zusammenschnitt von unterschiedlichen Begebenheiten k�nnen Zusammenh�nge erstellt werden, wo gar keine existieren.

Diese Probleme teilt auch "Ein Spezialist", zum Vorwurf kann man ihm dieses aber nicht machen. Was viel schwerwiegender ist: Anstatt diese Probleme einer subjektiven Erstellung zu minimieren, dr�cken die Regisseure ihre Meinung, oder -b�sartiger formuliert- auch ihre Ideologie, f�rmlich ins Bild und vor allem in den Ton. Nicht nur sp�rbar, sondern auch klar wird hier b�seste Kolportage mit einem Thema betrieben, das eine viel bessere Bearbeitung verdient h�tte.

Adolf Eichmann, 1906 in Solingen geboren, war der leitende B�rokrat hinter der Deportation der Juden. Er erstellte die Fahrpl�ne f�r die Z�ge, die als Endstation Vernichtungslager hatten, berechnete sogar die Kapazit�t des Waggons, in die man die wahrlich zum Tode Verurteilten einpferchte.
Im Prozess-Saal zeigt sich ein B�rokrat, penibel mit seinen Akten, in klarer Amtssprache sprechend. Erschreckend "normal" pr�sentiert er sich in seinem Verhalten. Der typische, graue Amtsmann, wie er einem noch so manchmal beim Gang zum Rathaus �ber den Weg l�uft. Er hat nichts diabolisches an sich.

Anstatt diese Tatsache wirken zu lassen, setzen ihn die beiden Autoren nun mit Tonmaterial ins "rechte Licht". Anstatt die erschreckende Dialektik seiner Person wirken zu lassen, werden scharfe Musikeinlagen eingesetzt, Ger�usche umraunen die b�sartige Verteidigung dieses Monsters. Er wird aus unserer N�he gerissen, man spricht ihm immer mehr Menschlichkeit ab. Es ist klar, dass die beiden Autoren hier ein Nachdenken und Erschrecken im Zuschauer provozieren wollen. Leider nehmen sie dem Film damit aber eine Menge Kraft. Je n�her n�mlich dieser Verbrecher uns selbst ist, desto st�rker projezieren wir sein Leben und seine Taten auch auf uns. Die sichtlichen und ideologischen Verf�lschung st�ren diesen Charakter nur. Am schlimmsten bei seinem Schlusspl�doyer: Anstatt Eichmann zu Wort kommen zu lassen, werden brummende T�ne eingestreut, der Monolog wird auseinandergerissen, Bildspr�nge in die Spiegelung seines Konterfeis und zur�ck machen geradezu mit der Brechstange klar, was wir hier zu denken haben und was die beiden Macher dazu denken. Dies sieht virtuos aus, keine Frage, aber dem Zuschauer wird jede M�glichkeit zur eigenen Meinungsfindung entzogen.

"Ein Spezialist" macht niemals offensichtlich klar, dass er eine Fiktion ist. Er stellt sich als real dar. Da er damit –nat�rlich und hoffentlich auch weiterhin- den allgemeinen Kanon wiederholt, werden sich auch wenige dar�ber aufregen. Da wo Spielfilme, die ja alleine von ihrer Machart her noch klar fiktiv sind, immer wieder auf ihre Fiktion hinweisen, wie es bei "Schindlers Liste" die "bunte" Rahmengebung und zum Ende hin auch der Aufmarsch der echten Schindlerjuden mit "ihren" Schauspielern tuen, oder bei "Nichts als die Wahrheit" die komplette Handlungsgebung in unserer Zeit, da feht es diesem "Dokument". Etwas mehr Zur�ckhaltung und ein paar Informationen zur Machart und zum Ende des Prozesses w�ren von N�ten gewesen. Wie w�re es zum Beispiel mit der Verhaftung Eichmanns oder mit seiner Hinrichtung, als man seine Asche in alle Winde verstreute? Dies h�tte den Schauprozess-Charakter und die Rache gezeigt, die Israel hier bewies. Etwas schaler Beigeschmack w�re gut gewesen. Denn sind wir so weit anders, als dass wir hier ein so einfaches Gut-B�se Schema auflegen d�rften? Ich denke, wir m�ssen selbst erst noch viel bessere Menschen werden, um so mit dem Finger auf andere zeigen zu d�rfen, anstatt uns selbst zu �berwachen. Denn Eichmann w�re eigentlich der beste Beweis, wie banal das B�se sein kann. Erschreckend.




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Besetzung & Crew von "Ein Spezialist"

Land: Belgien, Deutschland, Frankreich, �sterreich, Israel
Jahr: 1998
Genre: Dokumentation
Originaltitel: Un sp�cialiste, portrait d'un criminel moderne
L�nge: 128 Minuten
Kinostart: 11.11.1999
Regie: Eyal Sivan
Darsteller: Adolf Eichmann
Kamera: Leo Hurwitz
Verleih: Arsenal

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