Liederabend mit Samuel Hasselhorn in der Oper – Die Liebe zu stillen Liedern
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Liederabend mit Samuel Hasselhorn in der Oper – Die Liebe zu stillen Liedern

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Samuel Hasselhorn, am Klavier Doriana Tchakarova.
Samuel Hasselhorn, am Klavier Doriana Tchakarova. Barbara Aumüller © Barbara Aumüller

Ein fabelhafter Abend mit dem Bariton Samuel Hasselhorn im Frankfurter Opernhaus.

Der 33-jährige Samuel Hasselhorn bot im Frankfurter Opernhaus einen idealen Liederabend. Das lag nicht nur daran, dass es ganz am Ende aller Überlegungen und Wünsche doch wieder das Allerschönste ist, wenn ein Bariton Schubert und Schumann vorträgt. Er hat auch eine sanfte, angenehm und jugendlich licht timbrierte, sich offensichtlich wohlfühlende Stimme, und er nimmt den Liedgesang offenbar fürchterlich ernst, so dass es ganz einfach klingt. Und als wäre es keine weitere Schwierigkeit, jeden Ton und jedes Wort so leichthin und natürlich darzubieten. Kein Druck, kein Forcieren, aber eine starke Spannung und enorme Sprungkraft, die sich in einem in der Auswahl eher ruhig gehaltenen Programm gleichwohl zeigte.

Hasselhorn geht offenbar nicht davon aus, dass ein Lied besonders laut vorgetragen werden sollte, und er geht offenbar auch nicht davon aus, dass er selbst im Königssaal anwesend ist, während sich die unheimliche Geschichte von Heinrich Heines / Robert Schumanns „Belsazar“ abspielt. Graus ging hier nie vor Schönheit, der Sänger wahrte Distanz und die leidenschaftlichen Ausbrüche waren nur umso eindrucksvoller. Nicht oft, dass man sich von den „Beiden Grenadieren“ so mitreißen lässt.

Vornehmlich aber ein introvertierter Abend, „Stille Liebe“ heißt Hasselhorns kleines Programmheftvorwort und heißt seine Schumann-CD von 2020, auf der man unter anderem die „Zwölf Gedichte nach Justinus Kerner“ nachhören kann. Sie standen ganz ein für eine Selbstbeherrschung im Schmerz und beim Singen. Der Titelgeber „Stille Liebe“ von frappierender Zärtlichkeit.

Nicht nur „Belsazar“ und „Die beiden Grenadiere“, auch Franz Schuberts „Totengräbers Heimweh“ oder „Erlkönig“ demonstrierten eindrucksvoll, dass Hasselhorn keine Evergreens meiden muss, auch letztere beide ausgetüftelt bis in die letzte Temperaturabstufung (ja, das Ende vom Lied ist entsetzlich, aber da wir das schon wissen, reicht es, dem Wort „Gewalt“ eine große Gewalt zu geben). Es wurde sehr selten eilig.

Erschütternd stark und originell zwei Lieder von Clara Schumann, „Ihr Bildnis“ mit einem kühn unaufgelösten Molleffekt am Ende (dass er sie verloren hat, kennt keine Versöhnlichkeit) und einer „Lorelei“ mit so viel Pfiff, dass man mehrfach auf die Wiederholungstaste gedrückt hätte. Geschmeidig verlief das Zusammenspiel mit Doriana Tschakarova am Flügel.

Gab es ein Lied, das noch besser gelang als die anderen? Schuberts „Des Fischers Liebesglück“ (auf der Schubert-CD „Glaube, Liebe, Hoffnung“, 2021, nachzuhören), das die Kunst des immer innigeren und Noch-Weniger und Noch-Seliger feierte.

Wie klug und vollständig

Auch beim Liedgesang blieb Hasselhorn ein kluger, zurückhaltender Bühnendarsteller, erst stellte eine auch optisch idealtypische künstliche Natürlichkeit her, der man ansah, wie klug und vollständig er die Gattung Kunstlied begriffen und durchdrungen hat. Mit Anfang 30 große Partien zu singen und zugleich den Liedgesang auf dieses Niveau gebracht zu haben, ist erschütternd. Nach zwei Jahren an der Wiener Staatsoper ist Hasselhorn derzeit in Nürnberg engagiert, nicht zuletzt, wie man liest, um damals noch mit Joana Mallwitz den Debussyschen Pelléas zu singen (wegen Corona nur konzertant, Premiere ist jetzt am 8. Juni). Am 13./14. Juni ist er beim HR-Sinfoniekonzert in der Alten Oper im „Lied von der Erde“ zu erleben.

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