Warum mussten ein 51 Jahre alter Mann und seine 47 Jahre alte Frau sterben? Drei Monate ist hinter verschlossenen Türen der Doppelmord von Mistelbach verhandelt worden. Vor Gericht stehen der Freund der Tochter und das Mädchen selbst. Nun verkündete das Landgericht Bayreuth das Urteil.
Nach dem Urteil im Prozess um den Doppelmord von Mistelbach hat der Verteidiger des 19 Jahre alten Verurteilten betont, wie sehr sein Mandant die Tat bereue. Er schäme sich „unendlich“ dafür. „Dies kann er mit Worten kaum ausdrücken“, sagte Strafverteidiger Hilmar Lampert am Montag vor Journalisten. Sein Mandant habe die Schuld vollumfänglich eingeräumt und versucht, so gut wie möglich an der Aufklärung des Falls mitzuwirken.
Zuvor hatte das Landgericht Bayreuth den 19-Jährigen wegen Mordes an den Eltern seiner Freundin zu einer Jugendstrafe von 13 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Das Mädchen, inzwischen 17 Jahre alt, wurde ebenfalls wegen Mordes zu neuneinhalb Jahren Jugendstrafe verurteilt. Die Jugendkammer sah es als erwiesen an, dass der junge Mann vor etwa einem Jahr die Eltern seiner Freundin im Schlaf brutal erstochen hat. Angetrieben wurde er nach Ansicht des Gerichts aber von dem Mädchen, das die Eltern gehasst hatte.
Was war in Mistelbach passiert?
Vor etwa einem Jahr hatte die Polizei in einem Dorf bei Bayreuth zwei Leichen entdeckt: Ein Ärzte-Ehepaar war in seinem Schlafzimmer erstochen worden. Nun wird in dem Fall ein Urteil erwartet - angeklagt sind der Freund der ältesten Tochter und das Mädchen selbst. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Paar vor, gemeinsam einen Tatplan gefasst zu haben. Motive: Streit und Hass.
Die Öffentlichkeit ist zur Urteilsverkündung wieder zugelassen worden - abgesehen vom Prozessauftakt im Oktober war hinter verschlossenen Türen verhandelt worden. Gründe waren die psychische Verfassung und das Alter der Angeklagten: Der Tatverdächtige, der laut Staatsanwaltschaft zugestochen hat, ist 19 Jahre alt. Die Tochter des toten Paares ist inzwischen 17 Jahre alt. Sie soll während der Tat ihre jüngeren Geschwister davon abgehalten haben, einzuschreiten oder Hilfe zu rufen.
33 Zeuginnen und Zeugen wurden nach Worten eines Justizsprechers in dem Verfahren vernommen, vier Sachverständige gaben Auskünfte, darunter zwei Rechtsmediziner. Mehr drang nicht nach draußen.
Staatsanwaltschaft plädierte auf Mord - Verteidigung auf Freispruch
Erst zu den Plädoyers gab es wieder mehr Informationen: Die Staatsanwaltschaft forderte, die Angeklagten wegen Mordes in zwei Fällen schuldig zu sprechen. Der 19-Jährige soll wegen der besonderen Schwere der Schuld zu einer Jugendstrafe von 13 Jahren und 6 Monaten verurteilt werden. Für die 17 Jahre alte Angeklagte forderte die Staatsanwaltschaft 9 Jahre und 6 Monate.
Der Verteidiger des Mädchens verlangte dagegen einen Freispruch, da die Mittäterschaft der Jugendlichen nicht erwiesen sei. Der Verteidiger des 19-Jährigen sprach sich für eine Haftstrafe von 9 Jahren und 6 Monaten aus, eine besondere Schwere der Schuld konnte er bei seinem Mandanten nicht erkennen.
Die Plädoyers ließen Raum für Spekulationen: Was hat es auf sich mit der Rolle des Mädchens, wenn ihr Verteidiger einen Freispruch gerechtfertigt sieht, die Staatsanwaltschaft aber am Mord-Vorwurf festhält?
Von außen betrachtet bot die Familie ein idyllisches Bild: vier Kinder, die Eltern arbeiteten als Mediziner. Die Familie lebte in einem schicken Einfamilienhaus vor den Toren Bayreuths in Mistelbach. Das 51 Jahre alte Opfer war als Kinderarzt in der Region bekannt und geschätzt, Anfang 2022 hatte der Mann eigentlich mit seinem Praxis-Partner ein neues Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin eröffnen wollen.
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