Die geliebten Schwestern | Film-Rezensionen.de
Die geliebten Schwestern
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Die geliebten Schwestern

Die geliebten Schwestern
„Die geliebten Schwestern“ // Deutschland-Start: 31. Juli 2014 (Kino) // 20. Februar 2015 (DVD/Blu-ray)

Inhalt / Kritik

Obwohl sich die von Langenfelds noch immer eines guten Rufe erfreuen, sah es um den wirtschaftlichen Status der Familie schon einmal besser aus. Während ihre Schwester Caroline (Hannah Herzsprung) einer Zweckheirat zustimmen musste, um die Familie finanziell über Wasser zu halten, muss Charlotte von Lengefeld (Henriette Confurius) zu ihrer Patentante Charlotte von Stein nach Weimar, wo sie als Gesellschafterin nicht nur das Leben am dortigen Hofe kennenlernen soll, sondern auch einen geeigneten Ehemann finden soll. Nach mehreren Monaten ist sie jedoch des Lebens bei ihrer Tante überdrüssig und sehnt sich nach ihrer Schwester, die alsbald bei ihr eintrifft und Charlotte zu trösten versucht. Dank Caroline erinnert sie sich an eine Zufallsbegegnung mit dem Schriftsteller Friedrich Schiller (Florian Stetter), der ihr sympathisch erschien, mit dem sie jedoch aufgrund seiner geringen Stellung keinen weiteren Kontakt mehr hatte. Schließlich wird der Autor des Skandaldramas Die Räuber auf den Landsitz der Familie eingeladen, wo die Schwestern und Schiller viele schöne Stunden miteinander verbringen und vor allem Caroline eine Ablenkung zu dem tristen Dasein in ihrer Ehe findet.

Als Friedrich und Caroline sich ineinander verlieben, ist es für sie unmöglich, ihre Gefühle offen zu zeigen, würde dies doch einen Skandal provozieren. Aus Liebe zu ihrer Schwester und zu Schiller willigt Charlotte ein, den Autor zu heiraten, sodass ihre Schwester zumindest zeitweise ihre Gefühle zeigen kann und die beiden im Geheimen ihre Beziehung ausleben können. Mit den Jahren wird die Dreiecksbeziehung zu einer Quelle der Kraft für sie alle zu einer Zerreißprobe, denn immer mehr schleicht sich die Eifersucht und der Neid in die Verbindung ein.

Fremd und nah zugleich

Sieben Jahre vor dem ersten Drehtag zu Die geliebten Schwestern hatte Regisseur Dominik Graf (Die Katze, Im Angesicht des Verbrechens) bereits einen Film über eine Episode aus dem Leben des Dichters Clemens Brentano gedreht. Während der Arbeit an Das Gelübde faszinierte Graf die Auseinandersetzung mit einer auf der einen Seite so fremden Zeit, die einem aber gleichzeitig so nah vorkam, was er dem Zuschauer seines Filmes übermitteln wollte. So kann man Die geliebten Schwestern zum einen ebenfalls als einen Einblick in das Leben dreier Menschen und ihrer Gefühle füreinander sehen, doch andererseits als ein Drama über das Verhältnis von Leben und Kunst sowie gesellschaftlich-politisch definierte Rollenbilder.

Dabei steht für Graf in erster Linie das Thema der Kommunikation im Zentrum der Handlung. Eine Szene zeigt beispielsweise, wie der begehrte Lehrauftrag der Universität Jena für Friedrich Schiller aufgrund eines Unfalls der Postkutsche im Morast am Wegesrand landet, während eine andere Sequenz das Hin und Her des Austausches der drei Liebenden beschreibt, die eine Geheimschrift erfunden haben, als Schutz vor neugierigen Blicken und Mitlesern. Das geschriebene Wort, seine Assoziationen, Versprechungen und teils auch Fehldeutungen machen den Reiz dieser Geschichte aus, und führt den Zuschauer in einer fremden Zeit, in welcher der Wortlaut eines Briefes noch auf die Goldwaage gelegt wurde. Das Wort bedeutet zugleich Mitwisserschaft und Wissen, was einen Keil in die Beziehung treiben kann, doch zugleich verbindet, vor allem in Bezug auf Friedrich und Caroline, die dank der Beziehung einen Fürsprecher für ihre literarischen Ambitionen gefunden hat.

„Ich trau mich nicht zu lieben“

Im Gegensatz dazu wirken die Dialoge verräterisch. Ist sich der Dichter seiner Worte noch bewusst, ist es den beiden Frauen oft nicht erlaubt, ihre Meinung zu äußern oder sich allzu öffentlich zu erklären. Herzsprung und Confurius spielen zwei Frauen, die geprägt sind durch ihren Drang nach Freiheit, nach Liebe und nicht mehr abhängig zu sein von Geld und jenen Erwartungen, die man auf die projiziert und welche sie ersticken drohen. Der Autor ist dabei zugleich Geliebter, Verführer und eben Schlüssel für eine Leidenschaft, die weit über das Physische hinausgeht und nach etwas streben lässt, was vielen Frauen auch noch heute versagt bleibt, nämlich die eigene Stimme. Graf gelingt in Die geliebten Schwestern etwas, was nicht vielen Biografien von Schriftstellern gelingt, nämlich eine Antwort zu finden auf die Frage, warum ihre Zeit und ihre Themen noch für uns heute relevant sind.

Darüber hinaus ist Die geliebten Schwestern auch visuell mehr als überzeugend. Allein die berauschend schönen Bilder zu Anfang, welche die Natur um das Anwesen der Familie einfangen, oder später die düsteren Töne, welche das Gefangensein der Figuren in ihren Beziehungen zeigen, ihren Missverständnissen und Anfeindungen.

Credits

OT: „Die geliebten Schwestern“
Land: Deutschland, Österreich
Jahr: 2014
Regie: Dominik Graf
Drehbuch: Dominik Graf
Musik: Sven Rossenbach, Florian van Volxem
Kamera: Michael Wiesweg
Besetzung: Hannah Herzsprung, Henriette Confurius, Florian Stetter, Claudia Messner, Ronald Zehrfeld

Bilder

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Die geliebten Schwestern
Fazit
„Die geliebten Schwestern“ ist mitnichten eine weitere staubtrockene Autorenbiografie, wie man sie in Deutschland leider viel zu häufig auf der Kinoleinwand sieht. Dank seiner Darsteller und der Bilder gelingt Dominik Graf ein kluges wie spannendes Porträt einer Liebesbeziehung sowie einer Welt, die das gedruckte Wort verehrt, während sie Frauen den Mund verbietet.
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