Die Siebtelbauern | Kritik | Film | critic.de

Die Siebtelbauern – Kritik

Über Genregrenzen hinweg, mit Witz und Mut erzählt Stefan Ruzowitzky diese archaische Geschichte über sieben Knechte, die einen Hof erben, und den Herren, die ihnen den Hof wieder wegnehmen möchten.

Die Siebtelbauern

Im ländlichen Milieu der österreichischen Voralpen, irgendwann vor Beginn des zweiten Weltkrieges, siedelt Stefan Ruzowitzky seine Fabel über sieben Knechte an, die nach dem Tod ihres Herren dessen Hof erben und beschließen, diesen selber zu bewirtschaften – entgegen der herrschenden Sitte, nach welcher der Hof an einen der anderen Dorfbauern verkauft werden soll. Diese Siebtelbauern behaupten sich gegen den Widerstand der hofbesitzenden Dorfbewohner, können Schulden abbezahlen und Gewinne verbuchen. Der neu gewonnene soziale Status lässt sie ihre Position in der dörflichen Hierarchie reflektieren und als Konsequenz ihr Verhalten gegenüber den übrigen Bauern ändern. Ihr Mut bereitet den Boden für andere Knechte der umliegenden Höfe, sich ihr Leben nicht von ihren Herren diktieren zu lassen.

Erzählt wird der Film aus der Perspektive des zugezogenen Knechts Severin (Lars Rudolph), der mit intelligenten und präzisen Beobachtungen die Geschichte aus dem Off schildert und kommentiert. Neben dem naiven Lukas (Simon Schwarz) und der rebellischen Emmi (Sophie Rois) ist er eine der Hauptfiguren in Die Siebtelbauern. Sehr zum Missfallen der Bauern trauen sich diese Drei laut ihre Forderungen zu stellen. Aber in einer Gesellschaft, in der die Knechte kein Recht auf Selbstbestimmung haben, in völliger Abhängigkeit von den Bauern leben und deshalb konsequenterweise zum stummen Leiden verurteilt sind, ist ihre mutige Revolution zum Scheitern verurteilt. Und so offenbart sich Ruzowitzkys Film als eine Parabel über die brutale Aufrechterhaltung eines ungerechten Klassensystems, dessen Mechanismen er auf subtile Art darlegt: Er stellt sie nicht als solche aus, sondern lässt sie als Normalität in die Geschichte einfließen.

Die Siebtelbauern

Mit Gespür für Bildkomposition und originelle Kameraeinstellungen inszeniert der Österreicher seinen Film: Er zeigt eine romantische Landschaft, die man von Postkarten und aus Heimatfilmen kennt und die einen Gegensatz bilden zu dem tatsächlichen Leiden der Knechte. Wie Stillleben arrangiert Ruzowitzky viele Szenen, zeigt regungslos verharrende Menschen, Fliegen auf Äpfeln, Bilder deren Stille und Harmonie im Kontrast stehen zum schwelenden Konflikt und die untermalt werden von der melancholischen Musik Erik Saties. Dann wieder gibt es Einstellungen, die der amerikanischen Westerntradition entlehnt scheinen, man denke an Die Glorreichen Sieben (The Magnificent Seven, USA 1960; Regie: John Sturges): gemeinsames Aufmarschieren zum nächsten aussichtslosen Kampf. Auch die Helden dieses Genres standen außerhalb des sozialen Gefüges, lehnten sich dagegen auf. Nur scheinen die Rollen hier vertauscht: Emmi ist die tragische Aufrührerin, aber als Frau in einer solchen Zeit kann sie auch aufgrund ihrer körperlichen Unterlegenheit nur verlieren.

Die Siebtelbauern

Stefan Ruzowitzky, der ansonsten eher durch die beiden Anatomie-Filme (2000 und 2003) in Erscheinung getreten ist, verbindet in Die Siebtelbauern verschiedene Genres und schafft dennoch Homogenität, kombiniert Anspruch mit Unterhaltung, Tragödie mit Humor. Seine hervorragenden Schauspieler stellen ihre Charaktere nicht als reine Opfer oder Märtyrer dar, sondern als Menschen, das Drehbuch erlaubt ihnen Witz und Lebensfreude, Kampfgeist und Mut zum Handeln. Die pointierten Dialoge sind scharfsinnig, erinnern an die Sprachgewandtheit Woody Allens, der mit seinen Filmen zwar nicht direkt politische Statements propagiert, der aber die Mechanismen einer bestimmten gesellschaftlichen Schicht mittels brillanter Dialoge offen legt. Ruzowitzky gelang mit Die Siebtelbauern ein seltenes, packendes Kunstwerk von zeitloser Relevanz.

Neue Trailer

alle neuen Trailer

Neue Kritiken

Kommentare


tabor

geschichte gut
film schlecht:

eine glaubwürdige kulisse, mit unglaubwürdige protagonisten.

die schauspieler -abgesehen von einzelnen- hätten lieber in der stadt bleiben solln. städter nehme ich ihnen eher ab.

schade, den die geschichte ist berührend.

zusammenfassend:
STADT spielt LAND


Brausewind

Als jemand der auf dem Land aufgewachsen ist, noch dazu exakt dort wo dieser Film spielt kann ich mich dem nicht anschließen. Was hätten sie erwartet? Laiendarsteller und OmU? Der "städtische" Kompromiss ist notwendig um den Film einem Publikum zugänglich zu machen die nicht des Dialektes fähig ist oder aus eingefleischte Cineasten besteht.


SilentScythe

Ein Suppenteller hat mehr Tiefe als die Charaktere dieses Filmes.


Frank Viohl

Ein Film, der zu Herzen geht.






Kommentare der Nutzer geben nur deren Meinung wieder. Durch das Schreiben eines Kommentars stimmen sie unseren Regeln zu.