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Die Idee der Gerechtigkeit Gebundene Ausgabe – 17. Juli 2020
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Drei Kinder streiten darüber, wem von ihnen eine Flöte gehören sollte. Das erste Kind hat Musikunterricht gehabt und kann als einziges Flöte spielen. Das zweite ist arm und besitzt keinerlei anderes Spielzeug. Das dritte Kind hat die Flöte mit viel Ausdauer selbst angefertigt.
Mit diesem Gleichnis eröffnet Amartya Sen, einer der wichtigsten Denker unserer Zeit, sein Buch über die Idee der Gerechtigkeit. Es ist John Rawls gewidmet und grenzt sich doch von der wirkungsmächtigsten Gerechtigkeitstheorie des 20. Jahrhunderts ab. Wer eine weitere abstrakte Diskussion der institutionellen Grundlagen einer gerechten Gesellschaft erwartet, der wird enttäuscht sein. Wer sich hingegen darüber wundert, was diese Theorien eigentlich zur Bekämpfung real existierender Ungerechtigkeiten beitragen, der wird großen Gewinn daraus ziehen.
Sen nämlich stellt die Plausibilität solcher Anstrengungen der reinen Vernunft in Frage. Seine Theorie der Gerechtigkeit ist weniger an der Ausformulierung einer ethisch perfekten Gesellschaft interessiert als an Argumenten, deren Maßstab die konkrete Überwindung von Ungerechtigkeit ist. Sen eröffnet Perspektiven, die dem westlichen Denken meist fehlen. Seine Kenntnis der hinduistischen, buddhistischen und islamischen Kultur ist wundervoll eingewoben in das Buch und prägt den ganzen Charakter seines Philosophierens. Die Vernunft sucht die Wahrheit, wo immer sie sich finden lässt – und wie der Autor dieses außergewöhnlichen Werkes entdeckt sie auf ihrer weiten Reise viele gangbare Wege zu einer gerechteren Welt.
- Seitenzahl der Print-Ausgabe493 Seiten
- SpracheDeutsch
- HerausgeberC.H.Beck
- Erscheinungstermin17. Juli 2020
- Abmessungen15.1 x 4 x 22.3 cm
- ISBN-103406606539
- ISBN-13978-3406606533
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Produktbeschreibung des Verlags
Produktbeschreibungen
Pressestimmen
Alexandra Kemmerer, Frankfurter Allgemeine Zeitung
"[Auch] wenn Sens Argumentation durchaus aufs Globale zielt, betont er vor allem die Wichtigkeit der 'praktischen Realisierbarkeit' von konkreten Maßnahmen zur Behebung manifester Ungerechtigkeit. Und wer seine Grundthesen in Handlungsanweisungen ummünzen möchte, könnte, kurz gefasst, auch sagen: think global, act local."
Katharina Granzin, taz
"Ein wahrhaft globales philosophisches Panorama, das seinesgleichen sucht – indische Weisheiten werden mit westlicher Philosophie in Beziehung gesetzt, reale Geschichten mit abstrakten Gedankenexperimenten und theoretischen Debatten verknüpft. Kaum jemand vermag es wie Sen, solche Diskussionen klar und knapp darzustellen und dies zugleich mit einer Prise Ironie und dem Ernst zu verbinden, den dieses Thema erfordert. Deshalb ist dies ein wichtiges und wuchtiges Buch von einem der großen Geister unserer Zeit."
Rainer Forst, Die Zeit
"Ein im besten Sinne eingreifendes Buch."
Rudolf Walther, Berliner Zeitung
"Für all jene, die weltweit gegen Ungerechtigkeit kämpfen, bietet das neue Buch von Sen ein unverzichtbares intellektuelles Rüstzeug."
profil
"Überhaupt gehört die ungeheure Sicherheit, mit der Amartya Sen kulturelle und konzeptionelle Unterschiede zur Kenntnis nimmt, nie der Versuchung nachgibt, sie zu vereinheitlichen, und doch keinen Zweifel daran hegt, dass sie in einen vernünftigen allgemeinen Diskussionszusammenhang zu bringen sind, zu den beeindruckendsten Qualitäten des Buches. (...) So entdecken Leser in dem Buch von Amartya Sen ein (...) ungewöhnliches, reiches (...) Panorama auf das Problem der Gerechtigkeit, das neben den verschiedenen disziplinären Perspektiven auch manches von der bemerkenswerten Biographie des Verfassers präsentiert."
Christoph Möllers, Süddeutsche Zeitung
"Man stellt fest, dass hier ein Denker am Werke ist, den man in unseren Breiten lange suchen muss: Ein Ökonom, der auf der Höhe des philosophischen Diskurses schreibt, ist in Deutschland so selten wir ein Philosoph, der auch in den Niederungen ökonomischer Prozesse zu Hause ist."
Christoph Fleischmann, Deutschlandfunk
"Ein lesenswertes Buch eines beeindruckenden Autors."
Frank Wiebe, Handelsblatt
"Wichtiger als der Streit um die Durchsetzung des Rechts nach der gerade herrschenden Auffassung aber sei die Verringerung des jeweils konkret herrschenden Unrechts – und genau dafür bietet sich Sens 'capabilities approach' an."
Eike Gebhardt, Deutschlandradio Kultur
"Sen leitet auch nicht der Hauch von Theoriefeindlichkeit – im Gegenteil: Er bedient sich geradezu virtuos bei anderen Gerechtigkeitstheorien. Ihn treibt die Dringlichkeit der ethisch-moralischen und politischen Probleme um. Ein im besten Sinne ergreifendes Buch."
Der Standard
Über den Autor und weitere Mitwirkende
Zu seinen Forschungs- und Publikationsthemen zählen die Entwicklungs- und Wohlfahrtsökonomie, die Entscheidungstheorie, Sozialwahltheorie, Gender Studies und Fragen zur sozialen Ungleichheit. Er selbst stellt sich in einer abkürzenden Auswahl als „Asiate, Bürger Indiens, Bengale mit bangladeschischen Vorfahren, Einwohner der Vereinigten Staaten oder Englands, Ökonom, Dilettant auf philosophischen Gebiet, Autor, Sanskritist, entschiedener Anhänger des Laizismus und der Demokratie, Mann, Feminist, Heterosexueller, Verfechter der Rechte von Schwulen und Lesben, Mensch mit einem areligiösen Lebensstil und hinduistischer Vorgeschichte, Nicht-Brahmane und Ungläubiger, was das Leben nach den Tod angeht“ vor.
Produktinformation
- Herausgeber : C.H.Beck; 2. Edition (17. Juli 2020)
- Sprache : Deutsch
- Gebundene Ausgabe : 493 Seiten
- ISBN-10 : 3406606539
- ISBN-13 : 978-3406606533
- Originaltitel : Idea of Justice The
- Abmessungen : 15.1 x 4 x 22.3 cm
- Amazon Bestseller-Rang: Nr. 649,683 in Bücher (Siehe Top 100 in Bücher)
- Nr. 387 in Soziale Gerechtigkeit
- Nr. 441 in Soziologische Aspekte der Kriminalität
- Nr. 4,973 in Schulwissen Philosophie
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Informationen zum Autor
Amartya Sen, geboren 1933 in Shantiniketan in Indien, lehrt an der Harvard University als Professor für Philosophie und Ökonomie. Bis 2004 war er außerdem Master des Trinity-College an der Cambridge University. Sen hat u.a. in Kalkutta, New Delhi, London und Oxford gelehrt. 1998 erhielt er den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften, 2007 den Meister-Eckhart-Preis. Er gilt als einer der einflussreichsten Denker der Gegenwart und wurde für sein Werk mit über 80 Ehrendoktoraten ausgezeichnet. Im Oktober 2020 wird ihm der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen.
Zu seinen Forschungs- und Publikationsthemen zählen die Entwicklungs- und Wohlfahrtsökonomie, die Entscheidungstheorie, Sozialwahltheorie, Gender Studies und Fragen zur sozialen Ungleichheit. Er selbst stellt sich in einer abkürzenden Auswahl als „Asiate, Bürger Indiens, Bengale mit bangladeschischen Vorfahren, Einwohner der Vereinigten Staaten oder Englands, Ökonom, Dilettant auf philosophischen Gebiet, Autor, Sanskritist, entschiedener Anhänger des Laizismus und der Demokratie, Mann, Feminist, Heterosexueller, Verfechter der Rechte von Schwulen und Lesben, Mensch mit einem areligiösen Lebensstil und hinduistischer Vorgeschichte, Nicht-Brahmane und Ungläubiger, was das Leben nach den Tod angeht“ vor.
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Seinen eigenen Ansatz nennt er „komparativ“. Verglichen werden Fortschritte und Rückschritte in der konkreten Realisierung von Gerechtigkeit in unterschiedlichsten Politikfeldern - der Bekämpfung von Armut, Hunger und Arbeitssklaverei, der Frauenemanzipation, der medizinischen Versorgung und Bildung, allgemein der Ausweitung von Lebenschancen - und in unterschiedlichsten Weltregionen - von seinem Heimatland Indien, über den Nahen Osten bis zu den USA. Dabei profitiert das Werk von der unglaublichen Fülle an Erfahrungen des Kosmopoliten, UN-Beraters und Ökonomen Sen.
Verglichen werden, und das macht den eigentlich neuen Ansatz Sens aus, aber auch verschiedene Argumentationsstrategien für die Begründung von Gerechtigkeit. Er geht von der doppelten Überzeugung aus, „dass wir etwas auf sehr unterschiedlichen Grundlagen als eindeutig ungerecht empfinden können und trotzdem nicht einen bestimmten besonderen Grund einhellig als das durchschlagende Argument für die Diagnose verstehen“ (S. 30) dass es also „Mehrfachbegründungen“ (ebd.) für die Feststellung von Ungerechtigkeit gibt und dass es, zum zweiten, konkurrierende unparteiische und vernünftige Argumentationen von Gerechtigkeitstheoretikern gibt, die alle zurecht davon überzeugt sind, „dass es eine unkomplizierte, gerechte und leicht zu findende Lösung“ (S. 44) für ein Verteilungsproblem gibt - und dennoch kommen sie zu ganz unterschiedlichen Lösungen. Wenn also einerseits mit unterschiedlichen, aber vernünftigen Gründen Einhelligkeit in der Beurteilung von Ungerechtigkeit erzielt werden kann, andererseits aber, trotz jeweils vernünftiger Gründe, keine Einhelligkeit über das Gerechte erzielt wird, dann scheint es schlecht zu stehen um Gerechtigkeitstheorien, die glauben, mit einem einheitlichen und ausschließlichen Prinzip begründen zu können, was allein das Gerechte ist.
Die Übersetzerin Christa Krüger trifft übrigens den narrativen, mitunter etwas großväterlich-besonnenen Duktus und umständlichen Stil des Werks sehr genau. Insgesamt sehr zu empfehlen.
Die Gerechtigkeit ist eine der fundamentalen Fragen der politischen Philosophie. Einen ausgezeichneten und hochaktuellen Führer durch dieses Terrain bietet das 2010 in deutscher Übersetzung erschienene Buch – die englische Originalausgabe erschien 2009.
Sein Autor, der indische Wirtschaftswissenschaftler und Philosoph Amartya Sen, hat sich neben seinen Arbeiten zu Wohlfahrtsökonomie, für die er 1998 den Nobelpreis erhielt, in mehreren Veröffentlichungen auch mit Fragen der poltischen Theorie befasst. Sen ist zudem Mitglied mehrerer internationaler Expertengruppen, die sich weltweit mit Fragen einer gerechten Ordnung in einer globalen Welt befassen. Die besondere Kompetenz des Autors beruht nicht zuletzt auf seiner indischen Herkunft und seiner akademischen Karriere in den USA, Großbritannien und Indien.
Sens Buch beeindruckt denn auch durch seinen ungeheuer weiten geistigen Horizont, durch seine umfassende Kenntnis des westlichen wie des östlichen politischen Denkens. Immer wieder führt der Autor seinen westlichen Lesern vor Augen, dass das Thema Gerechtigkeit sich nicht nur durch das abendländische Denken seit Platon und Aristoteles zieht, sondern dass auch in anderen Kulturkreisen Beiträge geleistet wurden, die es wert sind, in die aktuelle Diskussion aufgenommen zu werden. Dabei ist das Buch in einer wohltuend unprätentiösen Sprache gehalten, gewürzt mit einer kräftigen Prise britischen Humors. Die Lektüre ist auch sprachlich ein Genuss.
In der westlichen Tradition des neuzeitlichen politischen Denkens steht der Begriff der Gerechtigkeit in engem Zusammenhang mit der Denkfigur des Gesellschaftsvertrages. Ausgangspunkt ist die Frage, unter welchen Bedingungen Menschen, denen von Natur aus das unveräußerliche Recht auf persönliche Freiheit gegeben ist, Einschränkungen ihrer Freiheit akzeptieren und sich Gesetzen unterwerfen sollen. Eine mögliche Antwort gibt die Idee des Gesellschaftsvertrags. Erstmals von dem britischen Philosophen Thomas Hobbes vorgetragen, ist sie seitdem von John Locke, Jean-Jacques Rousseau und Immanuel Kant bis ins zwanzigste Jahrhundert von dem us-amerikanischen Philosophen John Rawls in immer neuen Variationen in die Diskussion über eine freiheitliche und gerechte Gesellschaftsordnung gebracht worden.
In der jüngsten Fassung dieser Denkfigur des Gesellschaftsvertrags unternimmt Rawls ein Gedankenexperiment. Er stellt sich eine Versammlung freier Menschen vor, die es sich zum Ziel gesetzt hat, eine gesellschaftliche Ordnung zu schaffen, in der sie die Vorteile der Zusammenarbeit nutzen können, ohne befürchten zu müssen, in eine einseitige Abhängigkeit von anderen Menschen zu geraten und um die Früchte dieser Zusammenarbeit betrogen zu werden. Alle Teilnehmer schließen als Bürger eines Gemeinwesens aus freiem Willen einen Vertrag, der ihnen und ihren Nachkommen eine solche faire Kooperation garantieren soll. Dazu müssen sie, wie Rawls nachweist, von ihrem persönlichen sozialen und ökonomischen Status absehen und sich auf das beschränken, was ihnen allen als Menschen gemeinsam ist. In einer solchen Situation würden sich die Menschen, Rawls zu Folge, auf zwei fundamentale Prinzipien einer fairen und gerechten Ordnung einigen: Alle Teilnehmer erkennen sich gegenseitig die gleichen Rechte und den gleichen freien Zugang zu öffentlichen Ämtern zu. Unterschiede in Bezug auf den sozialen und ökonomischen Status, die als Folge der natürlichen Ungleichheit der Menschen entstehen, werden akzeptiert, wenn auch das am schlechtesten gestellten Mitglied der Gesellschaft einen Vorteil davon hat.
In Auseinandersetzung mit der Vertragstheorie von Rawls entfaltet Sen seine Idee der Gerechtigkeit. Er bezweifelt die Annahme, dass sich die Teilnehmer des Sozialvertrags im Urzustand einstimmig auf diese zwei Grundsätze einigen würden. Dazu seien deren Motive und Interessen, aber auch die rationalen Gründe, die ihr Verhalten bestimmen können, zu vielfältig. Gerechtigkeit lässt sich nicht auf einen so einfachen Nenner bringen, zumal wenn wir sie, wie der Inder, aus globaler Perspektive betrachten. Wem es, wie ihm, darum geht, unsere vielgestaltige Welt, so wie sie ist, gerechter zu machen, der sollte sich, Sen zu Folge, nicht auf die Suche nach einem Set idealer Grundsätze machen, sondern von der alltäglichen Erfahrung offensichtlicher Ungerechtigkeit in der Welt ausgehen. Den Zugang zur Gerechtigkeit gewinnen wir durch die Feststellung von Ungerechtigkeiten.
Wer den Zustand einer Gesellschaft, sei es auf lokaler Ebene oder im Weltmaßstab, beurteilen will, der muss die reale Befähigung der Menschen beurteilen, selbstbestimmt ein gutes und lebenswertes Leben führen zu können – und zwar nicht nach einem abstrakten Maßstab, sondern im Vergleich zu anderen Gesellschaften und Weltgegenden. Eine Theorie der Gerechtigkeit, die sich auf die Auswahl von Institutionen (Gesetzen, Verfassungen) und die Festsetzung idealer Regelungen beschränkt, ist zu eng. Ihr stellt Sen seine, auf Vergleich und Verwirklichung gerichtete Perspektive gegenüber. Mit zwei Ausdrücken aus der altindischen Rechtsphilosophie bezeichnet der Autor diese beiden Perspektiven von Gerechtigkeit als „niti“ bzw.als „nyaya“
Mit dieser Perspektive sieht Sen sich in der Tradition von Denkern wie Adam Smith, Condorcet, Kenneth Arrow, interessanterweise auch von Karl Marx, setzt sich andererseits aber vehement gegen den Utilitarismus ab. Gerechtigkeit lässt sich für ihn nicht auf Nützlichkeit zurückführen. An die Stelle strenger Regeln setzt Sen auf die vernunftgeleitete Überprüfung ungerechter Zustände und der Handlungsalternativen für deren Verbesserung. Entscheidend für Sens Gerechtigkeitskonzept des „nyaya“ ist die Rolle der Vernunft. Sen verwirft den in der ökonomischen Theorie verbreiteten Rationalitätsbegriff des den eigenen Nutzen maximierenden Individuums. Auch altruistisches oder solidarisches Verhalten kann rational sein.
Um die Erfordernisse der Gerechtigkeit zu analysieren, bedarf es der begründeten kritischen Prüfung durch den öffentlichen Gebrauchs der Vernunft mit dem Ziel, zu hinreichend objektiven Urteilen zu kommen, die kritischen sachkundigen Einwänden standhalten und denen die Menschen daher zustimmen, wobei vollständige Objektivität nicht zu erreichen ist. An dieser Stelle führt Sen die Denkfigur des unparteiischen Zuschauers ein, die er bei Adam Smith gefunden hat. Der unparteiische Zuschauer ist in der Lage, die Probleme mit den Augen anderer Menschen zu sehen, er nimmt einen Standpunkt ein, den die Menschen als gemeinsame Basis akzeptieren. Damit tritt der unparteiische Zuschauer an die Stelle des Gesellschaftsvertrages bei Rawls. Anders als dieser ist er offen, bezieht alle relevanten Standpunkte ein, nicht nur die der Mitglieder des Gesellschaftsvertrags, er konzentriert sich auf die vergleichende Untersuchung realer Verhältnisse und befasst sich mit sozialen Verwirklichungen.
Eine Gerechtigkeitstheorie, der es um die schrittweise Entwicklung zu mehr Gerechtigkeit durch öffentlichen Vernunftgebrauch geht, muss auch die entsprechenden Rahmenbedingungen für deren Verwirklichung in ihre Überlegungen einbeziehen. Eine solche Politik bedarf der Meinungs- und Pressefreiheit, der Versammlungsfreiheit, sie bedarf einer politischen Kultur der Toleranz, die jedes vernünftige Argument gelten lässt und keines ausschließt, die öffentlichen Protest zulässt und nicht unterdrückt. Kurzum: sie bedarf einer Kultur der Demokratie. Entsprechend seiner Perspektive des „nyaya“ betont der Autor, dass Demokratie mehr ist, als ein System von Gesetzen und Verfassungsbestimmungen. In dieser Einsicht trifft Sen sich mit der Diskurstheorie von Jürgen Habermas. In einer Demokratie gilt nicht nur die Mehrheitsregel, sondern auch die Achtung von Minderheitsrechten. Die Wurzeln einer so verstandenen deliberativen Demokratie liegen, wie Sen nachweist, nicht nur in der Kultur des Westens, wie es in Europa und Nordamerika nur allzu gern gesehen wird. Diese Kultur des öffentlichen Vernunftgebrauchs wirkt nicht nur in politisch verfassten Gemeinwesen, sondern auch global, etwa durch internationale Gremien, Nichtregierungsorganisationen, Verfahren des Monitoring etc.
Seine Herkunft aus der Wirtschaftwissenschaft kann und will der Autor in seinem Werk nicht verbergen. Ihm widerstrebt der Gedanke, Gerechtigkeit durch Gesetze herzustellen, deren Befolgung der Staat mit seinem Monopol der legitimen Gewalt durchsetzt. Allzu leicht könnte der Staat irren und neue Ungerechtigkeit schaffen. Demgegenüber setzt Sen darauf, Entscheidungen auf der Basis individueller Präferenzen und Wertvorstellungen, die vernünftigen Einwänden standhalten, über Verfahren der Sozialwahltheorie (social choice theory) herbeizuführen. Dem von seinem Lehrer Kenneth Arrow aufgeworfenen Problem, dass demokratische Entscheidungen gewissen Mindestbedingungen an Rationalität nicht zu genügen scheinen, tritt er mit seinen Forschungen entgegen, die belegen, dass die Qualität sozialer Entscheidungen erheblich verbessert werden kann, wenn die Informationsbasis, auf der sie getroffen werden, verbreitert wird.
Dabei bleibt Sen sich der Grenzen dieses Verfahrens bewusst. Vollständige Objektivität ist nicht zu erreichen. Unsere menschliche Vernunft ist begrenzt. Auch die gründlichste Diskussion konkurrierender Ansprüche auf Gerechtigkeit kann angesichts der unaufhebbaren Pluralität rationaler Gründe nicht zu vollständigen Lösungen führen. In Fragen der Gerechtigkeit müssen wir uns mit partiellen Lösungen zufrieden geben. Aber es wäre eine Fehler, wegen der Unmöglichkeit einer perfekten Lösung die Idee der Gerechtigkeit insgesamt zu verwerfen. Auch partielle Lösungen können die Entwicklung zu mehr Gerechtigkeit in der Welt voranbringen. „Wir gehen so weit, wie die Vernunft uns leitet.“
Mit seiner am realen politischen Prozess orientierten Ansatz des „nyaya“ ist der Autor zweifellos in eine Lücke gestoßen, die die Vertragstheorie gelassen hat. Die Kluft zwischen den Rawls'schen Prinzipien der Gerechtigkeit und den realen Problemen in China, Indien, Russland oder wo immer sonst erscheint allzu groß, als dass sie dort konkret helfen könnten. Zu sehr scheint die Vertragstheorie westlichem Denken verhaftet, als dass sie globale politische Wirksamkeit entfalten könnte.
Die Grenze des Sen'schen Ansatzes wird offenbar, wenn man sich vor Augen führt, dass der politische Prozess immer zu einer Entscheidung und zu entsprechenden Aktionen führen muss. In vielen Fällen wird dabei die Einstimmigkeit auf Grund rationaler Diskussion nicht zu erreichen sein. Es wird also immer individuelle Präferenzen geben, die in der Entscheidung nicht berücksichtigt wurden. Politische Entscheidungen müssen oft bei unvollkommener Information über die entscheidungsrelevanten Umstände getroffen werden. Und in diesem Zusammenhang gilt es auch zu beachten, dass Politik immer etwas mit Macht zu tun hat. Wenn wir dennoch vernünftigerweise erwarten wollen, dass sich auch die Unterlegenen einer solchen Entscheidung beugen, wenn trotzdem der Friede in der Gesellschaft gewahrt werden soll, dann bedarf es einer demokratischen Verfassung, dann bedarf es gesicherter Grundrechte, dann bedarf es der Wahlen mit Mehrheitsprinzip und der Regierung auf Zeit. Unter diesem Aspekt ist die Bedeutung von „niti“ größer als Sen dies wahrhaben will.
Dass die Theorie der Sozialwahl keine hinreichende Grundlage für eine Gerechtigkeitstheorie bietet, scheint Sen gespürt zu haben, auch wenn er sich immer wieder mit Nachdruck zu ihr bekennt. Deutlich wird dies, wenn er die Rolle der Menschenrechte für eine globale Theorie der Gerechtigkeit diskutiert. Einerseits ist er ein starker Befürworter der Idee der Menschenrechte, weil sie „offensichtlich dringend notwendig“ sind, wenn es gilt, „Maßnahmen gegen die furchtbaren Notlagen in der Welt“ zu ergreifen. Andererseits weiß er um die radikale Ablehnung dieser Idee, gerade auch aus dem Kreis von Denkern, denen er sich verbunden fühlt, die den Glauben „es genüge Mensch zu sein, um Anspruch auf Rechte zu haben“ mit Jeremy Bentham für „Unsinn auf Stelzen“ halten. Wenn Sen Menschenrechte als .“ethische Ansprüche“ versteht, „die sich konstitutiv mit der Wichtigkeit menschlicher Freiheit verbinden“ und die kritischer Prüfung durch öffentlichen Vernunftgebrauch standhalten, wenn er zugesteht, dass aus akzeptierten Menschrechten - wie etwa dem Schutz vor Folterung –„vollkommene Pflichten“ unmittelbar folgen, dann geht er damit deutlich über den Ansatz der Sozialwahltheorie hinaus.
Die Besinnung auf die Idee der Gerechtigkeit, verstanden im Sinne Sens als „nyaya“, bietet einen vernünftigen Maßstab für die Beurteilung politischer Zustände und Vorgänge weltweit. Ausgangspunkt ihrer Kritik sind die konkreten Ungerechtigkeiten, die „Widersprüche der Globalisierung“, wie es im Grundsatzprogramm der SPD heißt. In dieser pragmatischen Perspektive liegt die Stärke des Sen'schen Ansatzes und in ihrer Anwendung eine große Hoffnung für unsere Welt.
Peter Didszun