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Die Eisprinzen – Kritik

Will Ferrell bleibt seiner skurrilen Rollenauswahl treu. Zusammen mit Napoleon Dynamite-Schauspieler Jon Heder bildet er das erste männliche Eiskunstlauf-Paar der Filmgeschichte.

Die Eisprinzen

Der Alltag eines Spitzensportlers besteht aus hartem, schweißtreibendem Training. Immer wieder muss er dieselben Abläufe einstudieren, muss er sich kompromisslos einem ganz bestimmten Ziel unterordnen. Dazu bedarf es vor allem der Selbstdisziplin und eines eisernen Willens. Und wenn beides fehlt, braucht es jemand, der den Athleten zu seinem Glück zwingt. Kaum eine andere Sportart steht so sehr unter dem Generalverdacht krankhaft ehrgeizige Mütter und Väter anzuziehen wie das Eiskunstlaufen. In Die Eisprinzen (Blades of Glory) findet dieses Klischee seine Entsprechung in dem notorisch unzufriedenen Milliardär Darren MacElroy (William Fichtner), dessen Hobby es ist, aus talentierten Waisenkindern durchtrainierte Hochleistungssportler zu „züchten“. Eines der Produkte – sein Adoptivsohn Jimmy MacElroy (Jon Heder) – ist der neue Star am Eiskunstlauf-Himmel. Er hat nur einen erbitterten Rivalen: Den Skating-Rebell Chazz Michael Michaels (Will Ferrell).

Nachdem sich Michaels und MacElroy auf dem geteilten Siegerplatz eine Schlägerei liefern und als Konsequenz auf Lebenszeit gesperrt werden, scheinen alle Karriere-Träume ausgeträumt. Gäbe es da nicht eine Lücke im Regelwerk, die es den beiden erlauben würde, gemeinsam (!) in der Paar-Konkurrenz bei den nationalen Meisterschaften anzutreten und ein furioses Comeback zu starten. MacElroys altem Coach (Craig T. Nelson) fällt die scheinbar unmögliche Aufgabe zu, aus erbitterten Feinden eine harmonische Einheit zu formen.

Die Eisprinzen

Der Sportfilm ist wie nur wenige andere Genres dazu in der Lage, moderne Mythen zu kreieren und dabei an kämpferische Tugenden wie Entschlossenheit, Durchhaltevermögen und einen unabdingbaren Siegeswillen zu appellieren. In dieser Hinsicht kann es höchstens der typische Katastrophen-Blockbuster Hollywood’scher Prägung mit ihm aufnehmen, in dem Joe Jedermann wahlweise seine Familie oder gleich – wie beispielsweise in Armageddon (1998) – die ganze Welt retten darf. Ein wesentliches dramaturgisches Element findet sich in der Außenseiter-Rolle der Protagonisten. Obwohl sie eigentlich chancenlos sind, einen schweren Rückschlag erlitten haben oder sich mühsam zu einem Comeback quälen müssen, meistern die Helden des Films letztlich jede Herausforderung. Die Entwicklung des anfangs verfeindeten Duos Michaels und MacElroy folgt der aus Sportfilmen wie Rocky (1976) und Die Stunde des Siegers (Chariots of Fire, 1981) bekannten Losung des „Nie aufgeben Wollens“, wobei jenes Diktum in den an Absurdität kaum mehr zu überbietenden Wettkämpfen der Eisprinzen auf die Spitze getrieben wird. Das Finale verlangt beiden alles ab. Schöngeist MacElroy muss im wahrsten Sinn des Wortes Dreck fressen, und Obermacho Michaels wird nach einem schmerzhaften Zwischenfall dazu gezwungen, die weibliche Seite in sich zu entdecken.

Gerade bei Rocky – der Ikone des Genres – scheinen die Autoren John Altschuler und Dave Krinsky fündig geworden zu sein. Nicht nur, dass Chazz Michael Michaels in einer Industriemetropole im Nordosten der USA eine vergleichbare Sozialisation wie der „Italian Stallion“ erfahren hat, die konspirativen Trainings-Einheiten der ersten männlichen Eislauf-Combo finden unter der Regie des väterlichen Trainers und Freundes auch in einer wenig einladenden Lagerhalle statt. Das dürfte bei vielen Zuschauern nostalgische Erinnerungen wecken, wobei sich der Film die Subversivität leistet, ein vor Testosteron strotzendes Vorbild in eine der „unmännlichsten“ Sportarten zu verpflanzen. Die homoerotischen Konnotationen werden ohnehin – wann immer es geht – überdeutlich herausgestellt. „Als wäre Eiskunstlaufen nicht schon schwul genug!“ lautet dann auch ganz explizit ein Kommentar auf das Vorhaben des ungleichen Paares.

Die Eisprinzen

Abseits aller filmhistorischen Verweise nehmen sich Die Eisprinzen zugleich des Irrsinns des realen Sport- und Wettkampfbetriebs an. So finden sich zahlreiche Reminiszenzen speziell an das Eiskunstlauf-Geschäft. Tonya Hardings legendäre in Auftrag gegebene Eisenstangen-Attacke auf Konkurrentin Nancy Kerrigan soll in leichter Abwandlung die Handlung vorantreiben, und die Figur des Eislauf-Rebells Chazz Michael Michaels scheint ganz eindeutig dem kanadischen Enfant Terrible Elvis Stojko nachempfunden zu sein.

Will Ferrell fühlt sich sichtlich wohl in sportiven Komödien. Nach dem zumindest in den USA äußerst erfolgreichen Ausflug als Ricky Bobby – König der Rennfahrer  (2006), tauschte er für Die Eisprinzen den ölverschmierten Rennanzug gegen Glitzerfummel und ein Paar messerscharfe Kufen ein. Im Tandem mit Napoleon Dynamite (2005)-Darsteller Jon Heder – die blondere Ausgabe von Owen Wilson – läuft der ehemalige Saturday Night Live-Comedian in seiner angestammten Domäne zur Höchstform auf. Der exzentrische, von einer krankhaften Sexsucht geplagte Selbstdarsteller Michaels bietet Ferrell ausreichend Gelegenheit für ungeniertes Overacting und exaltierte Macho-Posen. Während Heder den androgynen Träumer mimt, ähnelt Ferrells Auftritt zeitweilig Billy Bob Thorntons charmantem Loser-Porträt aus  Bad Santa  (2003). Wie Thornton darf sich auch Ferrells im Karrieretief befindlicher Super-Sportler Alkohol und billigem Sex hingeben – und das in den Kulissen einer Eislauf-Revue für Kinder.

Die Eisprinzen

Bizarr ist vieles von dem, was uns Die Eisprinzen im Lauf von 93 Minuten präsentiert. Aber auch schlichtweg zum Schreien komisch, überdreht und angenehm politisch unkorrekt. Es dürfte schwierig werden, in den nächsten Wochen eine unterhaltsamere Komödie auf dem Kinospielplan zu finden.

 

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