Die Bienenhüterin • Rezension

Die Bienenhüterin

Die Bienenhüterin von Sue Monk Kidd

Sperrt man eine Biene in ein Glas, ergibt sie sich schließlich ihrem Schicksal und verlässt es selbst dann nicht, wenn man es wieder öffnet, als habe sie vergessen, dass es eine Welt außerhalb ihrer Gefängnismauern gibt.

Inhalt

Die vierzehnjährige Halbwaise Lily Owens  beschließt ihr bisheriges Leben hinter sich zu lassen und aus dem bedrohlichen Schatten ihres tyrannischen Vaters hinaus in eine neue Welt zu treten.

Von Schuldgefühlen gegenüber der verstorbenen Mutter geplagt, entflieht sie ihrer unglücklichen Vergangenheit.

Stets an ihrer Seite ist Rosaleen, die afroamerikanische Haushälterin ihres Vaters und die einzige Freundin, die Lily hat.

Im Jahre 1964, in der Zeit der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung, ist die Reise eines hellhäutigen Mädchens und einer dunkelhäutigen Frau durch den Bundesstaat South Carolina kein ungefährliches Unterfangen. Rassismus und Diskriminierung regieren die Gesellschaft. Schließlich aber finden Lily und ihre Freundin Unterschlupf bei drei afroamerikanischen Schwestern, drei Bienenhüterinnen, die sie in die Geheimnisse ihrer Arbeit und die Weisheiten des Lebens einweihen.
Für Lily beginnt die Suche nach sich selbst, die Aufarbeitung ihrer tragischen Vergangenheit.

Endlich findet sie die langersehnte Liebe und lernt, Liebe zu geben. Nur ein Rätsel gibt es, ohne dessen Lösung Lily keinen inneren Frieden finden kann: Ihre Mutter. Wer war sie und hat sie ihre Tochter zu Lebzeiten geliebt? Und wer trägt die Schuld an ihrem Tod?

Im Haus der Bienenhüterinnen ist Lily dem Geheimnis um ihre Mutter näher auf der Spur, als sie ahnt…

Von Bienenmetaphorik und Bürgerrechtsbewegung

Mit ihrem Roman „Die Bienenhüterin“ (Original: The Secret Life of Bees), geschrieben 2002, gelingt Sue Monk Kidd eine liebevoll erzählte Geschichte über das Erwachsenwerden eines Mädchens, das in seinem jungen Leben bereits eine große Last zu tragen hat. Körperlich und seelisch misshandelt durch den herrschsüchtigen Vater und gequält von Gefühlen der Schuld am Tod der eigenen Mutter, sehnt sich Lily nach Liebe und nach Antworten auf ihre Fragen.

Mit ihrer Geschichte vor dem geschichtlichen Hintergrund der Bürgerrechtsbewegung und dem damit einhergehenden Rassismus gegenüber der afroamerikanischen Bevölkerung stellt die Autorin sich einem gesellschaftlich bedeutsamen und keineswegs einfachen Thema, das seine Relevanz bis in die heutige Zeit nicht verloren hat.

Dem Leser wird das traurige, doch realistische Bild dieser – vor allem in den amerikanischen Südstaaten auftretenden – gesellschaftlichen Probleme vor Augen geführt.

Wer aber glaubt, die Geschichte sei eine einzige schwerfällige Wanderung durch emotionale Täler und gesellschaftliche Grausamkeiten, der irrt. Im Gegenteil. In erster Linie nämlich ist Kidds Roman vielmehr ein Aufruf zu Hoffnung und Leben, eine Hommage an Freundschaft, Liebe und Menschlichkeit – Eigenschaften, die stärker sind als jedes Leid, und sei es noch so groß. Der Roman lehrt, dass jeder der Last, die ihn bedrückt, zu entkommen versuchen sollte und dass jeder sein eigenes persönliches Glück finden wird, solange er nur wagt, sich auf die Suche danach zu begeben.

Kidd hat sich für eine Ich-Erzählung aus der Perspektive der Protagonistin entschieden und gewährt dem Leser somit vielfältige Einblicke in deren Gedanken- und Gefühlswelt. Der realistisch wirkende Sprachstil und die präzise gezeichneten und authentisch agierenden Charaktere fördern die Identifikation des Lesers mit den Figuren.

Besonders bemerkenswert und einfallsreich gelingt der Autorin die Anwendung der außergewöhnlichen Sinnbilder und Symbolik aus dem Bereich der Honigbienenschwärme, die zu einer Vielfalt von unterschiedlichsten Interpretationsmöglichkeiten führen und den Leser zu einer tieferen Analyse der Erzählung reizen.

Fazit

Eine Geschichte für jeden, der an Liebe und Menschlichkeit glaubt, der einen Blick in die Abgründe des Lebens nicht scheut und den Mut hat, endlich die Flügel auszubreiten und sein eigenes Gefängnis hinter sich zu lassen.

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