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Die Wahrheit hinter dem Film „Soldat James Ryan“

Steven Spielbergs Film „Der Soldat James Ryan“ hat mit seiner Darstellung der Kriegswirklichkeit Maßstäbe gesetzt. Aber manche Details erweisen sich als dramaturgische Effekte.
Anfangsszene aus „Der Soldat James Ryan“ (1998). Die Boote, mit denen Steven Spielberg seine Hauptdarsteller an Land bringen lässt, waren andere als in der Wirklichkeit Anfangsszene aus „Der Soldat James Ryan“ (1998). Die Boote, mit denen Steven Spielberg seine Hauptdarsteller an Land bringen lässt, waren andere als in der Wirklichkeit
Anfangsszene aus „Der Soldat James Ryan“ (1998). Die Boote waren andere als in der Wirklichkeit
Quelle: picture alliance /

Im November 1942 wurde der amerikanische Leichte Kreuzer „USS Juneau“ vor der Pazifik-Insel Guadalcanal von einem japanischen U-Boot angegriffen. Ein Torpedo traf die Munitionskammer, nach wenigen Minuten sank das Schiff. Zu den 600 Toten gehörten die fünf Söhne der Familie Sullivan aus Waterloo (Iowa). Sie hatten sich trotz Bedenken der Marinebehörden gemeinsam zum Militärdienst auf einem Schiff gemeldet.

Ihr publikumswirksamer Tod wurde nicht nur umgehend zum Thema von Plakaten und Filmen, sondern führte auch zur Verabschiedung der Sole Survivor Policy („Richtlinie für einzig Überlebende“). Danach soll das letzte Kind einer Familie, dessen Geschwister bereits bei Kampfhandlungen getötet wurden, aus dem Kampfgebiet gezogen und nach Hause geschickt werden.

Die berühmteste Version dieser Regel bietet Steven Spielbergs Kriegsfilm „Der Soldat James Ryan“ von 1998. In dem mit fünf Oscars ausgezeichneten Film erhält der amerikanische Ranger-Captain John Miller (Tom Hanks) während der alliierten Invasion in der Normandie den Auftrag, mit seinen Leuten den Fallschirmjäger James Ryan zu finden, dessen drei Brüder bereits gefallen sind.

Spielberg hat mit seiner Darstellung der brutalen Kriegsgeschehens Maßstäbe gesetzt. Nicht immer werden sie allerdings der Wirklichkeit gerecht.

Kugeln unter Wasser töten nicht

So haben Experimente mit Gewehren gezeigt, dass die tödlichen MG-Salven in der berühmten Anfangssequenz, in der zahlreiche GIs unter Wasser den Tod finden, eine Erfindung Spielbergs sind. Selbst aus nächster Nähe verlieren die Kugeln ihre tödliche Kraft. Viele Soldaten ertranken dagegen, weil ihre schwere Ausrüstung sie in die Tiefe zog.

Auch hätten die gepanzerten Landungsboote, mit denen die US-Ranger 1944 an Land gebracht wurden, zahlreiche Opfer verhindert. Denn es handelte sich um gepanzerte britische Boote. Die hohen Verluste der GIs bei der Landung erklären sich nicht zuletzt mit der Leichtbauweise der amerikanischen Landungsboote, in die Spielberg Tom Hanks und seine Truppe verfrachtet. Dagegen macht die Wucht der eingesetzten Waffen eine zeitweilige Taubheit von Captain Miller durchaus glaubhaft.

Viele Details des Films erweisen sich als dramaturgische Effekte Spielbergs. Der Kern der Geschichte aber ist wahr. Es waren aber weniger die Sullivans, die Pate standen, sondern die vier Söhne der Familie Niland aus Tonawanda (New York).

Nachdem zwei von ihnen während der ersten Stunden der Invasion ihr Leben verloren hatten und ein dritter über Burma abgeschossen worden war, wurde der jüngste, Frederick, unter dramatischen Umständen aus der Schlacht in der Normandie gezogen. Wie dieser musste sich Frederick, der zu den alliierten Vorauskommandos gehörte, mühsam zu den eigenen Linien durchschlagen, wo er schließlich gegen seinen Willen abgezogen wurde – wie der James Ryan des Films. Erst nach dem Krieg stellte sich heraus, dass der in Asien verschollene Bruder mit Mühe und Not ein japanisches Gefangenenlager überlebt hatte.

Die wahre Geschichte der Familie Smith

Erst im Zuge des 100-Jahr-Gedenkens des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs wurde bekannt, dass eine ähnliche Geschichte wie die der Niland-Brüder sich 1918 in Großbritannien ereignet hat. Die Familie Smith aus Barnard Castle hatte bereits fünf Jungen an den Fronten verloren, ein sechster tat noch im Schützengraben Dienst.

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Die Frau eines Pfarrers fasste sich daraufhin ein Herz und beschrieb die Tragödie in einem Brief an die Königin Mary. Die Antwort wurde jetzt in einem Archiv gefunden: „Die Königin hat veranlasst, die Bitte von Herrn und Frau Smith bezüglich ihres jüngsten Sohns zur Berücksichtigung an das Kriegsministerium weiterzuleiten.“ Der 20-jährige Wilfred kehrte daraufhin nach Hause zurück.

Die amerikanische „Richtlinie für einzig Überlebende“ erhielt übrigens im Jahr 2008 Gesetzesrang. Auslöser war der Tod von Nathan Hubbard im Irak, nachdem sein Bruder Jared dort bereits gefallen war. Der überlebende Bruder Jason Hubbard wurde daraufhin in die Heimat beordert. Der Streit um Zuwendungen aus seiner Dienstzeit motivierte Kongressabgeordnete zu ihrem Gesetz, das Präsident George W. Bush im August 2008 unterzeichnete. Jahr für Jahr sollen rund 20 amerikanische Soldaten unter die Hubbard Act fallen.

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