043024 TOR Maple Leafs celebrate

So ziemlich alles sprach an diesem Abend gegen die Toronto Maple Leafs: Die Kanadier standen angesichts eines 1-3-Serienrückstands mit dem Rücken zur Wand, hatten angesichts eines erneut drohenden Erstrunden-Scheiterns enormen Druck und mussten in dieser Situation auch noch ohne ihren erkrankten Superstar Auston Matthews (NHL-Top-Torjäger mit 69 Treffern in der regulären Saison) auskommen. Im Mute der Verzweiflung aber wagte Toronto einen Torwartwechsel, setzte auf den in Boston ausgebildeten Joseph Woll anstelle von Ilya Samsonov und hielt hinten dicht. Vorne wurde Matthews Knies zum Overtime-Helden für die Maple Leafs und traf zum 2:1-Sieg n.V. in Spiel 5 bei den Boston Bruins im TD Garden.

Knies OT-Treffer hält Toronto am Leben

Todgesagte leben länger. Dieser Spruch bewahrheitete sich einmal mehr am Dienstagabend im TD Garden in Boston. Die Vorzeichen standen auf einen Sieg für die Bruins, doch Matthews Knies hatte andere Pläne, als er nach 2:26 Minuten in der Verlängerung per Abstauber den Siegtreffer besorgte.

„Ich hatte einen kleinen Blackout. Ich war einfach nur so froh und glücklich. Schöner war nur in die Gesichter meiner Teamkollegen zu blicken. Sie wollten so sehr gewinnen und weiterspielen“, sagte Knies über diesen so wichtigen Moment. 

Für den Torschützen gab es danach viel Lob aus den eigenen Reihen. „Knies ist schon die ganze Serie gut. Er bringt viel Energie und gute Hände mit. Es ist schön, dass er sich in so einem wichtigen Moment belohnen konnte“, sagte etwa Vorbereiter John Tavares.

„Er ist ein Zugpferd da draußen“, befand Verteidiger Jake McCabe. „Die Gegner sagen, dass er der stärkste Spieler da draußen ist. Er leistet gute Arbeit für uns im Forechecking, killt Strafen und arbeitet sich den Hintern auf.“

Angesichts des Ausfalls von Matthews spielten die Maple Leafs das so gefürchtete „Desperation Hockey“, also Eishockey im Mute der Verzweiflung, bei dem man nichts mehr zu verlieren hat. 

„Es mussten heute andere einspringen. Diese Tiefe brauchst du in den Playoffs. Jeder hat dazu beigetragen“, so McCabe. Stürmer Max Domi stimmte mit ein: „Jeder hat sich heute gezeigt, wir konnten alle vier Reihen ausrollen.“ Auch Knies hob die „Dringlichkeit“ bei seiner Mannschaft explizit hervor.

TOR@BOS R1, Sp5: Knies verwertet den freien Puck zum Sieg in der der Overtime

Woll darf bei Boston-Rückkehr starten

Eine große Verantwortung trug auch Woll, der seinen ersten Start seit dem 17. April (2:5 bei den Florida Panthers) erhielt und seine Aufstellung mit 27 Saves und 96,4 Prozent Fangquote rechtfertigte. 

„Ich war froh, dass ich im Tor stehen durfte und die Verantwortlichen Vertrauen in mich hatten. Es war ein wichtiger Sieg für uns“, resümierte Woll hinterher. Für den 25-jährigen US-Amerikaner war es ein ganz besonderes Spiel, immerhin wurde er zwischen 2016 und 2019 am Boston College in der NCAA ausgebildet. „Es ist etwas Besonderes, denn ich habe viel Zeit in meinem Leben hier verbracht“, erklärte Woll. „Im TD Garden habe ich schon viele wichtige Partien gespielt. Wieder hierher zu kommen und gegen die Bruins in einem Elimination Game zu spielen, ist ziemlich speziell.“

Kaum überrascht vom starken Auftritt des eigenen Torwarts waren seine Vorderleute. „Er ist ein ruhiger und aufgeräumter Mensch. Ich fühle mich sicher, wenn er im Tor steht. Ich vertraue ihm voll“, sagte Knies. „Er war ruhig, kontrolliert, hat den Puck immer gesehen. Er ist sehr talentiert und ein Vollprofi“, befand Tavares. „Er hat uns wie erwartet eine Chance gegeben, zu gewinnen“, so McCabe. „Er ist unglaublich und hat ein paar wichtige Paraden gezeigt“, reihte sich Domi mit ein. „Er musste lange Zeit zuschauen, aber das zeigt, wie gereift er ist. Es ist schön zu sehen, welche Präsenz er zwischen den Pfosten hatte. Er trägt einen großen Anteil an diesem Sieg.“

R1, Sp5: Maple Leafs @ Bruins Spielbericht

Maple Leafs hoffen auf den Wendepunkt in der Serie

Auch in Spiel 6 werden die Maple Leafs „Desperation Hockey“ spielen müssen. Ob Matthews rechtzeitig fit wird, steht noch in den Sternen. 

„Wir wollen weiterkämpfen. Wir wollen weiter glauben und in uns vertrauen“, fand Tavares klare Worte. 

„Du willst selbst Momentum aufbauen und sie unwohl fühlen lassen, weil sie erneut ihre Sachen packen und nach Toronto kommen müssen“, sagte Torontos Trainer Sheldon Keefe.

Hohe Fallhöhe bei den Bruins: Erinnerungen ans Vorjahr? 

Boston konnte derweil im zweiten Jahr in Folge eine 3-1-Führung in der ersten Runde nicht nutzen, um weiterzukommen, was negative Erinnerungen wecken dürfte: 2023 hatten die Bruins bereits mit 3-1 gegen die Florida Panthers geführt, schieden als Gewinner der Presidents‘ Trophy dann aber mit 3-4 aus. Die Fallhöhe ist auch in den Playoffs 2024 enorm hoch, zumal es gegen einen Original-Six-Rivalen geht. Das Vorjahres-Szenario soll sich auf keinen Fall wiederholen. 

„Wir waren nicht gut genug“, befand Bostons Trainer Jim Montgomery. „So einfach ist das. Toronto war bereit, wir nicht.“

„So läuft es manchmal“, sagte Bruins-Kapitän Brad Marchand. „Der schwerste Sieg ist immer der letzte. Sie sind rausgekommen und haben alles auf dem Eis gelassen. Wir müssen einfach besser sein, das ist alles.“

Spiel 6 steigt am Donnerstag (8 p.m. EDT; Freitag, 2 Uhr MESZ; NHL.tv) in der Scotiabank Arena in Toronto.

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