Arne Dahl: Der Meister des Schweden-Krimis im Interview
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„Es gibt eine Rache, die ich verstehen kann“: Krimi-Autor Arne Dahl im Interview zu „Stummer Schrei“

Mit „Stummer Schrei“ kehrt Arne Dahl, der Vertreter des Schweden-Krimis, zurück. Im Interview erzählt der Autor, wie er zum Schreiben kam und wer ihn inspirierte.

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Seit über drei Jahrzehnten bereichern Kriminalromane aus dem hohen Norden die deutsche Literaturlandschaft. Maj Sjöwall und Per Wahlöö, Pioniere des Nordic-Noir-Genres, zeigten, wie ein packender Schweden-Krimi aussehen sollte. Dabei steht nicht nur die Täterjagd im Fokus, sondern vor allem der psychologische Hintergrund der Tat. Arne Dahl schuf 2022 mit „Null gleich eins“ einen eindrucksvollen Abschluss seiner Berger-Blom-Reihe. Nun kehrt er mit „Stummer Schrei“ und der Figur Eva Nyman zurück. Ein fulminanter Auftakt ist ihm dabei gelungen. Im Interview mit IPPEN.MEDIA berichtet Arne Dahl über die Anfänge und das, was ihn beim Schreiben antreibt.

Arne Dahl im Interview

Arne Dahl im Interview und das Cover von „Stummer Schrei“
Arne Dahl im Interview: „Ja, ich wollte immer schon schreiben“ – Die neue Krimireihe mit dem Auftakt „Stummer Schrei“ © Sven Trautwein/Piper/Montage

Was ist das Besondere an “Stummer Schrei”?

Ich lege großen Wert darauf, aktuelle Themen einzubinden, sei es Kriminalität oder Klimawandel. Diese Aspekte fließen in meine Geschichten ein. Kriminalität steht für mich stets in Verbindung mit der Gesellschaft und ihren Grenzen.

Sind die Bücher über Eva Nyman als Reihe angelegt?

Ja, das sind sie. Ich schätze es, Charaktere schrittweise zu entwickeln. Obwohl ich nicht mehr 20 Jahre im Voraus planen kann, sind mindestens noch drei Bücher mit Eva Nyman als Figur geplant.

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Ist diese Gesellschaftskritik in den schwedischen Krimis typisch für die Gattung?

Obwohl es andere Strömungen gibt, ist dies ein fester Bestandteil schwedischer Krimis. Seit den 60er-Jahren ist es eine Tradition, die Maj Sjöwall und Per Wahlöö begründet haben. Mit der Zeit erkannte ich, dass die Krimis von Henning Mankell gute Literatur sind und nicht schlecht, wie einige Kritiker behaupten.

Woher kommt das Dunkle und Blutige in Schweden?

Es gibt verschiedene Erklärungen dafür. Vielleicht sind es die dunklen Winter, die Wälder. Im Vergleich zu anderen Ländern haben wir auch weniger Gewalt, obwohl sie in den letzten Jahren zugenommen hat. Die neue Kriminalität ist anders und übersteigt meine Vorstellungskraft. Als ich 1997 als Krimiautor begann, gab es eine andere Art von Kriminalität als heute. Die Clanstrukturen und die damit verbundene Gewalt sind hinzugekommen.

Es gibt immer eine Art von Rache, die man verstehen kann

Arne Dahl

Wollten Sie immer schreiben?

Ja, ich wollte schon immer schreiben. Schon als junger Mann. Es war mehr als nur ein Hobby, ich war immer konzentriert und ernsthaft dabei. Schon bei meinem Debüt. Oft sehe ich mich noch als den jungen Jan Arnald. Ein Rückblick ohne Nostalgie. Das brauche ich ab und an.

Haben Sie einen bestimmten Schreibrhythmus?

Mein Schreibprozess gliedert sich in zwei Phasen. In der ersten muss ich ein wenig hart zu mir selbst sein, bevor es richtig in Sprache übergeht. In der zweiten Phase macht es einfach Spaß. Aber alles muss korrekt sein. Früher habe ich am Computer den Plot erstellt. Mit vielen Elementen, Pfeilen und so weiter. Bei der „A-Gruppe“ und der „Opcop-Reihe“ war das auch nötig. Viele Charaktere, Themen, die alle zusammenfließen sollten. Später habe ich gerne improvisiert. Jetzt beim neuen plotte ich jedoch wieder.

Gibt es gute und schlechte Verbrecher?

Ich würde sagen, es gibt eine Art von “Rache”, die man verstehen kann. Die emotionale Kraft hinter der Tat ist nachvollziehbar. Aber auch die Motive ändern sich im Laufe der Zeit. Heute sind beispielsweise Klimafragen wichtiger als früher.

Funktionieren deshalb Krimis gut, da sie immer ein gutes Ende nehmen?

Ich bevorzuge es, wenn sie in der Grauzone dazwischen spielen. Auch in „Stummer Schrei“ gibt es viel davon. Denn nur durch diese Vermischung kann ein Buch wirklich interessant sein. Im aktuellen Krimi sind einige Fragen zu klären. Was steckt hinter Eva Nymans Vergangenheit? Welche Gefahr lauert dort?

Fühlen Sie sich befreit, wenn ein Buch abgeschlossen ist?

Es ist nie ganz abgeschlossen. Wenn es beim Verlag liegt, geht es noch ein wenig hin und her, bis es auf den Markt kommt. Es gibt Diskussionen und Überarbeitungen. Cliffhanger hier und da, dann die Dialoge, die mir sehr wichtig sind. Besonders Verhörszenen liegen mir am Herzen.

Welche Autoren haben Sie inspiriert?

Als Jugendlicher habe ich viele Krimis verschlungen. Da war das Bücherregal meiner Eltern. Frederick Forsyth hat mir gefallen. Auch wenn es nicht gerade Titel sind, die ein Zehnjähriger lesen sollte. Dann gab es noch Agatha Christie und Dorothee L. Sayers, die ganzen Cosy-Crime Autoren Großbritanniens. Die liebte ich.

Vielen Dank für das Interview.

Arne Dahl „Stummer Schrei“

Übersetzt von Kerstin Schöps

2024 Piper, ISBN-13 978-3-492-07241-0

Preis: Klappenbroschur, 17 €, 464 Seiten

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