Die Fortsetzung des �beraus erfolgreichen ZDF-Thrillers „Flucht durchs H�llental“ mit Hans Sigl, „Der Feind meines Feindes“ (FictionMagnet, ndF Berlin), ist mindestens eine Klasse besser, auch wenn sich die Geschichte mehr oder weniger der gleichen Zutaten bedient und dem bew�hrten Motto „Allein gegen die Mafia“ folgt: Erneut soll Anwalt Klaus Burg wichtige Unterlagen preisgeben, wieder wird seine Tochter als Geisel festgehalten, eine attraktive junge Frau mischt ebenfalls mit. Auch diesmal ist der Antagonist im Grunde die interessantere Figur, weil Oliver Mommsen die Rolle sehr vielschichtig anlegt. Was nach einem kalkulierten Konstrukt klingt, entpuppt sich jedoch als Thriller, in dem es kaum Leerlauf, aber einige �berraschungen gibt. Da die Burgs ihr Refugium in Island gegen den Lago Maggiore tauschen, erfreut der Film zudem durch pr�chtige Landschaftsaufnahmen.
Foto: ZDF / Namche OkonDer Bergdoktor auf Abwegen. Hans Sigl als Anwalt Klaus Burg bei seinem zweiten Einsatz allein gegen die Mafia. Mindestens eine Klasse besser als beim Einstand.
„Flucht durchs H�llental“, ausgestrahlt im Herbst 2019, war ein Krimi mit erheblichem Spannungspotenzial, der unterm Strich jedoch wie eine Gef�lligkeit des ZDF f�r Hauptdarsteller Hans Sigl aussah: Das Projekt wirkte, als habe der �sterreicher nach vielen Jahren als „Bergdoktor“ endlich mal einen Fiesling spielen wollen. Der Film war nicht packend genug, stolperte �ber einige Logikl�cher und hatte darstellerische Schw�chen. Mit der Fortsetzung, „Der Feind meines Feindes“, wird Marcus O. Rosenm�ller seinem Ruf als Spannungsspezialist wieder gerecht. Das Drehbuch stammt diesmal von Produzent Hans-Hinrich Koch. Die Geschichte folgt dem vielfach bew�hrten Prinzip „Allein gegen die Mafia“ und bedient sich ansonsten unbek�mmert der gleichen Konstellation wie in „Flucht durchs H�llental“: Erneut soll Anwalt Klaus Burg wichtige Unterlagen preisgeben, wieder wird seine Tochter Alina als Geisel festgehalten, die Beamtin vom LKA mischt ebenfalls mit, eine attraktive junge Frau ist auch dabei, und wie schon im ersten Film ist die Rolle des Antagonisten im Grunde die interessantere. Was nach einem kalkulierten Konstrukt klingt, entpuppt sich jedoch als Thriller, dessen Geschichte neunzig Minuten lang fesselt.
Foto: ZDF / Marco PiovanottoDurchweg eindrucksvolle Gesichter: Es weht mehr als ein Hauch von Cosa Nostra und ’Ndrangheta durch die Szenerie. Klaus Burg (Hans Sigl) ist gezwungen, sich auf Gesch�fte mit Gabriel Morales (Oliver Mommsen) einzulassen, um das Leben seiner Tochter und sein eigenes zu retten. Kann er Morales und dessen Gesch�ftspartnern Connagi (Alessandro Bressanello) und Toto Conte (Orso Maria Guerrini) trauen?
Die Handlung beginnt auf Island, dort hat das LKA M�nchen Burg und Alina (Sofie Eifertinger hat die Rolle von Leonie Wesselow �bernommen) im Rahmen eines Zeugenschutz-Programms untergebracht. Als sich die Tochter �ber die strikte Vorgabe, sich digital tot zu stellen, hinwegsetzt und anl�sslich ihres Geburtstags ein Selfie an ihre beste Freundin schickt, tauchen im Handumdrehen zwei Killer auf. Die Situation scheint aussichtslos, doch die beiden M�nner werden von zwei anderen erschossen, die den Anwalt und seine achtzehnj�hrige Tochter in Sicherheit bringen; auch wenn die Ma�nahme eher wie eine Entf�hrung wirkt. Burg wird zu einem Gesch�ftsmann nach Italien geflogen. Gabriel Morales (Oliver Mommsen) hat der organisierten Kriminalit�t den Kampf angesagt. Seit Jahren wird der milliardenschwere Unternehmer immer wieder von der ’Ndrangheta bei manipulierten Ausschreibungen ausgebootet. Burg soll ihm helfen, die Geldfl�sse nachzuvollziehen, damit er die kalabrische Mafia mit deren eigenen Waffen schlagen kann. Als Gegenleistung w�rde er Burg und seiner Tochter in Nordamerika ein v�llig neues Leben erm�glichen.
Foto: ZDF / Namche Okon90 Minuten Spannung und eine Top-�sthetik. Alina Burg (Sofie Eifertinger) wird auf einer kleinen italienischen Insel, unweit des Lago Maggiore, gefangen gehalten.
Das klingt nach Wirtschaftskrimi, aber diese Ebene ist nur der Motor, der die Geschichte im Hintergrund am Laufen h�lt. Die Spannung resultiert in erster Linie aus der Frage, ob der Anwalt seinem Gastgeber, der mit Gattin (Julia Stinshoff) und Sohn auf einem gro�z�gigen Anwesen in der N�he von Turin lebt, trauen kann. Morales ist ein liebevoller Vater und Ehemann, au�erdem hat er eine attraktive Schwester, Giulia (Katharina Nesytowa), die den Deutschen offensichtlich mag und viel Verst�ndnis f�r Alinas Sehnsucht hat, die nordische Ein�de hinter sich zu lassen. Aber der Italiener spielt nicht mit offenen Karten, und auch bei Giulia hat Burg gewisse Restzweifel. Tats�chlich ger�t er schlie�lich zwischen die Fronten eines Dreikampfs zwischen ’Ndrangheta, Cosa Nostra und der Anti-Mafia-Beh�rde.
Foto: ZDF / Namche OkonWerden die Pl�ne ihres Mannes aufgehen? Oliver Mommsen und Julia Stinshoff
Anders als „Flucht durchs H�llental“ gibt es in der Fortsetzung keinerlei Leerlauf; gemeinsam mit der guten Thrillermusik sorgen Actionszenen sowie unerwartete und zum Teil schockierende Handlungswendungen f�r viel Kurzweil. Trotzdem haben Rosenm�ller und sein Kameramann Namche Okon noch Zeit f�r sch�ne Bilder gefunden. Bildgestaltung und Lichtarbeit sind ohnehin hochwertig, aber mehrere Ausfl�ge Burgs mit Giulia sind zudem willkommener Anlass, um die sonnendurchflutete Gegend rund um den Lago Maggiore zu w�rdigen; sie sind gemeinsam mit den nicht minder imposanten Stadtbildern ein wirkungsvoller Kontrast zu den allerdings ebenfalls im Piemont gedrehten Anfangsszenen in der kargen „isl�ndischen“ Ein�de. Die Schaupl�tze sind ohnehin sehr gut ausgew�hlt.
Foto: ZDF / Namche OkonAuch eine sch�ne Italienerin geh�rt zum Personal des Thrillers. Aber spielt Giulia (Katharina Nesytowa), die den deutschen Anwalt offenbar mag, mit offenen Karten?
�hnlich ambivalent wie die Landschaftsbilder sind die beiden Hauptfiguren: Burg ist diesmal zwar nicht mehr der Antiheld aus dem ersten Film, dem seine Tochter mehr oder weniger egal war, offenbart aus Sorge um Alina aber unangenehm autorit�re Seiten. Mommsen, dank seiner vielen Kom�dienrollen quasi automatisch Sympathietr�ger, ist eine ausgezeichnete Besetzung als Gegenspieler. Eine seiner st�rksten Szenen ist ein n�chtlicher Friedhofsmonolog im str�menden Regen, als Morales seinem unfreiwilligen Gast r�t, den Tod wie einen alten Freund zu betrachten. Dritte m�nnliche Hauptfigur ist der oberste italienische Mafiaj�ger. Martin Umbach versieht den Mann mit der Ausstrahlung eines desillusionierten Veteranen, der seinen Gegnern im Verlauf eines Jahrzehnte w�hrenden Kampfes immer �hnlicher geworden ist. Sehr pr�sent ist auch Sofie Eifertinger, bekannt geworden als Polizistinnentochter in der ARD-Vorabendserie „WaPo Bodensee“, die ihr Talent schon einige Male bewiesen hat, etwa in dem Liebesdrama „Zweimal zweites Leben“ (ZDF) oder dem rbb-„Polizeiruf – Demokratie stirbt in Finsternis“. Ein Extralob geb�hrt dem Casting der einheimischen Mitwirkenden: Die zum Teil uralten f�hrenden K�pfe der „Familie“ sind ausgesprochen eindrucksvoll.
Foto: ZDF / Namche Okon"Der Feind meines Feindes" ist auch visuell ein Augenschmaus. Hans Sigl als Burg
Tilmann P. Gangloff ist seit 1985 freiberuflicher Fernseh- und Filmkritiker f�r Tageszeitungen und Fachzeitschriften, seit 1990 regelm��iges Mitglied der Jury f�r den Grimme-Preis sowie Mitglied diverser anderer Fernsehpreisjurys.