Das Pubertier – Der Film | Film-Rezensionen.de
Pubertier
© Constantin Film

Das Pubertier – Der Film

(OT: Das Pubertier, Regie: Leander Haußmann, Deutschland, 2017)

Das Pubertier DVD
„Das Pubertier – Der Film“ ist seit 9. November 2017 auf DVD und Blu-ray erhältlich

Journalist Hannes Wenger (Jan Josef Liefers) könnte glücklicher nicht sein: Seine kleine Tochter Carla (Harriet Herbig-Matten) bereichert sein Leben Tag für Tag für Tag. Bis – nun ja, bis eines Tages, geradezu über Nacht, aus dem niedlichen Wesen ein launisches Pubertier wird. Carlas 14. Geburtstag steht an und ihre größte Sorge ist, dass ihr Papa sie bei der geplanten Party vor ihren Gästen wieder einmal maßlos auf seine peinliche, altbackene Elternweise blamieren wird.

Das Pubertier ist eine deutsche Komödie und bietet als solche quasi systemimmanent etwa alle Viertelstunde einen halben Schmunzler. Zwischendrin werden dann auch schon mal so kesse und innovative Sprüche wie etwa „2004 hat angerufen, sie wollen ihr Wörterbuch zurück.“ in den Raum geworfen. 1930 hat ein Telegramm geschickt, sie wollen ihren Joke zurück.

Während Papa Wenger den ersten Partygast ins Kreuzverhör nimmt, entspinnt sich dieser sinngemäß wiedergegebene Dialog:
Liefers: „Du schwitzt.“
„Nein, ich schwitze nicht.“
„Doch.“
„Nein.
„Doch.“
„Nein.“
„Doch.“
„Nein.“
„Doch.
„Okay, stimmt.“
Dieses Gagfeuerwerk der Extraklasse zieht sich über drei Minuten – okay, in echt sind es vielleicht eher 30 Sekunden, die sich aber deutlich länger anfühlen.

Die Pubertät als Entschuldigung für schlechte Witze
Während die gleichnamige ZDF-Serie – welche ebenfalls auf dem Roman von Jan Weiler basiert, ansonsten aber nichts mit dem ein paar Monate früher erschienenen Film gemein hat – sich wenigstens tatsächlich mit der Pubertät beziehungsweise eher dem Verhältnis zwischen den Eltern und dem pubertierenden Kind beschäftigt, wird das Thema im Film nur alibimäßig behandelt. Die Protagonistin ist zufällig im Pubertätsalter, aber weiter (sprich: anders als verbal) aufgegriffen wird das Ganze nicht. Auch sind die Charaktere lediglich weichgewaschene Abziehbildchen. Carla beispielsweise will unbedingt ein iPhone, beschwert sich gleichzeitig aber über die Profitgier von Unternehmen. Das hätte ja noch als Charakterisierung herangezogen werden können, es ließe sich daran ganz passabel die Zerrissenheit und Orientierungslosigkeit von Teenagern zeigen; allein Carlas Einstellung zum Konsum spielt nie wieder eine Rolle und sie bezieht nie wieder Stellung dazu, weder für die eine noch die andere Seite. Und warum genau war Carla vor der Pubertät noch mal niedlich? Ach ja, weil es anfangs gesagt wurde.

„Schade, dass Film kein visuelles Medium ist“, muss sich Regisseur Leander Haußmann (Sonnenallee, Herr Lehmann) gedacht haben, und lässt Jan Josef Liefers zu Beginn erst mal mit einem klassischen Voiceover starten, in welchem dem Zuschauer allerlei Exposition an die Hand gegeben wird. Kurz darauf fiel den Machern anscheinend ein, dass es so etwas wie eine vierte Wand gibt, denn Liefers darf den Erzählstil ändern und nun direkt in die Kamera zum Zuschauer sprechen. Einige Zeit später wird wieder zum Voiceover gewechselt, um während des Großteils des restlichen Films keines der beiden Mittel mehr zu wählen. Eine kohärente Erzählweise sieht anders aus.

Unpassend verschenktes Potenzial
Das Pubertier ist ab zwölf Jahren freigegeben. Man kann mich gerne altmodisch nennen, aber ich hielte nichts davon, sähe sich mein Kind im Schutzalter einen Film an, in dem sich ein Junge mit einem in der Hose steckenden Fön beinahe den Penis verbrennt, während er am Telefon über gebrauchte Kondome redet, oder ein erwachsener Mann in Radlerhosen den geschlechtsbetonenden Schnitt derselben lobt. Unabhängig davon, für welche Zielgruppe solche Einlagen nun geeignet sein mögen – witzig sind sie jedenfalls nicht. Zwar hält der Film noch weitere unlustige Szenen parat, aber zum Glück ansonsten keine größeren Geschmacklosigkeiten mehr, er ist tatsächlich überwiegend harmlos.

Es gibt ein paar gute Dinge zu sagen. Wie schon in Timm Thaler sticht Justus von Dohnányis Schauspiel hier wiederum äußerst positiv heraus, wenn er auch diesmal eine schwache Rolle einnehmen musste. Harriet Herbig-Matten liefert für ihr Schauspieldebüt eine relativ solide Leistung ab. Das Ende hält einen genuin niedlichen Moment bereit, welcher einen deutlich besseren Film verdient hätte. Detlev Buck ist ein irrer Typ und darf eine irre Rolle spielen, an der er sichtlich Spaß hat, welcher sich auf den Zuschauer überträgt. Auch sein Charakter hätte einen besseren Film verdient. Eltern, welche Kinder im entsprechenden Alter haben oder hatten, werden mit dem Film vermutlich etwas mehr anfangen können. In Carlas Zimmer hängt mehr oder weniger prominent ein Poster von Fack ju Göhte 2, ein kluger Schachzug, evoziert er doch den Gedanken: „Stimmt, es gibt ja noch schlechtere Filme.“



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"Das Pubertier" ist eine handelsübliche deutsche Komödie und damit ist aus meiner Sicht alles gesagt. Fast 900.000 Kinobesucher sorgen dafür, dass sich auch in Zukunft wenig an der Qualität des deutschen Films ändern wird.
3
von 10