Bei uns heißt sie Hanka | Film-Rezensionen.de
Bei uns heißt sie Hanka
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Bei uns heißt sie Hanka

„Bei uns heißt sie Hanka“ // Deutschland-Start: 18. April 2024 (Kino)

Inhalt / Kritik

Dass es innerhalb von Staaten kulturelle Minderheiten geben kann, ist kein Geheimnis. Ob es die indigenen Völker in Amerika sind, die Basken in Spanien oder auch die Kurden, die etwa in der Türkei oder im Irak leben – diese Beispiele tauchen immer mal wieder in den Nachrichten oder auch in Filmen auf. Geradezu erstaunlich ist, dass das Wissen um die Sorben hierzulande kaum verbreitet ist. Dabei soll es rund 60.000 von ihnen geben, viele davon leben in der Lausitz. Sie haben ihre eigenen Bräuche, eine eigene Sprache, sogar eine eigene Flagge. Das heißt aber nicht, dass die Menschen immer tief verwurzelt sind. Vielmehr sind die Grenzen fließend, wie uns der Dokumentarfilm Bei uns heißt sie Hanka vor Augen führt.

Eine Frage der Identität

In diesem reist die Regisseurin Grit Lemke (Gundermann Revier) in die Lausitz und spürt den Menschen nach, die sorbischen Ursprungs sind. Einige pflegen das Brauchtum. Zwischendurch wird beispielsweise musiziert. Es gibt auch ein Hochzeitsfest, welches den Rahmen bildet. Bei anderen sind die Verbindungen eher lose. Tatsächlich geht es in dem Dokumentarfilm auch maßgeblich darum, die individuellen Beziehungen herauszuarbeiten und herauszufinden, wer man eigentlich ist. Die Frage einer sorbischen Identität ist nicht immer einfaches „ja“ oder „nein“. Die Grenzen sind da fließend, wenn in manchem Körper mehr als ein Herz schlägt, so auch bei Lemke selbst. Interessant sind gerade die Fälle, in denen die Menschen erst spät von ihrer Herkunft erfahren haben und nun quasi auf Selbstsuche sind.

Der Dokumentarfilm, der auf der DOK Leipzig 2023 Weltpremiere hatte, gibt dabei keine Antworten vor. Er hat auch keine inhaltliche Struktur, sondern stellt die unterschiedlichsten Menschen im Wechsel vor. Da ist der Fußballfan, der im Stadion stolz ein Transparent mit dem niedersorbischen Namen von Cottbus aufhängt. Überhaupt spielt Stolz eine große Rolle, ein kulturelles Selbstverständnis. Während manche dies im Privaten ausleben, sehen andere eine politische Verpflichtung in dem Erbe. Das reicht von der Aussage, man sei keine Minderheit, bis zur Überlegung, ein eigenes Territorium zu haben. Bei uns heißt sie Hanka befasst sich an diesen Stellen also nicht nur mit der Vergangenheit, sondern auch der Zukunft. Wie soll es mit einer Kultur weitergehen, die immer wieder ausgelöscht werden sollte, aber bis heute überlebt hat, wenngleich auf einem zahlenmäßig geringen Niveau?

Ein Film, der neugierig macht

Die mosaikartige Anordnung mag zwar zuweilen etwas willkürlich wirken. Letztendlich sind anderthalb Stunden auch kaum genug, wirkliche Einblicke zu erhalten. Wer das will, muss sich außerhalb der Doku weiter fortbilden. Aber es ist doch spannend, die vielen Leute kennenzulernen, von Familiengeschichten zu erfahren und die unterschiedlichsten Ansichten und Interpretationen der sorbischen Kultur mitzubekommen. Ein bisschen ist Bei uns heißt sie Hanka dabei auch das Plädoyer, sich für andere Kulturen zu öffnen, interessiert zu sein, anstatt andere ausgrenzen zu wollen. Der Film macht auch neugierig, ohne dabei moralisierend sein zu wollen. Die positive Grundeinstellung ist derzeit wieder sehr wichtig, wo Ressentiments gegenüber Andersartigen wieder salonfähig sind und lautstark weiterverbreitet werden.

Credits

OT: „Bei uns heißt sie Hanka“
Land: Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Grit Lemke
Drehbuch: Grit Lemke
Musik: Walburga Wałdźic/Walde, Izabela Kałduńska
Kamera: Uwe Mann

Bilder

Trailer

Filmfeste

DOK Leipzig 2023

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Bei uns heißt sie Hanka
fazit
„Bei uns heißt sie Hanka“ nimmt uns mit in die Lausitz und stellt uns die bei vielen in Vergessenheit geratene sorbische Kultur vor. Das ist ganz interessant, wenn wir die verschiedensten Menschen und ihre individuelle Beziehung kennenlernen, ist zudem ein Plädoyer für mehr Offenheit und Neugierde.
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