Vor 17 Jahren war sie von einem italienischen Austauschsch�ler schwanger und gab das Kind zur Adoption frei. Die Juristin Susanne Jacob �bertritt das Gesetz – und n�hert sich ihrer Tochter, die nicht wei�, dass sie ein Adoptivkind ist. „Das Haus ihres Vaters“ transportiert einen realen Konflikt ins Emotionale. Die Autoren verzichten, den „Fall“ diskursiv und juristisch aufzudr�seln. Konsequent lassen sie die Gef�hle den Handlungsverlauf bestimmen. Stark von Sarnau und Stopper gespielt. Ein Degeto-Melo, das Schule machen sollte.
Foto: DegetoDie Wahrheit bricht sich Bahn. Anneke Kim Sarnau (hinten: Hans Jochen Wagner)
Der Tod ihrer ersten, gro�en Liebe, sp�lt bei der Mittdrei�igerin Susanne Jacob Verdr�ngtes an die Oberfl�che. Die sonst so souver�ne Familienrichterin steht pl�tzlich v�llig neben sich. Vor 17 Jahren war sie von einem italienischen Austauschsch�ler schwanger und gab das Kind zur Adoption frei. Die Juristin �bertritt das Gesetz – und n�hert sich ihrer Tochter, ohne sich erkennen zu geben. Auch die postpubert�r trotzige Lilli, die nicht wei�, dass sie adoptiert wurde und sich mit ihrer Mutter nicht besonders gut versteht, sucht intuitiv die N�he zu der fremden Frau. Doch Angst liegt �ber den Beziehungen: Susanne Jacob wei� nicht, wie ihr Mann auf ihr „Geheimnis“ reagieren wird, und die Adoptivmutter, eine patente, aber wenig selbstbewusste Frau malt sich nur das Schlimmste aus. Dann passiert das Unvermeidliche – und Lilli will nur noch weg: in das Haus ihres leiblichen Vaters, das er ihr vererbt hat.
„Das Haus ihres Vaters“ transportiert einen realen Konflikt ins Emotionale. Die Autoren verzichten, den „Fall“ diskursiv und juristisch aufzudr�seln und beispielsweise die Ver�nderungen im Adoptionsrecht aufzuzeigen. Konsequent lassen Martin Kluger und Maureen Herzfeld die Gef�hle, die Irritationen, die �ngste ihrer Figuren den Handlungsverlauf bestimmen. Die Botschaft des Films: „Manchmal muss eine Wunde noch mal aufgehen, um richtig zu verheilen.“ Dieser Satz des Ehemanns klingt nach Klischee, hat aber einen wahren Kern. Auch ein Pl�doyer f�r Offenheit und Transparenz im Umgang miteinander kann man sich gefallen lassen. Zynische und desillusionierend realistische �berlebensstrategien finden sich in Fernsehfilmen reichlich, noch mehr freilich kitschiger Eskapismus. „Das Haus des Vaters“ aber hat mit einer Herz-Schmerz-Produktion nichts gemein. Der Film entwickelt allerdings andere L�sungsstrategien als ein Drama, weil er in einem anderen Genre erz�hlt.
Foto: DegetoMit der Wahrheit sind �ngste verbunden. Saskia Vester, J�rgen Tonkel, Stopper
Der Film von Matthias Tiefenbacher hat sich dem Melodram verschrieben, einem Melodram mit realistischem, heutigem Touch. Das Wetter spielt �hnlich verr�ckt wie die Nerven der Hauptfiguren. Es st�rmt, es regnet, es scheint die Sonne – je nachdem, was die Geschichte braucht. Mit dem Tempo und der Kamera h�lt es Matthias Tiefenbacher �hnlich: in den Bildern spiegelt sich viel der Nervosit�t und der inneren Anspannung von Susanne, Lilli & Co. Ist die polarisierende Darstellung der beiden Elternh�user ein bisschen scherenschnittartig ausgefallen und gibt es auch �berfl�ssige Dialoge – so ist „Das Haus ihres Vaters“ keineswegs zugetextet und besitzen die Charaktere Dank der Darsteller eine gro�e Lebendigkeit & Physis.
Der zweifachen Grimme-Preistr�gerin Anneke Kim Sarnau brechen sehr nuanciert die Gesichtsz�ge zusammen, bevor sich nach und nach ein wenig Entspanntheit oder ein schmerzerf�lltes L�cheln auf ihre Wangen legen. Besondere Kraft gibt auch Janina Stopper dem Film. Wie alle Darsteller ist ihr Spiel dem Realismus, der Psychologie ihrer Rolle, verpflichtet und nicht der Degeto-Sch�nwetter-Dramaturgie. Stopper ist ein Riesentalent – das zeigt sich in diesem Melodram, das nach Vers�hnung lechzt, vielleicht sogar mehr als in einem herausragenden Drama. Fazit: ein melodram-politisch wichtiger Fernsehfilm.
Foto: DegetoAm Grab des leiblichen Vaters in Italien. Janina Stopper und Anneke Kim Sarnau
Rainer Tittelbach arbeitet als TV-Kritiker & Medienjournalist. Er war 25 Jahre Grimme-Juror, ist FSF-Pr�fer und betreibt seit 2009 tittelbach.tv. Mehr
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