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Half den Bakersfield-Sound zu etablieren und machte Country auch für ein Rockpublikum attraktiv: Merle Haggard.

Foto: Owen Sweeney/Invision/AP

San Francisco – Als Johnny Cash am Neujahrstag 1958 erstmals im Gefängnis von San Quentin auftrat, war auch ein 20-jähriger Merle Haggard mit dabei. Allerdings nicht als Musiker, sondern als zu 15 Jahren Haft verurteilter Insasse. Eine Serie von Diebstählen und Betrügereien hatte Haggard den Aufenthalt in Erziehungsanstalten eingebracht, Raub- und Ausbruchsversuche hatten das Fass schließlich zum Überlaufen gebracht.

Durch die Begegnung mit Cash rückte Haggards bereits als Teenager entdeckte Liebe zur Musik von Lefty Frizzell, Bob Wills und Hank Williams in den Vordergrund. Nach seiner Begnadigung zwei Jahre später nahm Haggard als Sänger, Gitarrist, Geiger und Songwriter eine der einflussreichsten und widersprüchlichsten Karrieren der Country Music in Angriff, durch die sich die Sympathie zu Outlaws und den einfachen "working men" wie ein roter Faden ziehen sollte.

Geboren am 6. April 1937, etablierte Haggard in den 60er-Jahren zusammen mit Buck Owens den nach seiner Heimatstadt benannten Bakersfield-Sound als rauen Gegenpol zum immer gelackteren Sound der Country-Metropole Nashville. Der Twang der Telecaster-Gitarren von Haggard und seinem Gitarristen Roy Nichols machten ihre Musik auch für ein Rockpublikum attraktiv. Mit von Musikern wie den Grateful Dead oder Joan Baez gecoverten Songs wie "Mama Tried" und "Sing Me Back Home" erwies sich Haggard früh als begnadeter, Genregrenzen transzendierender Songwriter.

MerleHaggardVEVO

Einen seiner größten Hits landete Haggard 1969 ausgerechnet mit "Okie from Muskogee", seiner Attacke auf Marihuana rauchende Hippies. Zwar distanzierte sich Haggard später in Interviews mitunter von dem Song, mit den aus der Sicht eines Kleinstädters vorgetragenen Ressentiments hatte er aber den Nerv eines großen Teils der Bevölkerung getroffen. Das patriotische "The Fightin' Side of Me" schlug in dieselbe Kerbe.

Dennoch stand Haggard ab den 70er-Jahren mit Kollegen wie Waylon Jennings, Kris Kristofferson und Willie Nelson an vorderster Front des "Outlaw Movements" der Country-Szene. Alkohol- und Drogenprobleme brachten Haggards Karriere in den 80ern vorübergehend ins Schlingern, bis er 1985 mit einem seiner Duette mit Willie Nelson, dem Townes-Van-Zandt-Cover "Pancho and Lefty", einen weiteren seiner insgesamt fast 40 Nummer-eins-Hits verbuchen konnte.

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Ähnlich den "American Recordings" seines Freundes und Förderers Johnny Cash verlegte sich Haggard mit dem im Jahr 2000 für das Label Anti eingespielten Album "If I Could Only Fly" auf einen spartanischeren Sound. Eine weitere Zusammenarbeit mit Willie Nelson folgte im vergangenen Jahr mit dem Gemeinschaftsalbum "Django and Jimmie". Im Video zum Song "It's All Going to Pot" war der einstige Marihuanagegner beim Rauchen lustiger Zigaretten zu sehen. Bis vor wenigen Monaten nach wie vor als Livemusiker aktiv, erlag Haggard am Mittwoch, seinem 79. Geburtstag, einer Lungenentzündung. (Karl Gedlicka, 7.4.2016)

blizard7500