Virtuelle Ausstellung
Günter Guillaume - Der Spion, den niemand stoppte
Diese Aufnahme entstand zwei Tage nach der Verhaftung von Günter Guillaume und seiner Ehefrau Christel. Ein Sturm der Entrüstung tobte durch die Medien. Das öffentliche Interesse war verständlicherweise groß. Das tatsächliche Ausmaß der Spionage war zunächst nicht offenbar.
Ministerialdirektor Ehrenberg suchte als Abteilungsleiter 1969 für das Bundeskanzleramt einen „Verbindungsmann zu den Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden“. Guillaume kannte er zu dem Zeitpunkt bereits seit mehreren Jahren. Er erschien ihm als der richtige Mann für die vorgesehene Aufgabe - ein „Praktiker“, der bereits jahrelange Berufserfahrung als Parteifunktionär gesammelt hatte.
Bereits 1955, kurz vor seiner Einschleusung in die Bundesrepublik Deutschland, war Günter Guillaume ins Visier des Untersuchungsausschusses Freiheitlicher Juristen (UFJ) geraten, einer Organisation, die DDR-Unrecht bekämpfen wollte und zu diesem Zweck auch Informationen über verdächtige Personen sammelte. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) griff die fünfzehn Jahre alte Meldung des Untersuchungssausschusses Freiheitlicher Juristen auf, die sich auf Günter Guillaume bezieht und für seine Sicherheitsüberprüfung von Interesse war. „Richtlinien für die Sicherheitsüberprüfung von Bundesbediensteten“ schrieben eine Karteiprüfung vor. Es war vorgesehen, Günter Guillaume für Verschlusssachen bis zur zweithöchsten Stufe („Geheim“) zu ermächtigen.
Da während des Einstellungsverfahrens Sicherheitsbedenken gegen Günter Guillaume festgestellt wurden, riet der Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Gerhard Wessel, dem Chef des Bundeskanzleramtes, Prof. Dr. Horst Ehmke, dazu, Guillaume zunächst in einem persönlichen Gespräch mit dem bestehenden Verdacht, er könne nachrichtendienstlich gegen die Bundesrepublik tätig (gewesen) sein, zu konfrontieren. Der Vermerk hält die von Guillaume abgegebenen Erklärungen fest. In einem anschließend an Bundesverkehrsminister Georg Leber gerichteten Brief bezeichnete Ehmke Guillaumes Angaben als „wenig ergiebig“. Leber, der Guillaume seit Jahren kannte, fand in seinem Antwortschreiben nur positive Worte für Guillaume, lobte u.a. sein „verantwortungsbewußtes Geradestehen für die freiheitliche Lebensart und die Demokratie“. Nach der Verhaftung Guillaumes gab Ehrenberg vor der Kommission „Vorbeugender Geheimschutz“ zu Protokoll, er und Ehmke seien im Anschluss an das Gespräch mit Guillaume der Meinung gewesen, „an dem üblichen Karteiquatsch könne nichts dran sein, so wie der Junge sich verhalten habe“.
Professor Dr. Horst Ehmke, Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes (1969-1972).
Zu amtlichen Akten oder Dokumenten mit besonders sensiblen Inhalten, die entsprechend gekennzeichnet werden, dürfen nur Bedienstete Zugang haben, die auch formal ermächtigt sind. Günter Guillaume wurde für die Einstufungen „VS-Vertraulich“ sowie „Geheim“ ermächtigt. Im Juli 1970 sollte er vorsorglich ergänzend auch für „Streng geheim“ ermächtigt werden. Die Frage, zu welchen Unterlagen er tatsächlich Zugang hatte, spielte bei der Aufarbeitung des Spionagefalls immer wieder eine Rolle. Dass Guillaume die Ermächtigung für den Zugang zu geheimen Dokumenten hatte, bedeutete nicht, dass der Umgang mit ihnen zu seinen täglichen Aufgaben gehörte.
Günter Guillaume, der mit Anstellungsvertrag vom 28.1.1970 als Hilfsreferent in die Abteilung „Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik“ des Bundeskanzleramtes übernommen wurde, stieg in den folgenden dreieinhalb Jahren in höherrangige Positionen auf. Bereits im Sommer 1970 wurde er selbständiger Referent in der Verbindungsstelle des Bundeskanzleramtes zu Parlament, Parteien, Kirchen und Verbänden, wobei sein Arbeitsgebiet an sich nicht verändert wurde. Ende des Jahres 1972 rückte Guillaume in das Kanzlerbüro auf und wurde der Verbindungsreferent des Bundeskanzlers zu Partei und Fraktion. Seine Tätigkeit umfasste v.a. die Vorbereitung und Durchführung der Reisen des Bundeskanzlers sowie die Abwicklung des „kleinen Dienstverkehrs“ zwischen dem Amtssitz des Kanzlers und dessen Büro als Parteivorsitzender in der Parteizentrale der SPD in Bonn. Dadurch, dass der Spion den Kanzler regelmäßig zu Besprechungen und Veranstaltungen begleitete, konnte er zahlreiche Eindrücke der „politischen Atmosphäre“ gewinnen und Einblick in die Belange der Regierung nehmen. Rein formal hatte Guillaume nur nach Anmeldung beim Persönlichen Referenten des Bundeskanzlers und Leiter des Kanzlerbüros (Dr. Reinhard Wilke) Zugang zum Amtszimmer des Kanzlers.
Günther Nollau informierte am 29. Mai 1973 Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher über den im Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) aufgekommenen Verdacht gegen Günter Guillaume. Bei diesem Gespräch war auch der Leiter des Ministerbüros, Dr. Klaus Kinkel, anwesend, der gleich im Anschluss einen Vermerk darüber schrieb. Nollau schlug die Observierung der Guillaumes vor und riet dazu, Günter Guillaume auf seiner Position zu belassen, um die Überführung („Ertappen auf frischer Tat“) nicht zu gefährden. Ziel war das Erlangen gerichtsverwertbarer Beweise. Der Untersuchungsausschuss stellte jedoch später fest, dass Nollau gravierende Verdachtsmomente Genscher und Kinkel nicht mitgeteilt hat.
Da Guillaumes Name bei der Bearbeitung mehrerer Spionagefälle im Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) immer wieder auftauchte, wurde der zuständige Beamte stutzig und hakte nach. Schließlich war die Spionageabwehr im BfV überzeugt, Guillaume sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Agent der DDR. Im Zuge der Ermittlungen konnten den Guillaumes auch Funksprüche aus der DDR zugeordnet werden, die bereits Ende der 1950er Jahre abgefangen und in der Folge entschlüsselt worden waren und auf ein Paar hindeuteten, das im Westen Spionage betrieb, dessen Identität jedoch bis dato nicht aufgedeckt worden war.
Bundesminister Genscher informierte Bundeskanzler Brandt kurz nachdem er selbst von dem Verdacht gegen Günter Guillaume erfahren hatte. Der Kanzler stimmte wie Genscher auch Nollaus Vorschlag zu, Guillaume in seiner Stellung zu belassen, wies aber auf seinen bevorstehenden Norwegen-Urlaub hin, für den er Guillaume bereits als Begleitung eingeteilt hatte. Genscher will hierzu am folgenden Tag den Rat Nollaus eingeholt haben, auch wenn dieser später eine abweichende Aussage machte. Tatsächlich begleitete Guillaume Brandt daraufhin im Sommer 1973 auf dieser Reise und konnte ungehindert geheime Informationen ausspionieren. Der Bundeskanzler war davon ausgegangen, Guillaume werde während dieser Zeit observiert, was aber nicht der Fall war. Genscher räumte während der Aufarbeitung der Affäre sein Wissen darüber ein, dass es nicht Aufgabe des Verfassungsschutzes gewesen sei, in Norwegen geheime Dokumente vor dem Zugriff Guillaumes zu schützen. Er verteidigte seine Strategie, Guillaume trotz Verdachts nicht an der weiteren Ausübung seiner vermuteten Spionagetätigkeit zu hindern, denn andernfalls "hätten wir möglicherweise nicht [...] Guillaume überführen können, auf keinen Fall hätten wir aber den Ring, dem er angehört, zerschlagen können".
Die Observierung der Guillaumes, die Ende Mai 1973 beschlossen wurde, konzentrierte sich auf Christel Guillaume. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) observierte sie etwa 75 Tage, ihren Mann hingegen nur ca. 14 Tage. Das Agentenpaar bemerkte die Observierung und schränkte daraufhin seine Kontakte zum Ministerium für Staatssicherheit (MfS) der DDR ein.
Mit Schreiben vom 6.Mai 1974 hatte Willy Brandt knapp zwei Wochen nach der Festnahme der Guillaumes bei Bundespräsident Dr. Gustav Heinemann um seinen Rücktritt ersucht und damit die politische Verantwortung für die „Agentenaffäre Guillaume“ übernommen. Bis heute wird immer wieder darauf hingewiesen, dass der Skandal Anlass, nicht aber Ursache des Rücktritts war.
Willy Brandt konnte sich daran erinnern, dass er durch Kanzleramtschef Ehmke schon einmal von den ersten gegen Guillaume aufgekommenen Sicherheitsbedenken gehört hatte. Da diese jedoch bei der Einstellung Guillaumes 1970 als ausgeräumt galten, hatte der Kanzler damals keine Einwände, Guillaume 1972 im Kanzlerbüro zu beschäftigen. In der Folge hatte Brandt Guillaumes Geschick, z.B. bei der Reiseorganisation, zu schätzen gewusst, ihn jedoch nicht als Gesprächspartner auf Augenhöhe betrachtet. Brandt kam zu dem Schluss, dass der Spion durch seine gesamte Tätigkeit die Möglichkeit hatte, Informationen von erheblichem Wert zu erlangen.
Die meisten der im Sommer 1973 während seines Urlaubs in Norwegen an Bundeskanzler Brandt übermittelten Fernschreiben waren von großer außenpolitischer Bedeutung und gaben Aufschluss über die damaligen Beziehungen Amerikas zu seinen europäischen NATO-Partnern. Zahlreiche derartiger Fernschreiben gingen im Sommer 1973 durch die Hände des Spions Guillaume, waren sogar zum Teil in der Anrede an ihn gerichtet. Diese geheimen und vertraulichen Dokumente waren es, deren Weitergabe das Oberlandesgericht Düsseldorf später als besonders schwerwiegenden Fall von Geheimnis-, bzw. Landesverrat werteten. Das Ausspionieren ihrer Inhalte bezeichnete das Gericht als eine „schwere Gefahr“ für die „gesamte äußere Sicherheitslage“ der Bundesrepublik Deutschland.
Fast ein Jahr verging, bevor der seit Mai 1973 bestehende gravierende Verdacht gegen Günter und Christel Guillaume dazu führte, rechtliche Schritte gegen das Agentenpaar in die Wege zu leiten. Sowohl Bundesinnenminister Genscher als auch der Bundeskanzler fragten mehrfach beim Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) nach dem Stand der Dinge. Schließlich drängte Genscher Nollau, die Ermittlungen abzuschließen und die vorliegenden Ergebnisse an den Generalbundesanwalt weiterzuleiten.
Die Durchsuchung der Wohn- und Arbeitsräume von Christel und Günter Guillaume führte u.a. zur Entdeckung technischer Hilfsmittel ihrer Spionagetätigkeit sowie zur Enttarnung einer Deckadresse in Ostberlin. Im Gerichtsurteil wurde festgehalten, dass die Angeklagten es in der Hauptverhandlung ablehnten, sich zur Anklage zu äußern oder auszusagen. Das Gericht bezeichnete sie jedoch aufgrund der vorliegenden Beweismittel sowie des richterlichen Geständnisses von Günter Guillaume und aller Zeugenaussagen als „des sich aus den Feststellungen ergebenden Tatgeschehens“ überführt.
Nach der Verhaftung der Guillaumes und dem Bekanntwerden des Falles in der Öffentlichkeit lief nicht nur die Beweisaufnahme für ein Verfahren vor Gericht. Auch die politische Aufarbeitung erwies sich als zwingend notwendig. Mit der Aufklärung befassten sich neben dem Parlamentarischen Vertrauensmännergremium (heute: Parlamentarisches Kontrollgremium) auch die Kommission „Vorbeugender Geheimschutz“ zur Prüfung von Sicherheitsfragen im Zusammenhang mit dem Fall Guillaume sowie der 2. Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages der 7. Wahlperiode.
Gut zwei Wochen vor der Festnahme der Guillaumes aufgenommen, veranschaulicht das Foto die Nähe des Spions, der noch dazu eine dunkle Sonnenbrille trägt, zu Bundeskanzler Willy Brandt. Es gibt etliche vergleichbare Aufnahmen, deren spätere Bedeutung dem jeweiligen Fotografen noch nicht bewusst sein konnte.
Die Kommission „Vorbeugender Geheimschutz“ zur Prüfung von Sicherheitsfragen im Zusammenhang mit dem Fall Guillaume wurde eingesetzt durch Beschlüsse der Bundesregierung vom 14. und 29. Mai 1974 und erstattete ihren Abschlussbericht im November 1974 (Drucksache des Deutschen Bundestages 7/3083). Die unter „1.“ aufgeführten Feststellungen stimmen sachlich überein mit den Ergebnissen des am 6. Juni 1974 eingesetzten Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages.
Der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf verurteilte Günter Guillaume zu dreizehn Jahren Freiheitsstrafe, seine Frau Christel zu acht Jahren Freiheitsstrafe. Das Urteil umfasst 124 Seiten, schildert den Werdegang der Guillaumes und legt besonders ausführlich die politischen Hintergründe der Fernschreiben des Sommers 1973 dar.
Eine Zusammenfassung der wesentlichen Punkte zum Gerichtsurteil gegen die DDR-Spione Christel und Günter Guillaume. Hieraus wird das Versagen der Behörden besonders deutlich, die durch geeignete Maßnahmen im Sommer 1973 den Landesverrat hätten verhindern können. Der Untersuchungsausschuss formulierte dies so: „Weder im Bundeskanzleramt noch im Bundesinnenministerium noch im Bundesamt für Verfassungsschutz ist ein Mensch auf die Idee gekommen, sich darüber Gedanken zu machen, ob und was geschehen müsse, um von der Bundesrepublik Deutschland Schaden abzuwenden, wenn sich der am 29. Mai 1973 Minister Genscher und Bundeskanzler Brandt eröffnete Spionageverdacht gegen Guillaume als wahr herausstellen würde.“
Bereits vor der Verurteilung der Guillaumes bemühte sich die DDR um die Einbeziehung des Ehepaars in den Agentenaustausch zwischen der Bundesrepublik und der DDR. Ihre wiederholten Anfragen lehnte die Bundesregierung stets wegen zu geringwertiger „Gegenangebote“ ab. Christel und Günter Guillaume kehrten im Verlauf des Jahres 1981 in die DDR zurück – im Rahmen eines umfangreicheren Agentenaustauschs, der zugleich auch mehreren hundert Familien die Ausreise aus der DDR in die Bundesrepublik ermöglichte.
Hintergrundinformationen
Hintergrundinformationen
Vor vierzig Jahren, am 24. April 1974, wurden der damalige Kanzler-Referent Günter Guillaume und seine Ehefrau Christel in ihrer Wohnung in Bonn verhaftet. Das Bekanntwerden der „Guillaume-Affäre“ erschütterte in der Folge die Bundesrepublik Deutschland und war sogar Anlass für den Rücktritt von Bundeskanzler Willy Brandt. Der höchstrangige DDR-Spion aller Zeiten und seine Komplizin waren erst viel zu spät enttarnt worden. Unterlagen über diesen ungewöhnlichen Fall verwahrt das Bundesarchiv, vor allem in den Beständen B 136 Bundeskanzleramt sowie B 106 Bundesministerium des Innern. Eine Reihe von Akten war bis vor Kurzem noch geheim gehalten.
Wenn an berühmte Spioninnen und Spione erinnert wird, fällt meist auch folgender Name: Günter Guillaume. Das Brisante und Markante dieses Falles ist, dass der Spion so weit kommen konnte, ohne gestoppt zu werden und dass die staatlichen Stellen, die ihn hätten enttarnen müssen, dies nicht rechtzeitig getan haben.
Nachdem Günter Guillaume und seine Frau 1956 die DDR verlassen hatten, waren beide 1957 in die SPD eingetreten. Über die Jahre war dem Spion des Staatssicherheitsdienstes der DDR, dessen Auftrag „Integration und Aufklärung der SPD“ lautete, der Sprung ins Amt des Geschäftsführers des SPD-Unterbezirks sowie der SPD-Stadtverordnetenfraktion Frankfurt/Main gelungen. Günter Guillaume verfügte wohl über ein gewisses Organisationstalent und besaß den nötigen Fleiß, um kontinuierlich bis 1969 den Weg zu beschreiten, der ihn dann ins Bundeskanzleramt führte. Seine Bekanntschaft mit dem damaligen Bundesminister für Verkehr, Georg Leber, für dessen Wahlkampf er sich engagierte, war schließlich der Ansatzpunkt für den Wechsel nach Bonn. Durch Leber ergab sich indirekt näherer Kontakt zu Herbert Ehrenberg, da beide für die IG Bau Stein und Erde tätig waren. Ehrenberg suchte 1969 in seiner Funktion als Ministerialdirektor im Bundeskanzleramt einen Referenten für Verbindungen zu Gewerkschaften und Parteien und zog Guillaume in Betracht. Die Sicherheitsüberprüfung im Zuge der angestrebten Einstellung Günter Guillaumes ergab jedoch gewisse Bedenken seitens der Sicherungsgruppe des Bundeskriminalamtes sowie des Bundesnachrichtendienstes (BND). Ungeachtet dessen wurde Guillaume kurze Zeit später rückwirkend zum 01.01.1970 im Bundeskanzleramt eingestellt, nachdem er durch sein souveränes Auftreten im persönlichen Gespräch mit Horst Ehmke, seinerzeit Chef des Bundeskanzleramtes, den Spionageverdacht entkräftete und zahlreiche weitere Verdachtsmomente unbeachtet blieben.
1972 wurde Günter Guillaume der persönliche Referent von Bundeskanzler Willy Brandt. Dieser erfuhr Ende Mai 1973 von Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher, dass Guillaume des Landesverrats verdächtigt wurde. Dieser Verdacht war im Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) entstanden. Dessen Präsident, Günther Nollau, sah eine Observierung der Guillaumes vor, plädierte jedoch dafür, den vermeintlichen Spion in seiner Position zu belassen und nichts an seiner Tätigkeit zu ändern, um ihn überführen zu können. Fast ein ganzes weiteres Jahr verging, bevor es zur Verhaftung kam.
In der Aufarbeitung der Spionage-Affäre geht es vor allem um die Haltung der Verantwortlichen nach dem besagten Mai 1973, aber auch um die Frage des entstandenen Schadens für die Bundesrepublik Deutschland. Nicht nur, dass Guillaume noch bis zuletzt im Amt blieb, darüber hinaus hatte er während dieser Zeit nach wie vor die Befugnis, Einsicht in geheime Papiere zu nehmen. Die im Bundesarchiv verwahrten, zum Teil erst kürzlich zugänglich gewordenen Unterlagen geben Aufschluss über Einzelheiten und Hintergründe des Geheimnisverrats sowie über die politischen und juristischen Konsequenzen.
Barbara Groß, 24. April 2014