Linken-Bundestagsabgeordnete Caren Lay aus dem Landkreis Bautzen kritisiert den Partei-Austritt Sahra Wagenknechts. Sie erklärt die Folgen für den Kreisverband.
Bautzen. Für die Partei Die Linke geht es ohne Sahra Wagenknecht weiter. Die Frage ist aber, wie. Am 23. Oktober 2023 hatte die Politikerin mit weiteren Bundestagsabgeordneten ihren Austritt aus der Partei erklärt mit dem Ziel, eine eigene Partei gründen zu wollen. Erster Schritt dazu ist die Gründung des Vereins „Bündnis Sahra Wagenknecht“.
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Die Bundestagsabgeordnete Caren Lay (Die Linke) aus dem Landkreis Bautzen sagt, sie sei froh, dass dies alles nun endlich offiziell ist. Im Interview mit Sächsische.de erklärt sie, wie sie die Pläne von Sahra Wagenknecht bewertet, welche Folgen sie für den Kreisverband Bautzen haben und ob sie im Bundestag in die SPD-Fraktion wechselt.
Frau Lay, wie bewerten Sie den Austritt von Sahra Wagenknecht sowie weiteren Bundestagsabgeordneten aus der Linken und die Ankündigung, eine neue Partei zu gründen?
Natürlich stellt der Weggang von Wagenknecht und anderen einen Verrat an den Wählerinnen und Wählern dar. Er ist verantwortungslos und geschichtsvergessen. Sie besiegeln das Ende der Linksfraktion und sorgen für den Jobverlust aller Beschäftigten bei der Fraktion. Ihr Versuch, die Partei Die Linke zu schwächen, ist angesichts von Inflation und Kostenexplosion unverantwortlich. Gleichzeitig ist es auch eine Chance für uns, denn die permanenten Querschüsse von Wagenknecht haben jetzt ein Ende, und die Linke kann wieder geschlossen auftreten. Wir müssen jetzt nach vorn schauen und dafür sorgen, dass es zu einem Befreiungsschlag für die Partei Die Linke wird.
Würden Sie die Partei ebenfalls verlassen, um sich Sahra Wagenknecht anzuschließen?
Ich bleibe selbstverständlich bei der Partei Die Linke, denn dafür wurde ich gewählt. Es gibt schon eine Partei, die die Interessen der Beschäftigten, Rentner, Mieter und der Ostdeutschen vertritt, und das ist Die Linke. Es braucht keine Abspaltung Wagenknechts, zumal sich ihr bisheriges Programm eher anhört wie der sozialliberale Flügel der FDP: Sie fordert mehr Wettbewerb, betont die Leistungsgesellschaft, und ihre Vorstellung von Klimaschutz beschränkt sich auf die Forderung nach neuen Technologien.
Wie bewerten Sie die Chancen des Projekts von Sahra Wagenknecht? Sie hat vor, bei den Europawahlen oder auch den Landtagswahlen in Sachsen anzutreten, sofern sie ihre neue Partei bis dahin gegründet haben sollte.
Sahra Wagenknecht ist als Vorsitzende der Linksfraktion und Anführerin von „Aufstehen“ gescheitert, weil sie nicht gut mit Menschen umgehen und nicht organisieren kann und mehr Zeit damit verbracht hat, Bücher zu schreiben als mit konkreter Arbeit im Bundestag. Ihr Programm liegt irgendwo zwischen Union, FDP und AfD. Ich rechne ihr keine großen Chancen aus.
Welche Folgen haben die Austritte und die Pläne Wagenknechts für Die Linke in Sachsen und im Landkreis Bautzen?
Ich bin sehr froh, dass in Sachsen schon im Sommer 2023 alle Bundestags- und Landtagsabgeordneten der Partei Die Linke erklärt haben, zu bleiben. Ich gehe davon aus, dass es in Sachsen keine prominenten Austritte geben wird. Im Landkreis Bautzen wird sich zunächst nichts verändern, ich werde meine beiden Büros in Bautzen und Hoyerswerda weiter betreiben, unsere Kreis-, Stadt- und Gemeinderäte werden ihre gute Arbeit fortsetzen.
Wie schätzen Sie die Stimmung in Ihrem Kreisverband Bautzen ein? Werden Mitglieder von hier die Partei ebenfalls verlassen?
Auf unserem Kreisparteitag am 21. Oktober 2023 in Hoyerswerda habe ich von ganzem Herzen dafür geworben, in der Partei zu bleiben. Dafür gab es breite Zustimmung. Viele Genossinnen und Genossen, die nach 1990 in der Partei geblieben sind, sich dafür öffentlich anfeinden lassen mussten, verstehen es ganz und gar nicht, dass die Partei jetzt von innen kaputt gemacht werden soll. Wir haben auch im Kreisverband unterschiedliche Meinungen in Einzelfragen, aber wir haben uns immer auf das Gemeinsame konzentriert und über Strömungsgrenzen hinweg gut zusammengearbeitet.
Sollten die Bundestagsabgeordneten, die aus der Linken ausgetreten sind, ihre Mandate zurückgeben? Das hatten etwa Gregor Gysi, Gesine Lötzsch und Sören Pellmann gefordert.
Selbstverständlich hat Gregor Gysi da recht. Die Mandate zurückzugeben, gebietet der Anstand. Denn die jetzt Ausgetretenen wurden ja für die Partei Die Linker gewählt. Auch Sahra Wagenknecht ist über die Partei-Landesliste Nordrhein-Westfalen eingezogen und nicht über das Direktmandat in Düsseldorf. Diese Mandate nicht zurückzugeben, ist Mandate-Klau, das kann man so nicht machen.
Was bedeutet es für Ihre Arbeit im Bundestag, wenn es womöglich keine Fraktion der Linken mehr gibt?
Es ist ziemlich sicher, dass die Linksfraktion als Fraktion bald Geschichte ist. Dann werden wir hoffentlich schnellstmöglich eine Gruppe. Die PDS war bereits zweimal in den vergangenen 30 Jahren eine Gruppe und hat bewiesen, dass man auch mit weniger Geld und weniger Personal eine gute Arbeit machten kann. Daran wollen wir anknüpfen und uns das zum Vorbild nehmen. Wir werden auch weiterhin eine laute und vernehmbare Stimme gegen Krieg und soziale Spaltung sein, das darf ich Ihnen versichern.
Die SPD würde offenbar die verbleibenden Bundestagsabgeordneten der Linken in ihre Fraktion aufnehmen. Ist das eine Option für Sie, und wovon hängt das ab?
Nein. Die SPD hat ihre zentralen Wahlversprechen nicht eingelöst. Statt sich endlich engagiert für bezahlbares Wohnen einzusetzen, verspricht Scholz mehr Geld für Aufrüstung. An dieser Art von Politik möchte ich mich nicht beteiligen.
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