Leben wie Präsident in Schlesien

Über die prächtige Beskidenresidenz der polnischen Staatsoberhäupter in Weichsel (Wisła)

Der Ursprungsbau war ein Jagdschloss des Teschener Herzog Friedrich von Österreich vom Anfang des 20. Jahrhunderts.

Beeindruckt von der Naturschönheit der Beskiden ließ Herzog Friedrich von Österreich, ein Herrscher aus dem Haus Habsburg, im Jahr 1906 oberhalb des Dorfes Czarne – heute ein Stadtteil von Weichsel (Wisła) – ein Jagdschloss in den schlesischen Bergen bauen. Als der östliche Teil des Teschener Landes nach dem Zerfall der Donaumonarchie 1918 polnisch wurde, übernahm der Staat die Anlage, die stilistisch Tiroler Züge aufwies, gleichzeitig aber auch an die Architektur der Karpaten anknüpfte. Doch eine Idee für die Neunutzung des Objekts hatten die Beamten aus Warschau nicht. Aus diesem Grund beschlossen die Behörden der autonomen Woiwodschaft Schlesien, das Jagdschloss zu sanieren und es als Symbol der „unverbrüchlichen Bindung zwischen Schlesien und Polen“ dem polnischen Staatspräsidenten Ignacy Mościcki und seinen Nachfolgern zu schenken. Unter ungeklärten Umständen brannte das Objekt jedoch 1927 kurz nach dem Abschluss der Renovierungsarbeiten ab, so dass das Staatsoberhaupt es nicht einmal besuchen konnte.

Präsidentenschloss 1938. Ausschnitt aus einer Postkarte. Polnische Nationalbibliothek Warschau (Biblioteka Narodowa w Warszawie), Wikimedia Commons.

Daraufhin entstand auf Initiative der Kattowitzer Regionalverwaltung am Standort des habsburgischen Jagdschlosses ein repräsentatives, modernistisches Gebäudeensemble, das aus dem Oberen und dem Unteren Schloss bestand. Für das Vorhaben scheute die Woiwodschaft keine Kosten und beauftragte Adolf Szyszko-Bohusz, einen der renommiertesten polnischen Architekten der damaligen Zeit, mit dem Entwurf. Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges weilte Präsident Mościcki regelmäßig in der 1931 fertiggestellten Beskidenresidenz.

Schlesischer Adler an der Frontfassade des Oberen Schlosses. Agnieszka Olczyk, zabytek.pl

In den Zeiten der Volksrepublik diente das Schloss zunächst kommunistischen Eliten als geheimes Erholungsheim, das auf Landkarten nicht verzeichnet war. Für „einfaches Volk“ öffnete die Anlage erst nach der friedlichen Solidarność-Revolution von 1980-1981 ihre Pforten, als sie in das Ferienobjekt eines Bergwerkes umgewandelt wurde. Seit 2005 steht das Schloss wieder den polnischen Staatsoberhäuptern zur Verfügung. Gerne besuchten es sowohl Aleksander Kwaśniewski als auch Bronisław Komorowski. Äußerst selten weilte dort hingegen während seiner 4,5-jährigen Amtszeit Lech Kaczyński. Angeblich fühlte er sich in diesem protestantisch geprägten Teil des Teschener Schlesien nicht willkommen, da die von ihm und seinem Bruder Jarosław gegründete national-katholische Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) in der dortigen Gegend meistens schlecht abschnitt.

Den aktuellen Staatspräsidenten Andrzej Duda, der aus derselben politischen Gruppierung kommt, stören die Sympathien der Bevölkerung nicht. Er ist ein begeisterter Ski-Fahrer und nutzt die Besuche in der Beskidenresidenz, um seiner Leidenschaft nachzugehen.

Die Anlage ist für Touristen zugänglich. Nach der Voranmeldung (zamekwisla@zamekwisla.pl) können mehrere Räume des Oberen Schlosses besichtigt werden. Das untere Schloss dient als Hotel.

Text: Dawid Smolorz