Mark Knopfler: One Deep River

Mark Knopfler credit Murdo McLeod

Im August wird Mark Knopfler 75, der Blick in den Rückspiegel prägt sein neues Album. Wie gut ergänzt „One Deep River“ den Katalog des Schotten?

von Werner Herpell

Souveräne Lässigkeit bis zur Bierruhe ist längst zum Markenzeichen des reifen Mark Knopfler geworden. Dieser Künstler hat seit seinen Dire-Straits-Weltstar-Zeiten vor rund 40 Jahren so viel erlebt und geleistet, den regt nun wirklich nichts mehr auf. Und so klingt auch seine Musik auf den Soloalben der vergangenen zwei, drei Dekaden: entspannt, warm, behaglich, bluesy, folky, soulful – wenn auch selten abenteuerlustig oder gar experimentell. „One Deep River“ ist insofern ein typisches, bodenständiges, hochwertiges Knopfler-Album – wobei angesichts des nahenden 75. Geburtstags (12. August) der Rückspiegel-Blick des Sängers und Top-Gitarristen noch etwas intensiver ausfällt.

Zurück zu den Wurzeln mit „Going Home“

Mark Knopfler One Deep River Cover Universal Music

Im Januar

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verkaufte Knopfler seine Gitarrensammlung bei „Christie’s“ für über acht Millionen Pfund – es roch schon ein bisschen nach Abschied. Und wenig später veröffentlichte Knopfler eine Neueinspielung der wunderbaren instrumentalen Titelmelodie „Going Home“ aus seiner „Local Hero“-Filmmusik von 1983 – zu einem karitativen Zweck und mit einer Liste an prominenten Gitarristen (seinen „Guitar Heroes“) und Instrumentalisten, die in Gänze einen fetten Absatz dieser Review einnehmen würde. Um nur einige der bekanntesten Namen von A bis Z zu nennen: Joan Armatrading, Jeff Beck, Eric Clapton, Roger Daltrey, David Gilmour, Brian May, John McLaughlin, Nile Rodgers, Bruce Springsteen, Ringo Starr, Sting, Pete Townshend, Zucchero. Was für ein Staraufgebot.

Die einzelnen Instrumental-Takes wurden schließlich von Guy Fletcher zusammengebastelt, der nun auch „One Deep River“ co-produzierte. Mit der Wiederentdeckung seines legendären Soundtracks zu einem klassischen Schottland-Film ging der gebürtige Glasgower Knopfler bereits weit zurück zu den eigenen Wurzeln. Auf dem neuen, in den Londoner British Grove Studios aufgenommenen Album tut er das erneut und würdigt etwa im Titelsong den Fluss, der durch Newcastle fließt – die Stadt seiner Kindheit. „Crossing the Tyne is always on your mind“, erzählt Knopfler. „You’re heading out or you’re coming back, and it just connects with your childhood. The power of it doesn’t go away.“

Etwas Wehmut, kaum Kitsch

Wie so oft beim in Würde gealterten Knopfler – und erst recht bei diesem besinnlichen Thema – mischt sich Wehmut in die Melodien von „One Deep River“ und den sonoren Bariton-Gesang des Briten. Das Titelstück hat einen Gospel-Touch und berührt besonders als Closer dieses Albums, das ja eines der letzten in einer langen Karriere sein könnte. Auch „Before My Train Comes“ hat die Zielgerade im Blick. Nur „Black Tie Jobs“ nähert sich dem Kitsch, die Folk-Ballade „This One’s Not Going To End Well“ hingegen ist einfach nur schön.

Andere Songs wie der Uptempo-Opener „Two Pairs Of Hands“ oder „Ahead Of The Game“ klingen aufgekratzter, erinnern an die Dire Straits der frühen 80er, „Scavengers Yard“ ist sogar regelrecht funky. Und wer Knopfler vor ein paar Jahren bei seinen durchaus lebhaften Konzerten erlebt hat, traut ihm ohnehin noch einiges zu. Kein Grund zur Sorge eigentlich.

Wieder ein gutes Album von Mark Knopfler

Die Band auf „One Deep River“ besteht neben Knopfler (Gitarre, Gesang) und Fletcher (Keyboards) aus Jim Cox (Keys), Glenn Worf (Bass), Ian Thomas (Schlagzeug) und Danny Cummings (Percussion), Richard Bennett (Gitarre) und Greg Leisz (Pedal- und Lap-Steel); hinzu kamen für die Londoner Sessions Mike McGoldrick (Whistle und Uilleann Pipes), John McCusker (Fiddle) sowie Emma und Tamsin Topolski (Background Vocals). Zwar erreicht das von lauter Klassemusikern eingespielte Album nicht ganz die Qualität des jüngsten, mit ein paar tollen Jazz-Balladen glänzenden Knopfler-Meisterwerks „Down The Road Wherever“ (2018), aber eine gediegene, gute Ergänzung dieses fast makellosen Katalogs ist es allemal.

Das Album „One Deep River“ von Mark Knopfler erscheint am 12.04.2024 auf CD, Doppel-Vinyl, Kassette und in einer limitierten Sonderedition (Vinyl und CD, mit insgesamt neun Bonustracks sowie unter anderem einem Litho-Druck und einem Knopfler-Gitarrenplektrum-Set) bei British Grove / EMI / Universal Music. (Beitragsbild von Murdo Mcleod)

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