Bonaventura

Aus Mittelalter-Lexikon
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Bonaventura (Eustachius de Balneo Regio, Johannes Fidanza, 1217 - 74, "Doctor seraphicus", hl.). Er stammte aus dem toskanischen Balneoregium (Bagnoreggio), studierte 1236 bis 1242 an der Artistenfakultät zu Paris, wo er ®Alexander von Hales zum Lehrer hatte, trat 1243 dem Franziskanerorden bei und lehrte von 1248 bis 1255 am Lehrstuhl seines Ordens an der Pariser Universität Theologie. Als Bettelmönch von seinen weltlichen Kollegen angefeindet, erhielt er erst 1257 den Doktoritel und wurde zusammen mit dem ihm eng befreundeten ®Thomas von Aquin als magister regens anerkannt. Im gleichen Jahr wurde er als siebenter Nachfolger des Franz von Assisi zum Generalmeister seines Ordens berufen. 1273 gab er die Leitung des Ordens ab und wurde Kardinalbischof von Albano. Am 15. Juli 1274 starb Bonaventura während des Konzils zu Lyon. Durch Sixtus IV. wurde er 1482 heiliggesprochen, von Sixtus V. 1588 mit dem Ehrentitel „Doctor Seraphicus“ begabt.
Bonaventura gehörte zu der an Augustinus orientierten sog. "älteren Franziskanerschule", er war Scholastiker und Mystiker zugleich. Er bemühte sich um eine Synthese aus den Gedanken von Platon, Aristoteles, Augustinus, Pseudo-Dionysius, Franz von Assisi und der griechischen Kirchenväter. Wissenschaft ist für ihn nur dann von Nutzen, wenn sie der Vereinigung mit Gott dient; jedes Wissen, das nicht auf dieses Ziel hin ausgerichtet ist, sei dagegen bloße Neugier. Alle Wissenschaft hat daher der Theologie zu dienen und unter der Leitung der Hl. Schrift zu stehen. So kann auch nur eine im Grundwissen des Glaubens wurzelnde Philosophie zur Wahrheit führen. Folgerichtig spricht Bonaventura – im Gegensatz zu seinem Freund Thomas von Aquin – dem tendenziell emanzipatorischen Aristotelismus die Möglichkeit ab, wahr von der Welt zu reden. In einer Polemik gegen Philosophen sagt er, diese seien generell in Irrtümer verstrickt, „und indem sie sich weise nannten, wurden sie zu Toren; indem sie auf ihr Wissen stolz waren, wurden sie zu Gefolgsleuten Luzifers“ („Collationes in Hexaemeron“ = "Diskussionen über das Sechstagewerk", IV ).
Seine von ®Robert Grosseteste beeinflusste Lichtmetaphysik (s. Licht) deutet Licht als die allen materiellen Körpern gemeinsame "allgemeine" Form. Die "besondere" Formierung der Materie geschehe durch Elementar-, Mischungs- und Seelenformen.
Im Streit zwischen Spiritualen und Konventualen (s. Franziskaner) nahm Bonaventura eine vermittelnde Stellung ein. Im übrigen war er eher konservativ und hielt die vorsichtige Annäherung dominikanischer Gelehrter an den Aristotelismus für gefährlich. Auf die Verbindung von Scholastik und Mystik zielt sein Hauptwerk "Itinerarium mentis in Deo" ("Pilgerbuch der Seele zu Gott"). Dessen erste vier Kapitel handeln von der Gegenwart Gottes in der materiellen und geistigen Welt; Kapitel V erörtert das Sein Gottes, Kapitel VI Gott als das Gute, Kapitel VII die Unio Mystica mit Gott-Vater durch das Einswerden mit dem Gekreuzigten.
Bonaventuras „Vita Si. Franzisci“ („Legenda Maior“) wurde zur offiziellen Biographie des Ordensgründers.
Weitere Werke: „Breviloquium“, „De reductione artium ad theologiam“, „Disputatio de scientia Christi“, verschiedene Predigten, theologische Vortragsreihen (s. collationes), Kommentare und Quaestiones disputatae (Streitfragen).
(s. Kosmologie)