Bettina Mittendorfer: So unbeugsam bayerisch
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Bettina Mittendorfer: So unbeugsam bayerisch

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München - Man kennt sie aus dem Film „Eine ganz heiße Nummer“. Dort spielte Bettina Mittendorfer die Hauptrolle. Wir haben sie einen Tag durch ihre alte Heimat begleitet.

Es könnt’ ein Filmstoff sein: Junge Passauer Floristin mit Fachoberschulabschluss Sozialwesen möchte tanzen, spielen und singen – nur einfach sie selbst und glücklich sein. Und so bewirbt sich die damals 20-Jährige ohne irgendwelche Vorkenntnisse, aber ausgeprägtem niederbayerischen Dialekt, an den besten Schauspielschulen des Landes und wird im ersten Anlauf sowohl an der Otto-Falckenberg- in München als auch an der Ernst-Busch-Schule in Berlin genommen.

Inzwischen ist Bettina Mittendorfer (46) berühmt. Vor allem, seit sie die Hauptrolle im Kinohit Eine ganz ­heiße Nummer (2011) gespielt und dafür den Bayerischen Filmpreis bekommen hat. Was für ein Triumph für eine, die einmal nur tanzen, spielen und singen wollte. Auf Bairisch. „Ich wollt gar nicht unbedingt eine Schauspielkarriere, aber ich dachte mir: Wenn’s klappt, probier ich’s aus – irgendwie wächst ma scho rei“, erinnert sich die Mittendorfer an ihre Anfänge – beim Spaziergang mit der tz durch ihre alte Heimat ­Bogenhausen.

Von Bogenhausen nach Traunstein

Hier hat sie in der Nähe des Shakespeareplatzes gelebt. Als sie noch mit ihrem Mann, dem Regisseur und

Bettina mit Julia und tz-Kolumnistin Ulli Schmidt auf dem Shakespeareplatz in Bogenhausen. Es gab viel zu ­lachen!
Bettina mit Julia und tz-Kolumnistin Ulli Schmidt auf dem Shakespeareplatz in Bogenhausen. Es gab viel zu ­lachen! © -

Übersetzer Jörn van Dyck, verheiratet war. Heute wohnt Bettina Mittendorfer mit ihren beiden erwachsenen Söhnen in Traunstein – allein. Und spricht immer noch ­Bairisch, die Sprache ihrer Kindheit in Passau, wo die Verhältnisse zwar bescheiden waren und einen Theaterbesuch niemand wirklich für notwendig hielt, dafür aber hat sie alle Feinheiten des niederbayerischen Dialekts mitbekommen, die Fähigkeit, aus dem Leisen und Unscheinbaren zu schöpfen, das so groß werden kann. Zu einem Millionenseller gar wie im Fall der Kinokomödie Eine ganz heiße Nummer oder zu einem unvergesslichen Abend, wie Bettina Mittendorfers Soloprogramme zeigen, in denen sie Lena Christ, Thomas Bernhard oder Oskar Maria Graf liest, spielt und singt, manchmal sogar tanzt.

Der Pierrot, der Bayerische Filmpreis für die ganz heiße Nummer, liegt übrigens heute in seiner Schachtel im Nachtkastl, damit er ja nie runterfallen kann. Das Jury-Urteil damals: „... wie Bettina Mittendorfer, ohne ins Klischee zu verfallen, den komödiantischen Anforderungen der Telefonsex-Hotline ein natürliches Schamempfinden entgegensetzt, das ist große Schauspielkunst.“

Die große Schauspielkunst, die hat sie an der Falckenberg-Schule gelernt – von 1992 bis 1995. Und es war nicht leicht. Die Mitschüler waren vorgebildet, alle sprachen Schriftdeutsch, die Mittendorfer Niederbayerisch. Verstanden aber hat sie der damalige Leiter der Schule, der Schauspieler, Regisseur und Kabarettist, Jörg ­Hube (†). Und der hat sie geführt. Noch immer hat ihn die Mittendorfer im Ohr: „Du bist zu stur, du bist zu bayerisch!“ – „Du bist wie a Trambahn – immer auf deiner Spur!“

Ihr Ex-Mann war ihr ehemaliger Lehrer

Eigen. Besonders. Eine unabhängige Frau – mit einem großen Strahlen in den himmelblauen Augen. Und sie lacht so, dass jeder mitlachen muss.

In diese Frau hat sich auch ihr ehemaliger Lehrer an der Falckenberg-Schule verliebt – eben Jörn van Dyck, nachdem er 1993 von August ­Everding zum ersten Leiter der Theaterakademie berufen worden war. Van Dyck hatte die junge Frau immer gefordert, sich zu öffnen, Gefühle zuzulassen und sich selbst zu vertrauen. Und so kam im ­Abschied dann die Liebe. Sie 23, er 49. Hochzeit im niederbayrischen Haunzenbergersöll mit der kompletten belgisch-bayerischen Verwandtschaft, samt Falckenberg-Schüler und -Lehrer; Flitterwochen in Fuerteventura, zwei Söhne – ­Leslie (16) und Leonard (19) –, das gesuchte und gefundene Glück. Bis halt vor über zehn Jahren die zwei Lebensgefühle auseinanderdrifteten.

Trotzdem ist Jörn van Dyck in Bettina Mittendorfers Leben geblieben. Er hatte ihr die literarischen Soloprogramme und szenischen Lesungen auf den Leib geschrieben, bei denen sie ihre ganzen Talente ausspielen konnte – lesen, spielen, singen, tanzen –, alles gleichzeitig mit allen Farben der bairischen Sprache. Inzwischen erarbeitet sich Bettina Mittendorfer die Programme selbst, wie das ganz neue: Apropos: Ethel Rosenberg und Mata Hari. In dem geht es um zwei Frauen und Künstlerinnen, die zum Spielball politischer Machtinteressen wurden und schließlich dafür sterben mussten.

Mittendorfer lässt sich nicht in ein Schema pressen

Überhaupt Frauen – das Thema hat die Mittendorfer immer interessiert, vor allem die Unbeugsamen. Sie selbst lässt sich ja auch in kein Schema pressen, wie die ganze Bandbreite ihrer Rollen zeigt – unter Regisseuren wie Herbert ­Achternbusch, Sigi ­Zimmerschied, Rainer Kaufmann, Franz Xaver Bogner, Marcus H. ­Rosenmüller, Max ­Färberböck oder ­Markus Goller mit Eine ganz heiße Nummer.

„I bin total zufrieden mit mir selbst“, sagt’s und rauscht davon – zur Probe für Ethel Rosenberg und Mata ­Hari, um zu lesen, zu spielen, zu singen und zu tanzen.

Premiere ist übrigens am 27. Januar in Bad Reichenhall, am 28. Januar gastiert sie damit in Siegsdorf und irgendwann kommt sie mit ihrem Programm auch in die Nähe von München. Darauf freuen wir uns.

Mittendorfers Programme

Vergessene, Unbekannte, Querdenker und Querulanten – ­Bettina Mittendorfer widmet sich in ihren literarischen Bühnenprogrammen immer den Unbeugsamen, die meisten Bayern, wie Georg Queri, dem sie einen ganzen Abend schenkt. Oder Ludwig Thoma mit seiner Heiligen Nacht, die gar nicht so heilig ist, Oskar Maria Grafs Blick auf die Weiblichkeit, Franz Kafkas Liebe zu Milena Jesenská, deren Feuilletons unter dem Titel Alles ist Leben gelesen und erzählt werden. Thomas Bernhard ist mit seiner fürchterlichen Kindheit im Programm ebenso wie Lena Christ mit ihren Erinnerungen einer Überflüssigen. Und ab Januar – ganz neu – Apropos: Ethel ­Rosenberg und Mata Hari. Alle Termine unter: www.bettina-mittendorfer.de.

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