Filmkritik: Barry Seal - Only in America - lauterfilme.de
Barry Seal

Filmkritik: Barry Seal – Only in America

Eine ganz schön absurde Geschichte, die Regisseur Doug Liman und sein Star Tom Cruise uns da auftischen wollen, oder? Nein, nicht ganz, denn die Sache ist tatsächlich so passiert! „Barry Seal – Only in America“ ist ein Lehrstück über US-Außenpolitik in den frühen 80ern. Sollte man sich das ansehen?

Manchmal schreibt das Leben Geschichten, die wir einem Autor niemals abnehmen würden, so unglaublich und unglaubwürdig sind sie. Regisseur Doug Liman („Edge of Tomorrow“) hat eine solche jetzt verfilmt. Und nach der Zusammenarbeit beim Sci-Fi-Film erneut mit Tom Cruise als Hauptdarsteller gearbeitet. Ist der Film eine trockene Aufarbeitung der sogenannten „Iran-Contra-Affäre“ oder hat die Sache auch Unterhaltungswert?

Barry Seal
Mit Gattin Lucy hat Barry das große Los gezogen – sie hält fest zu ihm.

Barry Seal: Die Handlung

1978: Barry Seal (Tom Cruise, „Die Mumie„) ist Pilot bei der Fluglinie TWA, mit der hübschen Blondine Lucy (Sarah Wright) verheiratet – und mit seinem Leben nicht zufrieden. Daher schmuggelt er auf seinen Flügen Kleinigkeiten wie Zigarren über die Grenzen und verdient ein wenig nebenbei. Eines Tages wird so der CIA-Agent Schafer (Domnhall Gleeson) auf ihn aufmerksam und wirbt ihn an. Barry soll über Zentralamerika fliegen und Fotos von Rebellenlagern der Region schießen. Seal nimmt an und riskiert regelmäßig seinen Hals, verdient aber gutes Geld. Eines Tages wird er von einem Mann namens Ochoa angesprochen, der ihm anbietet, Drogen in die USA zu fliegen. Seal willigt ein und kassiert bald doppelt – von der CIA und dem Medellin-Kartell. Bald kommen weitere Aufträge des Geheimdienstes dazu und auch die Dealer erhöhen stetig die Menge, die es zu transportieren gilt. Schnell kann sich Barry Seal vor Aufträgen und Geld nicht mehr retten …

Barry Seal: Überraschend unterhaltsam

Geheime Operationen der CIA in Nicaragua und Panama, Drogentransporte und der ständige Kampf gegen Zoll und Drogenfahndung – das klingt nach einem harten Krimi. Tatsächlich ist Barry Seal das Gegenteil – ein oftmals überraschend witziger und mit leichter Hand gedrehter Film nach Tatsachen, der das Absurde in der Situation genüsslich herausarbeitet. Dank des wunderbar aufspielenden Cruise als sympathischem Draufgänger Barry Seal macht der Zuschauer den Schwenk auf die dunkle Seite der Geschichte problemlos mit. Und wundert sich gemeinsam mit seinem Helden über die Machenschaften der Geheimdienste, die kaum zu glauben sind. 

Wenn wir Barry dabei zusehen, wie er fast verzweifelt versucht, Millionen von Dollar Bargeld auf seinem Grundstück zu verstecken, weil er das Geld gar nicht so schnell waschen kann, wie er es verdient, ist das schon unterhaltsam. Wenn er aber feststellen muss, dass alle Verstecke bereits belegt sind, hat das eine wunderbare Komik. Und die hält Liman fast über den gesamten Film hoch. Während Barry uns lakonisch aus dem Off erzählt, was so passiert in seinem Leben, nimmt er auch aus gefährlichen Situationen die Bedrohung heraus und wiegt uns in Sicherheit. Die sich letztlich aber doch als trügerisch herausstellt.

Barry Seal
Die drei Köpfe des Medellin-Drogenkartells hingegen werden für Barry im Lauf der Zusammenarbeit immer gefährlicher.

Barry Seal: Dunkle Momente

Denn wenn etwas zu gut aussieht, um wahr zu sein, hat es vermutlich auch einen Haken – das muss auch Barry im Lauf der Jahre erfahren. Und so wird der Film in der zweiten Hälfte trotz einiger grandios witzigen Szenen – so entkommt der von oben bis unten mit Kokain bestäubte Barry nach einer Notlandung den Cops mit einem Kinderfahrrad – langsam düsterer. Der Zuschauer spürt, dass sich da etwas allmählich zuzieht und Barry möglicherweise Probleme macht. Es ist Liman hoch anzurechnen, dass er diese Momente nicht zugunsten des komödiantischen Tons opfert, sondern in seine Story integriert, ohne deshalb den optimistischen Grundtenor zu ändern.

Dabei hilft Tom Cruise in Hochform, der den Film mühelos ins Ziel trägt, aber auch die durchweg guten Nebendarsteller. So gibt Domnhall Gleeson einen derart skrupellosen CIA-Mann ab, dass er einige ungläubige Lacher erzeugt. Auch Sarah Wright als Ehefrau, die sich wie ein Überlebenskünstler mit allen Situationen abfindet, in die Barry sie hineinmanövriert, ist absolut sehenswert. Die „bösen Jungs“ wie General Noriega oder Pablo Escobar sind hingegen eher blasse Karikaturen als glaubhafte Charaktere. Und dass Liman dazu neigt, hin und wieder genauso zu überdrehen wie Barry Seal seine Flugzeuge, ist eine der wenigen Schwächen des Films. Der ansonsten aber als bissige Satire die zutiefst verachtenswerte US-Politik bezüglich seiner südlichen Nachbarn gut funktioniert.

Fazit:

Eigentlich sind die Tatsachen derart bitter, dass man nicht darüber lachen sollte, aber Regisseur Doug Liman lässt einem keine Wahl. Er inszeniert die Lebensgeschichte des amoralischen Draufgängers Barry Seal derart charmant und unterhaltsam, dass Barry Seal – Only in America einfach großen Spaß macht. Mit ein wenig Wissen über die verfilmte Zeit ist der Film zwar noch etwas besser, aber auch Geschichts-Unkundige werden an diesem Windhund ihre Freude haben.

Barry Seal – Only in America läuft ab dem 7. September in den deutschen Kinos.

Barry Seal
Selbst die Verhaftung durch gleich mehrere Behörden der US-Justiz kann Barry nicht die Laune verderben.