Backnang
Stadt in Baden-Württemberg, Deutschland / aus Wikipedia, der freien encyclopedia
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Backnang (im lokalen schwäbisch Baggana) ist eine Mittelstadt in Baden-Württemberg, etwa 30 km nordöstlich der Landeshauptstadt Stuttgart. Sie gehört zur Region Stuttgart und zur europäischen Metropolregion Stuttgart. Sie ist die viertgrößte Stadt des Rems-Murr-Kreises und ein Mittelzentrum für die umliegenden Gemeinden. Bis 1973 war sie Sitz des im Zuge der Kreisreform aufgelösten gleichnamigen Landkreises.
Wappen | Deutschlandkarte | |
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Basisdaten | ||
Koordinaten: | 48° 57′ N, 9° 26′ O48.9463888888899.4305555555556271 | |
Bundesland: | Baden-Württemberg | |
Regierungsbezirk: | Stuttgart | |
Landkreis: | Rems-Murr-Kreis | |
Höhe: | 271 m ü. NHN | |
Fläche: | 39,38 km2 | |
Einwohner: | 37.957 (31. Dez. 2022)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 964 Einwohner je km2 | |
Postleitzahlen: | 71522, 71570 | |
Vorwahl: | 07191 | |
Kfz-Kennzeichen: | WN, BK | |
Gemeindeschlüssel: | 08 1 19 008 | |
LOCODE: | DE BAC | |
Stadtgliederung: | Kernstadt und 5 Stadtteile | |
Adresse der Stadtverwaltung: |
Am Rathaus 1 71522 Backnang | |
Website: | www.backnang.de | |
Oberbürgermeister: | Maximilian Friedrich (Freie Wähler) | |
Lage der Stadt Backnang im Rems-Murr-Kreis | ||
Die Einwohnerzahl von Backnang überschritt 1953 die Marke von 20.000, sodass die Stadt mit Inkrafttreten der baden-württembergischen Gemeindeordnung am 1. April 1956 den Status einer Großen Kreisstadt erhielt. Mit den Gemeinden Allmersbach im Tal, Althütte, Aspach, Auenwald, Burgstetten, Kirchberg an der Murr, Oppenweiler und Weissach im Tal ist die Stadt Backnang eine vereinbarte Verwaltungsgemeinschaft eingegangen.
Geographische Lage
Backnang hat Anteil an den Naturräumen Schwäbisch-Fränkische Waldberge und Neckarbecken.[2] Es liegt am östlichen Rand des Neckarbeckens in der Backnanger Bucht, die von der Murr durchflossen wird. Diese durchquert von Nordosten kommend das Stadtgebiet, wendet sich flussabwärts nach Südwesten, durchfließt in mehreren Windungen die Kernstadt und verlässt das Stadtgebiet im Südwesten. Die Altstadt Backnangs liegt südlich in einem der Murr-Bögen. Im Osten des Stadtgebiets mündet die Weißach in die Murr.
Nachbargemeinden
An Backnang grenzen im Nordosten Oppenweiler und Sulzbach an der Murr, im Osten Auenwald und Weissach im Tal, im Südosten Allmersbach im Tal, im Süden Winnenden und Leutenbach, im Südwesten Burgstetten, im Westen Kirchberg an der Murr und im Nordwesten Aspach (alle Rems-Murr-Kreis).
Stadtgliederung
Backnang besteht aus der Kernstadt, der 1941 eingegliederten Gemeinde Steinbach im Nordosten und den vier im Rahmen der Gebietsreform der 1970er Jahre eingegliederten Gemeinden Strümpfelbach im Norden sowie Heiningen, Maubach und Waldrems im Süden. Diese fünf eingegliederten Gemeinden bilden Ortschaften im Sinne der baden-württembergischen Gemeindeordnung mit jeweils eigenen Ortschaftsräten.[3]
Auf dem Gebiet der Stadt Backnang liegen 21 separat gelegene Wohnplätze mit eigenem Namen:
- Zu Backnang gehören die Stadt Backnang, das Dorf Steinbach, die Weiler Germannsweiler, Mittelschöntal, Oberschöntal, Sachsenweiler, Seehof, Stiftsgrundhof, Ungeheuerhof, Unterschöntal, die Höfe Rötleshof und Staigacker und der Wohnplatz Neuschöntal.
- Zu Heiningen gehört alleine das Dorf Heiningen.
- Zu Maubach gehören das Dorf Maubach und der Wohnplatz Schulhaus (Alte Schule).
- Zu Strümpfelbach gehören das Dorf Strümpfelbach sowie das Schloss und der Wohnplatz Katharinenhof.
- Zu Waldrems gehören das Dorf Waldrems, der Weiler Horbach und der Wohnplatz Ebni.
Wüstungen
Auf dem Gebiet der Kernstadt lag auf der Höhe über dem rechten Murr-Ufer die abgegangene Ortschaft Hagenbach, zu der auch eine Burg gehört haben soll, von der heute allerdings keine Reste mehr vorhanden sind. Die Flur Hagenbach ist heute modern bebaut.[4] Eine weitere Befestigung, die Schöntaler Burg, befand sich südwestlich von Oberschöntal auf einem Bergsporn über der Murr. Von dieser Burg sind noch geringe Spuren als Bodendenkmal vorhanden. 1593 erscheint auf einer Karte von Georg Gadner eine Siedlung mit dem Namen Thos (Taus) bei der Mündung der Weissach in die Murr.[5] Der Flurname „Weiler“ bei Steinbach lässt eine weitere Wüstung vermuten.
Aufgegangene Siedlungen
Um 1870 in Backnang aufgegangen ist der Wohnplatz Walke. Nach 1936 ist der Wohnplatz Spinnerei in Steinbach aufgegangen.[6]
Wohngegenden
In der Kernstadt werden zum Teil weitere Wohngebiete mit eigenem Namen unterschieden, deren Bezeichnungen sich im Laufe der Geschichte aufgrund der Bebauung ergeben haben und die meist nicht genau abgrenzbar sind. Hierzu gehören beispielsweise die Siedlung Plattenwald, die Robert-Kaess-Siedlung und die Plaisir-Siedlung.
Raumplanung
Backnang ist ein Mittelzentrum in der Region Stuttgart, deren Oberzentrum die Stadt Stuttgart ist.
Zum Mittelbereich Backnang gehören außerdem die Stadt Murrhardt sowie folgende Gemeinden im nördlichen Teil des Rems-Murr-Kreises: Allmersbach im Tal, Althütte, Aspach, Auenwald, Burgstetten, Großerlach, Kirchberg an der Murr, Oppenweiler, Spiegelberg, Sulzbach an der Murr und Weissach im Tal.
Backnang ist Mitgliedsgemeinde des Wasserverbands Murrtal. Ihm obliegt der Hochwasserschutz.[7]
Flächenaufteilung
Nach Daten des Statistischen Landesamtes, Stand 2014.[8]
Frühe Geschichte und erste Besiedlung
Auf der Gemarkung von Backnang wurden Siedlungs- und Grabstellen aus der Jungsteinzeit und der Hallstattzeit gefunden.
Zur Zeit der Römer lag das Gebiet um Backnang ab der Vorverlagerung des Limes im Jahr 155 n. Chr. in der römischen Provinz Obergermanien. Auf Backnanger Gemarkung befanden sich römische Straßen, Siedlungen und Gräberfelder, die jedoch nur wenig erforscht sind. Die römische Militärstraße, welche das Kastell Benningen einst mit dem Kastell Murrhardt verband, verlief nördlich des Katharinenhofs. Auf der Markung von Steinbach (Gewann Heidenfeld) wurden im 19. Jahrhundert Reste einer Villa rustica gefunden. Allerdings gingen die Fundstücke im Zweiten Weltkrieg verloren. Ein römisches Gräberfeld befand sich im Bereich der ehemaligen Spinnerei Adolff. Auch wurden schon römische Münzen im heutigen Stadtgebiet gefunden.[9] Mit dem Limesfall dürfte die romanische Bevölkerung das Gebiet verlassen haben.
Die heutige Besiedlung geht wohl auf die Alamannen zurück, die um 260 n. Chr. die Römer zwischen Rhein und Donau zurückdrängten. Die älteste Siedlungsgründung war vermutlich der heutige Ortsteil Heiningen, von wo aus die gesamte Backnanger Bucht erschlossen wurde. Um 500 gelangte die Backnanger Bucht in den Herrschaftsbereich der Franken, die ihr Territorium durch systematische Besiedlung (Fränkische Landnahme) sicherten. Nach 600 entstand an der heutigen Sulzbacher Brücke eine Burg zum Schutz des für historische Fernwege wichtigen Übergangs über die Murr. Auf diese Burg geht der heutige Ort Backnang zurück, in dem um 890 eine erste romanische Kirche erbaut wurde.
Erste Erwähnung 1067 und Gründung des Chorstifts 1116
Erstmals erwähnt wurde der Ortsname als Baccananc in einer Urkunde aus dem Jahr 1067. In dem in Augsburg ausgestellten Schriftstück in lateinischer Sprache ist von einem Hesso de Baccananc und seinem gleichnamigen Sohn (et filius eius Hesso) die Rede. Die Herkunft des Ortsnamens ist umstritten. Der Name könnte ‚Wang des Bacco‘ bedeuten. Allerdings ist eine Person mit dem Namen Bacco nicht nachweisbar.[10] Die alten Namensformen schlagen sich in der Bezeichnung der Bewohner für ihre Stadt als Baggana bis in die heutigen Tage nieder. Damals befand sich Backnang im Besitz der Hessonen. Das Geschlecht stammte aus dem Sülchgau und kam wahrscheinlich durch Heirat in den Besitz Backnangs. Die Hessonen zählten zum unmittelbaren Umkreis des Kaisers und zum vornehmsten Hochadel im damaligen Deutschland. Die Hessonen bauten die Burg Backnang zu ihrem Machtzentrum aus. Wie die Urkunde von 1067 beweist, nannten sich die Hessonen im 11. Jahrhundert von Backnang.[11] Durch Heirat der Hessonen-Tochter Judith von Backnang mit Markgraf Hermann II. gelangte Backnang vermutlich um 1070 an die Markgrafen von Baden. Die Hessonen siedelten nach der Burg Wolfsölden um. Die Badener bauten Backnang systematisch zu ihrem Hauptort aus. Markgraf Hermann und seine Frau gründeten in Backnang ein Augustiner-Chorherrenstift, welches 1116 päpstlich bestätigt und privilegiert wurde. Die ersten Bewohner des Stifts waren Augustiner-Mönche vom Stift Marbach im Elsass.[12] Hermanns Sohn Hermann III. von Baden baute die Anlage weiter aus und errichtete, nachdem die alte Kirche dem Stift vorbehalten war, die Sankt Michaelskirche als neue Kirche für den Ort. Das Stift wurde für fünf Generationen zur Grablege der Markgrafen von Baden.
Stadtrecht im 13. Jahrhundert
Der Ort wurde vermutlich um 1220 durch die Markgrafen von Baden zur Stadt ausgebaut. Eine fragmentarisch erhaltene Urkunde von 1230 lässt Rückschlüsse auf ein damals bereits bestehendes Stadtrecht zu. 1235 geriet die Stadt in die Auseinandersetzungen zwischen dem deutschen König Heinrich (VII.) und seinem Vater Kaiser Friedrich II.; sie wurde durch Heinrich von Neuffen, Herr der Burg Altwinnenden, zerstört. Beim anschließenden Wiederaufbau wurde die Stadt ummauert, so dass die Stadterhebung später irrtümlicherweise auf diesen Bau der Stadtmauer im Jahr 1237 datiert wurde und Backnang im Jahr 1987 ein 750-jähriges Stadtjubiläum beging. Die erste gesicherte urkundliche Erwähnung als Stadt stammt aus dem Jahr 1245. Aus dieser Urkunde geht außerdem hervor, dass damals neben den beiden Kirchen St. Pankratius und St. Michael auch drei Mühlen, ein Hospital und ein Berg genannter Hof (wohl heutiger Bereich des Amtsgerichts) vorhanden waren.
Backnang kommt um 1300 an Württemberg
Um 1300 wurde Backnang durch die Heirat von Irmengard, der Tochter des Markgrafen Rudolfs I. von Baden, mit dem Grafen Eberhard dem Erlauchten von Württemberg als Mitgift württembergisch. Im Reichskrieg Kaiser Heinrichs VII. gegen Eberhard 1311/12 ergab sich die Stadt am 28. August 1312 dem Reich, kam jedoch 1316 an Württemberg zurück. Noch im 14. Jahrhundert wurde Backnang Sitz einer württembergischen Vogtei.
1477 wurde das Regularkanonikerstift in ein freiweltliches Stift umgewandelt. Ab 1500 lag die Stadt im Schwäbischen Reichskreis. Im Bauernkrieg 1525 wurde die Stadt gestürmt und das Augustiner-Chorherrenstift geplündert. 1535 wurde durch Herzog Ulrich die Reformation in Württemberg eingeführt, allerdings kam es kurzzeitig zu einer Rekatholisierung: 1546 besetzte Kaiser Karl V. im Schmalkaldischen Krieg das Herzogtum Württemberg und zwang Ulrich 1548, das Augsburger Interim zu akzeptieren. Weiterhin musste Ulrich der Stationierung von kaiserlich-katholischen Truppen zustimmen. 1549 wurde auch in Backnang eine Einheit katholischer Söldner aus Spanien stationiert, welche jedoch schon 1550 wieder abgezogen wurde. Viele der Augustiner-Chorherren konvertierten in der Folgezeit entweder zum Protestantismus oder verließen die Stadt. 1593 starb der letzte katholisch gebliebene Chorherr von Backnang.[13]
Erste Zerstörung Backnangs im Dreißigjährigen Krieg 1635
Während des Dreißigjährigen Krieges hatte Backnang unter Einquartierungen, Verwüstungen und der Pest zu leiden: 1631 wurden fürstenbergische Soldaten nach Backnang verlegt. 1626 und 1634/35 wütete die Pest in der Stadt, denen jeweils ein Drittel der Stadtbevölkerung zum Opfer fiel.[13] Nach der Schlacht bei Nördlingen im September 1634, welche für die Protestanten mit einer schweren Niederlage endete, wurde Backnang erneut von kaiserlich-katholischen Truppen besetzt. 1635 übernahmen die Jesuiten das Backnanger Stift. Im selben Jahr verwüstete ein Großbrand, welcher vermutlich durch einquartierte katholische Soldaten verursacht wurde, die Stadt; Backnang wurde größtenteils zerstört. Im letzten Kriegsjahr 1648 zogen die katholischen Truppen aus Backnang ab. Anschließend marschierten die Schweden in Backnang ein, welche trotz ihrer evangelischen Konfession wie Feinde in der Stadt hausten.[14] Nach dem Westfälischen Frieden mussten die Jesuiten Backnang verlassen.
Zweite Zerstörung Backnangs im Pfälzischen Erbfolgekrieg am 23. Juli 1693
Im Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688–1697) wurden Teile Württembergs erneut verwüstet, diesmal durch die Franzosen. Im Juli 1693 stießen französische Einheiten unter Oberbefehl von Ezéchiel Comte de Mélac über Heidelberg und Heilbronn ins mittlere Neckargebiet vor. Dabei plünderten und zerstörten die Franzosen nacheinander Marbach, Beilstein und Großbottwar. Am 23. Juli 1693 errichten die Franzosen Backnang. Die Bauern der umliegenden Dörfer versteckte sich in den Wäldern oder suchten Zuflucht in der Backnanger Burg. Allerdings konnten die Mauern Backnangs die Franzosen nicht aufhalten: Sie überwanden die Mauern durch einen Sturmangriff, bei dem 15 französische Angreifer ihr Leben lassen mussten. Dies reizte die Franzosen offenbar zum Zorn, die daraufhin 100–200 Stadtbewohner ermordeten. Anschließend wurde die Stadt geplündert und eingeäschert. Etwa 210 Gebäude wurden ein Raub der Flammen, darunter das Rathaus[15] und die Kirchen St. Michael (Stadtkirche) und St. Pankratius (Stiftskirche). Von St. Michael brannte das Kirchenschiff ab und wurde nie wieder aufgebaut. Nur der Chor und der Glockenturm blieben erhalten. St. Pankratius wurde ebenfalls bis auf den Chor zerstört, doch konnte die Kirche in den folgenden Jahren in vereinfachter Form wiederaufgebaut werden.[16]
Württembergische Amtsstadt
1707 wurde Backnang erneut von französischen Truppen unter General Broglie besetzt, welche jedoch bald wieder abzogen.[17] Aus der württembergischen Vogtei in Backnang entstand 1758 das Oberamt Backnang. Im Zuge der Umwälzungen während der Zeit der Koalitionskriege und der 1806 erfolgten Gründung des Königreichs Württemberg wurde das Oberamt Backnang bis 1813 bedeutend vergrößert.
Das späte 18. und frühe 19. Jahrhundert war von Missernten, Einquartierungen und Hungersnöten geprägt. Nach dem Ende der entbehrungsreichen Napoleonischen Kriege war Württemberg 1816 besonders stark von den Auswirkungen des Jahrs ohne Sommer betroffen. Die Verhältnisse führten zu mehreren Auswanderungswellen nach Amerika und Russland.
Um 1820 wurden Stadtmauern und -tore abgerissen und die Stadt wuchs über ihren mittelalterlichen Siedlungskern hinaus. Gleichzeitig wurden 1819 verschiedene Dörfer und Höfe eingemeindet. 1848 wurde der einundzwanzigjährige Raubmörder Wilhelm Heinrich Armbruster auf der Bleichwiese geköpft. Die Exekution Armbrusters war die letzte öffentliche Hinrichtung im Königreich Württemberg. Im Revolutionsjahr 1848 wurde die erste gesamtdeutsche Parlamentswahl abgehalten. Dabei errang der Schlosser Ferdinand Nägele aus Murrhardt im Wahlbezirk Backnang die Mehrheit der Stimmen. Nägele war der einzige Handwerker im Paulskirchenparlament.
Die bedeutendsten Handwerkszweige in der Stadt um 1800 waren Gerberei und Weberei, die durch die Industrialisierung weiteren Aufschwung nahmen. Nachdem die Weberei wegen Baumwollmangels aufgrund des Amerikanischen Bürgerkrieges ab 1861 in eine Krise geriet und unterging, wurde die Gerberei zum bestimmenden Erwerbsfeld der Bevölkerung. 1897 gab es 102 Gerbermeister mit 456 Gesellen und 97 Lehrlingen in der Stadt. Die Gerberei verlor in Backnang erst nach dem Zweiten Weltkrieg an Bedeutung. Im späten 19. Jahrhundert siedelten sich auch Maschinenbaufirmen und weitere Industrie an. 1875 wurde eine Industrieschule eröffnet, 1876 wurde Backnang mit der Einweihung der Murrbahn an das Schienennetz der Württembergischen Eisenbahn angeschlossen.
Backnang im Ersten und Zweiten Weltkrieg
Im Ersten Weltkrieg (1914–1918) waren unter den ins Feld gerückten Einwohnern 334 Opfer zu beklagen. Große Teile der Backnanger SPD traten nach dem Krieg der neu gegründeten KPD bei.[13] Dadurch kam es zu einer starken Polarisierung der Gesellschaft, die sich 1919 und 1923 in größeren Tumulten entlud. Zur NS-Zeit wurde das Gebäude des 1909 eingeweihten Lehrerseminars in der heutigen Mörikeschule als Napola-Schule genutzt. Durch die Verwaltungsreformen während der NS-Zeit in Württemberg wurde 1934 aus dem Oberamt Backnang der Kreis Backnang, welcher 1938 bei der Kreisreform in den um einige Gebiete erweiterten Landkreis Backnang umgewandelt wurde. 1934 entstand am nordwestlichen Stadtrand die Robert-Kaess-Siedlung.[18] 1936 wurde Sachsenweiler von Unterweissach abgetrennt und nach Backnang umgemeindet.[19] 1941 wurde die bis dahin selbstständige Gemeinde Steinbach aufgelöst und Backnang zugeschlagen.
Im Zweiten Weltkrieg wurde die Stadt mehrfach von Luftangriffen getroffen, wobei es zu zahlreichen Toten und schweren Beschädigungen kam. Im gesamten Kriegsverlauf wurden in Backnang 447 Gefallene und 309 Vermisste registriert. Anfang 1945 wurde in Backnang aus Jugendlichen und älteren Männern der Volkssturm gebildet, welcher gegen die anrückenden Amerikaner kämpfen sollte. Zu der Einheit gehörten auch die kriegserfahrenen Soldaten Fritz Munz und Hermann Krimmer. In der Hoffnung, ihre Heimatstadt vor unnötiger Zerstörung bewahren zu können, entfernten sich beide unerlaubt von ihrer Einheit und fuhren mit Fahrrädern den anrückenden US-Truppen entgegen. Bei Sulzbach überquerten beide die Brücke der Lauter, welche kurz danach gesprengt wurde. Bei der Fahrt fand Munz den Tod, weil er über eine deutsche Mine gefahren war.[20] Krimmer setzte seine Fahrt fort und erreichte die US-Truppen bei Bernhalden. Dort konnte er mit einem US-Offizier sprechen und die kampflose Übergabe von Backnang erreichen.[21] An Munz und Krimmer erinnern heute in Backnang die beiden Straßen Fritz-Munz- und Hermann-Krimmer-Weg.
Nachkriegszeit
1945 geriet Backnang in die Amerikanische Besatzungszone und gehörte somit zum neu gegründeten Land Württemberg-Baden, das 1952 im jetzigen Bundesland Baden-Württemberg aufging.
Am 19. Oktober 1946 detonierte ein Sprengsatz vor dem Sitz der Entnazifizierungs-Spruchkammer in Backnang. Wie sich bei den Ermittlungen herausstellte, wurde die Bombe von einer Gruppe Jugendlicher unter Führung von Siegfried Kabus gelegt. Der Gruppe gehörten auch ehemalige Napola-Schüler aus Backnang an. Bei den Anschlag wurde niemand verletzt, auch die Akten der Spruchkammer blieb unversehrt. Kabus wurde zunächst zum Tode verurteilt, allerdings wurde das Urteil später in lebenslange Haft umgewandelt.
In der Nachkriegszeit zogen viele tausend Heimatvertriebene aus den deutschen Ostgebieten und den ehemaligen Gebieten Österreich-Ungarns nach Backnang. Dadurch entwickelte die Stadt ein besonders enges Verhältnis zu den Ungarndeutschen.[13] Dies ist auch der Grund, warum die Stadt seit 1988 eine Städtepartnerschaft mit der ungarischen Stadt Bácsalmás unterhält. Es entstanden auch viele Neubaugebiete für Vertriebene und bauwillige Neubürger: Die Plattenwald- und die Sachsenweilersiedlung entstanden um 1950. Es folgten die Taus- und Plaisir-Siedlung. Die Schöntaler Höhe wurde um 1960 aufgesiedelt, die Hochhaus-Siedlung am Dresdner Ring entstand um 1970.[22]
1956 wurde Backnang Große Kreisstadt und Anfang der 1970er Jahre wurde sie durch Eingliederung der Nachbargemeinden Heiningen, Maubach, Strümpfelbach und Waldrems erheblich vergrößert. Bei der Kreisreform am 1. Januar 1973 verlor Backnang seine Funktion als Kreisstadt, als der Landkreis Backnang mit dem Landkreis Waiblingen zum neuen Rems-Murr-Kreis vereinigt wurde. Sitz des neuen Kreises wurde Waiblingen.
1971 wurde in Backnang das erste autonome Jugendzentrum in Deutschland gegründet.[23]
Eingemeindungen
Die folgenden Gemeinden beziehungsweise Gemeindeteile wurden in die Stadt Backnang eingegliedert:
Einwohnerentwicklung
Die Einwohnerzahlen sind Schätzungen, Volkszählungsergebnisse (¹) oder amtliche Fortschreibungen der jeweiligen Statistischen Ämter (nur Hauptwohnsitze).
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¹ Volkszählungsergebnis
Evangelische Kirche
Backnang gehörte zunächst zum Bistum Speyer und war dem Archidiakonat St. Guido, Kapitel Marbach zugeordnet. Infolge der Zugehörigkeit zum Herzogtum Württemberg wurde hier, wie im übrigen Württemberg, ab 1534 die Reformation eingeführt. Danach war Backnang über viele Jahrhunderte eine überwiegend protestantische Stadt. Zunächst gehörte die Kirchengemeinde zur Superintendentur Marbach, bevor Backnang 1695 Sitz eines eigenen Dekanats (siehe Kirchenbezirk Backnang) innerhalb der Evangelischen Landeskirche in Württemberg wurde. Ursprünglich gab es nur die Stiftskirchengemeinde Backnang, die auch das Totenkirchle, die ehemalige Friedhofskirche vor den Toren der Stadt, als Predigtstelle nutzt. Als die Gemeinde durch Zuzug stark anwuchs, wurden die Matthäusgemeinde (1962) und die Markusgemeinde mit einer weiteren Predigtstelle in Schöntal abgetrennt, die inzwischen ihre eigenen Kirchen haben. Alle bilden aber weiterhin die Evangelische Gesamtkirchengemeinde Backnang. Auch die heutigen Stadtteile Backnangs gehörten früher zur Württemberg und sind daher überwiegend protestantisch. Die Gemeindeglieder von Heiningen, Maubach und Waldrems gehörten ursprünglich zur Stiftsgemeinde Backnang. 1961 wurde in Waldrems eine eigene Pfarrei gegründet und eine eigene Kirche (Auferstehungskirche Heiningen) erbaut. Zur Kirchengemeinde gehört neben Waldrems und Heiningen auch Maubach (eigene Pauluskirche). Sachsenweiler wurde 1969 eine eigene Pfarrei (mit Petruskirche), zu der auch Steinbach (mit eigener Stephanuskirche) gehört. Die Gemeindeglieder von Strümpfelbach gehören bis heute zur Nachbarkirchengemeinde Oppenweiler. Neben den Kirchengemeinden gibt es auch Landeskirchliche Gemeinschaften in Backnang, nämlich die Altpietistische Gemeinschaft, die Kirche unterwegs der Bahnauer Bruderschaft e. V., die Liebenzeller Gemeinschaft und die Michael Hahn’sche Gemeinschaft.
Evangelische Freikirchen
Ferner gibt es auch einige Freikirchen, darunter die Evangelisch-methodistische Kirche (Zionskirche), die Biblische Gemeinde, die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde (Baptisten), eine Mennonitengemeinde mit Kirche in Sachsenweiler, die Volksmission entschiedener Christen sowie Die Christliche Gemeinde in Maubach.
Katholische Kirche
Im 19. Jahrhundert zogen auch wieder Katholiken nach Backnang. Sie wurden anfangs von der Gemeinde Ebersberg betreut. 1894 wurde in Backnang eine eigene Pfarrei gegründet und im gleichen Jahr wurde die Kirche Johannes Baptist erbaut, die zunächst alle Katholiken im Raum Backnang betreute. Im Laufe der Zeit zogen weitere Katholiken zu und einige Nachbargemeinden wurden abgetrennt. Die Stadtteile Backnangs Germannsweiler, Heiningen, Maubach, Sachsenweiler, Schöntal, Stiftsgrundhof und Waldrems werden bis heute von der Pfarrei Johannes Baptist betreut. 1965 wurde eine zweite katholische Kirche in Backnang, die Christkönigskirche, erbaut. 1969 wurde die Christkönigskirche zur Pfarrkirche erhoben und die Pfarrei Christus König errichtet, zu der auch die Katholiken aus Steinbach gehören. Die beiden katholischen Kirchengemeinden haben sich 1973 zur Katholischen Gesamtkirchengemeinde Backnang zusammengeschlossen, die Träger der Katholischen Sozialstation und der katholischen Kindergärten ist. Zusammen mit zwei muttersprachlichen Kirchengemeinden, der kroatischen Gemeinde Sveti Ante Padovanski und der portugiesischen Gemeinde Sagrada Familia, bilden die katholischen Kirchengemeinden St. Johannes Baptist und Christus König heute die katholische Seelsorgeeinheit Backnang, die zum Dekanat Rems-Murr innerhalb der Diözese Rottenburg-Stuttgart gehört.
Neuapostolische Kirche
Auch die Neuapostolische Kirche ist in Backnang vertreten: Ihre Kirche befindet sich in der Sulzbacher Straße.
Griechisch-orthodoxe Kirche
Durch Zuwanderung kamen Mitte des 20. Jahrhunderts griechisch-orthodoxe Christen nach Backnang. Diese haben sich zu der Kirchengemeinde Agiou Bassileiou (Hl. Basilius) zusammengeschlossen. Das Gemeindezentrum mit Kapelle befindet sich in der Industriestraße.
Sonstige
Die Gemeinde der Zeugen Jehovas verfügt über einen Königreichssaal in der Fabrikstraße. Weiterhin gibt es eine türkisch-islamische Gemeinde der DİTİB mit einer Moschee in der Wilhelmstraße.
Gemeinderat
Der Gemeinderat von Backnang hat 26 Mitglieder; er besteht aus den gewählten ehrenamtlichen Gemeinderäten und dem Oberbürgermeister als Vorsitzendem. Der Bürgermeister ist im Gemeinderat stimmberechtigt. Die Kommunalwahl am 26. Mai 2019 führte zu folgendem Endergebnis:[25]
Parteien und Wählergemeinschaften | % 2019 |
Sitze 2019 |
% 2014 |
Sitze 2014 |
Kommunalwahl 2019
% 30 20 10 0 28,79 19,33 17,28 12,60 8,81 5,80 3,43 2,31 1,64
Gewinne und Verluste
im Vergleich zu 2014
%p 10 8 6 4 2 0 -2 -4 -6 -8 −6,51
+5,43 −5,92 −1,60 +8,81 −1,30 +3,43 +2,31 +1,64 | |
---|---|---|---|---|---|---|
CDU | Christlich Demokratische Union Deutschlands | 28,79 | 7 | 35,3 | 9 | |
Grüne | Bündnis 90/Die Grünen | 19,33 | 5 | 13,9 | 4 | |
SPD | Sozialdemokratische Partei Deutschlands | 17,28 | 5 | 23,2 | 6 | |
BfB/FDP | Bürgerforum Backnang/Freie Demokratische Partei | 12,60 | 3 | 14,2 | 4 | |
AfD | Alternative für Deutschland | 8,81 | 2 | — | — | |
CIB | Christliche Initiative Backnang | 5,80 | 2 | 7,1 | 2 | |
Backnanger Demokraten | Backnanger Demokraten | 3,43 | 1 | — | — | |
BIG | Bündnis für Innovation und Gerechtigkeit | 2,31 | 1 | — | — | |
DHDW.org | duhastdiewahl.org | 1,64 | 0 | — | — | |
Unabhängig | Unabhängige Bürgervereinigung | — | — | 4,6 | 1 | |
gesamt | 100,0 | 26 | 100,0 | 26 | ||
Wahlbeteiligung | 56,22 % | 46,4 % |
Bürgermeister
An der Spitze der Stadt Backnang stand ein Schultheiß, der erstmals 1231 nachweisbar ist. Die Aufsicht über die Verwaltung oblag dem Vogt. Seit 1819 trug das Stadtoberhaupt die Bezeichnung Stadtschultheiß, seit 1930 Bürgermeister und mit der Erhebung zur Großen Kreisstadt am 1. April 1956 lautet die Amtsbezeichnung Oberbürgermeister. Dieser wird von den Wahlberechtigten auf acht Jahre direkt gewählt. Er ist Vorsitzender des Gemeinderats. Sein allgemeiner Stellvertreter ist der Erste Beigeordnete mit der Amtsbezeichnung Bürgermeister.
Liste der Stadtoberhäupter (unvollständig, Amtszeiten teilweise unklar):
- 1231: Hartmut[26]
- 1373: Cuntz Schlecht[26]
- 1551–1595: Veit Breitschwert[27]
- 1605–1615: Johann Leonhard Korn[27]
- 1611: Hans Maurer[27]
- 1616: Christoph Jäger[27]
- 1626: Veit Scheffler[27]
- 1629: Jakob Bestlin[27]
- 1635: Johann Unsinn[27]
- 1638–1646: Conrad Stählin[27]
- 1647–1648: Johann Jakob Schropp[27]
- 1648–1649: Anton Schoch[27]
- 1649: Johann Ludwig Mohl[27]
- 1659: Wilhelm Parst[27]
- 1664: Johann Georg Engel[27]
- 1698–1705: Johann Hieronymus Seefried[27]
- 1705–1710: Günther Albrecht Renz[27]
- 1711–1714: Johann Gottfried Schmid[27]
- 1715–1725: Veit Jakob Neuffer[27]
- 1726–1756: Martin Neuffer[27]
- 1757–1764: Friedrich August Hochstetter[28]
- 1764–1766: Adolph Friedrich Weisser[28]
- 1774–1785: Johann Jacob Kübler[28]
- 1785–1794: Christian Friedrich Bazing[28]
- 1794–1795: Ludwig Gottfried Spindler[28]
- 1795–1801: Georg Jacob Müller[28]
- 1801–1822: Georg Adam Isenflamm[28]
- 1822–1845: Johann Gottlieb Karl Monn[28]
- 1845–1878: Christian Daniel Schmückle[28]
- 1878–1901: Emil Gock
- 1901–1921: Hermann Eckstein
- 1921–1945: Albert Rienhardt (seit 1937 NSDAP)
- 1945: Wilhelm Höger
- 1945: Friedrich Tränkle
- 1945: Eugen Wohlfahrt (kommissarisch)[29]
- 1946–1966: Walter Baumgärtner
- 1966–1986: Martin Dietrich
- 1986–1994: Hannes Rieckhoff (CDU)
- 1994–2002: Jürgen-Heinrich Schmidt (SPD)
- 2002–2021: Frank Nopper (CDU)
- seit 2021: Maximilian Friedrich (Freie Wähler)
Wappen und Flagge
Blasonierung: „In gespaltenem Schild vorne in Silber (Weiß) drei liegende schwarze Hirschstangen übereinander, hinten in Schwarz ein blauer Reichsapfel mit goldenem (gelbem) Beschlag und Kreuz.“[30] | |
Wappenbegründung: Das erste bekannte Siegel der 1297 an Württemberg gekommenen, im Reichskrieg 1312 aber der Reichsstadt Esslingen unterworfenen Stadt zeigt in einem Abdruck von 1312 den Reichsadler. Spätere Siegel des 14. Jahrhunderts enthalten die drei Hirschstangen der nunmehr wieder württembergischen Stadtherrschaft. Während dieses Wappen 1535 in den württembergischen Farben Schwarz und Gold belegt ist, wurden die Hirschstangen von der Stadt spätestens seit dem Ende des 16. Jahrhunderts in verwechselten Farben in einem von Silber und Schwarz gespaltenen Schild geführt. Der bisher nicht sicher gedeutete Reichsapfel (vergleiche Möglingen, Landkreis Ludwigsburg) tritt 1686 als Marksteinzeichen der Stadt auf. Im 19. Jahrhundert entstand die Verbindung von Hirschstangen und Reichsapfel, die am 10. Juli 1903 als Stadtwappen festgelegt wurde. |
Die Stadtflagge ist Blau-Gelb.
Städtepartnerschaften
Backnang unterhält mit folgenden Städten eine Städtepartnerschaft:[31]
- Annonay in Frankreich, seit 1966
- Bácsalmás (dt.: Almasch) in Ungarn, seit 1988
- Chelmsford in England, seit 1990