Kommentar zu Sorge um Demokratie | Aachener Zeitung
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AachenKommentar zur politischen Lage

Resignation ist keine Lösung

Die Menschen in Nordrhein-Westfalen sorgen sich vor einem Rechtsruck und um die Demokratie. Das zeigt der aktuelle „NRW-Check“ von Forsa. Aber was tun sie selbst?

Stell dir vor, es ist eine EU-Wahl, und keiner weiß es.
Stell dir vor, es ist eine EU-Wahl, und keiner weiß es. Foto: dpa

Zwei Drittel der Menschen in NRW sehen die Demokratie in Gefahr. Gleichzeitig ziehen sich immer mehr Menschen ins Private zurück. Das passt nicht zusammen. Resignation und Nichtstun ist eigentlich nie eine Lösung, erst recht nicht, wenn es um unsere Gesellschaft geht.

Laut des aktuellen „NRW-Checks“ von Forsa halten 77 Prozent der Menschen in NRW die AfD nicht für eine „normale Partei“. Die Menschen treibt die Sorge vor einem Rechtsruck um. Sie fürchten, dass die AfD die Demokratie gefährdet.

Die Demokratie in Deutschland ist robust, aber wie überall in Europa ist sie in Gefahr, weil rechte Parteien erstarken. Wenn die Ampel-Koalitionäre und die Union ausnahmsweise einmal einer Meinung sind, ist die Lage wirklich ernst. Im Bestreben, das Bundesverfassungsgericht angesichts des Erstarkens extremer Parteien zu schützen, ziehen die Regierungsparteien und die CDU/CSU aber richtigerweise an einem Strang. Zu groß ist die Sorge vor einer Situation wie in Polen, wo das Verfassungsgericht zum verlängerten Arm der PiS-Partei geworden ist. Niemand kann sich eine ähnliche Situation für Deutschland wünschen.

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Doch auch hier erstarken die Rechten. Die Umfragewerte für die AfD sind erschreckend hoch. Das gilt ganz besonders für Sachsen, Thüringen und Brandenburg, wo die Landesparlamente im Herbst gewählt werden. Die AfD liegt dort jeweils bei etwa 30 Prozent, könnte stärkste Kraft werden und mehr Einfluss gewinnen. Das hat sich auch nach Bekanntwerden eines Geheimtreffens in Potsdam, in dem AfD-Politiker und Neonazis von einer „Remigration“ fantasieren, nicht geändert. Und das ist das eigentlich Traurige. Nicht alle AfD-Wähler sind Protest-Wähler. Nein – auch das zeigt der „NRW-Check“ – viele Menschen, die AfD wählen, stehen hinter den anachronistischen, frauenfeindlichen, rassistischen Ideen dieser Partei.

Die Demos gegen Rechts vor einigen Wochen waren beeindruckend, sind inzwischen aber auch wieder abgeebbt. Immer häufiger ziehen sich die Menschen ins Private zurück, aus Selbstschutz oder Bequemlichkeit, wie Studien zeigen. Das aber ist fatal. Als ob das heimische Wohnzimmer und das Nicht-Konsumieren von Nachrichten die Welt besser machen würde. Die Krisen und Kriege dieser Welt verschwinden nicht, weil man sie ignoriert. Und es kommt auch kein Erlöser von außen, der uns rettet. Im schlimmsten Fall kommt vielmehr ein rechtsextremer Björn Höcke als Ministerpräsident.

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Wenn sich laut „NRW-Check“ die Menschen in diesem Bundesland um die Demokratie sorgen und gleichzeitig nur 41 Prozent der Wahlberechtigten wissen, dass im Juni eine EU-Wahl ansteht, dann spricht das nicht gerade für die Bürgerinnen und Bürger. Demokratie bedeutet Herrschaft des Volkes; jeder und jede Einzelne von uns ist daher gefragt. Jede und jeder hat Rechte, aber auch Pflichten. Sich zu informieren, gehört zwingend dazu. Und ein Kreuzchen auf einem Wahlzettel bei einer demokratischen Partei machen, sollte auch noch zumutbar sein.