Annegret Kramp-Karrenbauer: Abschied einer Brückenbauerin

Annegret Kramp-Karrenbauer: Abschied einer Brückenbauerin

An diesem Sonnabend wird AKK an der CDU-Spitze abgelöst. Sie gilt als Gescheiterte und ist doch diejenige, die den Christdemokraten den Neustart ermöglichte.

Die scheidende CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer verlässt das Pult nach ihrer Rede beim digitalen Bundesparteitag der CDU. 
Die scheidende CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer verlässt das Pult nach ihrer Rede beim digitalen Bundesparteitag der CDU. dpa/Michael Kappeler

Berlin-Ein bisschen sah man Annegret Kramp-Karrenbauer am Freitagabend die Erleichterung an, als sie zu ihrer Auftaktrede für den digitalen Bundesparteitag auf die Bühne trat: Noch diese beiden Tage, mag sie sich gedacht haben, dann ist das Dasein in der Warteschleife vorbei. Eine Warteschleife, die 340 Tage gedauert hatte, seit Kramp-Karrenbauer ihren Verzicht auf Bundesvorsitz und Kanzlerinnenkandidatur erklärt hatte.

Sie kann nicht einfach gewesen sein, diese Hängepartie, die immer länger wurde, nachdem die Wahl ihrer Nachfolge coronabedingt immer wieder verschoben wurde.

Wenn Annegret Kramp-Karrenbauer nun am Sonnabend den Staffelstab offiziell an Armin Laschet, Norbert Röttgen oder Friedrich Merz weitergibt, wird sicher eine Last von ihr abfallen – auch wenn es sie schmerzen dürfte, dass sie vielen als die gescheiterte CDU-Vorsitzende in Erinnerung bleiben wird.

Das ist – natürlich – nicht ganz fair. Denn zur Wahrheit gehört auch, dass sie, die sich bei der Vorsitzendenwahl am 7. Dezember 2018 mit knapper Mehrheit in der Stichwahl gegen Friedrich Merz durchgesetzt hatte, einiges auf den Weg gebracht, vor allem aber: vieles zurechtgerückt hat. Sie schaffte es, über so einige Gräben, die die Volkspartei durchschnitten – und sie auch von der Schwesterpartei aus Bayern trennten –, Brücken zu bauen. Ihr gelang es auch, das Partei-intern schwelende Reizthema Migration zu entschärfen, indem sie auch Kritiker von Angela Merkels Flüchtlingspolitik öffentlich zu Wort kommen ließ.

Kramp-Karrenbauer galt als zukünftige Kanzlerin

In ihrer Abschiedsrede am Freitagabend betonte Annegret Kramp-Karrenbauer noch einmal, welche CDU es sei, deren Vorsitz sie abgebe: die der starken Mitte, der demokratischen Werte, der Zuversicht. Und es war ihr anzumerken, dass ihr der Abschied, bei aller Erleichterung, auch schwerfiel.

Denn es hätte ja auch anders laufen können, es ging schließlich gut los. Nach ihrer Wahl zur Vorsitzenden wurde Annegret Kramp-Karrenbauer zunächst gefeiert – vor allem von denen, die in ihr die logische Folge der Ära Merkel sahen. Die Zukunft der CDU, so schien es, gehörte den Frauen. Nachrichtensprecher rund um den Globus übten die Aussprache des sperrigen Nachnamens der neuen Parteivorsitzenden, sahen schon die zukünftige Kanzlerin am Horizont aufscheinen.

Völlig abwegig war das nicht, die Karriere, die die gebürtige Saarländerin bis zu diesem Tag hingelegt hatte, war eindrucksvoll. Besonders ihre Regierungszeit als Ministerpräsidentin des Saarlandes gilt als Erfolgsgeschichte; bis heute wird sie als diejenige verehrt, der es durch ihren Erfolg bei der Landtagswahl 2017 gelang, die Siegesfahrt des sogenannten Schulz-Zuges zu stoppen – und damit die gesamte Bundes-SPD in die Knie zu zwingen.

Der Aufstieg zu Merkels Kronprinzessin schien die logische Folge zu sein. Am Ende waren die Fußstapfen vielleicht doch zu groß, in die sie treten sollte, vielleicht hat sie nur viel zu früh das Handtuch geworfen.

Die Regierungskrise in Thüringen besiegelte ihr Schicksal als CDU-Vorsitzende

Dass sie die übergroßen Erwartungen, die man in sie setzte, nicht hat erfüllen können, lag zum Teil auch an ihr selbst. Ärgerliche Fehler, wie der, als sie mit einem unangebrachten Witz über Toiletten für das sogenannte dritte Geschlecht bei einem Karnevalsauftritt entgleiste, brachten ihr bundesweite Kritik ein. Auch gab es wohl doch zu viele Gegner hinter den Kulissen, die Rückendeckung im Zentrum der Macht, sie war nicht stark genug.

Ihr Eingreifen in die Regierungskrise in Thüringen vor fast genau einem Jahr, als sie versuchte, die Landes-CDU zur Räson zu rufen, geriet zum Anfang vom Ende ihrer Vorsitzenden-Karriere. Damals hatte die CDU dem FDP-Kandidaten Thomas Kemmerich gemeinsam mit Stimmen der AfD zum Ministerpräsidentenamt verholfen – es war das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik, dass ein Landeschef mit Stimmen der in Teilen rechtsextremistischen Partei gewählt wurde. Die Thüringen-CDU schaltete auf stur, die Kanzlerin schaltete sich ein – und Kramp-Karrenbauers Autorität bröckelte zusehends.

Nur wenige Tage später kündigte sie an, sich von der Parteispitze zurückzuziehen. Wer wollte, konnte das als Schwäche interpretieren – in Wahrheit war es konsequent.

„Es ging damals um die Seele unserer Partei“, sagt Annegret Kramp-Karrenbauer in ihrer Abschiedsrede am Freitag. „Ich habe gespürt, dass ich nicht mehr genug Unterstützung und Autorität hatte, um die CDU unbeschadet durch diese schwierige Phase zu bringen.“ Es sei ein schwerer Schritt gewesen, sagt sie noch. „Aber: Der Schritt war richtig.“

Wie es nun weitergehen wird mit AKK, ist offen. Bundesverteidigungsministerin allerdings wird sie zunächst bleiben. Dieses Amt, in dem sie sich nach einigen Startschwierigkeiten inzwischen einiges an Respekt erarbeitet hat, hat Annegret Kramp-Karrenbauer einst von der jetzigen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen übernommen. Vielleicht gehört sie doch den Frauen, die Zukunft der CDU. Egal, wer Parteivorsitzender wird.