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Danke, Saskia Esken!

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Mit ihrer immergleichen Forderung steht Esken für ein größeres Problem, schreibt WELT-Autorin Franziska Zimmerer Mit ihrer immergleichen Forderung steht Esken für ein größeres Problem, schreibt WELT-Autorin Franziska Zimmerer
Die SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken; WELT-Redakteurin Franziska Zimmerer
Quelle: picture alliance/dpa/Michael Kappeler; Martin U. K. Lengemann/WELT
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Die Grünen haben das Tempolimit, die SPD die Reichensteuer, die CDU das Dienstjahr. Einfache Lösungen für komplexe politische Probleme. Wen soll das eigentlich überzeugen?

Die Chefin der SPD, Saskia Esken, hat für jedes Problem eine Lösung. Und das ist buchstäblich gemeint: Sie hat genau eine Lösung.

April 2020, Corona-Krise. Saskia Esken möchte Vermögende zur Kasse bitten, um die Staatsfinanzen in Ordnung zu bringen. Oktober 2022, Diskussion um Ukraine-Hilfen. Saskia Esken drängt auf eine Vermögenssteuer. November 2023, Debatte über Bildungsgerechtigkeit. Saskia Esken fordert ein 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen. Die Finanzierung? Sie ahnen es: Gutverdiener sollen höher besteuert werden.

Auch die Union führt regelmäßig ihre Alle-Jahre-wieder-Diskussion. Dort heißt der diskursive Dauerbrenner: das Pflichtjahr. Wenn man nur einen Hammer hat, sieht man in jedem Problem einen Nagel.

Als 2011 die Wehrpflicht ausgesetzt wurde, kam schnell die berechtigte Diskussion auf, wer nun die soziale Arbeit der Zivildienstleistenden übernehmen solle. Geboren war die Endlos-Diskussion ums Pflichtjahr. Selbst die Junge Union fordert in regelmäßigen Abständen, dass man junge Leute zur sozialen Arbeit verpflichten solle. Als Annegret Kramp-Karrenbauer 2018 zur CDU-Vorsitzenden gewählt wurde, war auch eine ihrer ersten Forderungen: das soziale Pflichtjahr.

Nach der relativ kurzen und unglücklichen Amtszeit AKKs wärmte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Thema auf. Steinmeier labelte die Idee um, forderte eine „Pflichtzeit“. Die Reaktionen waren nicht sonderlich zustimmend, die Argumente dafür und dagegen immer noch die gleichen, aber es gab endlich Aufmerksamkeit für Steinmeier, die ausnahmsweise nichts mit seinem wenig ruhmreichen Schaffen als Außenminister zu tun hatte. Kein Wunder also, dass er im November 2022 einen weiteren Anlauf Richtung Pflichtzeit wagte und im Mai 2023 noch einen.

Noch eine Spur kreativer sind die Grünen bei ihrem Herzensthema Tempolimit. Kurz vor der letzten Bundestagswahl kündigte Robert Habeck an, dass das Tempolimit „die wahrscheinlich erste Maßnahme einer neuen Regierung“ sei.

Man muss wissen: Das Tempolimit könnte fast alle politischen Probleme unserer Zeit lösen, ist es doch Ausdruck eines „Macho-Kults postpubertärer und möchte-gern-junger Männer“, wie die „taz“ schreibt. Und Männer sind bekanntermaßen der Ursprung allen Übels.

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Aber nicht nur der alte, weiße Mann würde durch das Tempolimit in seine Schranken gewiesen werden. Auch die durch den Ukraine-Krieg gestiegenen Energiepreise könnten durch ein mehrmonatiges Tempolimit abgefedert werden, so Ricarda Lang im April 2022. Selbst während Corona, als die ganze Welt stillstand, kam das Tempolimit durch die Rücksitztür. Ein Tempolimit könne die Krankenhäuser entlasten, hieß es damals.

Die deutsche Medienöffentlichkeit liebt derlei Diskussionen. Die Argumente sind klar verteilt, jeder weiß, was er zu sagen hat. Und alle können mitmachen: Denn wer hat keine Meinung zum Böllerverbot, zur Zuckersteuer, zur Abschaffung der Zeitumstellung oder zum Bargeld?

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Diese wiederkehrenden Scheindiskussionen offenbaren eine aufkommende Nostalgie, eine Sehnsucht nach Einfachheit. Sie erinnern an die wohligen Mutti-Merkel-Jahre, in denen Sabine Christiansen und Günther Jauch am Sonntagabend Talkshows zu Themen machten wie „Deutschland XXL – Brauchen wir Steuern auf Dickmacher?“ oder „Achtung Computer! Macht uns das Internet dumm?“.

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Auch damals gab es große Krisen, die Euro- und Finanzkrise zum Beispiel. Aber diese Krisen ließen sich noch talkshowgerecht portionieren, anders als die Kriege in der Ukraine und im Gaza-Streifen oder die Bedrohung der Nato-Ostflanke.

Diskussionen um Pflichtjahre und Reichensteuern sind da schöne Inseln, auf denen man kurz den Eindruck haben kann, alles sei wie früher. Insofern muss man an dieser Stelle mal sagen: Danke, Saskia Esken!

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