Annalena Baerbock
Annalena Baerbock ist die erste Grünen-Politikerin, die als Kanzlerkandidatin für die Bundestagswahl nominiert wurde. Seit Januar 2018 steht sie gemeinsam mit Robert Habeck an der Spitze der Partei. Im Kabinett von Bundeskanzler Olaf Scholz fungiert sie als Außenministerin.
Annalena Baerbock: So wuchs die Außenministerin auf
Annalena Baerbock kam am 15. Dezember 1980 in Hannover zur Welt. Sie ist die Tochter einer Sozialpädagogin und eines Maschinenbauingenieurs und wuchs mit zwei jüngeren Schwestern sowie zwei Cousinen auf einem Bauernhof in Schulenburg auf, einem Ortsteil der niedersächsischen Stadt Pattensen. Bereits als Kind kam sie mit politischem Aktivismus in Berührung und wurde von ihren Eltern mit zu Anti-Atomkraft-Demonstrationen nach Gorleben genommen. Ihre Schulausbildung absolvierte die Grünen-Politikerin am Humboldt Gymnasium in Hannover und schloss dort 2000 das Abitur ab. Dazwischen verbrachte sie ein Auslandsjahr in Florida. Als Schülerin war Annalena Baerbock begeisterte Sportlerin und trat als Trampolinturnerin bei nationalen Meisterschaften an. Außerdem spielte sie vier Jahre lang Fußball in einem Verein.
Studium in Hamburg, London und Berlin
Nach dem Schulabschluss begann Annalena Baerbock 2000 einen Diplomstudiengang der Politikwissenschaften an der Universität Hamburg mit dem Nebenfach Öffentliches Recht/Europarecht. Von 2004 bis 2005 studierte sie ein Völkerrechtsstudium an der renommierten London School of Economics und erwarb einen Master-Abschluss in Public International Law. Dabei erreichte sie die höchste Notenstufe "Distinction", die ab einer Punktzahl von 70 Prozent verliehen wird. 2009 begann Baerbock an der Freien Universität Berlin eine Dissertation zum Thema Naturkatastrophen und humanitäre Hilfe. 2013 gab sie an, "fast fertig" damit zu sein, brach die Promotion aber wenig später ab, um sich verstärkt auf ihr politisches Mandat zu fokussieren.
Beruflicher und politischer Werdegang von Annalena Baerbock
Von 2000 bis 2003 war Annalena Baerbock als freie Mitarbeiterin der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" tätig. Noch während des Studiums absolvierte sie ein Praktikum bei der Grünen-Europaabgeordneten Elisabeth Schroedter, was den Grundstein für ihre politische Karriere legte. Nach Studienabschluss stellte sie Schroedter 2005 als Büroleiterin ein und Baerbock trat den Grünen selbst bei. Anschließend folgte eine zweijährige Stelle als Referentin für Außen- und Sicherheitspolitik der Bundestagsfraktion der Grünen. Von 2008 bis 2013 arbeitete Baerbock als Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft Europa. Ab 2009 fungierte sie drei Jahre lang als Vorstandsmitglied der Europäischen Grünen Partei, dazu kam der Posten als Parteivorsitzende der Brandenburger Grünen. Eine weitere bedeutende Stelle folgte 2012, als die Kanzlerkandidatin dem 16-köpfigen Parteirat der Grünen beitrat, der unter anderem den Bundesvorstand berät.
2009 scheiterte Baerbock mit ihrer Kandidatur bei der Bundestagswahl. Damals kandidierte sie für den Wahlkreis Frankfurt (Oder) – Oder-Spree. Vier Jahre später trat die Politikerin erneut an – dieses Mal für den Wahlkreis Bundestagswahlkreis Potsdam – Potsdam-Mittelmark II – Teltow-Fläming II. Mit 7,2 Prozent der Erststimmen zog Baerbock über die Landesliste in den Deutschen Bundestag ein. Von 2013 bis 2017 übernahm sie die Rolle der klimapolitischen Sprecherin der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen. Außerdem war sie Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Energie sowie im Ausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union. Im Umweltausschuss und im Beratenden Ausschuss für die Fragen des sorbischen Volkes übernahm sie eine stellvertretende Mitgliedsrolle.
2016 wurde Baerbock zur brandenburgischen Spitzenkandidatin der Grünen bei der Bundestagswahl 2017 und später zur Direktkandidatin in ihrem Wahlkreis gewählt. Mit acht Prozent der Erststimmen zog sie erneut über die Landesliste in den Bundestag ein. Als 2017 Koalitions-Verhandlungen zwischen CDU, CSU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen stattfanden, war Baerbock Teil des Jamaika-Sondierungsteams.
Annalena Baerbock: Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur
Im Januar 2018 wurde Annalena Baerbock neben Robert Habeck zur Parteivorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen gewählt. Das Spitzenduo wurde im November 2019 für zwei weitere Jahre im Amt bestätigt. Im April 2021 wurde bekannt, dass Baerbock als Kanzlerkandidatin der Grünen für die Bundestagswahl 2021 vorgeschlagen wurde. Diesem Vorschlag stimmte eine überwältigende Mehrheit des Parteitags zu und 98,5 Prozent der Delegierten stellten sich hinter Baerbock als Kanzlerkandidatin.
Ihre Nominierung war aus mehreren Gründen geschichtsträchtig: Es war das erste Mal überhaupt, dass die Grünen einen Kanzlerkandidaten aufstellten. Lange Zeit fuhr die Partei regelmäßig hohe Umfragewerte ein und stellte sogar die zweitstärkste Partei hinter der Union dar. Darüber hinaus war Baerbock erst die zweite Frau nach Angela Merkel, die sich auf das Kanzleramt bewarb. Mit 40 Jahren war sie während des Wahlkampfes außerdem nur wenige Tage älter als der bislang jüngste Kanzlerkandidat, FDP-Politiker Guido Westerwelle († 2016). Bei der Bundestagswahl am 26. September 2021 ging sie gegen Olaf Scholz (SPD) und Armin Laschet (CDU) ins Rennen. Die Grünen erreichten 14,8 Prozent und wurden damit drittstärkste Kraft im Bundestag.
Ein großer Schwerpunkt von Baerbocks politischem Programm lag auf Klimapolitik und Umweltschutz, dem Kernthema der Grünen. Treibhausgasemissionen sollten bis 2030 um 70 Prozent statt wie bisher vorgesehen 55 Prozent gesenkt werden. Außerdem sollte der Kohleausstieg auf 2030 vorgezogen werden. Baerbock setzte sich außerdem für ein Tempolimit von 130 km/h auf den deutschen Autobahnen ein. In der Außenpolitik pochte die Spitzenkandidatin auf eine Stärkung der europäischen Zusammenarbeit und der gemeinsamen Verteidigungspolitik, während sie innenpolitisch gegen Niedriglöhne kämpfte und den Mindestlohn von 9,50 Euro auf 12 Euro pro Stunde anheben wollte.
Annalena Baerbock: Große Verwirrung um ihren Lebenslauf
Der akademische Werdegang der Politikerin sorgte in der Vergangenheit für große Verwirrung. Annalena Baerbock selbst bezeichnet sich als Völkerrechtsexpertin und auch auf ihrem Abgeordnetenprofil des Bundestags wird sie als "Völkerrechtlerin, LL.M." beschrieben. Unter dem Hashtag #StudierenwieBaerbock machten sich User im Mai 2021 auf den sozialen Medien über die Politikerin lustig und warfen ihr vor, ihr Studium lediglich vorgetäuscht zu haben. Tatsächlich hat Baerbock nie einen Bachelor-Abschluss errungen, sondern verfügt lediglich über ein Vordiplom, das damals eine Zwischenprüfung zwischen Grund- und Hauptstudium darstellte. Sie beendete das Studium in Hamburg also ohne Abschluss, wurde aber mit dem Vordiplom an der London School of Economics angenommen. Seit diese Enthüllungen ans Licht kamen, wird der Politikerin große Skepsis angesichts ihrer akademischen Qualifikationen entgegengebracht, zumal sie inhaltliche Korrekturen an ihrem Lebenslauf vornahm. Baerbock entschuldigte sich für den Fehler, allerdings wirkte sich der Vorfall negativ auf ihre Umfragewerte aus.
Für weitere Kontroversen sorgte die Politikerin im März 2021, als sie Nebeneinkünfte im Wert von über 25.000 Euro nachmeldete. Diese erhielt sie zwischen 2018 und 2020 aus ihrer Funktion als Grünen-Parteivorsitzende. Dabei handelte es sich um Sonderzahlungen für Weihnachten, Wahlerfolge und die Corona-Pandemie. Als Bundestagsabgeordnete muss sie ihre Einkünfte für Nebentätigkeiten allerdings offenlegen, wenn sie über 10.000 Euro im Jahr betragen. Die verspätete Anmeldung bezeichnete Baerbock als "blödes Versäumnis", während eine Parteisprecherin von einem Versehen sprach. Kritik gab es vor allem, weil die Grünen selbst strengere Meldepflichten für Sonderzahlungen fordern.
Annalena Baerbocks privates Familienglück
Seit 2007 ist Annalena Baerbock mit dem Politikwissenschaftler Daniel Holefleisch verheiratet, der einst selbst für die Grünen arbeitete und für die Unternehmenskommunikation in der Parteizentrale zuständig war. Mittlerweile arbeitet er als Lobbyist bei der Deutschen Post. Das Paar lernte sich bei einem Praktikum in Brandenburg kennen. 2011 und 2015 kamen ihre beiden Töchter zur Welt, mit denen sie in Potsdam wohnen. Als Parteivorsitzende kämpfe Baerbock eigenen Angaben zufolge oft damit, Beruf und Familie unter einen Hut zu kriegen. Wenn sie ins Kanzleramt gewählt worden wäre, hätte ihr Ehemann seinen Job aufgegeben und Vollzeit die Kinder betreut. Doch auch so übernehme ihr Partner "volle Verantwortung" für den Haushalt, gab die heutige Bundesministerin des Auswärtigen im Mai 2021 gegenüber der "Bild am Sonntag" an.
Annalena Baerbock ist Autorin und Flüchtlingshelferin
Am 21. Juni 2021 brachte Annalena Baerbock ein Buch mit dem Titel "Jetzt. Wie wir unser Land erneuern" auf den Markt, das sie zusammen mit dem Journalisten Michael Ebmeyer verfasst hatte. Darin spricht sie über ihre angestrebten politischen Veränderungen in Deutschland und geht vor allem auf die Bereiche Klimapolitik, soziale Gerechtigkeit, Digitalisierung und Innovation näher ein. Das Werk sorgte in der Öffentlichkeit für Kontroversen, weil diverse Quellen nicht korrekt angegeben waren. Gegen Baerbock wurden Plagiatsvorwürfe laut, sie kündigte eine entsprechende Überarbeitung an.
Annalena Baerbock ist außerdem für ihr soziales Engagement bekannt. Sie gründete 2016 den Verein "Hand in Hand Potsdam e. V." mit, in dem sich Menschen ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe einbringen. Im gleichen Jahr übernahm die Politikerin die Bürgschaft für die legale Einreise eines syrischen Flüchtlings und half syrischen Familien bei der Wohnungssuche.