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Analyse von Ulrich Reitz: Emotional, paradox, grün: Baerbock geht so weit wie noch niemand vor ihr
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glomex Annalena Baerbock zu Besuch in Israel: Sie wirbt für Hilfe für Menschen in Gaza
  • FOCUS-online-Korrespondent

Noch nie hat sich ein deutsches Regierungsmitglied so kritisch über Israel geäußert wie Annalena Baerbock jetzt in Israel. Dabei verwickelt sie sich in Widersprüche: Wie soll eine Zweistaatenlösung funktionieren, ohne die Hamas zu vernichten? 

Eine israelische Großoffensive auf Rafah „darf es nicht geben“. Sagt Deutschlands Außenministerin. Mit einer Großoffensive will die israelische Regierung von Benjamin Netanjahu die Hamas vernichten. Annalena Baerbock propagiert in Israel einen eigenen palästinensischen Staat – ohne Hamas. Wie passt das zusammen? 

Wie soll das gehen: Israel die Möglichkeit zu nehmen, die Hamas militärisch zu vernichten. Und gleichzeitig einen palästinensischen Staat aufzubauen ohne die alles dominierenden und von der Bevölkerung eindeutig mehrheitlich getragenen Hamas-Terroristen?

Baerbocks Illusion - auch beim sechsten Israel-Besuch Widersprüche

Auch bei ihrer sechsten Nahost-Reise schiebt die Bundesaußenministerin die humanitäre Notlage in der „Hölle“ von Gaza nach vorne. Dort drohten nun Kinder zu verhungern. Baerbock fährt an die Grenze und erkundigt sich sehr konkret, bis in technische Details hinein, weshalb nicht mehr LKW mit von Deutschland bezahlten Hilfsgütern nach Gaza fahren dürfen.

Eine klare Antwort bekommt sie nicht. Israelis, Palästinenser und Hilfsorganisationen schieben sich die Verantwortung dafür gegenseitig in die Schuhe. 

Die Vereinten Nationen haben eine Resolution zu dem Konflikt verabschiedet, und zum ersten Mal haben sich die Amerikaner enthalten. In Israel führte dies zu wütenden Reaktionen, die persönliche Beziehung zwischen Netanjahu und US-Präsident Joe Biden gilt als schwer belastet. Einfach war sie nie. Und Baerbock? 

Die gibt sich „erleichtert“ über diese Resolution: „Ich bin erleichtert über die Verabschiedung der Resolution, weil es auf jeden Tag ankommt, sowohl für die Menschen in Gaza als auch für die seit fünf Monaten in der Gefangenschaft der Hamas befindlichen Geiseln.“

Baerbock ist „erleichtert“ - wie das mit der deutschen Staatsräson zusammenpasst, bleibt ein Geheimnis

In der Tat fordert die UN-Resolution beides: Israel möge die Waffen schweigen lassen und die Hamas möge die israelischen Geiseln befreien. Der Haken an der Sache: die fehlende Verbindung zwischen beiden Forderungen.

Da steht nicht: Wenn die Hamas die Geiseln freilässt, stoppt Israel seine militärische Offensive. Weil es dort nicht drinsteht, würde der auch von Baerbock geforderte Verzicht der Israelis auf einen Sturm von Rafah zu einer israelischen Vorleistung. Deshalb ist die Regierung Netanjahus so empört: Die UN-Resolution ermutige die Hamas – in deren Hoffnung, internationaler Druck auf Israel könnte zu einem Ende des Gaza-Kriegs führen ohne Zugeständnisse der Terror-Organisation.

Wie diese Resolution, die Baerbock „erleichtert“ aufgenommen hat, zu dem Bekenntnis passt, Israel sei Teil der deutschen Staatsräson, bleibt das Geheimnis der Außenministerin. Verzichtete Israel auf den Angriff auf die militärische Hamas-Führung, die sie in Rafah wähnt, würde diese triumphieren. Wie das sich aber einfügen soll in die Vorstellung Baerbocks von einem Palästinenserstaat ohne die Terroristen, das wird sie erst noch erklären müssen. 

Wörtlich sagte sie: „Egal, ob eine junge Mutter in Gaza, die nicht weiß, wie sie ihr Kind ernähren soll, oder ein Olivenbauer im Westjordanland, der mir berichtet hat, dass die israelischen Siedlungen seine Lebensgrundlage zerstören. Sie alle brauchen die Perspektive auf eine bessere, auf eine gewaltfreie Zukunft in ihrem eigenen Staat, in ihrem eigenen Staat ohne Hamas.“

Ist Israel das Problem für einen Frieden im Nahen Osten oder der Terror der Palästinenser?

Baerbock sagte das nach ihrem Besuch beim sogenannten Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas. Abbas ist ein Opfer der Hamas, ihn und seine Fatah hat die Hamas aus Gaza vertrieben, nun sitzt er in Ramallah. Aber Abbas ist auch ein übler Antisemit und Holocaust-Verharmloser, man konnte es sehen, als er Olaf Scholz im Kanzleramt besuchte und Israel dabei Holocaust-Verbrechen vorwarf. 

Das ist das Hauptproblem: Es gibt keine Repräsentanz der Palästinenser, die auf Frieden mit Israel aus ist. Sowohl die Hamas wie auch die Fatah sind auf die Vernichtung Israels aus, bei der Hamas steht es sogar in deren Charta von 1988. Weshalb sich diese Frage stellt: Ist Israel das Problem für einen Frieden im Nahen Osten oder ist es der Terror der Palästinenser? 

Die Hamas verfügt über sehr viel Geld, Schätzungen sprechen von anderthalb Milliarden Dollar - pro Jahr. Das Geld fließt aus dem Iran, der auch die Hisbollah-Milizen finanziert, aus Katar und aus der Palästinensischen Autonomiebehörde, die mit großen Summen auch aus Europa finanziert wird. In der laufenden Periode zwischen 2021 und 2024 waren es nach Angaben der EU-Kommission 1,2 Milliarden Euro.

Hier ist Baerbock zu weit gegangen

Bei der Positionierung von Baerbock gibt es einen weiteren Widerspruch: Waffenstillstand in Israel würde bedeuten, den Konflikt dort – aus humanitären Gründen – einzufrieren. Als Rolf Mützenich dies für die Ukraine ins Spiel brachte, waren die Grünen diejenigen, die am lautesten dagegen protestierten.

Die Gründe gegen ein Einfrieren sind aber in Israel und in der Ukraine dieselben: Der jeweilige Schurke würde profitieren. Die Hamas bekäme einen großen diplomatischen Erfolg und die Möglichkeit, sich wieder neu mit Waffen zu versorgen. So wie die Russen bei einem Einfrieren des Ukraine-Kriegs militärisch sich noch stärker aufstellen könnten, um bei nächster Gelegenheit weiter zu machen. 

Hier ist Baerbock zu weit gegangen. Ihre Unterstützung der UN-Resolution ist sicher nicht im israelischen Interesse. Ebenso wenig wie ihre Forderung nach einem massenhaften und daher kaum zu kontrollierenden Hereinlassen von Hilfs-LKW nach Gaza. Und ihr Beharren auf der Zweistaatenlösung ohne zu erklären, wie das mit der politischen Repräsentanz der Palästinenser funktionieren soll, die Israel den immerwährenden Kampf angesagt hat, bleibt floskelhaft.

Bei Biden sieht man, wie interessengeleitete Außenpolitik funktioniert

Ein Wort noch zu Joe Biden, weil die Amerikaner zum ersten Mal im UN-Sicherheitsrat mit ihrer Enthaltung de facto gegen Israel abstimmten: Der US-Präsident hat dafür wichtige innenpolitische Motive. Er steht unter dem Druck des linken Flügels seiner demokratischen Partei, die sich pro-palästinensisch positioniert hat. Was Bidens Wiederwahl gefährdet, denn dafür braucht er auch die Stimmen junger amerikanischer Palästinenserfreunde. 

Erst vor wenigen Tagen forderte Bidens-US-Regierung von der Ukraine, auf die Bombardierung russischer Öl-Raffinerien zu verzichten. Der Grund: Nichts kann ein amerikanischer Präsident im Wahlkampf weniger gebrauchen als steigende Spritpreise.

Was zeigt: Biden steht so unter Druck, dass er in zwei zentralen außen- und sicherheitspolitischen Fragen die eigenen Wahlkampfinteressen denen von bedrängten Verbündeten vorzieht. Wenn man so will, betreibt Biden – ohne Rücksicht auf Verluste – keine wertegebundene, sondern (persönlich) interessengeleitete Außenpolitik. 

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