Eine letzte Berührung: Bestatterin Blum (Anna Maria Mühe) verabschiedet sichvon ihrem Mann Mark (Maximilian Kraus).

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Geht nicht zimperlich um mit den Toten: Anna Maria Mühe als Bestatterin Blum in "Totenfrau". Zu sehen ab 7. November in ORF 1 und ab Mitte November auf Netflix.

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Wenn der Tote nicht in den Sarg passt, weil er zu lang ist, dann müssen eben die Beine ab. Er wird sie ja doch nicht mehr brauchen. Recht pragmatisch geht Schauspielerin Anna Maria Mühe in ihrer Rolle als Bestatterin an ihren Job heran. Sie ist eben eine Frau der Tat. In der Serienverfilmung des Bestsellers Totenfrau des Tiroler Krimiautors Bernhard Aichner spielt Mühe Brünhilde Blum, die nach dem Tod ihres Mannes Mark (Maximilian Kraus) auf Rache sinnt.

Aichners Totenfrau stand monatelang ganz oben auf den Bestsellerlisten, erschienen ist der Thriller in 17 Ländern. Allein im deutschen Sprachraum wurden bisher rund 500.000 Exemplare verkauft. Jetzt wagte sich der ORF gemeinsam mit Netflix an den Stoff, die sechsteilige Serie ist ab Montag an drei Abenden in Doppelfolgen in ORF 1 zu sehen, auf Netflix startet die Produktion Mitte November in Österreich, in weiteren Ländern dann Anfang 2023. Wobei der Weg zur Verfilmung kein leichter war, wie Autor Aichner der Tiroler Tageszeitung erzählte.

Neue Handlungsstränge

Schon kurz nach Erscheinen sicherte sich die Berliner Produktionsfirma Barry Film 2014 die TV-Rechte, eine geplante Verfilmung für den US-Sender Lifetime wurde nach einem Chefwechsel dort verworfen. Vor rund drei Jahren sei dann der Deal mit Netflix fixiert worden. Gedreht wurde 2021 in Tirol und in Wien, das Drehbuch stammt von Barbara Stepansky, die Blums Bestattungsinstitut in der kargen Tiroler Bergwelt ansiedelt und nicht wie in Aichners Krimi in Innsbruck. Auch Blums Kinder – im Buch zwei Mädchen, in der Serie ein Bub und ein Mädchen – sind für die Verfilmung gealtert. Unter der Regie von Nicolai Rohde (Tatort, Polzeiruf 110, Unschuldig) wurde so noch ein Seitenstrang rund um die jugendliche Tochter Nela (Emilia Pieske) untergebracht.

Plötzlich ist alles anders

Doch das sind ohnehin nur Nebenschauplätze, in der Serie wie im Buch geht es vor allem um Blum und ihren Rachefeldzug, bei dem sie alles andere als zimperlich vorgeht. Das Gute daran: Man versteht sie und kann ihre oft sehr drastischen Handlungen nachvollziehen und sie zumindest teilweise auch gutheißen. Vor allem dann, wenn man weiß, wie ihre Kindheit verlaufen ist und wie und warum sie zu der wurde, die sie jetzt als Erwachsene ist.

Ihr Mann Mark – Polizist aus Überzeugung – war ihre große Liebe, er war einer, der ihr Halt gab, sie verstand und sie annahm, wie sie ist: ein Mensch mit vielen Facetten – sie ist liebevolle Mutter, toughe Geschäftsfrau, hat aber auch ganz dunkle Seiten, die nach und nach zum Vorschein kommen. Mark und Blum hatten noch viel gemeinsam vor, sie vertrauten einander blind, ließen einander ihre Freiheiten. Doch plötzlich ist das alles vorbei, die Zukunft von einem Moment auf den anderen eine andere. Blum muss zusehen, wie Mark von einem Auto niedergefahren wird und stirbt. Der Lenker begeht Fahrerflucht. Im Nachlass ihres Mannes findet Blum Tonbandaufnahmen. Darauf zu hören ist ihr Mann, der das Entführungsopfer Dunja (Romina Küper) befragt. Die junge Frau erzählt ihm von ihrem Martyrium, von einem Kellerverlies, von maskierten Männern, grauenhaften Folterungen und ihrer Flucht.

Blum stellt auf eigene Faust Nachforschungen an. Und was ihr dabei unterkommt, lässt sie von der trauernden Witwe zur Rächerin werden, die auch vor Mord nicht zurückschreckt. Die Rolle verlangte Mühe auch körperlich so einiges ab, die Kampfszenen sind nicht ohne. Nur bei den rasanten Fahrten mit der Ducati ließ sie sich doubeln.

Ohne Dialekt

"Früher dachte ich, dass ich niemals zu einem Mord fähig sein könnte, heute weiß ich, dass das nicht stimmt. Ich glaube, jeder kann jederzeit zu einem Mörder werden. Das ist gleichzeitig erschreckend, aber auch faszinierend – die Dämonen, die wir in uns tragen, können, wie im Fall von Brünhilde Blum, jederzeit das Kommando übernehmen", sagt Autor Aichner über seinen Stoff.

ORF und Netflix machen nicht den Fehler, die TV-Serie auf Tirolerisch zu trimmen. Gesprochen wird hier ohne Dialekt auf Hochdeutsch, freilich auch in Hinblick auf das internationale Streamingpublikum. (Astrid Ebenführer, 5.11.2022)