Judith Kerr

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Judith Kerr (2016)

Anna Judith Gertrud Helene Kneale-Kerr[1] OBE (* 14. Juni 1923 in Berlin; † 22. Mai 2019 in London), bekannt als Judith Kerr, war eine britische Illustratorin und Schriftstellerin deutscher Herkunft.

In Deutschland wurde sie vor allem durch ihre Jugendbücher bekannt. Darin beschrieb sie die Flucht ihrer jüdischen Berliner Familie 1933 aus dem Deutschen Reich über verschiedene Länder bis nach England und ihr Leben im Exil ab 1933.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Judith Kerr war die Tochter des Theaterkritikers Alfred Kerr und dessen Frau, der Komponistin Julia Kerr, geborene Weismann, sowie die Schwester von Sir Michael Kerr. Im Jahre 1931 erzählte sie dem Journalisten Alfred Joachim Fischer über ihren Vater:

„Eigentlich heiße ich ja Anna Judith, aber mein Vati nennt mich nur Puppi, Puppe, Puppenmops – das klingt auch viel schöner und zärtlicher. Ob der Vati viel Zeit für uns hat? Leider nicht, er muß nämlich den ganzen Tag ‚Kitriken‘ schreiben. Meine Freunde habe ich natürlich alle sehr gern, aber den Vater noch viel lieber. […] [Streng sein kann der Vati] [n]ur ganz selten, noch weniger als die Mutti, und hauen tut er niemals… Ich darf eigentlich alles, nur den Magen soll ich mir nicht verderben, Papas Figuren nicht anfassen und wenn er ‚Kitriken‘ schreibt […] muß ich still sein.“

Judith Kerr: Artikel im Neuen Wiener Journal vom 2. August 1931[2]

Im Jahr 1933 floh die Familie Kerr nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten über die Schweiz nach Frankreich, wo Judith zwei Jahre die Schule besuchte und Französisch lernte.[3] 1935 zog die Familie nach England, wo sie in London zunächst in einem kleinen Hotel wohnte.[4]

Während des Zweiten Weltkriegs arbeitete Kerr beim Roten Kreuz. 1947 erhielt sie die britische Staatsbürgerschaft. Kerr besuchte mithilfe eines Stipendiums die Central School of Arts and Crafts und arbeitete nebenher bei einem Möbelstoffproduzenten und entwarf Stoffmuster. Nach Beendigung des Studiums war sie kurze Zeit als Kunstlehrerin angestellt. Ab 1952 war sie als Redakteurin und Lektorin für den Sender BBC tätig, wo sie ihren Mann, den britischen Fernsehautor Nigel Kneale, kennenlernte, mit dem sie von 1954 bis zu seinem Tod im Jahr 2006 verheiratet war. Gleichzeitig schrieb und illustrierte sie als freiberufliche Malerin und Textdesignerin zahlreiche Kinderbücher.[1]

1958 und 1960 wurden die Kinder der Eheleute geborenː die Schauspielerin und Malerin Tacy Kneale und der Schriftsteller Matthew Kneale.

Judith Kerr war Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland. Sie lebte ab 1935 in London, wo sie im Mai 2019 im Alter von fast 96 Jahren nach kurzer Krankheit starb.[5]

Schriftstellerische Tätigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In England wurde Judith Kerr durch ihre selbst illustrierten Bilderbücher berühmt, vor allem Ein Tiger kommt zum Tee (1968), das 2019 verfilmt wurde, und die Serie mit dem Kater Mog, von der ab 1970 17 Bände erschienen sind.[6] Kerr liebte es nach eigenen Angaben, Geschichten durch Bilder zu erzählen.[6] Mit Worten sei sie nicht nur aus Rücksichtnahme auf die Schwierigkeiten des Lesenlernens sparsam, sondern dies sei auch auf Stilideale aus ihrer Kindheit zurückzuführen, unter anderem Die Abenteuer des Tom Sawyer.[6] Als ihr Vorbild nannte sie den Kinderbuchautor Dr. Seuss.[6]

Im Jahr 1971 veröffentlichte Kerr Als Hitler das rosa Kaninchen stahl. Hier wie in den beiden folgenden Büchern Warten bis der Frieden kommt (1975) und Eine Art Familientreffen (1979) beschrieb sie die Flucht ihrer Familie aus dem nationalsozialistischen Deutschland.

Neben diesen drei Romanen veröffentlichte Kerr in England bis ins hohe Alter Kinderbücher, die nicht alle in Deutschland erschienen. Des Weiteren arbeitete sie als Drehbuchautorin für die BBC in London.

Zu ihren Lebzeiten wurden Kerrs Bücher in 25 Sprachen übersetzt und insgesamt über zehn Millionen Exemplare verkauft.[7]

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Hitler das rosa Kaninchen stahl (Ausgabe 2002, ohne die Titelzeichnung von Judith Kerr)
Buddy Bär vor der Judith-Kerr-Schule in Berlin-Schmargendorf

Rosa Kaninchen-Trilogie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Verfilmungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sonstige[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Würdigungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für ihre Bücher wurde Kerr mit vielen Preisen ausgezeichnet; unter anderem erhielt sie 1974 den Deutschen Jugendliteraturpreis für Als Hitler das rosa Kaninchen stahl.

Die Judith Kerr Primary School in London sowie Grundschulen in Berlin-Schmargendorf (Judith-Kerr-Grundschule) und Frankfurt-Riedberg[8] tragen ihren Namen.

2012 wurde Kerr „for services to children’s literature and holocaust education“ zum Officer of the Order of the British Empire ernannt.[9]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Judith Kerr – Sammlung von Bildern und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Doris Hermanns: Judith Kerr. In: FemBio. fembio e.V., 2023, abgerufen am 7. Mai 2023.
  2. Kinder über ihre berühmten Eltern. Gespräche mit den Sprößlingen Rudolf Presbers, Konrad Veidts, Alfred Kerrs, Sigrid Onegins, Alfred Abels und Reinhold Schünzels. In: Neues Wiener Journal, 2. August 1931, S. 17 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nwj
  3. Thomas Kielinger: „Ich bin keine Schriftstellerin“. Interview in: Die Literarische Welt, 8. Juni 2013, S. 7
  4. Deborah Vietor-Engländer: Alfred Kerr. Die Biographie. Rowohlt, Reinbek 2016, ISBN 978-3-498-07066-3.
  5. Claire Armitstead: Judith Kerr, beloved author of The Tiger Who Came to Tea, dies aged 95. theguardian.com, erschienen und abgerufen am 23. Mai 2019
  6. a b c d Lothar Müller: Das rote Zimmer. Wie man wenig Worte macht und viel sagt. Eine Begegnung mit der Kinderbuchautorin Judith Kerr in Berlin. In: Süddeutsche Zeitung, Nr. 216, 17./18. September 2016, S. 21.
  7. Obituary: Judith Kerr died on May 23rd. The Economist, 6. Juni 2019, abgerufen am 12. Juni 2019
  8. Judith Kerr Schule. Abgerufen am 25. Januar 2023 (Frankfurt Riedberg).
  9. O.B.E., thegazette.co.uk, 16. Juni 2012, abgerufen am 23. Mai 2019