Alles auf Rot | Film-Rezensionen.de
Alles auf Rot Arte
© Marion von der Mehden/Network Movie/ZDF/arte

Alles auf Rot

Alles auf Rot Arte
„Alles auf Rot“ // Deutschland-Start: 12. November 2021 (Arte)

Inhalt / Kritik

Eigentlich wollten sich die beiden für den schönsten Tag in ihrem Leben vorbereiten. Doch der Besuch eines Ladens für Brautmode endet für ein Paar tödlich, als Goran Jankovic (Slavko Popadic) eine Schießerei beginnt. Dumm für ihn: Die angehende Braut war die Tochter des inhaftierten Libyers Walid Schukri (Kida Khodr Ramadan). Der will das Ganze nicht auf sich beruhen lassen und setzt ein hohes Kopfgeld auf den Täter aus, ein Angebot, welches der auf Bewährung entlassene Ex-Polizist Erich Kessel (Fritz Karl) gerne annimmt. Während der nun versucht, den Mörder zu finden und dabei gleichzeitig seiner entfremdeten Ehefrau Claire (Jessica Schwarz) wieder näherzukommen, soll sein Ex-Kollege Mario Diller (Nicholas Ofczarek) ihn selbst im Auge behalten. Denn die Staatsanwältin Soraya Nazari (Melika Foroutan) misstraut dem jetzt als Barmann arbeitenden Kessel …

Der Fall kaputter Figuren

Die Reihe um die beiden Polizisten Kessel und Diller gehört sicher zu den interessanteren der deutschen Fernsehlandschaft. 2013 als Einzelfilm gestartet, basierend auf einem Roman von Georg M. Oswald, folgten später mit jeweils zwei Jahren Abstand weitere Filme. Ein solches Phänomen der späteren Serialisierung gibt es zwar häufiger mal. Nur wurde hier nie so wirklich eine Fortsetzungsreihe draus gemacht, bis heute gibt es nicht einmal einen offiziellen Titel für die Reihe. Und auch inhaltlich verabschiedete man sich von den üblichen Konventionen dieses Genres. Beim dritten Film Reich oder tot war man sehr viel mehr mit den komplizierten Verhältnissen zwischen den Figuren beschäftigt als mit einem tatsächlichen Kriminalfall.

Bei Alles auf Rot, dem vierten und letzten Teil, ist das ganz ähnlich. Zwar geht es hier gleich mit einem Doppelmord los. Und auch später mangelt es nicht gerade an kriminellen Machenschaften wie Drogenverkauf und Entführung, vom geplanten Mord am Täter ganz zu schweigen. Und selbst auf der Seite des Gesetzes nimmt man das mit den Gesetzen nicht so genau. Die Art und Weise, wie die Staatsanwältin sich beim Thema Abhören über geltendes Recht hinwegsetzt und illegal erworbene Informationen kaltschnäuzig nutzen will, zeigt ein doch sehr eigenes Verhältnis zur Moral. Und dann wäre da noch Kessel, der auf der einen Seite zwar versucht, das Richtige zu tun, gleichzeitig aber auch kein Problem damit hat, den Tatverdächtigen ans Messer zu liefern.

Mehr Porträt als Krimi

Hier geht es also nicht darum, ein begangenes Verbrechen aufzuklären. Eigentlich weiß jeder, wer hinter dem Doppelmord steckt – das Publikum inbegriffen. Spannung entsteht allenfalls durch die Frage, ob die Polizei oder Shukri den Mörder zuerst finden werden. Diese doppelte Jagd wird in Alles auf Rot jedoch regelmäßig durch andere Themen und Konflikte unterbrochen. Da wäre das Verhältnis von Kessel zu seiner Frau, das Verhältnis zwischen ihm und Diller. Außerdem taucht in der Bar, in der Kessel arbeitet, immer wieder die Prostituierte Debbie (Josefine Israel) auf, was ebenfalls für Ärger sorgt. Dass es jedes Mal dieselben Figuren sind, die in der Bar Halt machen, weckt irgendwie Erinnerungen an die Stammkneipe Cheers. Nur dass es hier kaum lustig zugeht, Gewalt eine beliebte Form der Konversation ausmachen und die Gesprächsthemen selbst ohne Faustschläge deutlich finsterer sind.

Das ist in der Form natürlich schon sehr geballt. Beim Beitrag vom Filmfest Hamburg 2021 fehlt dann doch ein erdendes Element. Ein bisschen Alltag, der als Kontrast für die ganzen Abgründe herhalten könnte. Aber es ist schon auf seine Weise faszinierend, diese vielen moralisch fragwürdigen bis verkommenen Leute zu beobachten und darauf zu warten, wie tief das noch gehen wird. Wo andere Krimis die persönlichen Probleme ihrer Figuren nur mal ein bisschen anschneiden, da kennt Alles auf Rot kein Halten mehr. Das ist dann für ein Publikum sehenswert, das derartigen Morast ganz gerne mal vom Sofa aus anschaut. Der Geschichte wegen muss man hier aber nicht unbedingt reinschalten. Zwar ist das Finale etwas fokussierter und befriedigender als der direkte Vorgänger. Dafür ist das Ganze schon recht konstruiert.

Credits

OT: „Alles auf Rot“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Lars Becker
Drehbuch: Lars Becker
Musik: Hinrich Dageför, Stefan Wulff
Kamera: Felix Novo de Oliveira
Besetzung: Fritz Karl, Jessica Schwarz, Nicholas Ofczarek, Melika Foroutan, Kida Khodr Ramadan, Josefine Israel, Martin Brambach, Slavko Popadic

Bilder

Kaufen / Streamen

Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.



(Anzeige)

Alles auf Rot
Fazit
Ein Doppelmord, ein folgender Auftragsmord, Gewalt, Korruption, Prostitution – es mangelt in „Alles auf Rot“ sicher nicht an moralischen Abgründen. Diese sind dann auch tatsächlich sehenswert. Inhaltlich sollte man an den Krimi aber keine allzu hohen Ansprüche stellen, das ist schon ziemlich konstruiert.
Leserwertung45 Bewertungen
5.2
6
von 10