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Salomon, Alice

Prof. Dr. Carola Kuhlmann

veröffentlicht am 24.03.2020

* 19.04.1872 in Berlin

30.08.1948 in New York

Alice Salomon
Abbildung 1: Porträtfoto Alice Salomon aus dem Fotoalbum über die Frauengeschichte der Sozialen Arbeit von 1929 (Alice Salomon Archiv der Alice Salomon Hochschule Berlin)

Die Sozialreformerin und Frauenrechtlerin Alice Salomon entwickelte Anfang des 20. Jahrhunderts eine eigenständige Theorie Sozialer Arbeit.

Überblick

  1. 1 Zusammenfassung
  2. 2 Lebenslauf
    1. 2.1 Kindheit und Jugend
    2. 2.2 Berufliche Entwicklung und Studium
    3. 2.3 Gründung der sozialen Frauenschule
    4. 2.4 Engagement im „International Council of Women“
    5. 2.5 Gründung des Internationalen Komitees sozialer Schulen und erzwungenes Exil
  3. 3 Lebenswerk: Gerechtigkeit als zentrale Leitidee in Salomons Theorie Sozialer Arbeit
    1. 3.1 Ursachen sozialer Ungerechtigkeit
      1. 3.1.1 Konsum ungerecht produzierter Waren
      2. 3.1.2 Freier Markt und kapitalistische Produktion
    2. 3.2 Sozialistische Revolution oder Sozialreform? Der Streit um den richtigen Weg gesellschaftlicher Veränderung
      1. 3.2.1 Frauen und Gewerkschaften
      2. 3.2.2 Sozialismus und Frauenrechte
      3. 3.2.3 Lehren aus Krieg und Revolution 1918
    3. 3.3 Feministische Utopie: Nicht „geistige Mütterlichkeit“, sondern die „soziale Mission der Frau“
      1. 3.3.1 Geschlecht und Klasse
      2. 3.3.2 Häusliche Gewalt
      3. 3.3.3 Recht auf Arbeit
      4. 3.3.4 Biologie oder Sozialisation
      5. 3.3.5 Differenz und Gleichheit
    4. 3.4 Soziale Gerechtigkeit in internationaler Perspektive
      1. 3.4.1 Internationaler Vergleich
      2. 3.4.2 Internationale Kooperation
  4. 4 Soziale Arbeit als Beruf
    1. 4.1 Gegenstandsbestimmung Sozialer Arbeit als Teil der Sozialpolitik
    2. 4.2 Methoden Sozialer Arbeit
    3. 4.3 Spezifische Berufsbelastungen
  5. 5 Wirkungsgeschichte und Vergleich mit zeitgenössischen Theorien
  6. 6 Quellenangaben
  7. 7 Literaturhinweise

1 Zusammenfassung

Alice Salomon gehört nicht nur weltweit zu den Begründer*innen des sozialen Berufs, sie hat in ihren Schriften (350 Artikel, über 20 Lehrbücher, Aufsatzsammlungen und Monografien) auch eine eigenständige Theorie Sozialer Arbeit entwickelt. Sie eröffnete 1908 die soziale Frauenschule in Berlin, wurde 1917 Vorsitzende der von ihr mitgegründeten nationalen und 1929 der internationalen Konferenz sozialer Frauen- bzw. Wohlfahrtsschulen „International Association of Schools of Social Work“ (IASSW). Als eine der ersten Frauen war sie Mitglied (ab 1899) und später Vorstandsmitglied (1921-1928) des „Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge“ (DV). 1925 eröffnete sie die „Deutsche Akademie für soziale und pädagogische Frauenarbeit“ und war bis zur Auflösung der Akademie 1933 ihre Präsidentin. Von den Nationalsozialisten wegen ihrer jüdischen Herkunft zur Emigration gezwungen, lebte sie von 1937 bis zu ihrem Tod in New York.

Ihre Theorie Sozialer Arbeit geht von dem Ziel sozialer Gerechtigkeit aus und nimmt dabei vor allem die Kinder und Frauen der „besitzlosen Klassen“ in den Blick. Soziale Arbeit ist für sie „nicht Güte, nicht Wohltun, sondern nur gerechtes Handeln“ (Salomon 1909, zit. n. Kuhlmann 2000, S. 248). Sozial gerecht ist dabei nicht immer eine Gleichbehandlung, da Menschen spezifische Bedürfnisse und Lebenslagen haben. In Bezug auf die damals vieldiskutierte Einführung der Mutterschutzgesetze war sie beispielsweise der Auffassung, dass das Anerkennen der Verschiedenheit (z.B. von Männern und Frauen) auch dazu führen muss, dass in manchen Fällen „die Gleichberechtigung für Ungleiche auch nur durch ungleiche Gesetze zu erreichen ist“ (Salomon 1930, zit. n. ebd., S. 249). Insbesondere gesellschaftlich starke Gruppen sollen durch Gesetze gehindert werden, ihre Macht zu missbrauchen, damit die schwachen Gruppen geschützt werden. Wo weder Gesetze noch sozialpolitische Maßnahmen soziale Probleme lösen können, ist der Ort der Sozialen Arbeit. In der Hilfebeziehung geht es neben Ressourcenvermittlung vor allem auch um Ermutigung (Empowerment).

2 Lebenslauf

2.1 Kindheit und Jugend

Alice Salomons Eltern kamen aus einem assimilierten jüdischen Milieu; der Vater war Lederhändler. Zur Zeit ihrer Geburt fehlten Frauen sowohl im Staat wie auch in der Familie noch die grundlegendsten Rechte: Sie hatten nur begrenztes Recht auf Bildung, durften kein Abitur machen, nicht studieren und eine Vielzahl von Berufen nicht erlernen. Sie durften keine eigene Wohnung mieten, ihr Geld wurde von Vätern oder Ehemännern verwaltet und sie konnten als Witwen nicht die Vormundschaft über die eigenen Kinder ausüben. Sie durften zwar angeklagt werden, aber nicht selbst Anklage erheben, mussten Steuern zahlen, durften aber nicht wählen oder gewählt werden und nicht politischen Parteien angehören. Im preußischen Vereinsrecht wurden sie mit Minderjährigen und Geisteskranken auf eine Stufe gestellt (Kuhlmann 2000, S. 151).

Die meisten Männer, aber auch viele Frauen, glaubten im 19. Jahrhundert an einen natürlich gegebenen, dichotomen Geschlechtscharakter. Männern wurde Aktivität, Rationalität, Dominanz, Autonomie und Kampfbereitschaft zugeschrieben, Frauen Passivität, Emotionalität, Anpassungsbereitschaft, Mütterlichkeit aber auch mangelnde Intelligenz (Gerhard 1990).

Prägende Erfahrungen in Salomons eigenem Leben waren nach dem Tod des Vaters 1886 ihre eigene Abhängigkeit, sowie die ihrer Mutter und Schwestern von den finanziellen Zuwendungen des Onkels. Dazu kam die Forderung, sich in allen Angelegenheiten dem wenig älteren Bruder unterzuordnen. Sie empörte sich früh über die Ungerechtigkeiten, die ihr aus der Tatsache erwuchsen, dass sie als Frau geboren war. Anders als ihre Schwester, die bald heiratete und mit dem Leben in der Familie zufrieden war, wollte Alice Salomon weiter lernen, die Gesellschaft verstehen und ihrem Leben einen Sinn geben, der über den Kreis des familiären Haushalts hinausreichte.

Zusammen mit ihrer älteren Schwester hatte Salomon eine christliche Schule in der Nachbarschaft besucht, die von hugenottischen Emigrant*innen gegründet worden war. Sie selbst konvertierte 1914 während eines Aufenthaltes in Irland zum Protestantismus. Dies ersparte ihr aber weder Ausgrenzungserfahrungen in der deutschen Frauenbewegung noch ihre Ausweisung in der Zeit des Nationalsozialismus. Ein Ausweg aus der vorgezeichneten weiblichen Biografie ergab sich durch eine Einladung zu den 1893 gegründeten „Mädchen- und Frauengruppen für soziale Hilfsarbeit“, denen sie beitrat. Hier traf sie auf engagierte Frauen aus der damaligen Frauenbewegung wie Franziska Tiburtius, Minna Cauer, Jeanette Schwerin, Henriette Goldschmidt und Lina Morgenstern. Zu den Männern, denen sie im Rahmen der Bewegung der bürgerlichen Sozialreform begegnete, gehörten auch die sogenannten „Kathedersozialisten“ wie u.a. Gustav Schmoller und Max Sering.

Im System der in den 1880er-Jahren geschaffenen Sozialversicherungen (Rente, Krankheit, Unfall) gab es um die Jahrhundertwende weder Witwen- und Waisen-, noch Angestellten- oder Arbeitslosenversicherung, wodurch viele alleinstehende Frauen, die in Heimarbeit und privaten Dienstverhältnissen tätig waren, in Notlagen gerieten. Häufig reichten die Einkünfte nicht für ein menschenwürdiges Dasein der Familien – die Armenpflege fing nur die äußersten Notlagen ansatzweise auf, und wer sie erhielt, verlor damals noch das Wahlrecht. Daher gab es neben der öffentlichen Armenpflege eine Vielzahl privater Wohltätigkeitsvereine, die sich teilweise für eine besondere Gruppe Bedürftiger engagierten, so etwa Vereine gegen die Verarmung von Hausangestellten, Adeligen oder Künstler*innen. Noch ging die Gesellschaft von einem Vorrang der freien „Liebestätigkeit“ aus. Erst der Erste Weltkrieg änderte dies nachhaltig, weil die Unzulänglichkeit freiwilliger Hilfe die „Heimatfront“ nicht ausreichend sicherte (Kuhlmann 2014).

2.2 Berufliche Entwicklung und Studium

Alice Salomon besuchte die vom Verein der „Mädchen- und Frauengruppen für soziale Hilfsarbeit“ organisierten Vorträge und sammelte erste Erfahrungen in praktischer Sozialarbeit: Sie half zunächst in einem Mädchenhort. Die Mütter der Mädchen waren verwitwet oder „eheverlassen“. Eheverlassene gab es mehr als Geschiedene, denn eine Scheidung war teuer. Daher verließen viele Männer ihre Familien ohne Scheidung, und ohne sich finanziell weiter um ihre Kinder zu kümmern.

Neben der Arbeit im Mädchenhort machte Alice Salomon bald Hausbesuche bei Menschen, die einen Unterstützungsantrag bei einer privaten Wohlfahrtskommission, der „Deutschen Gesellschaft für Ethische Kultur“, gestellt hatten. Sie überprüfte die Bedürftigkeit, verteilte Geld oder Lebensmittel. Die Bittstellerinnen waren vor allem ältere Frauen und alleinstehende Frauen mit vielen Kindern. Die schlimmsten Notlagen, die sie während ihrer Besuche erlebte – so sagte sie später –, waren die der Heimarbeiterinnen. Diese nähten häufig bis zur Erschöpfung und verdienten trotzdem nicht genug, um ohne Armenpflegeunterstützung leben zu können. Sie setzte sich daher auch für eine höhere Entlohnung dieser Tätigkeit ein und für einen Boykott der ausbeuterischen Betriebe, die den Frauen so wenig bezahlten.

Salomon übte ihre familienfürsorgerische Tätigkeit bis zur Schulgründung 1908 aus, verfügte also bis dahin über 15 Jahre Erfahrung in praktischer Sozialarbeit (Salomon 1944, S. 324). Dies schlug sich deutlich in ihrer Theorie Sozialer Arbeit nieder (vgl. 3.1 und 3.2).

Durch die ersten Kontakte mit armen Menschen veränderte sich Salomons Leben radikal:

„Der Gegensatz zwischen meinen eigenen Lebensumständen […] und denjenigen Menschen, unter denen ich arbeitete, überwältigte mich. Ich rebellierte gegen die Ungerechtigkeit und die Ungleichheit der Chancen. Ich wollte zuhause die Bilder von den Wänden nehmen, die Teppiche vom Fußboden, ich wollte die einfachste Kleidung tragen und kein Geld dafür ausgeben“ (Salomon 1983, S. 37).

Für ihre Onkel, die ihre Aufmerksamkeit trotz Salomons Volljährigkeit auf die „Unverheiratete“ konzentrierten, bedeuteten die Besuche Salomons in den armen Bezirken der Stadt eine Provokation, da sie Armut – so Salomon später in ihrer Autobiografie – mit „Unterwelt“ identifizierten (ebd.). So musste sie für ihr Recht auf die neugewonnene Arbeit in der Familie erst kämpfen.

1899 übernahm Salomon die Leitung der „Mädchen- und Frauengruppen für soziale Hilfsarbeit“. Sie systematisierte die zuvor locker zusammenhängenden Vorträge der „Gruppen“ zu einem festen Jahrescurriculum. International betrachtet war dies neben New York und Amsterdam der erste reguläre interkonfessionelle Ausbildungskurs für Soziale Arbeit (Kuhlmann 2000, S. 71). Zunehmend wurde sie nun auch in der nationalen und internationalen Frauenbewegung aktiv.

Obwohl Frauen offiziell zum Studium noch gar nicht zugelassen waren, gelang es Salomon, sich im Fach Nationalökonomie einzuschreiben und dort auch – als eine der ersten Frauen überhaupt – 1906 zu promovieren. Der Titel ihrer Doktorarbeit lautete: „Die Ursachen der ungleichen Entlohnung von Männer- und Frauenarbeit“. Ein zentrales Ergebnis war, dass Frauen in allen Berufen aus unterschiedlichen Gründen schlechter entlohnt wurden als Männer, vor allem weil ihre Ausbildung oft kürzer war und ihr Lohn als zusätzlicher Verdienst zum Einkommen des Manns oder der Herkunftsfamilie gewertet wurde. Ein Weg aus dieser Sackgasse konnte nach Salomon nur in der gleichberechtigten beruflichen Ausbildung von Mädchen und Jungen und einer lebenslangen Berufstätigkeit von Frauen liegen.

2.3 Gründung der sozialen Frauenschule

Im Zusammenhang mit der Mädchenschulreform 1908, die erstmals Mädchen ein Abitur und damit auch das Studium ermöglichen sollte, entschloss sich Salomon zu einem besonderen Konzept der „sozialen Frauenbildung“, das den spezifischen Lebensaufgaben von Frauen Rechnung tragen sollte. In der Illustrierten „Die Gartenlaube“ gewann Salomon einen Schreibwettbewerb zu der Frage „Was sollen wir mit unseren Töchtern anfangen?“. Sie hatte dort eine gleichwertige Berufserziehung für Mädchen gefordert, damit auch sie für den „wirtschaftlichen Kampf“ gerüstet sind und nicht auf schlecht bezahlte oder „ungesunde“ Stellungen ausweichen mussten (Kuhlmann 2000, S. 109).

Bereits im Winter 1907 war Alice Salomon von den Berliner Frauenvereinen und dem Berliner Lehrerinnenverein aufgefordert worden, einen Plan für die soziale Ausbildung in der Frauenschule auszuarbeiten. Dieser sollte ein „Gegenentwurf“ zum Konzept der Regierung sein, das die Frauenvereine als zu reaktionär abgelehnt hatten. Salomon entwarf daraufhin ein Programm, das die Verbindung folgender Elemente vorsah:

  • sachkundige Anleitung der Praxis
  • logische Folge der Unterrichtsfächer (ähnlich wie heute)
  • praxisbezogener Klassenunterricht
  • Diskussion eigener Erfahrungen.

Dabei sollten traditionell Frauen zugeschriebene Grundqualifikationen wie z.B. Hauswirtschaftsfertigkeiten integriert werden, um den Frauen die Wahlmöglichkeit für Beruf und Ehe offenzuhalten. Salomon kritisierte am Vorschlag der Regierung, dass die dort vorgeschlagenen Themen eher zu Wohltätigkeit erziehen wollten, nicht aber zu sozialer Verantwortung:

„Sie wollen Bürgerkunde und Volkswirtschaftslehre in den Lehrplan einführen; meinen damit aber ‚Wohlfahrtskunde‘ und die ‚Gebiete der Barmherzigkeit und Nächstenliebe‘, eine Auffassung der Nationalökonomie und Staatslehre, die den Kennern dieses Faches recht neu sein dürfte. Man will sie für die Pflichten im Gemeinschaftsleben erziehen und ergreift Maßregeln, um sie zu ‚wohltätigen Frauen‘ zu machen“ (Salomon 1909, zit. n. Kuhlmann 2000, S. 108).

Sie forderte dagegen, im Rahmen von Bürgerkunde nicht nur Wohlfahrtsanstalten zu besuchen, sondern auch Fabriken und Hüttenwerke. Salomon wollte weder die traditionelle humanistische Bildung mit den antiken Fremdsprachen, noch die bisherige Mädchenbildung, sondern ein „soziales Abitur“.

Das Konzept wurde vom Trägerverein des Pestalozzi-Fröbel-Hauses auf Anregung von Lili Droescher gemeinsam mit den „Mädchen- und Frauengruppen für soziale Hilfsarbeit“ in die Tat umgesetzt. Die Kooperation mit dem Pestalozzi-Fröbel-Haus hatte eine tiefere Bedeutung. Hier war bereits eine „Sozial-Pädagogik“ lebendig geworden, die den Vorstellungen der damaligen Frauenbewegung nahe stand. Das Pestalozzi-Fröbel-Haus, das bereits seit über 30 Jahren Frauen als Kindergärtnerinnen ausbildete, sollte die praktische Anleitung in pädagogischer Arbeit, z.T. auch in hauswirtschaftlichen Fertigkeiten im ersten Jahr leisten, die „Gruppen“ ihre Erfahrungen mit theoretischen sozialwissenschaftlichen Kursen und Praktikumsvermittlungen in Wohlfahrtsinstitutionen einbringen. Die Ausbildung in der Oberstufe orientierte sich am Vorbild ausländischer Wohlfahrtsschulen.

Am 15.10.1908 wurde die Schule eröffnet. Sie sollte nach Salomon fünf Zwecken dienen:

  1. der Ausbildung bezahlter Berufsarbeiterinnen wie z.B. Anstaltsleiterinnen
  2. der Ausbildung ehrenamtlicher Leiterinnen (Vereinsvorsitzende)
  3. der Fortbildung der wohlhabenden weiblichen Jugend
  4. der Belehrung von Hospitantinnen, die in mehr oder weniger großem Umfang an der sozialen Arbeit ehrenamtlich teilnehmen
  5. der Ausbildung von Lehrkräften für Schulen, die eine soziale Ausbildung in ihr Programm aufgenommen haben.

2.4 Engagement im „International Council of Women“

Die Leitung der Schule hielt Salomon jedoch nicht davon ab, sich 1909 beim Treffen des „International Council of Women“ (ICW) zur korrespondierenden Sekretärin wählen zu lassen. Diese Tätigkeit verstärkte ihren Kontakt mit der Frauenbewegung in vielen europäischen Ländern und in Amerika. Die internationale Verbundenheit führte auch dazu, dass sie im Ersten Weltkrieg, und vor allem danach, nicht wie viele andere deutsche Frauen engstirnig nationalistisch dachte. Dies hatte zur Folge, dass sie 1920 im Streit aus dem deutschen Frauenbund ausschied: Der Anlass dafür war, dass sie sich nicht davon abhalten ließ, nach Norwegen zur ersten Nachkriegskonferenz des ICW zu reisen.

Der Erste Weltkrieg hatte den Bedarf an sozialen Frauenschulen verstärkt und auch der Weimarer Wohlfahrtsstaat steigerte die Nachfrage nach gut ausgebildeten Wohlfahrtspflegerinnen. Die von Salomon gegründete Schule bot nun nicht nur in Kooperation mit der Arbeiterwohlfahrt besondere Kurse für Arbeiterinnen an, sondern auch erste Ausbildungsgänge für Männer.

Um die Standards der Ausbildung bei der Vielzahl neu gegründeter Schulen zu erhalten, hatten elf der bereits vor dem Krieg etablierten sozialen Schulen auf Anregung Salomons eine Nationale Konferenz der Sozialen Frauenschulen (später Wohlfahrtsschulen) gegründet, deren Vorsitzende von Beginn bis zur nationalsozialistischen Machtübernahme Alice Salomon war. In den 1920er-Jahren veröffentlichte sie zahlreiche Lehrbücher für die sich quantitativ und qualitativ rasch entwickelnden Wohlfahrtsschulen. Sie war Mitglied des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge und engagierte sich auch sonst in zahlreichen nationalen und internationalen Gremien.

2.5 Gründung des Internationalen Komitees sozialer Schulen und erzwungenes Exil

1928 wurde Salomon gebeten, den Vorsitz der Sektion „soziale Ausbildung“ bei der ersten „Internationalen Konferenz für Wohlfahrtspflege und Sozialpolitik“ in Paris zu übernehmen. Während dieser Tagung entstand die Idee eines „Internationalen Komitees sozialer Schulen“ (heute „International Association of Schools of Social Work“, IASSW), das tatsächlich ein Jahr später in Berlin gegründet wurde und deren Vorsitzende Salomon bis 1937 war.

Alice Salomon verlor 1933 wegen ihrer jüdischen Herkunft alle öffentlichen Ämter und ihre Publikationsmöglichkeiten in Deutschland. Sie reiste nun häufig ins Ausland, vor allem um der sich wandelnden, rassistischer werdenden Stimmung in der Bevölkerung zu entfliehen.

Ihre Aktivitäten beunruhigten die Nationalsozialisten und so wurde sie 1937 vor die Alternative Emigration oder Konzentrationslager gestellt. Salomon emigrierte nach New York und entging so dem Holocaust, dem ein Teil ihrer Familie zum Opfer fiel. In den USA konnte Salomon nicht an ihre publizistische und lehrende Tätigkeit anknüpfen, vor allem aus Altersgründen. So starb sie – materiell und sozial ärmer als je zuvor 1948 in New York.

3 Lebenswerk: Gerechtigkeit als zentrale Leitidee in Salomons Theorie Sozialer Arbeit

3.1 Ursachen sozialer Ungerechtigkeit

Für Alice Salomon war die Tatsache, dass manche Menschen reich und andere arm sind, kein Naturgesetz und auch nicht die normale Konsequenz wirtschaftlichen Austauschs oder biologischer Unterschiede. Soziale Ungerechtigkeiten waren nach Salomon vor allem deshalb entstanden, weil es in der arbeitsteiligen Industriegesellschaft zu ungerechtem Austausch gekommen war. Dies lag ihres Erachtens auch daran, dass es zwischen den besitzenden und nicht-besitzenden Klassen keine sozialen Beziehungen mehr gab. Obwohl diese Klassen „unlösbar“ durch Konsum und Produktion miteinander verbunden seien, lägen in der alltäglichen Erfahrung Welten, zumindest aber Wohnviertel dazwischen. Sie machte dies immer wieder an anschaulichen Beispielen deutlich: Die wohlhabenden Menschen in Berlin-Tiergarten seien z.B. in hohem Maße abhängig von denen in Berlin-Wedding. Die Zeitungen, die sie lasen, wurden dort gedruckt, die Elektrizität wurde dort hergestellt und ihre Kleidung genäht. Während sich die Menschen in Tiergarten aber an den gedeckten Tisch setzten, fehlte vielen im Wedding das Notwendigste zum Überleben. Soziale Bildung hieß für Salomon deshalb immer auch, diese Tatsachen ins Bewusstsein zurückzuholen und den Schülerinnen ihrer Schule damit nicht nur die kognitive Einsicht in soziale Ungerechtigkeiten zu vermitteln, sondern auch ein emotionales Bewusstsein dafür. Durch einen konkreten Vergleich zwischen eigenen Lebensbedingungen und denen der „Bedürftigen“ sollten sie zur Erkenntnis einer Verpflichtung zum Helfen kommen. Aus dem „Wissen“ sollte ein „Gewissen“ entstehen:

„Wenn sie erfahren, wie die Mutter der besitzlosen Klassen sich abmüht – schlimmer als das geplagteste Tier, schlechter verpflegt, schwerer angestrengt als dieses – dann sollen sie an die Fürsorge und Pflege denken, die den Frauen unserer Kreise zuteil wird, wenn sie Mutter werden“ (Salomon 1908, zit. n. Kuhlmann 2000, S. 114).

3.1.1 Konsum ungerecht produzierter Waren

Schon um die Jahrhundertwende hatte sich Salomon mit der Macht der Käufer*innen auseinandergesetzt. Diese könnten z.B. für einen früheren Ladenschluss oder gegen Heimarbeit eintreten. Daher forderte sie mehr Konsumgenossenschaften und Warenboykotte. So könnten Spielzeuge, die von kleinen Kindern unter Ausbeutung ihrer Gesundheit und Verlust an Bildung in Heimarbeit produziert werden, nicht guten Gewissens anderen Kindern zum Spielen gegeben werden. Manche Waren müssten „in der Hand verbrennen“, wenn man sich die Verhältnisse klar machte, unter denen sie entstanden sind (Salomon 1902, zit. n. Kuhlmann 2000, S. 89). Ebenso sollten in Heimarbeit hergestellte Wäsche und Schokoladenartikel boykottiert werden. Auch Waschanstalten, die Frauen zu unmenschlichen Arbeitszeiten zwangen (3 Uhr morgens bis 12 Uhr nachts), sollten nicht in Anspruch genommen werden. Salomon forderte die Einführung „weißer Listen“ von Fabriken und Dienstleistungsbetrieben mit guten Arbeitsbedingungen, um dadurch Druck ausüben zu können.

Die Verbindung mit der Gemeinschaft war in Salomons ökonomisch geschulten Augen daher im Ursprung nicht ideeller Natur (wie etwa bei Paul Natorp), sondern fußte auf der gegenseitigen Abhängigkeit in ökonomischer Hinsicht, d.h. auf seiner existenziellen Angewiesenheit auf andere. Schon bei seiner Geburt sei der Mensch in diese Abhängigkeit von anderen gestellt. Der Säugling sei zunächst physisch auf seine Mutter angewiesen, als Kind profitiere man von den ökonomischen Leistungen seiner Eltern und als Heranwachsende von den kulturellen Bedingungen seiner Nation:

„Die Gesellschaft war vor dem einzelnen und wird nach ihm sein. Was wir sind, haben wir, angefangen von Sprache und sittlichem Gefühl, durch die der Mensch erst zum Menschen wird, danken wir der Gesamtheit. Darum bleiben wir ihr mit allem schuldig“ (Salomon 1933, S. 723).

Der ökonomische Fortschritt hat seinen Preis für die schwachen Mitglieder der Gesellschaft, den es auszugleichen gilt (Salomon 1909).

3.1.2 Freier Markt und kapitalistische Produktion

Armut und Ungerechtigkeit sind die Folge wirtschaftlicher Veränderungen, die durch Industrialisierung, Verstädterung und das Verschwinden großfamiliärer Bezüge gekennzeichnet sind. Traditionelle Strukturen sozialer Unterstützung und Sicherungen sind dabei zusammengebrochen. Der Staat habe zu lange auf den Markt vertraut. Der freie Markt führt in den Augen Salomons aber unweigerlich zur Ausbeutung derer, die nichts als ihre Arbeitskraft zu verkaufen haben. Frauen und Kinder – so Salomon – stehen am Ende einer langen Kette der Ausbeutung in der freien kapitalistischen Wirtschaft. Vor allem alleinerziehende Mütter, Witwen, geschiedene und verlassene Frauen mit vielen Kindern sind nicht in der Lage, diese zu betreuen und gleichzeitig für sie Geld zu verdienen.

3.2 Sozialistische Revolution oder Sozialreform? Der Streit um den richtigen Weg gesellschaftlicher Veränderung

Ein Zeichen der Abgrenzung Salomons vom marxistischen und damals auch noch sozialdemokratischen Vokabular war es, dass sie nicht vom „Proletariat“, sondern von der „besitzlosen Klasse“ sprach. Sie meinte damit jedoch mehr als nur die Arbeiterklasse: auch Landarbeiter*innen, Dienstmädchen und verarmte Handwerker*innen gehörten dazu. Salomon zufolge kamen viele Menschen aus besitzlosen Klassen durch ungerechte Arbeitsteilung in ihre hilfsbedürftigen Lebenslagen. Obwohl sie den Zusammenhang zwischen diesen Notlagen und dem kapitalistischen Wirtschaftssystem klar erkannte, glaubte sie trotzdem nicht, dass die Revolution und der Sozialismus letzten Endes der richtige Weg zu mehr sozialer Gerechtigkeit sein würden.

Zu Beginn ihrer praktischen Sozialarbeit hatte sie sich bereits intensiv mit dem Vorwurf auseinandergesetzt, die bürgerliche Sozialreform entfremde die Arbeiterinnen ihren Klasseninteressen. Anlass war die Kritik der Sozialdemokratin Lily Braun an einem Arbeiterinnenclub, den Salomon – angeregt durch die englische Settlementbewegung – gemeinsam mit den „Mädchen- und Frauengruppen für soziale Hilfsarbeit“ 1898 mithilfe privater Spenden im Südosten Berlins gegründet hatte. Braun hatte die Arbeit im Club in einer sozialdemokratischen Zeitschrift mit dem Vorwurf angegriffen, er verhindere die Abschaffung des kapitalistischen Systems, indem er die Mädchen und jungen Frauen der Arbeiterbewegung abspenstig mache.

Zwar sah Salomon in dem Angebot für die z.T. erst 14-jährigen Arbeiterinnen auch eine Prävention gegenüber den Gefahren, die die Wohnsituation als Kostgängerinnen – kein eigenes Zimmer, nur eine „Schlafstelle“, die sie in ihrer Freizeit nicht nutzen durften – mit sich brachte. Im Club wurden Getränke und Speisen zu günstigen Preisen verkauft; auch wurde ein bezahlbarer Mittagstisch eingerichtet, den täglich ca. 100 Fabrikarbeiterinnen besuchten. Später kamen eine Vermittlung von Arbeits- und Wohnmöglichkeiten sowie kulturelle Veranstaltungen, Weihnachtsfeste und Choraufführungen hinzu. Nach Salomon sollte der Club die Arbeiterinnen dazu befähigen, „Solidaritätsgefühle“ zu entwickeln, da sie häufig „stumpf den eigenen Interessen gegenüber“ geworden seien und daher nicht gewerkschaftlich organisiert waren. Salomon zufolge war es daher wichtig, sie für den Kampf um Schutzgesetze und höhere Löhne zu interessieren (Kuhlmann 2000, S. 65).

Aus diesem Grund wies Salomon auch den Vorwurf von Lily Braun mit dem Hinweis zurück, dass zunächst eine unterstützende Entlastung im Alltag erfolgen müsse, bevor sich die Arbeiterinnen politisch oder gewerkschaftlich engagieren könnten (Salomon 1983, S. 40 f.).

Arbeiterinnen-Heim
Abbildung 2: Arbeiterinnen-Heim aus dem Fotoalbum über die Frauengeschichte der Sozialen Arbeit von 1929 (Alice Salomon Archiv der Alice Salomon Hochschule Berlin)

3.2.1 Frauen und Gewerkschaften

Dass sie Gewerkschaften und Streiks positiv gegenüberstand, zeigte sie auch in der Unterstützung des Streiks der Textilarbeiterinnen 1903/04 in der sächsischen Industriestadt Crimmitschau. Diese forderten eine Verkürzung ihrer täglichen Arbeitszeit auf 10 Stunden, wie sie bereits in der männlich dominierten Eisenindustrie üblich war. Der Verdienst der Männer in Crimmitschau reichte in den meisten Fällen nicht aus – es handelte sich hier schließlich um eine Branche, in der billige Frauenarbeit vorherrschte. Daher war die Hälfte aller Ehefrauen zur Arbeit in der Textilindustrie gezwungen. Nur wenn eine Familie mehrere Kinder hatte, rentierte sich die Arbeit der Frau wegen der hohen Kostgelder für die Kinderbetreuung nicht. Dann nahmen die Mütter meist andere Kinder aus der Verwandtschaft oder Nachbarschaft gegen Geld tagsüber in Pflege; dies kann als eine frühe Form der Kinderbetreuung durch Tagesmütter aus Arbeiterinnensolidarität gelten.

Die Interessen der Frauen, durch kürzere Arbeitszeit die Betreuung der Kinder zu verbessern, war daher ein starker Motor des Streiks. Salomon kritisierte in verschiedenen Artikeln, die sie im Anschluss an einen Besuch des Streiks in Crimmitschau schrieb, die Arbeitgeber und die Stadtverwaltung als Vertreter einer vergangenen Epoche, in der es „noch Herren und Knechte“ gegeben habe. Sie stellte sich eindeutig hinter die Forderungen der streikenden Frauen und würdigte ihren „heroischen Kampf“ (Kuhlmann 2000, S. 82).

3.2.2 Sozialismus und Frauenrechte

August Bebels Werk „Die Frau und der Sozialismus“ (1879) studierte Salomon kritisch. Zwar würdigte sie seine unmissverständliche Forderung nach gleichen politischen Rechten für Frauen. Seine Zielvorstellung in Bezug auf freie Sexualität und Auflösung der Ehe lehnte sie jedoch ab. Sie hielt diese Idee eher für einen Wunsch von Männern, während Frauen kulturgeschichtlich eher ein Interesse an der Institution Ehe gehabt hätten (Salomon 1944, S. 80). Salomon war auch nicht davon zu überzeugen, dass der Sozialismus automatisch die Befreiung der Frauen nach sich ziehen würde (und die Entwicklung im real existierenden Sozialismus gab ihr nachträglich damit Recht). Trotz dieser Abgrenzungen gegenüber Vertreter*innen der Sozialdemokratie setzte sich Salomon schon früh mit der Frage auseinander, der – so Salomon später – „alle gewissenhaften Sozialarbeiter gegenüberstehen“: Reform oder Revolution (Salomon 1944, S. 80):

„Man sieht zuerst alles ganz schwarz oder ganz weiß, und dann kommt die Zeit, in der man nachts wach liegt und sich den Kopf über die Schatten dazwischen zerbricht. Es ist vielleicht die schwerste Krise, die man in der sozialen Arbeit zu durchleben hat, die tiefste Enttäuschung, durch die man hindurch muß, wenn man nach dem ersten großen Enthusiasmus den Glauben verliert, daß alles radikal geändert werden kann; wenn man sich mit kleinen Hilfsleistungen resignieren muß; […] [wenn] man einsieht, daß […] nur […] durch ein Hand-in Hand-Gehen von wirtschaftlichen Maßnahmen mit Erziehungsarbeit […], nicht durch eine mechanische Güter- und Arbeitsteilung die Zustände gebessert werden können […]“ (Salomon 1916, S. 93 f.).

Salomon hoffte, dass Reformen allmählich die Gesellschaft sozialer machen könnten. Aus Sicht von Sozialdemokrat*innen dienten die Reformen um 1914 zwar nicht mehr automatisch der „Konterrevolution“, aber sie wurden von ihnen meist nur als ein Mittel gesehen, um die Arbeiter*innen für den Kampf gegen die bestehende Gesellschaftsordnung zu agitieren; ein Weg zu dauerhaftem sozialem Fortschritt seien sie jedoch nicht. Grundsätzlich trennte Salomon von der Sozialdemokratie ihre Überzeugung, dass eine gerechtere Gesellschaftsordnung nur allmählich und nicht durch einen Umsturz der kapitalistischen Gesellschaftsordnung herbeizuführen sei. Je mehr sie sich in das Studium von Marx vertieft habe, desto mehr habe sie eingesehen,

„daß die Sozialdemokratie […] konsequenterweise ein Zusammengehen mit Nicht-Sozialisten prinzipiell ablehnen muß, weil danach alle soziale Reformarbeit die Entwicklung aufhält, die sie herbeiführen will, die Entwicklung zu einem Zusammenbruch der kapitalistischen Gesellschaftsordnung“ (Salomon 1906, zit. n. Kuhlmann 2000, S. 238).

3.2.3 Lehren aus Krieg und Revolution 1918

Bis 1914 rückten viele Sozialdemokrat*innen von marxistischen Positionen ab. Salomon erklärte dies daraus, dass sie selbst am besten wüssten, „daß es nicht mehr wahr ist, daß sie nichts zu verlieren haben als ihre Ketten“ (Salomon 1913, zit. n. ebd., S. 235). An dem wirtschaftlichen Aufschwung hätten „eben alle Kreise der Bevölkerung teilgenommen“ (ebd.).

Nach der Revolution von 1918 hatte sich die Frage „Sozialismus oder Sozialreform“ zunächst scheinbar erledigt. Salomon hielt es für tragisch und für ein Versagen des Bürgertums, dass erst die Revolution kommen musste, um den Anstoß für das „Reich der sozialen Gerechtigkeit“ zu geben. Obwohl die meisten sozial Arbeitenden gegen die Revolution waren, habe die Geschichte, so Salomon, eindeutig gegen ihren Weg entschieden:

Alle, die in der sozialen Arbeit ihr Lebenswerk gefunden hatten, müßten heute erkennen, daß sie zu „lau“, zu „schwach“ waren, „daß wir viel zuwenig auf das öffentliche Gewissen gewirkt haben, daß wir viel zu wenig gegen eine Gesellschaftsordnung protestiert haben, deren Schäden wir besser und unbefangener als viele andere erkennen konnten“ (Salomon 1919, S. 187).

Im letztendlichen Ziel sozialer Gerechtigkeit und in einem „undogmatischen, auf das Wesentliche gerichteten Sinn“ (Abschaffung der Klassengesellschaft und der Ausbeutung) seien die sozial Arbeitenden den Sozialisten stets nahe gewesen (Salomon 1919, zit. n. ebd., S. 239). Im Alltag der sozialen Arbeit hatten Frauen der bürgerlichen und der sozialdemokratischen Frauenbewegung im Ersten Weltkrieg Seite an Seite gearbeitet. Viele Arbeiterinnen hatten nach 1918 den Wunsch, dieser Tätigkeit eine soziale Ausbildung anzuschließen. Alice Salomon war offen für einen Versuch, einen Sonderlehrgang für diese Frauen einzurichten. Marie Juchacz, Gründerin der Arbeiterwohlfahrt, schrieb später darüber:

„Wohlfahrtsarbeit sollte nicht mehr ein Vorrecht der höheren Tochter sein, sondern allgemein die Arbeit ernsthafter Frauen und Männer aus allen Schichten. Das haben manche der Pioniere einer modernen Sozialarbeit eingesehen und waren der Arbeiterwohlfahrt in ihrem Bemühen behilflich, […] es war Alice Salomon, in deren soziale Frauenschule die Arbeiterwohlfahrt ihre jungen Menschen schicken konnte“ (Juchacz 1949, zit. n. Arbeiterwohlfahrt 1979, S. 96).

3.3 Feministische Utopie: Nicht „geistige Mütterlichkeit“, sondern die „soziale Mission der Frau“

3.3.1 Geschlecht und Klasse

Schon in ihrer Auseinandersetzung mit Bebel war Salomon zu der Überzeugung gelangt, dass neben dem Kapitalismus auch das Patriarchat mit seiner kapitalistischen Prägung gesellschaftliche Ungerechtigkeiten erzeugte. Das zentrale Problem sei, dass Frauen und Männer – wie alle Menschen überhaupt – sowohl verschieden als auch gleich seien. Gleichbehandlung führe daher ebenso wie Sonderbehandlung zu Ungerechtigkeit. Die Verlogenheit der bürgerlichen Ideologie der schützenswerten Frau entlarvte Salomon mit dem Hinweis auf die zur Arbeit gezwungene proletarische Frau. Proletarische und bürgerliche Frauen waren Salomon zufolge jeweils in unterschiedlichen Ausprägungen und daher auch mit sehr unterschiedlichen Konsequenzen unterdrückt: Während bürgerliche Frauen nicht arbeiten durften, selbst wenn sie keine Kinder hatten, mussten Frauen aus der Arbeiterschicht dies gerade dann tun, wenn Kinder zu ernähren waren.

3.3.2 Häusliche Gewalt

In einem Sammelband über die Arbeit einer Beratungsstelle für Frauen schrieb Salomon im Geleitwort: Eines der Hauptprobleme in der Arbeit mit hilfsbedürftigen Frauen sei die Tatsache, dass diese häufig der „bestialischen Brutalität“ und dem „unkontrollierten Triebleben“ der Männer unterworfen seien (Salomon 1910, S. 11). Viele seien gezwungen, ein Kind nach dem anderen auszutragen, was ihre Gesundheit ruinierte. Gerade Frauen könnten hier ihren „leidenden Geschlechtsgenossinnen“ helfen, ihre eigene Würde wieder zu empfinden. Typisch für alle in dem Band vorgestellten Fälle sei die Hilflosigkeit und die daraus resultierenden Verletzungen, mit der Frauen die „Herrschsucht und Tyrannei“ der Männer über sich ergehen ließen (ebd.). Berichtet wurde in dem Band über eheliche Gewalt, Alkoholismus und sexuellen Missbrauch von Kindern durch Männer. Liebe und Hingabe müssen Grenzen haben – so Salomon in ihrem Kommentar. Frauen müssten „die Fähigkeit der Selbstbehauptung“ erst lernen: Hier liege der Kern der Frauenfrage (ebd., S. 5). Die Wiederherstellung von Familien nach einer Trennung sei in vielen Fällen zwar ökonomisch wünschenswert, moralisch aber nicht zu vertreten. Die Rückkehr der Männer bedeute für die Familie manchmal eine schwerere Last als seine vorherige Abwesenheit.

Ein ähnlich erschütterndes Bild ergaben auch Salomons Forschungen über das Familienleben aus dem Jahr 1930. Dabei wies sie auf die Ambivalenz der Aufopferungsfähigkeit hin, über die Mütter oft verfügten. Einerseits garantierten diese damit die Versorgung der Familie, andererseits vernachlässigten sie dadurch ihre eigene Gesundheit. So schrieb Salomon in vielen Berichten finde sich mehr oder weniger Vergleichbares: Die Mutter steht morgens um halb drei auf, „gönnt sich nichts“, „wäscht die Wäsche für alle, ohne Dank der erwachsenen Kinder“, und „näht alles selbst“ (Salomon 1930, S. 27 ff.).

3.3.3 Recht auf Arbeit

In Bezug auf diese Benachteiligung forderte Salomon Abhilfe durch schwesterliche Solidarität: Pädagogisch hochwertig geführte Kindergärten und -krippen, Horte sowie Familienhilfe und -beratung sollten die Doppelbelastung der arbeitenden Mütter abmildern. Jede Frau – so Salomon in verschiedenen Artikeln um die Jahrhundertwende – habe ein Recht auf bezahlte Arbeit und zwar gerade auch Mütter, wenn sie als Witwen oder „eheverlassene“ Frauen allein für ihre Kinder sorgen mussten (Kuhlmann 2000, S. 77 ff.). In dieser Konzeption ist Soziale Arbeit nicht nur die Vermittlung materieller Ressourcen an von Armut Betroffene: Vielmehr handelt es sich dabei auch um die Vergesellschaftung und Professionalisierung „mütterlicher Arbeit“ im positiven Sinne als psychosoziale Unterstützung misshandelter oder alleinerziehender Frauen. Soziale Arbeit kann so Vernachlässigung verhüten und ermöglicht eine Kompensation benachteiligender Sozialisationsbedingungen.

3.3.4 Biologie oder Sozialisation

Frauen seien, so Salomon, durch ihre Sozialisation und die damit verbundenen Erfahrungen im Bereich der Kindererziehung und Haushaltsführung besser als Männer geeignet, den sozialen Beruf auszuüben – denn schließlich sollen sie die reproduktiven Arbeiten von Frauen unterstützen bzw. ersetzen. In den Anfangsjahren schrieb sie von der „Natur der Frau“, die sie u.a. dazu führen würde, sich mehr für den Frieden einzusetzen. Krieg vernichte Leben, das Mütter mühsam aufgezogen hätten (Kuhlmann 2000, S. 171). Ende der 1920er-Jahre studierte Salomon Literatur zur Matriarchatsforschung, unter anderem die Untersuchungen von Mathilde Vaerting, der ersten Professorin für Pädagogik in Deutschland. Sie sprach nun selbst nicht mehr von „Natur“ und „Wesen“, sondern von einer jahrtausendealten, immer stärkeren Zuweisung bestimmter Aufgaben an die Frau.

Sie stellte die Frage, ob die Geschlechtsunterschiede, die der Frau die menschlich-persönlichen Aufgaben, dem Mann die sachlichen zuordnete, nicht „das Ergebnis einer jahrhundertelang durch Machtverhältnisse bestimmten Arbeitsteilung ist […]“ (Salomon 1927, S. 154).

Sie bedauerte, dass damals keine Bemühungen von Männern zu erkennen waren, diesen Qualifikationsrückstand an Empathie einerseits und hauswirtschaftlich-pädagogischer Bildung andererseits nachzuholen. In Auseinandersetzung mit Herman Nohl forderte sie 1926 von den männlichen Wohlfahrtspflegern nicht eine „ritterliche“ Haltung (wie es Nohl vorschlug), sondern mehr „Väterlichkeit“ (zit. n. Kuhlmann 2000, S. 281).

Das Konzept der „geistigen Mütterlichkeit“ wurde fast fünfzig Jahre zuvor von der Kindergartenbewegung und Henriette Schrader-Breymann vertreten. Es sah vor, dass Frauen die Praxis und Männer die Theorie gestalten sollten. Salomons Konzept der „sozialen Mission der Frau“ hatte damit nicht mehr viel gemeinsam (Kuhlmann 2000, S. 271 ff.). Ihre Position ist eher zu vergleichen mit der maternalistischen Ausrichtung der amerikanischen Frauenbewegung und -forschung, die den Grund für die herrschende Menschenfeindlichkeit und den Militarismus in der Ausgrenzung von Müttern aus der Politik sieht (z.B. Ruddick 1993).

Unter dem „Kultureinfluss der Frau“ – vor allem durch aktive Soziale Arbeit – verstand Salomon die Einmischung von Frauen in einen männerdominierten Staat und eine männerdominierte Wissenschaft, um Werte wie Empathie, Fürsorglichkeit, Emotionalität, die im privaten Bereich den Frauen zugeschrieben werden, politikfähig zu machen. Eine ähnliche Position findet sich heute bei Nussbaum (2015; 2016).

3.3.5 Differenz und Gleichheit

Salomon erklärte ihre Haltung, die Differenz der Geschlechter hervorzuheben, mit den Erfahrungen der beiden Generationen, die der ersten deutschen Frauenbewegung vorangegangen waren: Diese hätten den Weg der Gleichheitsforderungen beschritten und seien damit an ihre Grenzen gekommen. Die Gefahr, Mütter und Frauen durch die Vernachlässigung ihrer besonderen Lebenslagen zu benachteiligen, schätzte Salomon damit höher ein, als die Gefahr der Abwertung gesellschaftlicher Querschnittsaufgaben als weiblichem „Sonderbereich“. Ihre Utopie war es, dass Frauen über den Weg der Sozialen Arbeit die ansonsten privat geleistete fürsorgliche Arbeit zu gesellschaftlichem Ansehen bringen.

Bis heute hat sich kaum eine Zuordnung im Bereich der Geschlechterbilder so deutlich gehalten wie die geschlechtsspezifisch spaltende Zuweisung von Fürsorglichkeit an Frauen und Machtdominanz an Männer (Conell 2015). Diese Geschlechterkonstruktionen werden zumeist unbewusst und scheinbar freiwillig im Rahmen familiärer Arbeitsteilung erworben und weitervermittelt, wodurch sie tief in die Identitäten von Menschen jeden Geschlechts eingegraben werden. Auf diese Weise wird eine fürsorgliche Haltung so sehr zum Teil der Identität vieler Frauen, dass sie – in der Sprache Salomons ausgedrückt – fast zu einem „Wesenszug“ wird (Chodorow 1986). Dass die fürsorgliche Eigenschaft von Frauen schließlich auch die Richtung für ihr politisches Engagement weist, war für Salomon selbstverständlich. Darum hat sie auch geglaubt, dass die Soziale Arbeit der „Königsweg“ der Frauenbewegung ist.

Die Geschichte hat allerdings gezeigt, dass Salomon sich in diesem Punkt irrte: Die Soziale Arbeit war für die Frauen zwar nicht direkt eine Sackgasse, aber doch ein Weg, der sie immer wieder auf ein Abstellgleis führte. Stellt man allerdings die gesellschaftlichen und politischen Beschränkungen von Frauen zur damaligen Zeit in Rechnung, erscheint das Konzept der sozialen Mission der Frau als ein historisch vielleicht notwendiger Umweg. Er hat nicht die Gleichbewertung männlicher und weiblicher Arbeit nach sich gezogen. Die patriarchalen Strukturen, die älter sind als die kapitalistischen, haben sich hier als zu mächtig erwiesen, sodass heute ein weltweites „strukturelles Patriarchat“ entstanden ist (Lerner 1995; Mies 1996). Dieser Umweg hat zumindest deutlich gemacht, dass Fürsorglichkeit (Care) keine private, sondern eine gesellschaftliche Aufgabe ist und somit für ein Mehr an Geschlechtergerechtigkeit gesorgt.

3.4 Soziale Gerechtigkeit in internationaler Perspektive

Salomons Aktivitäten in der Frauenbewegung hatten sie nicht nur sensibel für die besondere Unterdrückung von Frauen gemacht. Sie hatte auf den internationalen Kongressen des „International Council of Women“ sowie auf internationalen Wohlfahrtskongressen gelernt, wie viel die jeweiligen sozialen Bewegungen in Deutschland aus den Erfahrungen und Erfolgen in anderen Ländern lernen konnten: Dieses Wissen hat sie auf den Bereich der Sozialen Arbeit übertragen. Daher hielt sie den internationalen Austausch für einen integralen Bestandteil dieses Theorie- und Handlungsfelds. Soziale Gerechtigkeit bzw. Ungerechtigkeit machte nach Salomon nicht an Landesgrenzen halt. Die Ursachen sozialer Nöte und Probleme seien fast überall die gleichen.

3.4.1 Internationaler Vergleich

Vor 1914 waren internationale Aktivitäten und Vergleiche im kulturellen und sozialen Bereich keineswegs so unüblich, wie wir aus heutiger Sicht vielleicht annehmen. Im Bereich der Krankenpflege (Florence Nightingale), dem Kindergarten (Pauline zu Lippe-Detmold), der Reformschulen (Hermann Lietz, Alexander Neill) sind wichtige Anregungen durch Besuche ausländischer Einrichtungen entstanden (Kuhlmann 2000, S. 190 ff.). Diese Aufzählung ließe sich fortsetzen über Jane Addams und Friedrich Siegmund-Schultze, die beide von der englischen Settlementbewegung lernten, bis hin zu Emil Münsterberg vom „Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge“, der bereits vor über 100 Jahren die Armenpflege in anderen Ländern mit der deutschen verglich (Münsterberg 1901). In all diesen Fällen wurde der internationale Vergleich zum Motor innovativer Entwicklung im Bereich der privaten und öffentlichen Wohlfahrt.

Alice Salomon hatte schon zu Beginn ihrer publizistischen Tätigkeit internationale Vergleiche dafür eingesetzt, auf Verbesserungen der Sozialen Arbeit in Deutschland zu drängen. 1896 kritisierte sie in ihrem ersten Artikel die rückständige Entwicklung von Kinderkrippen. Berlin habe nur drei, Paris dagegen 51. Im selben Jahr unternahm sie ihre zweite Reise ins Ausland (nach London) und betrieb dort bereits soziale Studien. Ihren ersten internationalen Kongress zu Fragen der Sozialen Arbeit besuchte sie 1906: den „Internationalen Kongreß für Armenpflege und Wohlthätigkeit“ in Mailand, der bereits an eine jahrelange Tradition solcher Kongresse anschloss. Der Erste Weltkrieg und seine Folgen verhinderten dann jedoch eine Fortsetzung dieser Tradition und erst der Pariser Kongress von 1928 schloss wieder daran an.

Anlässlich ihres ersten Besuches auf dem amerikanischen Kontinent 1909 bemerkte sie, dass keine Bibliothek sie so viel hätte lehren können, wie diese Reise. In Veröffentlichungen der 1920er-Jahre hob Salomon immer wieder Beispiele aus anderen Ländern hervor: so etwa die vorbildliche Lösung des Wohnungsproblems in den Niederlanden, den umfassenden Schutz unehelicher Kinder in Norwegen, die beeindruckenden Bemühungen der Dänen um die Bildung der ländlichen Bevölkerung und die Vorzüge der Zentralisation sozialer Dienste in Schweden. In England lobte sie die behördliche Mitwirkung: amtsärztliche Kontrollen, Bereitstellung von Wohnungen, Mütterberatung u.a.

1937 veröffentlichte Salomon einen internationalen Vergleich der Ausbildungen zum sozialen Beruf. Das Buch bot einen Überblick über die in den 1930er-Jahren auf der ganzen Welt bestehenden Schulen. Salomons zentrale These war: Das Ausbildungssystem hängt in jedem einzelnen Land von dem Entwicklungsstand und dem Charakter des allgemeinen Bildungssystems wie auch von der Struktur der Sozialen Arbeit (Bedeutung privater Wohltätigkeit, industrielle Entwicklung) ab, ja es ist ein Ausdruck dieser unterschiedlichen Bedingungen und sollte deshalb nicht standardisiert werden (Salomon 1937).

3.4.2 Internationale Kooperation

In der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg arbeitete Alice Salomon im Zusammenhang mit dem IASSW auch daran, Sozialarbeiterinnen und Studentinnen Möglichkeiten der Weiterbildung im internationalen Vergleich zu bieten. 1934 und 1935 fanden erste Ferienkurse des IASSW in Belgien und in den Niederlanden statt; der erste zu Fragen der Jugendfürsorge, der zweite zum Wohnungsproblem. Praktiker*innen aus verschiedenen Ländern referierten und daneben wurden spezielle Einrichtungen besucht. Leider beendete der Zweite Weltkrieg nachhaltig diese Tradition des internationalen fachlichen Austauschs, der nach 1945 nur sehr langsam wiederbelebt wurde. Die Kriege des 20. Jh. haben noch einmal gezeigt, dass von der Fähigkeit, soziale Probleme nicht-rassistisch zu lösen, nicht nur der innere, sondern auch der äußere Frieden abhängt. Denn – so Salomon 1928 – Regierungen, die mit den sozialen Kämpfen im eigenen Lande nicht fertig werden, seien immer geneigt, „das Interesse auf auswärtige Beziehungen und Verwicklungen abzulenken, und deshalb werden die Freunde des Friedens aller Länder der sozialen Arbeit ihre Aufmerksamkeit schenken müssen“ (Salomon 1928, S. 2).

Alice Salomon war davon überzeugt, dass jedes Land ein Interesse daran haben sollte, dass im Nachbarland ebenfalls eine geregelte soziale Fürsorge existiert, da Seuchen oder Arbeitslosigkeit nicht an den Grenzen Halt machen. Da die Ursachen der Not international sind, sollte auch die Hilfe international vernetzt werden:

„Die Welt ist kleiner geworden. […] Menschen und Völker sind einander näher gerückt, im Guten wie im Bösen. Sie können einander in neuen Ausmaßen Zerstörung und Vernichtung bringen oder gegenseitige Hilfe für gemeinsames Aufbauen. Sie können gegeneinander kämpfen oder gemeinsam Armut, Unwissenheit, Krankheit und Tod bekämpfen. […] Denn die Ursachen der Not liegen oft außerhalb der Grenzen und Länder, in denen sie auftreten, wie auch die Wirkung der Not über die Landesgrenzen hinausreicht. Deshalb hat jedes Land ein Interesse daran, daß auch die anderen Länder ein geordnetes Fürsorgewesen entwickeln und deshalb sind gemeinsame internationale Maßnahmen zur Bekämpfung von Notständen unentbehrlich“ (Salomon 1930, zit. n. Kuhlmann 2000, S. 328).

4 Soziale Arbeit als Beruf

Alice Salomon benutzte bereits in den 1930er-Jahren den Begriff „Soziale Arbeit“ statt Wohlfahrtspflege. Sie verstand darunter die Gesamtheit der Bestrebungen, die zur Besserstellung benachteiligter gesellschaftlicher Gruppen unternommen werden. Dabei ging es ihr nicht nur um sozialpolitische Reformen wie Mutterschutz, Verkürzung der Arbeitszeit, Witwenversicherung sowie materielle Hilfen, sondern auch um gleichen Zugang zu Bildung und um kulturelle Teilhabe. Obwohl Soziale Arbeit meist in der Form individueller Betreuung einzelner Familien, einzelner Kinder, Jugendlicher, Kranker durchgeführt werde, seien diese doch Glieder der Gesellschaft und ihre Unterstützung sei daher eine gesellschaftliche, also eine soziale Arbeit. Allerdings geht Salomons Begriff von „sozial“ über das Verständnis von „auf die Gesellschaft bezogen“ hinaus und meint vor allem auch die ethische Verpflichtung, das Ziel sozialer Gerechtigkeit zu erstreben. Wesentliche Aufgabe ist es daneben auch, die Benachteiligungen im Reproduktionsbereich aufzuheben.

4.1 Gegenstandsbestimmung Sozialer Arbeit als Teil der Sozialpolitik

Soziale Arbeit ist daher mehr als Armenpflege, hat nicht die reduzierte Funktion von Hilfe und Kontrolle unterdrückter gesellschaftlicher Gruppen, sondern ist kompensatorische Hilfe, Betreuung, Pflege und Erziehungshilfe. Die antikapitalistische Kritik Sozialer Arbeit, die auch nach Lily Braun immer wieder aufflammte (zuletzt in der 1968er-Bewegung) konzentrierte sich immer wieder auf das Dilemma, dass Soziale Arbeit mit den Folgen wirtschaftlicher Ungerechtigkeiten zu tun hat, ohne selbst grundsätzlich etwas daran ändern zu können. Aber schon damals – wie auch heute noch – ging bzw. geht es immer weniger um rein materielle Ungleichheiten. Ungerechtigkeiten entstehen zwischen verschiedenen sozialen Milieus, die sich vor allem auch durch ihre Wohnverhältnisse und ihren Zugang zur Bildung unterscheiden. Und daneben auch noch immer – wie zu Salomons Zeiten – durch das Geschlecht. Mit Pierre Bourdieu gesprochen stellen Soziale Arbeit und Bildung die linke Hand des Staats dar; Polizei und Justiz repräsentieren die rechte Hand, die von den rechten Parteien zur Lösung sozialer Konflikte bevorzugt wird (Bourdieu 1998, S. 210). Soziale Arbeit kann die materielle und emotionale Basis sichern, auf der sich Menschen wieder für ihre Interessen einsetzen können.

Eben weil die Ursache für Notlagen nicht nur materieller Natur ist, können auch die Hilfen nicht nur aus Geld- oder Sachleistungen bestehen. Vielmehr muss eine bildende Begleitung und Beratung von Menschen in Lebenskrisen stattfinden, eine Verbindung zwischen sachlicher und persönlicher Hilfe. Soziale Professionelle müssen daher neben sozialwissenschaftlichen Kenntnissen über Staat, Wirtschaft und Gesellschaft, über die jeweiligen Sozialrechte auch über spezifische pädagogische Fähigkeiten sowie Methoden eines geplanten Hilfeprozesses verfügen.

4.2 Methoden Sozialer Arbeit

Diese Methoden sind nach Salomon:

  • Vermittlung von Ressourcen wie Unterhaltszahlungen, Wohnraum, Bildung, Ausbildung und Beratung
  • Aufbau eines Hilfenetzwerks
  • Gestaltung der Lebensumwelt der Klient*in, damit sie ihren Bedürfnissen angepasst wird
  • Erstellung einer sozialen Diagnose, die eine stellvertretende Deutung der äußeren und inneren Lebensumstände der Klient*in erlaubt und die zwischen Fakten, Meinungen, sowie Wert- und Vorurteilen zu unterscheiden weiß
  • Aufbau eines Vertrauensverhältnisses, das geprägt ist durch Empathie, doch zugleich professionelle Distanz wahrt
  • Begleitung und psychische Unterstützung in schwierigen Lebenslagen durch Ermutigung bzw. „Empowerment“ (dazu Kuhlmann 2000, S. 298 ff.)

Im Unterschied zu rein beschreibenden Wissenschaften wie Soziologie oder Philosophie ist die Wissenschaft von der Sozialen Arbeit dazu verpflichtet, über soziales Hilfehandeln zu reflektieren und sollte hierfür die Ergebnisse aus Pädagogik, Psychologie, Medizin etc. nutzen. Dabei müsse stets berücksichtigt werden, dass ein Mehr an Wissen nicht automatisch zu einem besseren Handeln führt. Entscheidend sei vielmehr, wozu man etwas wisse. Daher müssten sozialethischen Fragen in der sozialen Ausbildung eine besondere Stelle eingeräumt werden. Wichtigste Forderungen für eine spezielle Berufsethik sind nach Salomon:

  • Missbrauche nicht die Macht, die du über eine hilflose Klient*in hast, aber nutze diese, um ihr zu helfen.
  • Es ist nicht erlaubt, Ziele zu verfolgen, die nicht dem Wohl der Klient*in dienen (wie Eigennutz, Einsparungen, moralische Beeinflussung).
  • Urteile nie über eine Klient*in: die Ursachen für ihre Notlage sind oft eine nicht mehr zu durchschauende Mischung aus Schicksal, unbefriedigten Bedürfnissen und Schuld (Salomon 1926).
  • Zwar kann in der modernen Zeit nicht mehr mit dem „guten Herzen“ allein geholfen werden, aber es geht auch nicht ohne ein gutes Herz, bzw. ohne emotionale Beteiligung (Salomon 1917, S. 83)

4.3 Spezifische Berufsbelastungen

Früh erkannte Salomon auch die besonderen Belastungen, die eine berufliche Soziale Arbeit mit sich bringt. In ihrem Buch „Leitfaden der Wohlfahrtspflege“ (1928) forderte sie daher:

„Der Sozialarbeiter muß sich selbst ein erfülltes Leben schaffen, […] sich entwickeln, reicher werden, wenn er dauernd Kraft auf andere übertragen soll. Er muß mit seiner Kraft haushalten, nicht mehr unternehmen, als er bewältigen kann. Das ist nicht nur um seiner selbst willen notwendig, sondern ist Teil seiner Berufspflicht gegenüber der Gesamtheit, gerade, weil er es dauernd mit Menschen zu tun hat, deren Kraft versagt“ (Salomon 1928, S. 183).

Buchtitel einer Veröffentlichung aus dem Jahr 1927
Abbildung 3: Buchtitel einer Veröffentlichung aus dem Jahr 1927 (eigenes Foto)

In ihrem Buch über die „Ausbildung zum sozialen Beruf“ (1927) begründete sie diese These ausführlich. Sie führte aus, dass ein Teil der Überlastung nicht in der Natur der Aufgabe liege, sondern dass viele Sozialbeamt*innen weite Entfernungen zu ihren vielen Fällen zurückzulegen hätten. Häufig hätten sie auch zu wenig Urlaub und eine mangelhafte Ausbildung. Daneben sieht sie aber auch eine innere Problematik:

„Die soziale Berufsarbeit beansprucht die ganze Persönlichkeit, nicht nur die Kräfte des Körpers, des Verstandes oder der Seele, sondern den ganzen Menschen. Sie trägt Enttäuschungen und Entmutigungen ohne Zahl ein. Ihre Erfolge werden nicht durch die Leistungen verbürgt. Sie bringt notwendigerweise eine Spannung zwischen dem Erfordernis der Hingabe, der Selbstentäußerung, des Opfers persönlicher Lebensinteressen und dem Anspruch auf Selbstbehauptung, auf eigene Lebensgestaltung und Lebenserfüllung hervor. Sie führt gesunde, frohe und lebensbejahende Menschen in eine Aufgabe, in der sie unausgesetzt Not, Krankheit, Sorgen, Laster, Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit vor sich sehen und unerhörte Verantwortungen für Menschenschicksale auf sich nehmen müssen. Sie gibt ihnen tausendmal das Gefühl der Ohnmacht, ehe einmal die Wirkung des Einsatzes, der Hingabe zu spüren ist. Sie weckt täglich in dem Sozialarbeiter das unbefriedigende Gefühl, nur dem kleinsten Teil der Aufgaben nachgehen zu können, die als unabweisbar und geboten vor ihm stehen. Er soll individualisierende Fürsorge treiben, sich den Bedürfnissen des einzelnen hingeben, aber er soll das großen Massen gegenüber tun – das ist ein Widerspruch in sich, der die Aufgabe unlösbar macht. Die Arbeit enthält ihrem Wesen nach ein Mißverhältnis von Ziel und Methode, von Kraft und Aufgabe, von Einsatz und Erfolg. […] Aber es liegen noch andere Gefährdungen des seelischen Gleichgewichts in der Aufgabe. […] Da ist die Gefahr der Gefühlsverschwommenheit, eines weichen Mitleids, das den Menschen zermürben muß, wenn er unausgesetzt Leiden sieht, die nur in geringem Maße abstellbar sind. Da ist die Versuchung, sich ohne Maß den Aufgaben hinzugeben, sich in kurzer Frist zugrunde zu richten, sich durch die Fülle der Not hetzen zu lassen und an der eigenen Kraft schuldig zu werden. Da ist die Gefahr, durch fortgesetztes Erleben der Not stumpf zu werden, in dem elenden Menschen nur noch einen ‚Fall‘ zu sehen, der in mechanisch-routinierter Weise ohne innere Anteilnahme erledigt wird. Da ist das quälende Gefühl, es selbst bei aller Schwere des Berufs doch unendlich viel besser zu haben als die vielen, denen man zum Helfer bestellt ist. Die Erinnerung an eigene beschützte Kinderjahre oder an die Möglichkeiten des Aufstiegs im Vergleich zum Schicksal derer, denen man beides nicht schaffen kann, erweckt die Frage nach der Gerechtigkeit aller äußeren Ordnungen, dem Sinn alles Weltgeschehens. Es wachsen Zweifel an der eigenen Berufsarbeit, an ihrer Berechtigung und Zweckhaftigkeit unerbittlich aus den Gesamterlebnissen des Berufs hervor. […] Jeder kennt Fürsorger, die sich aus diesen Zweifeln in die Politik gerettet haben, in eine Bewegung, die zu einer neuen Gesellschaftsordnung führen soll. Aber wer das tut, gibt die Fürsorge preis. Denn die Wirksamkeit des Fürsorgers ist mit der eines politischen Agitators nicht zu vereinen“ (Salomon 1927, S. 199 ff.).

Neben der notwendigen sozialwissenschaftlichen und berufsethischen Wissensbasis hielt Salomon deshalb ein Sabbatjahr wie an Universitäten Amerikas nach sechs Jahren Beruf für angemessen (ebd., S. 231).

5 Wirkungsgeschichte und Vergleich mit zeitgenössischen Theorien

Im Vergleich von Salomons Theorie Sozialer Arbeit mit anderen Theorieansätzen um die Wende zum 20. Jahrhundert fällt auf, dass der Bezug auf soziale Gerechtigkeit sowie die Analyse wirtschaftlicher und geschlechtsspezifischer Ungerechtigkeit in den meisten dieser Theorien fehlt. Verwiesen sei hier auf Herman Nohl (Nohl 1926; 1949) und Christian Jasper Klumker (Klumker 1918). Klumker hielt die wirtschaftliche, Nohl die geistige Autonomie für das Ziel sozialpädagogischer Arbeit. Salomon hingegen zog sowohl die materiellen als auch psychischen Bedürfnisse in Betracht. Der wichtigste Unterschied zwischen Nohl und Klumker einerseits und Salomon andererseits bestand darin, dass Salomon die ökonomischen Ursachen für soziale Probleme deutlicher hervorhob und dass sie die Bedürfnisse von Müttern und Kindern in den Mittelpunkt stellte.

Dies mag unter anderem daran liegen, dass Salomon aufgrund ihrer Erfahrung als Jüdin und Frau – also einer doppelten Diskriminierung – eine stärkere Identifikation mit Menschen hatte, die sich in Notlagen befanden. Aus der Position der Machtlosigkeit heraus hatte sie zur Überzeugung gefunden, dass Gewalt ein schlechtes und Recht ein gutes politisches Prinzip ist, das auch bei der Strategie einer gesellschaftlichen Veränderung berücksichtigt werden müsse. Salomon war in der Lage, persönliche und gesellschaftliche Verantwortung zusammenzudenken; in Anlehnung an Kropotkin (1908) widersprach sie der kapitalistischen Logik des Überlebens des Stärkeren und setzte auf gegenseitige Hilfe als fortschrittliches menschliches Prinzip.

Gerade die beiden Weltkriege lehrten sie, dass Frauen immer dort, wo Gewalt herrscht, zu den Verliererinnen der Geschichte gehören, was sie auch für den Fall einer Revolution befürchtete. Im Vergleich mit Klumker und Nohls theoretischen Entwürfen zeigt sich, dass Salomons Entwurf der weitreichendste ist und seine Aktualität bis heute beibehalten hat. Die Gründe dafür sind:

  • Salomon betont die gesellschaftliche und politische Verantwortung für diejenigen, die im wirtschaftlichen Konkurrenzkampf auf der Strecke bleiben.
  • Als eine der Ersten verstand sie, dass sich eine verbesserte Lebenssituation für Kinder am besten über die Verbesserung der Lebenslagen der Mütter erreichen lässt.
  • Früher als die meisten anderen Theoretiker*innen grenzt sie den sozialen Beruf von der Wohltätigkeit ab und postuliert ein Menschenrecht auf Hilfe: Soziale Arbeit versteht sie im weitesten Sinne als Menschenrechts-Profession.

Alice Salomons Theorie Sozialer Arbeit lässt sich als „klassisch“ bezeichnen, weil sie relevante Probleme wie die Geschlechterungerechtigkeit, die bis heute existieren, erstmals erkannte, benannte und Lösungen vorschlug. Aktuell ist nach wie vor die zentrale Frage: Wie können Menschen, wie kann Soziale Arbeit im Sinne von gerechtem Handeln und nicht als reine Wohltätigkeit dazu beitragen, dass sich die Gesellschaft zu mehr sozialer Gerechtigkeit hin entwickelt?

Das Ziel selbst könne zwar nie ganz erreicht werden, dies ist jedoch Salomon zufolge kein Grund, auf „Teilverwirklichungen zu verzichten“ (Salomon 1930, zit. n. Kuhlmann 2000, S. 250).

6 Quellenangaben

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Chodorow, Nancy, 1986. Das Erbe der Mütter: Psychoanalyse und Soziologie der Geschlechter. München: Frauenoffensive. ISBN 978-3-88104-145-4

Connell, Raewyn, 2015. Der gemachte Mann: Konstruktion und Krise von Männlichkeiten. Wiesbaden: Springer: VS. ISBN 978-3-663-09604-7

Gerhard, Ute, 1990. Unerhört: Die Geschichte der deutschen Frauenbewegung. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt. ISBN 978-3-499-18377-5

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Kuhlmann, Carola, 2000. Alice Salomon – Ihr Beitrag zur Entwicklung der Sozialen Arbeit in Theorie und Praxis. Weinheim: Deutscher Studienverlag. ISBN 978-3-89271-927-4

Kuhlmann, Carola, 2014. Erster Weltkrieg und Soziale Arbeit – Heimatfront, Frauenbewegung und Kriegsfürsorge. In: Zeitschrift für Sozialpädagogik. 12(3), S. 230–250. ISSN 1610-2339

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Mies, Maria, 1996. Patriarchat und Kapital: Frauen in der internationalen Arbeitsteilung. 5. Auflage. Zürich: Rotpunkt. ISBN 978-3-85869-050-0

Münsterberg, Emil, 1901. Das ausländische Armenwesen: Übersicht über die Bestrebungen auf dem Gebiet der Armenpflege in den für uns wichtigsten Staaten des Auslands, Leipzig. Schriften des deutschen Vereins für Armenpflege und Wohlthätigkeit. 52. Heft

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Salomon, Alice, 1933. Die Anfänge der sozialen Arbeit. In: Die Frau. 40(12), S. 723–725

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7 Literaturhinweise

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Kuhlmann, Carola, 2003. Alice Salomon. In: Heinz-Elmar Tenorth, Hrsg. Klassiker der Pädagogik. Bd. 2, München: C. H. Beck, S. 99–11. ISBN 978-3-406-49441-3

Kuhlmann, Carola, 2007. Alice Salomon und der Beginn sozialer Berufsausbildung. Stuttgart: ibidem. ISBN 978-3-89821-791-0

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Kuhlmann, Carola, 2008. Alice Salomon, 1928/29-1946. In: Social Work & Society [online]. De- and Reterritorialization of the Social – Supplement: Presidents of IASSW 1928–2008. 6(1), S. 29–55 [Zugriff am: 28.02.2020]. Verfügbar unter: https://www.socwork.net/sws/article/view/99/388

Verfasst von
Prof. Dr. Carola Kuhlmann
Evangelische Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe
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Zitiervorschlag
Kuhlmann, Carola, 2020. Salomon, Alice [online]. socialnet Lexikon. Bonn: socialnet, 24.03.2020 [Zugriff am: 13.05.2024]. Verfügbar unter: https://www.socialnet.de/lexikon/2925

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