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Fußball Ansage des FC Bayern

Machtwechsel? „Das ist uns gegenüber respektlos“, stellt Popp klar

Vor dem Finale des DFB-Pokals im Frauenfußball in Köln: Alexandra Popp vom VfL Wolfsburg sagt, sie „hasse“ das vom FC Bayern in die Welt gesetzte Wort „Machtwechsel“ Vor dem Finale des DFB-Pokals im Frauenfußball in Köln: Alexandra Popp vom VfL Wolfsburg sagt, sie „hasse“ das vom FC Bayern in die Welt gesetzte Wort „Machtwechsel“
Alexandra Popp sagt, sie „hasse“ das vom FC Bayern in die Welt gesetzte Wort „Machtwechsel“
Quelle: picture alliance/BEAUTIFUL SPORTS/Meusel
Im Finale des DFB-Pokals der Frauen trifft Meister Bayern München an diesem Donnerstag auf den großen Rivalen VfL Wolfsburg. Die Münchener postulierten, dass der neuerliche Titel als Beweis diene, dass Wolfsburg abgehängt sei. VfL-Kapitänin Alexandra Popp will das so nicht stehen lassen.

Das Endspiel gilt als das Nonplusultra im deutschen Frauenfußball. Das Finale um den DFB-Pokal zwischen Meister FC Bayern und Vizemeister VfL Wolfsburg vor stimmgewaltiger Kulisse in Köln elektrisiert, zumal den Münchnerinnen an diesem Donnerstag (16.00 Uhr, ZDF/Sky) zwei besondere Marken winken. Sie können erstmals das Double in der Vereinsgeschichte holen und obendrein die seit 49 Cup-Spielen währende Siegesserie von Wolfsburgs Pokal-Spezialistinnen brechen.

Für Rekordpokalsieger Wolfsburg geht es im 44. Endspiel um den zehnten DFB-Pokal-Triumph nacheinander, insgesamt wäre es der elfte. Sportlich steckt ohnehin viel im deutschen Klassiker, extreme individuelle Klasse, zahlreiche Nationalspielerinnen auf beiden Seiten. Es dürfte ein Schlagabtausch werden, der nicht von rein von taktischem Kalkül oder von einer Abtastphase geprägt sein wird. Beide Teams haben lieber den Ball, als stur hinterherzulaufen, beide gelten als Torfabriken. 58 Mal traf Wolfsburg in 20 Bundesliga-Spielen, der FC Bayern 52 Mal.

Der Rahmen im mit über 44.000 Fans ausverkauften Kölner Stadion ist gesetzt. Aus dem Lager der Wolfsburger heißt es, dass Duell sei von der Bedeutung für den deutschen Frauenfußball nur mit dem englischen Finale im Londoner Wembleystadion zu vergleichen. Und dann schwebt da noch die in Wolfsburg zum Reizthema erklärte Debatte über eine Wachablösung im deutschen Vereinsfußball über dem Duell. Bayern-Präsident Herbert Hainer hatte den Begriff vor dem Liga-Rückspiel, das die Bayern dann auch noch 4:0 gewannen, eingeführt. Seither kommt fast niemand mehr daran vorbei.

Fest steht, dass die Bayern nach zwei Meisterschaften nacheinander auf der Überholspur sind, während dem VfL die erste titellose Saison seit 2011/2012 droht. Der Transfer von Mittelfeld-Ass Lena Oberdorf von Wolfsburg nach München zur neuen Saison unterstreicht das, ebenso die Aussagen von Alexander Straus: „Unser Anspruch ist, dauerhaft die Nummer eins zu sein“, sagte der Bayern-Coach im „Kicker“-Interview. Wolfsburgs Kapitänin Alexandra Popp hat nach diesen Ansagen aus München einiges geradezurücken.

Frage: Frau Popp, Sie spielen an diesem Donnerstag mit dem VfL Wolfsburg im DFB-Pokalfinale gegen den FC Bayern. Bei einem Sieg wären Sie mit dreizehn Titeln Rekordgewinnerin. Was bedeutet Ihnen das?

Alexandra Popp: Wenn ich die Bilder von meinen ersten beiden Siegen mit Duisburg sehe, denke ich schon: ,Oh, kleine, dicke Poppi‘. (lacht) Seitdem hat sich viel verändert, aber der DFB-Pokal und ich haben eine gute Verbindung zueinander. Rekorde sind mir wumpe, um ehrlich zu sein. Dafür bedeutet der Titel an sich zu viel, als dass man sie wie Nummern zählen würde.

Frage: Es geht gegen den frisch gebackenen Meister. In der Liga gab es zwei Niederlagen in dieser Saison. Zeit für Revanche?

Popp: Es gibt nichts Schöneres, als die beiden besten Mannschaften im Finale zu haben. Das Stadion ist ausverkauft. Am Ende geht es darum, wer mehr reinhaut, um die Kugel von der Linie zu kratzen oder auf der anderen Seite drüber zuschieben. Bei unserem 0:4 zu Hause saß ich verletzt auf der Tribüne. Mir ist die Hutschnur geplatzt. Niemand möchte gegen den ärgsten Konkurrenten verlieren, ein bisschen Revanche ist also dabei, klar …

Popp und Nationalmannschafts-Kollegin Giulia Gwinn vom FC Bayern posieren mit dem Objekt der Begierde
Popp und Nationalmannschafts-Kollegin Giulia Gwinn vom FC Bayern posieren mit dem Objekt der Begierde
Quelle: picture alliance/BEAUTIFUL SPORTS/Meusel

Frage: Wie schlimm wäre ein Jahr ohne Titel für den VfL?

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Popp: Gerade jetzt den Pokal zu gewinnen, ist extrem wichtig für uns. Wir wollen nach einer für unsere Verhältnisse inkonstanten Saison zeigen, dass wir noch da sind. Alle sprechen davon, dass es das jetzt mit Wolfsburg war. Ja, wir haben geschwächelt. Ja, Abgänge tun weh. Aber wir haben noch einiges im Tank.

Frage: Dem Spiel wird die Bedeutung zugewiesen, über die Vormachtstellung im deutschen Frauenfußball mitzuentscheiden …

Popp: Das ist total übertrieben. Es gab schon mal eine Phase, in der Bayern zweimal Meister geworden ist, uns aber dennoch nicht auf Dauer überholt hat. Bayern macht gerade einen guten Job. Aber man muss auch sehen, dass wir seit 2013 meistens unter den besten vier Europas waren und 17 nationale Titel gewonnen haben. Wer das nicht anerkennt, ist uns gegenüber respektlos. Das müssen andere erst mal nachmachen.

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Frage: Lena Oberdorf wechselt von Wolfsburg zu Bayern – ist das ein Zeichen für die Zukunft?

Popp: Ich kann verstehen, dass man eine neue Herausforderung sucht. Dass es die Bayern, also der direkte Konkurrent, sind, finde ich schwierig. Aber: Wechsel aus München zu uns gab es auch schon – und zwar einige. Dennoch fand ich es nicht so cool von ihr, und es hat mich überrascht. Ich dachte, dass Obi ins Ausland geht. Aber: Man kann es ihr auch nicht verübeln. Bei Bayern entwickelt sich etwas, unsere Saison läuft nicht gut – da ist viel zusammengekommen. Sehen wir mal, ob ihre Pläne tatsächlich so gut aufgehen. Wichtig ist, dass sie bei uns noch voll bei der Sache bleibt.

Frage: Macht sie das?

Popp: Ja, das ist so – und wenn es nicht so gewesen wäre, hätte sie von mir richtig einen drüber gekriegt. (lacht)

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Frage: Wie sehen Sie die Kräfteverhältnisse in den nächsten fünf bis zehn Jahren?

Popp: Wer vorn sein will, muss finanziell mit den internationalen Top-Vereinen mitziehen. Da hat Bayern gute Karten. Dazu kommt, dass München oder auch Frankfurt andere Städte sind als Wolfsburg.

Frage: Sie sprechen von einem Standort-Nachteil?

Popp: Ich kenne unsere Pläne, auch wir wollen unsere Infrastruktur verbessern. Und das ist dringend nötig, gerade wenn man nach England schaut. Aber ich spreche von einer neuen Generation von Spielerinnen. Sie wollen leben und etwas erleben. Fußball ist da nicht immer die einzige Priorität. Wenn sie dieselben Angebote aus München, Barcelona oder London haben, zieht Wolfsburg nicht so sehr. Da haben sich die Möglichkeiten, wo junge Fußballerinnen auf Top-Niveau spielen können, verändert.

Frage: Sie sind 2012 aus Duisburg nach Wolfsburg gekommen …

Popp: Und hatte nicht die Option, in ein Top-Umfeld nach München oder Barcelona zu gehen. Ich habe mich damals – und zwischendurch ganz oft – nicht für das finanziell lukrativste Angebot entschieden, sondern für Titelchancen.

Frage: Womit muss Wolfsburg künftig Spielerinnen locken?

Popp: Natürlich kommt es auch auf die finanziellen Möglichkeiten an. Der Grad ist schmal: Alle wollen gut verdienen, und wir wollen mehr Geld im Frauenfußball haben. Die Kehrseite ist aber, was das mit Spielerinnen macht. Bei den Männern gibt es seit Jahren die Diskussion, ob es der Leistung und Einsatzbereitschaft dient, wenn sie alles hinterhergeworfen bekommen. Das Gleiche entwickelt sich gerade auch im Frauenfußball. Jungen Spielerinnen wird sehr viel abgenommen, sie werden hofiert, wenig kritisiert. Ich musste viel für meine Karriere tun. Das ist gut so und sollte auch für die nachfolgende Generation so gelten. Spielerinnen können Behördengänge auch ohne Hilfe vom Verein erledigen und Entscheidungen selbst treffen. Das macht erwachsen und stärkt dann auch Persönlichkeiten auf dem Platz. Genau da kann der VfL ansetzen.

Frage: Wie meinen Sie das?

Popp: Wir haben oft bewiesen, wie gut sich bei uns junge Spielerinnen entwickeln und zu großen Persönlichkeiten werden können. Da ist die Stadt dann wieder gut: Man hat Ruhe und Konzentration auf den Fußball. Charaktere zu holen, denen die eigene Entwicklung wichtiger ist als die Attraktivität der Stadt, kann ein Weg für den VfL sein

Frage: Ihren Vertrag bis 2025 in Wolfsburg wollen Sie erfüllen. Wie geht es für Sie nach Olympia in der Nationalmannschaft weiter?

Popp: Es ist nichts entschieden. Das wird eine Bauchentscheidung.

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Frage: Was halten Sie von Christian Wück als neuen Bundestrainer?

Popp: Spannend. Ich habe ihn nur einmal kurz kennengelernt, als ich meinen Trainerschein verlängern musste. Da hatte er einen Vortrag gehalten, wie er mit den Jungs bei der Junioren-WM umgegangen ist. Mal sehen, ob er das auf uns übertragen kann.

Frage: Almuth Schult hat beim HSV bis Saisonende unterschrieben. Glauben Sie, dass sie als Dreifach-Mama noch einmal ein Länderspiel macht?

Popp: Ich traue Almuth alles zu. Es ist doch cool, dass solche Lebensgeschichten möglich sind. Für Almuth gibt es immer nur Herausforderungen, keine Hürden. Von daher: Ja, ich halte das für möglich.

Frage: Die Bundesliga verliert gerade international an Boden, weil nötige Reformen nicht umgesetzt werden. Nervt Sie das als Spielerin?

Popp: Ja! Man sagt, man redet gegen Wände. In dem Fall habe ich den Eindruck, man spricht gegen massive Mauern. Jeder stimmt zu, welche Maßnahmen nötig sind. Aber es macht keiner was. Wir müssen sofort handeln!

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Frage: Welche Maßnahmen sind die wichtigsten?

Popp: Infrastrukturen müssen sich verbessern – auch über Lizenzierungsauflagen. Die Mannschaften haben zu viele Spielerinnen, die arbeiten. Ich finde gut, wenn man eine Ausbildung oder ein Studium macht und auch am Anfang der Karriere im Job ist. Aber wenn du auf höchstem Niveau bist, musst du dich auf Fußball konzentrieren können. Also: Profis mit Mindestlöhnen sind wichtig. Höchstleistung mit acht Stunden Arbeit funktioniert nicht.

Frage: Bei den Männern fliegen Tennisbälle, um auf Missstände aufmerksam zu machen. Ist der Frauenfußball in dem Punkt zu lieb?

Popp: Bitte nicht mit Tennisbällen. Das bringt die Spieler aus dem Tritt. Aber Protest wäre eine Form. Die Frage ist nur wie: Wenn, dann müssten alle streiken. Aber es sind sich ja auch nicht alle einig. Solche Druckmittel sind utopisch.

Frage: Wie meinen Sie das?

Popp: Wir haben oft bewiesen, wie gut sich bei uns junge Spielerinnen entwickeln und zu echten Persönlichkeiten werden können. Da ist die Stadt dann wieder gut: Man hat Ruhe und Konzentration auf den Fußball. Solche Charaktere zu holen und mit ihnen etwas aufzubauen, kann ein Weg sein.

Das Interview wurde für das Sport-Kompetenzcenter (WELT, SPORT BILD, BILD) geführt und zuerst in SPORT BILD veröffentlicht.

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