Aenne Burda: Die wahre Geschichte der Schnittmuster-Königin - WELT
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„Ich würde nie einem Mann untertan sein“

Medienredakteur
ONE AENNE BURDA - DIE WIRTSCHAFTSWUNDERFRAU, TEIL 1, Fernsehfilm Deutschland 2018, am Sonntag (09.12.18) um 20:15 Uhr. Als Aenne (Katharina Wackernagel) den Vertrag unterschreiben soll, mit dem der Verlag der Modezeitschrift in ihren Besitz übergehen soll, erfährt sie vom Notar (Robert Schupp), dass hohe Verbindlichkeiten auf dem Verlag ruhen, von denen Franz (Fritz Karl) ihr bisher nichts erzählt hatte. © SWR/Hardy Brackmann, honorarfrei - Verwendung gemäß der AGB im engen inhaltlichen, redaktionellen Zusammenhang mit genannter Sendung bei Nennung "Bild: SWR/Hardy Brackmann" (S2). WDR Presse und Information/Redaktion Bild, Köln, Tel: 0221/220 -7132 oder -7133, Fax: -777132, bildredaktion@wdr.de ONE AENNE BURDA - DIE WIRTSCHAFTSWUNDERFRAU, TEIL 1, Fernsehfilm Deutschland 2018, am Sonntag (09.12.18) um 20:15 Uhr. Als Aenne (Katharina Wackernagel) den Vertrag unterschreiben soll, mit dem der Verlag der Modezeitschrift in ihren Besitz übergehen soll, erfährt sie vom Notar (Robert Schupp), dass hohe Verbindlichkeiten auf dem Verlag ruhen, von denen Franz (Fritz Karl) ihr bisher nichts erzählt hatte. © SWR/Hardy Brackmann, honorarfrei - Verwendung gemäß der AGB im engen inhaltlichen, redaktionellen Zusammenhang mit genannter Sendung bei Nennung "Bild: SWR/Hardy Brackmann" (S2). WDR Presse und Information/Redaktion Bild, Köln, Tel: 0221/220 -7132 oder -7133, Fax: -777132, bildredaktion@wdr.de
Aenne Burda (Katharina Wackernagel) lässt sich von ihrem Mann Franz (Fritz Karl, Mitte) beim Notar nicht über den Tisch ziehen
Quelle: SWR/Hardy Brackmann
Aenne Burda war eine Verlegerin, wie es sie im Deutschland der Fünfzigerjahre eigentlich gar nicht hätte geben dürfen. Gegen jeden Widerstand hatte sie Erfolg. Und führte mit ihrem Mann eine offene Beziehung.

„Die Leute brauchen keine Schnittmuster. Sie brauchen Brot“, hat ihr Ehemann gesagt. Ein einflussreicher Mann, dieser Doktor Franz Burda. Drucker, Verleger, König von Offenburg. Ein Patriarch. Aber einer von der Sorte, die stark genug sind, eine ebenso starke Frau zu heiraten.

Anna, ein Mädchen aus der Gaswerkstraße, was schon nach sehr einfachen Verhältnissen klingt – aber mit dem unbeugsamen Willen, aufzusteigen. Und sich dabei nicht mit Schmuck und Pelzen zufriedengibt.

Denn Anna hat ihrem Mann Franz zwar, wie man so sagt, den Rücken freigehalten, sich auch um die drei Söhne gekümmert. Aber sie träumte von einer eigenen Zeitschrift. Mit Mode für die Frauen im Nachkriegsdeutschland, anno 1949.

ARD/SWR AENNE BURDA - DIE KÖNIGIN DER KLEIDER, am Mittwoch (12.12.18) um 21:45 Uhr im ERSTEN. Aenne Burda vor ihrem Verlagsgebäude, 1973. © SWR/Burda-Archiv, honorarfrei - Verwendung gemäß der AGB im engen inhaltlichen, redaktionellen Zusammenhang mit genannter SWR-Sendung bei Nennung "Bild: SWR/Burda-Archiv" (S2). SWR-Presse/Bildkommunikation, Baden-Baden, Tel: 07221/929-23876, foto@swr.de
Mein Auto, mein Verlag: Aenne Burda, aufgenommen im Jahr 1973
Quelle: SWR/Burda-Archiv

„Franz“, sagte also Anna, „die Frauen träumen von Sinnlichkeit und Eleganz, davon, dass das Leben wieder losgeht.“ Wer in diesen Jahren durch Offenburg oder jede andere deutsche Stadt ging, muss vor allem Frauen in Kleidern in gedeckten Farben gesehen haben, ohne jede Raffinesse. Wie hätte es auch anders sein können? „Anna“, sagte Franz dann aber, „das ist das Papier nicht wert, auf dem ich drucke.“

Aenne Burda glaubte an eine Idee

Das ist die Ausgangslage des Zweiteilers „Aenne Burda – Die Wirtschaftswunderfrau“, den das Erste am 5. und 12. Dezember zeigt und dessen Drehbuch von Regine Bielefeldt auf dem Leben der echten Aenne basiert. Der Krieg ist vorbei, und Franz Burda, gespielt von Fritz Karl, gehört zu den wirtschaftlichen Aufsteigern.

Burda ist vergleichsweise wohlhabend, hat ein großes Haus und schicke Autos, ist absolut erfolgsorientiert. Einer aus Franz’ Männerclique sagt einmal beim Sport zu den anderen: „Der Franz kennt keine Probleme, der kennt nur Lösungen.“

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Mode als Statement

Seine Frau Anna, gespielt von Katharina Wackernagel, ist für Franz nicht nur die große Liebe, sie wird für ihn auch gewissermaßen zum Problem. Denn sie hat einen starken Charakter, will selber Verlegerin werden. Nicht aus Liebe zur Macht, sondern weil sie an eine Idee glaubt.

Die Idee, eine Modemagazin mit Schnittmustern an die Kioske zu bringen. Kleider, Röcke und Mäntel, die relativ einfach selbst zu schneidern und tragbar sind, die aber das gewisse Etwas haben, die der modischen Eintönigkeit Formen und Farben entgegensetzen, nach denen sich das Auge sehnt.

„Meine Frau arbeitet nicht!“

Ein Schock war es darum für Anna, als sie zufällig erfuhr, was offenbar vor ihr halb Offenburg wusste. Dass nämlich Franz mit einer ehemaligen Sekretärin ein Kind gezeugt hatte, das so alt war wie ihr jüngster Sohn Hubert. Dass er ihr ein Haus gekauft, und, schlimmer noch, eine eigene Modezeitschrift gegeben hatte. Ihre Idee, für eine Nebenbuhlerin!

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In diesem Moment wurde Anna zu Aenne, nach ihrem Lieblingslied, dem „Ännchen von Tharau“. Zu einer Frau, die für ihre Idee kämpfte. Franz war außer sich: „Meine Frau arbeitet nicht!“ Sie drohte mit Scheidung.

ARD/SWR FILMMITTWOCH IM ERSTEN, "Aenne Burda - Die Wirtschaftswunderfrau, Teil 1", Fernsehfilm Deutschland 2018, am Mittwoch (05.12.18) um 20:15 Uhr im ERSTEN. Gemeinsam mit ihren Mitarbeitern sichtet Aenne (Katharina Wackernagel) die Konkurrenzzeitschriften: Ihre muss besser werden! - weitere Bilder auf Anfrage - © SWR/Hardy Brackmann, honorarfrei - Verwendung gemäß der AGB im engen inhaltlichen, redaktionellen Zusammenhang mit genannter SWR-Sendung bei Nennung "Bild: SWR/Hardy Brackmann" (S2). SWR-Presse/Bildkommunikation, Baden-Baden, Tel: 07221/929-22202, foto@swr.de
Sie wollen die beste Modezeitschrift Deutschlands machen: Filmszene von "Aenne Burda"
Quelle: SWR/Hardy Brackmann

Schließlich gab Burda nach. Nicht ohne es mit einem letzten Trick zu versuchen, Aenne von ihrem Plan abzubringen. Weil seine Frau sich nicht damit zufriedengab, nur ein Heft nach ihren Vorstellungen zu machen, sondern dieses Heft mitsamt Verlag auch zu besitzen, überschrieb er ihr die Firma. Mitsamt der Schulden.

„Ich würde nie einem Mann Untertan sein“

Er war sich sicher, sie würde einen Rückzug machen. Und unterschätzte seine Frau. Die unterschrieb den Vertrag, in vollem Bewusstsein, dass sie bei einem Misserfolg des Magazins, von dem 100.000 Exemplare gedruckt wurden, ruiniert wäre. Doch „Burda Moden“ (heute: „Burda Style“), wie das Magazin schließlich hieß, wurde ein Erfolg. 1968 verkaufte das Heft von jeder Ausgabe 1,5 Millionen Exemplare weltweit.

Der von Regisseurin Franziska Meletzky streng chronologisch erzählte dreistündige Film hält sich recht genau an das Leben der wahren Aenne Burda, was auch die halbstündige Dokumentation belegt, die im Anschluss an den zweiten Teil ausgestrahlt wird.

ARD/SWR FILMMITTWOCH IM ERSTEN, "Aenne Burda - Die Wirtschaftswunderfrau, Teil 2", am Mittwoch (12.12.18) um 20:15 Uhr im ERSTEN. Es ist geschafft: Aenne (Katharina Wackernagel) kommt mit den ersten Exemplaren der neuen Zeitschrift zu ihren Mitarbeiterinnen in den Verlag. © SWR/Hardy Brackmann, honorarfrei - Verwendung gemäß der AGB im engen inhaltlichen, redaktionellen Zusammenhang mit genannter SWR-Sendung bei Nennung "Bild: SWR/Hardy Brackmann" (S2). SWR-Presse/Bildkommunikation, Baden-Baden, Tel: 07221/929-26868, foto@swr.de
Hier ist das Heft: Filmszene mit Katharina Wackernagel als Verlegerin
Quelle: SWR/ Hardy Brackmann

„Ich würde nie einem Mann Untertan sein“, sagte die Verlegerin in einem Interview, das in den Achtzigern mit ihr geführt worden war. Mit der größten Selbstverständlichkeit sagte sie auch: „Ich bin absolute Matriarchin.“

Und war damit nach dem Krieg eine Pionierin für Frauenrechte, ohne dass sie das Vokabular der Frauenbewegung in den Mund zu nehmen brauchte, vermutlich auch nicht wollte. Aenne Burda, die 2005 im Alter von 96 Jahren starb, war ein Vorbild, das für sich stand.

Recht auf einen Liebhaber

Die laut eigener Aussage „durch und durch praktische Frau“ nahm sich das, was sie als ihr gutes Recht betrachtete. Dazu gehörte nicht nur ihre eigene Firma, deren Schulden bald getilgt waren, sondern auch ihr eigener Liebhaber, den sie auf einer Italienreise kennenlernte. Mit Franz, der seine nach Selbstverwirklichung drängende Frau trotz allerlei Affären liebte, arrangierte sie sich und er sich mit ihr.

ARD/SWR AENNE BURDA - DIE KÖNIGIN DER KLEIDER, am Mittwoch (12.12.18) um 21:45 Uhr im ERSTEN. v.li.: Andy Warhol, Hubert Burda, Aenne Burda. © SWR/Burda-Archiv, honorarfrei - Verwendung gemäß der AGB im engen inhaltlichen, redaktionellen Zusammenhang mit genannter SWR-Sendung bei Nennung "Bild: SWR/Burda-Archiv" (S2). SWR-Presse/Bildkommunikation, Baden-Baden, Tel: 07221/929-23876, foto@swr.de
Andy Warhol (l.) war ein Freund der Familie, hier mit Aenne Burda und ihrem Sohn Hubert
Quelle: SWR/Burda-Archiv
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„Ihr wollt beide alles“, sagt im Film einmal einer der Söhne, die mit dem ständigen Gewinnenwollen ihrer Eltern klarkommen mussten. „Die beiden lebten eine offene Zweierbeziehung, die Ehe war eine Zweckgemeinschaft“, schrieb Burda-Biograf Peter Köpf. „Es war ein Wettbewerb, eine Konkurrenz. Wer ist erfolgreicher? Wer macht mehr Umsatz?“

Die Verfilmung zeigt das alles anschaulich, im Wechsel zwischen der Zukunft der Zeitschrift und der zu zerbröckeln drohenden Beziehung. Man bleibt als Zuschauer dran, trotz oder gerade wegen der größtenteils sehr konventionellen Erzählweise in guter Fernsehfilmtradition.

Aenne und Franz sprechen Dialoge, die etwas zu druckreif sind, erleben Wutausbrüche, die etwas zu didaktisch daherkommen, der Klebstoff aber ist die wirklich faszinierende Biografie dieser außergewöhnlichen Frau. Die in der Dokumentation ihr Sohn Hubert, heute der Verleger, entzaubern darf: „Nur keine Legenden: Aenne hat nie gern genäht.“

„Aenne Burda – Die Wirtschaftswunderfrau“, in der ARD am 5. und 12. Dezember, jeweils um 20:15 Uhr

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