Saison 1963/1964: Wie alles begann :: DFB - Deutscher Fußball-Bund e.V.

Saison 1963/1964: Wie alles begann

Die Bundesliga wird 60. Eine der erfolgreichsten Ligen Europas feiert heute ein rundes Jubiläum. In der DFB.de-Serie "60 Jahre Bundesliga" blickt der Autor und Historiker Udo Muras auf zehn besondere Spielzeiten der deutschen Eliteklasse zurück. Heute: die Saison 1963/1964, mit der alles begann.

Als der lang ersehnte erste Anpfiff zur Bundesliga am 24. August 1963 in acht Stadien zu hören war, begann eine Erfolgsgeschichte sondergleichen. Mit der Fußballwirklichkeit des Jahres 2012 hat das nur wenig zu tun. Nur ein Beispiel: damals spielten Vertragsamateure für – laut DFB-Vorschrift – 500 Mark im Monat. Mit Prämien durften es 1200 sein. Viel Geld war es trotzdem für die frühen Sechziger.

Als der lang ersehnte erste Anpfiff zur Bundesliga am 24. August 1963 in acht Stadien zu hören war, begann eine Erfolgsgeschichte sondergleichen

"Schon 1963 haben Bundesligaspieler auf der Sonnenseite gelebt"

"Schon 1963 haben Bundesligaspieler auf der Sonnenseite gelebt", sagte Otto Rehhagel später einmal. Er trug zur Premiere das Trikot von Hertha BSC. Für die frühen Super-Stars wie Uwe Seeler oder Weltmeister Hans Schäfer galten Sonderregeln (2500 DM). Die meisten Spieler hatten noch einen bürgerlichen Beruf, was die Trainer vor ernste Probleme stellte. "Alle Spieler sind tagsüber voll beschäftigt. Zu einem scharfen Training um 17.30 Uhr haben sie nicht mehr die Kraft", klagte etwa Karlsruhes Kurt Sommerlatt.

Wird heute jedes Spiel live übertragen, so wurden zum Start nur wenige Kameras aufgebaut. Die Samstags-Sportschau übertrug den Bundesligastart nicht, erste TV-Bilder kamen im ZDF-Sportstudio, aber nur von zwei Partien. Es gab noch keinen Markt, also auch kein Marketing: Die Spielerbrust schmückte nichts als das Klubwappen, die Stehplatzkarte kostete drei bis vier Mark.

Start mit 16 Klubs - 46 hatten sich beworben

Auch die Regeln waren anders, heute teilweise unvorstellbar anders. Noch immer galt: wer verletzt ist, hat Pech gehabt – Auswechseln war verboten. Gelbe und Rote Karten waren noch nicht erfunden, Verwarnungen wurden mündlich erteilt. Und natürlich durfte der Torwart einen Rückpass noch in die Hand nehmen. Aber Handschuhe trug er nicht. Für einen Sieg gab es zwei Punkte und bei Punktgleichheit galt der Torquotient statt der Tordifferenz – also war ein 1:0 besser als ein 7:1. Alles war eine Nummer kleiner im Vergleich zu heute, auch die Tabelle: 16 Klubs bildeten die erste Bundesliga-Teilnehmerrunde aller Zeiten, 46 hatten sich beworben. Zwei Klubs aus einer Stadt erschienen ungerecht und so sahen die Münchner Bayern beim Auftakt nur zu, wie ihre Rivalen, die "Löwen", spielten.

Den Zuschlag vom DFB erhielten schließlich der amtierende Meister Borussia Dortmund, der HSV, Werder Bremen, Eintracht Braunschweig, der 1. FC Köln, Schalke 04, der Meidericher SV, Preußen Münster, der 1. FC Kaiserslautern, 1. FC Saarbrücken, Eintracht Frankfurt, Karlsruher SC, VfB Stuttgart, 1. FC Nürnberg, 1860 München und Hertha BSC als Vertreter Berlins, seit Kriegsende eine geteilte Stadt. Sie trugen an 30 Spieltagen 240 Partien aus, ermittelten den ersten Bundesliga-Meister und zwei Absteiger.

In den Medien war die Vorfreude groß, endlich hatte auch Deutschland als letztes Land in Europa seine zentrale Liga. "Wenn es nicht den sportlichen Regeln widerspräche, möchte man die Spieler mit Sekt taufen", schrieb die Tageszeitung Die Welt. Zum Start kamen 284.000 Zuschauer, aber kein Stadion war ausverkauft. Das erste Tor fiel in Bremen, Timo Konietzka schoss den Meister BVB nach angeblich 58 Sekunden in Front. Fotos gibt es bis heute keine und wird es auch nie geben, denn die fünf Fotografen saßen hinter dem anderen Tor. Es war eines von nur 22 Toren am Premieren-Tag, aber die Bild-Zeitung titelte montags: "Liebe auf den ersten Blick!"

Köln und Schalke die ersten Tabellenführer

Die erste Tabellenführung teilten sich der 1. FC Köln und Schalke 04, die beide 2:0 gewannen. Das war zwar nicht so hoch wie Duisburgs 4:1 in Karlsruhe, aber mathematisch eben wertvoller. Weil auch Tore nicht durch Null teilbar waren… Wer verteidigen konnte, war im Vorteil. Kölns Start wurde zum Omen für die Premieren-Saison, der favorisierte 1. FC, damals galt er als der modernste Klub Deutschlands, schaffte einen Start-Ziel-Sieg. Mal abgesehen vom vierten Spieltag, als der HSV sie auf Platz zwei verdrängte, waren die Geißböcke immer oben und wurden am 28. Spieltag bereits Meister – vor dem Meidericher SV (heute MSV Duisburg).

Weltmeister Hans Schäfer und einer, der 10 Jahre später auch zu WM-Ruhm kommen sollte, der 19-jährige Wolfgang Overath, waren die schillernden Figuren des ersten Meisters. Trainer Georg Knöpfle kam damals mit 15 Spielern aus. Die in ihren weißen Trikots an Real Madrid erinnernden Kölner waren das erste "weiße Ballett" und die erste Startruppe der Bundesliga. Ihr Gastspiel in Berlin sahen im September 85.411 Zuschauer, das war Rekordbesuch 1963/1964.

Den ersten von acht Platzverweisen kassierte mit dem Meidericher Helmut Rahn am vierten Spieltag ausgerechnet einer von drei Berner Helden, die den Start noch auf dem Feld miterlebten. Neben ihm und Schäfer schaffte es auch der 38-jährige Nürnberger Max Morlock in die Bundesliga. Sie war ein guter Grund für den "Maxl", noch ein Jahr dranzuhängen. Der Star des ersten Jahres, auch wenn sein bescheidenes Wesen diese Bezeichnung nicht verdient, war Uwe Seeler. Der Hamburger wurde Torschützenkönig (30 Treffer) und Fußballer des Jahres.

Fakten zur ersten Saison

Tore: 857 (3,57 pro Spiel)
Torschützenkönig: Uwe Seeler (HSV) 30 Tore
Zuschauer: 6.057.335 (25.134 pro Spiel)
Meister: 1. FC Köln
Absteiger: Preußen Münster, 1. FC Saarbrücken
Aufsteiger: Hannover 96, Borussia Neunkirchen
Trainerentlassungen: 3

[um]

Die Bundesliga wird 60. Eine der erfolgreichsten Ligen Europas feiert heute ein rundes Jubiläum. In der DFB.de-Serie "60 Jahre Bundesliga" blickt der Autor und Historiker Udo Muras auf zehn besondere Spielzeiten der deutschen Eliteklasse zurück. Heute: die Saison 1963/1964, mit der alles begann.

Als der lang ersehnte erste Anpfiff zur Bundesliga am 24. August 1963 in acht Stadien zu hören war, begann eine Erfolgsgeschichte sondergleichen. Mit der Fußballwirklichkeit des Jahres 2012 hat das nur wenig zu tun. Nur ein Beispiel: damals spielten Vertragsamateure für – laut DFB-Vorschrift – 500 Mark im Monat. Mit Prämien durften es 1200 sein. Viel Geld war es trotzdem für die frühen Sechziger.

Als der lang ersehnte erste Anpfiff zur Bundesliga am 24. August 1963 in acht Stadien zu hören war, begann eine Erfolgsgeschichte sondergleichen

"Schon 1963 haben Bundesligaspieler auf der Sonnenseite gelebt"

"Schon 1963 haben Bundesligaspieler auf der Sonnenseite gelebt", sagte Otto Rehhagel später einmal. Er trug zur Premiere das Trikot von Hertha BSC. Für die frühen Super-Stars wie Uwe Seeler oder Weltmeister Hans Schäfer galten Sonderregeln (2500 DM). Die meisten Spieler hatten noch einen bürgerlichen Beruf, was die Trainer vor ernste Probleme stellte. "Alle Spieler sind tagsüber voll beschäftigt. Zu einem scharfen Training um 17.30 Uhr haben sie nicht mehr die Kraft", klagte etwa Karlsruhes Kurt Sommerlatt.

Wird heute jedes Spiel live übertragen, so wurden zum Start nur wenige Kameras aufgebaut. Die Samstags-Sportschau übertrug den Bundesligastart nicht, erste TV-Bilder kamen im ZDF-Sportstudio, aber nur von zwei Partien. Es gab noch keinen Markt, also auch kein Marketing: Die Spielerbrust schmückte nichts als das Klubwappen, die Stehplatzkarte kostete drei bis vier Mark.

Start mit 16 Klubs - 46 hatten sich beworben

Auch die Regeln waren anders, heute teilweise unvorstellbar anders. Noch immer galt: wer verletzt ist, hat Pech gehabt – Auswechseln war verboten. Gelbe und Rote Karten waren noch nicht erfunden, Verwarnungen wurden mündlich erteilt. Und natürlich durfte der Torwart einen Rückpass noch in die Hand nehmen. Aber Handschuhe trug er nicht. Für einen Sieg gab es zwei Punkte und bei Punktgleichheit galt der Torquotient statt der Tordifferenz – also war ein 1:0 besser als ein 7:1. Alles war eine Nummer kleiner im Vergleich zu heute, auch die Tabelle: 16 Klubs bildeten die erste Bundesliga-Teilnehmerrunde aller Zeiten, 46 hatten sich beworben. Zwei Klubs aus einer Stadt erschienen ungerecht und so sahen die Münchner Bayern beim Auftakt nur zu, wie ihre Rivalen, die "Löwen", spielten.

Den Zuschlag vom DFB erhielten schließlich der amtierende Meister Borussia Dortmund, der HSV, Werder Bremen, Eintracht Braunschweig, der 1. FC Köln, Schalke 04, der Meidericher SV, Preußen Münster, der 1. FC Kaiserslautern, 1. FC Saarbrücken, Eintracht Frankfurt, Karlsruher SC, VfB Stuttgart, 1. FC Nürnberg, 1860 München und Hertha BSC als Vertreter Berlins, seit Kriegsende eine geteilte Stadt. Sie trugen an 30 Spieltagen 240 Partien aus, ermittelten den ersten Bundesliga-Meister und zwei Absteiger.

In den Medien war die Vorfreude groß, endlich hatte auch Deutschland als letztes Land in Europa seine zentrale Liga. "Wenn es nicht den sportlichen Regeln widerspräche, möchte man die Spieler mit Sekt taufen", schrieb die Tageszeitung Die Welt. Zum Start kamen 284.000 Zuschauer, aber kein Stadion war ausverkauft. Das erste Tor fiel in Bremen, Timo Konietzka schoss den Meister BVB nach angeblich 58 Sekunden in Front. Fotos gibt es bis heute keine und wird es auch nie geben, denn die fünf Fotografen saßen hinter dem anderen Tor. Es war eines von nur 22 Toren am Premieren-Tag, aber die Bild-Zeitung titelte montags: "Liebe auf den ersten Blick!"

Köln und Schalke die ersten Tabellenführer

Die erste Tabellenführung teilten sich der 1. FC Köln und Schalke 04, die beide 2:0 gewannen. Das war zwar nicht so hoch wie Duisburgs 4:1 in Karlsruhe, aber mathematisch eben wertvoller. Weil auch Tore nicht durch Null teilbar waren… Wer verteidigen konnte, war im Vorteil. Kölns Start wurde zum Omen für die Premieren-Saison, der favorisierte 1. FC, damals galt er als der modernste Klub Deutschlands, schaffte einen Start-Ziel-Sieg. Mal abgesehen vom vierten Spieltag, als der HSV sie auf Platz zwei verdrängte, waren die Geißböcke immer oben und wurden am 28. Spieltag bereits Meister – vor dem Meidericher SV (heute MSV Duisburg).

Weltmeister Hans Schäfer und einer, der 10 Jahre später auch zu WM-Ruhm kommen sollte, der 19-jährige Wolfgang Overath, waren die schillernden Figuren des ersten Meisters. Trainer Georg Knöpfle kam damals mit 15 Spielern aus. Die in ihren weißen Trikots an Real Madrid erinnernden Kölner waren das erste "weiße Ballett" und die erste Startruppe der Bundesliga. Ihr Gastspiel in Berlin sahen im September 85.411 Zuschauer, das war Rekordbesuch 1963/1964.

Den ersten von acht Platzverweisen kassierte mit dem Meidericher Helmut Rahn am vierten Spieltag ausgerechnet einer von drei Berner Helden, die den Start noch auf dem Feld miterlebten. Neben ihm und Schäfer schaffte es auch der 38-jährige Nürnberger Max Morlock in die Bundesliga. Sie war ein guter Grund für den "Maxl", noch ein Jahr dranzuhängen. Der Star des ersten Jahres, auch wenn sein bescheidenes Wesen diese Bezeichnung nicht verdient, war Uwe Seeler. Der Hamburger wurde Torschützenkönig (30 Treffer) und Fußballer des Jahres.

Fakten zur ersten Saison

Tore: 857 (3,57 pro Spiel)
Torschützenkönig: Uwe Seeler (HSV) 30 Tore
Zuschauer: 6.057.335 (25.134 pro Spiel)
Meister: 1. FC Köln
Absteiger: Preußen Münster, 1. FC Saarbrücken
Aufsteiger: Hannover 96, Borussia Neunkirchen
Trainerentlassungen: 3

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