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Geschichte Russisch-Japanischer Krieg

So ging Russlands Flaggschiff samt Admiral unter

1904 versuchte die japanische Flotte, das russische Ostasien-Geschwader in der Festung Port Arthur zu blockieren. Um das zu verhindern, griff Admiral Makarow im April die Japaner an. Die aber stellten den zarischen Großkampfschiffen eine Falle.
Freier Autor Geschichte
Explosion des russischen Linienschiffs "Petropawlowsk" vor Port Arthur im April 1904 Explosion des russischen Linienschiffs "Petropawlowsk" vor Port Arthur im April 1904
Explosion des russischen Linienschiffs „Petropawlowsk" vor Port Arthur im April 1904
Quelle: Wikipedia/Public Domain

Einen Anlass, besondere Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, sah die Führung des 1. Pazifischen Geschwaders des Zaren nicht. Und das, obwohl Japan die diplomatischen Beziehungen zu Russland wegen kolonialer Ambitionen in China am 6. Februar 1904 abgebrochen hatte. So lagen die russischen Schiffe zusammen mit einigen Einheiten der Sibirischen Kriegsflottille im Hafen von Port Arthur (heute Lüshunkou) im Süden der Halbinsel Liaoning, die zu pachten Russland einige Jahre zuvor dem Kaiserreich China abgetrotzt hatte.

Die russischen Kriegsschiffe – sieben Linienschiffe, ein Panzerkreuzer und vier Kreuzer – waren hell erleuchtet. Aber immerhin hatte man die Vorsicht aufgebracht, Schutznetze gegen Torpedos zu spannen.

Die japanische Kriegserklärung war noch nicht ausgesprochen. Trotzdem nahm sich der Oberbefehlshaber der japanischen Flotte, Admiral Tōgō Heihachirō, an sich selbst ein Beispiel, hatte er doch 1894 als Kommandant eines Kreuzers einen chinesischen Transporter versenkt, obwohl der Krieg gegenüber dem Hof in Peking noch nicht erklärt worden war.

Russisches Linienschiff "Petropawlowsk"
Das russische Linienschiff „Petropawlowsk" war das Flaggschiff des 1. Pazifischen Geschwaders
Quelle: Wikipedia/Public Domain

Zehn japanische Zerstörer attackierten die auf Reede liegenden russischen Schiffe. Zwei Linienschiffe und ein Kreuzer wurden getroffen, blieben aber schwimmfähig, die übrigen kamen mit dem Schrecken davon. Einen Angriff mit seinen schweren Einheiten am 7. Februar brach Togo ab, als er in die Reichweite der Batterien Port Arthurs geriet. Admiral Oskar Starck, ein Schwede in russischen Diensten, beschloss daraufhin, seine Schiffe in den inneren Hafen der Festungsstadt zurückzuziehen und ansonsten auf Untätigkeit zu setzen.

Damit stellte er zumindest sicher, dass sein Flaggschiff, die „Petropawlowsk“ intakt blieb. Das 1899 in Dienst gestellte Linienschiff war ein typisches Schlachtschiff der Vor-Dreadnought-Ära: Sie verfügte über Artillerie verschiedener Kaliber (4x30,5 , 12x15,2, 10x4,7 und 28x3,7 Zentimeter) sowie sechs Torpedorohre, verdrängte mit einer Länge von 112 Meter gut 11.000 Tonnen und erreichte eine Geschwindigkeit von 17 Knoten. Die Besatzung zählte knapp 700 Mann. Damit entsprach die „Petropawlowsk“ durchaus ihrer Zeit – erst die britische „Dreadnought“ setzte ab 1906 mit nur noch zwei Kalibern (10×30,5 und 27×7,6 Zentimeter) und hoher Geschwindigkeit andere Standards.

Die Japaner nutzten die Freiräume, die ihnen Starcks Passivität bot, um ihre Armee in Korea zu landen und nebenbei einige russische Schiffe auf See zu zerstören. Versuche japanischer Zerstörer, in den Hafen von Port Arthur einzudringen, konnten die Russen abwehren. Als sie jedoch darangingen, die Einfahrt mit Minen zu sichern, verloren sie einen Minenleger und einen Kleinen Kreuzer. Der Grund war das Fehlen genauer Karten, auf denen die Lage der Sperren exakt verzeichnet werden konnte.

Das Nichtstun verschwand jedoch schlagartig, als Starck Ende Februar von Admiral Stepan Makarow abgelöst wurde. Der hatte sich auch als Ozeanograf und Polarforscher einen Namen gemacht und galt als einer der fähigsten Seeoffiziere Russlands. „Seine starke Führerpersönlichkeit, die er bereits im Russisch-Türkischen Krieg von 1877 als junger Leutnant unter Beweis gestellt hatte, brachte die in Port Arthur am meisten benötigte Eigenschaft mit“, urteilt der US-Marinehistoriker Neville T. Kirk: „Er begann sofort, die Kampfmoral wiederherzustellen, Angriffsgeist zu entwickeln und hohe Maßstäbe an Material und Leistung anzulegen.“

Stepan Osipovich Makarov or Makharoff (1849-1904) Russian admiral in command of Pacific fleet at beginning of Russo-Japanese War 1904-1905. Killed when his flagship 'Petropavlosk' struck a mine and sank in third month of the war. (Photo by: Photo12/Universal Images Group via Getty Images) Getty ImagesGetty Images
Stepan Ossipowitsch Makarow (1849-1904), Oberbefehlshaber der zarischen Ostasienflotte
Quelle: Universal Images Group via Getty Images

Dabei gab er selbst ein eindrucksvolles Beispiel. Als japanische Zerstörer einige russische Vorposten-Schiffe angriffen, hisste er auf einem Kreuzer – die „Petropawlowsk“ war nicht schnell genug fahrbereit – seine Flagge und kam seinen Leuten rechtzeitig zu Hilfe. In der Folge gelang es dem Admiral, Togos nächtliche Versuche, den Hafen mit versenkten Schiffen zu blockieren, mit schnellen Gegenattacken zu vereiteln.

Aber Makarow beließ es nicht bei Reaktionen. Er analysierte die japanische Taktik, die nicht allein darauf zielte, den Hafen von Port Arthur zu sperren, sondern im Fall eines Scheiterns mit seinen Großkampfschiffen vorzurücken und die russischen Einheiten unter Feuer zu nehmen. Der Admiral entwickelte daraufhin den Plan, in so einem Fall mit seinen Linienschiffen auszubrechen und Togo auf offener See zu stellen. Dann wollte er sich auf Port Arthur zurückziehen, um den Feind in das Feuer der Festungsartillerie zu ziehen. Ein Angriff gegen japanische Zerstörer am 27. März bewies, dass ein solches Unternehmen Aussicht auf Erfolg hatte. Noch allerdings konnten die Japaner rechtzeitig ablaufen.

Unterganb der Petropawlowsk 1904 / Pet.P Russisch-japanischer Krieg 1904/05. - "La Catastrophe du Petropavlosk (..)". (Untergang des russ.Flaggschiffs "Petro- pawlowsk" vor Port Arthur am 13.April 1904; Tod des Admirals Stepan Makarow und von 600 Mann Besatzung). - Farbdruck. Aus: Le Petit Parisien, Supplement litteraire illustre, 16.Jg., Paris, 1.Mai 1904. Berlin, Slg.Archiv f.Kunst & Geschichte.
Binnen weniger Minuten versank die „Petropawlowsk“ nach einer Explosion
Quelle: picture-alliance / akg-images
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Als Togo am 12. April mit dem Gros seiner Flotte – sechs Linienschiffe, acht Panzer- und sechs Kleinen Kreuzer – vor Port Arthur erschien und seine Zerstörer gegen die Hafeneinfahrt liefen, schickte Makarow seine Kreuzer vor und befahl seinen Großkampfschiffen den Angriff. Der Admiral musste jedoch feststellen, dass Togo das Gefecht nicht annahm, sondern zurücklief, bevor die russische Flotte sich formiert hatte.

Der Japaner hatte jedoch mit der energischen Reaktion Makarows gerechnet und mit einem Streuminenschiff eine Sperre vor die Ausfahrt des Hafens gelegt. Da die russische Aufklärung das Schiff für einen Zerstörer gehalten hatte, blieb die Gefahr unerkannt. Die russischen Schiffe gelangten zwar ohne Probleme aus dem Hafen heraus. Doch auf dem Rückmarsch liefen die „Petropawlowsk“ und das Linienschiff „Pobeda“ auf Minen. Dieses konnte sich trotz Beschädigungen nach Port Arthur retten.

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Makarows Flaggschiff aber explodierte und sank binnen weniger Minuten. 80 Überlebende konnten von Rettungsbooten aufgenommen werden, 620 kamen um. Unter ihnen waren der Admiral, die meisten Mitglieder des Stabes sowie der Polarforscher Michail Wassiljew und der bekannte Schlachtenmaler Wassili Wereschtschagin. Ein umherfliegendes Eisenstück habe Makarow getroffen, berichtete Großfürst Kyrill Romanow, der nicht nur die Katastrophe, sondern auch die folgenden Revolutionen überlebte und sich 1924 in Paris zum russischen „Kaiser im Exil“ erklärte.

Mit Makarows Tod endete der Versuch, „Defaitismus und alle Unfähigkeit wegzufegen, die wie ein Leichentuch über Port Arthuer lagen“, schreibt Kirk und zitiert einen russischen Kapitän: „Mit ihm (Makarow) wurde alle Hoffnung, das Geschwader wieder leistungsfähig zu machen, begraben.“

Im August begannen die Japaner auch von Land aus mit der Belagerung von Port Arthur, in deren Verlauf das Pazifische Geschwader zerstört wurde und die Anfang 1905 mit der Kapitulation der Festung endete. Der Versuch der Baltischen Flotte des Zaren, nach einem Marsch um die halbe Welt den Seekrieg gegen Japan wiederaufzunehmen, vereitelte Togo in der Schlacht bei Tsushima. 28 russische Schiffe wurden versenkt oder vom Gegner erbeutet. Japan stieg damit endgültig zur maritimen Großmacht im Pazifik auf, während Zar Nikolaus II. Mühe hatte, seine Herrschaft über die Revolution zu retten.

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Übrigens wiederholte sich die japanische Eigenart, Angriffe zur See ohne Kriegserklärung zu führen, beim Überfall auf die US-Pazifikflotte am 7. Dezember 1941 in Pearl Harbor auf Hawaii – in diesem Fall aber unbeabsichtigt: Die Übergabe der Kriegserklärung durch den kaiserlichen Botschafter in Washington verzögerte sich, weil die Dechiffrierung des Dokuments in der Botschaft zu viel Zeit in Anspruch genommen hatte.

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