Das Attentat von Sarajevo – die Julikrise 1914 in Geschichte | Schülerlexikon | Lernhelfer

Das Attentat von Sarajevo – die Julikrise 1914

Die politische Atmosphäre in Europa war im Sommer 1914 sehr aufgeheizt. Besonders auf der Balkanhalbinsel gärte es, denn dort gab es eine explosive Mischung unterschiedlichster Interessen. In den Balkankriegen 1912 und 1913 hatten die Balkanstaaten das Osmanische Reich noch gemeinsam von ihren Territorien vertrieben. Dann fielen sie aber selbst übereinander her.

In diesem sprichwörtlichen Pulverfass versuchte nun auch die Donaumonarchie Österreich-Ungarn ihre Ansprüche zu vertreten; war doch Bosnien-Herzegowina 1908 annektiert und Serbien damit den Zugang zum Mittelmeer versperrt worden. Nun reichte ein kleiner Funken, um auf dem Balkan die Explosion herbeizuführen.
Dieser Funken zündete im Juni 1914.
Am 28. Juni trafen der österreichisch-ungarische Thronfolger Erzherzog FRANZ FERDINAND und seine Gemahlin zu einem offiziellen Besuch in Bosnien-Herzegowina ein. Der 28. Juni hatte für Serbien symbolische Bedeutung. An diesem Tag wurde der Schlacht auf dem Amselfeld gedacht, in der die Serben 1389 von den Osmanen besiegt worden waren. Im Jahr 1914 war dieser Tag zum ersten Mal ein offizieller serbischer Feiertag. Der Erzherzog war nach Sarajevo gekommen, um die Aufmerksamkeit von der großserbischen Propaganda, die mit dem Feiertag verbunden war, abzulenken.
Während einer Rundfahrt durch Sarajevo wurden beide vom bosnischen Studenten GAVRILO PRINCIP mit mehreren Schüssen getötet. Einen ersten Attentatsversuch hatte das Paar noch wenige Stunden vorher überlebt, als ein Attentäter eine Bombe geschleudert hatte, die jedoch den nachfolgenden Wagen traf. Hinter dem Attentat stand eine serbische Geheimorganisation, die sich „Vereinigung oder Tod“ oder „Schwarze Hand“ nannte. Diese Organisation hatte die Errichtung eines Großserbischen Reichs zum Ziel und wurde wahrscheinlich von Russland unterstützt.
Die Regierung von Österreich-Ungarn in Wien war nach dem Attentat entschlossen, sofort gegen Serbien vorzugehen. Man vermutete die eigentlichen Drahtzieher des Anschlags in serbischen Militär- und Geheimdienstkreisen. Wie sich erst viel später herausstellte, war die serbische Regierung nicht unmittelbar am Anschlag beteiligt gewesen. Sie war allerdings von den Attentatsplänen informiert gewesen, hatte aber nichts dagegen unternommen.

Julikrise 1914die beteiligten Mächte neben Österreich-Ungarn und Serbien

Kurz nach dem Attentat ließ die kaiserliche Regierung in Wien bei Kaiser WILHELM II. anfragen, wie die deutsche Haltung zu einem Krieg mit Serbien sei. Deutschland versicherte auf diese Anfrage schon am 6. Juli 1914, dass es voll zu seinen Bündnisverpflichtungen stehen werde, die sich aus dem Zweibund von 1879 ergaben. Das kam einer Blankovollmacht für Wien zum Vorgehen gegen Serbien gleich.
Gleichzeitig empfahl man, rasch gegen Serbien vorzugehen, damit der Krieg angesichts der undurchsichtigen Situation auf dem Balkan auch lokal begrenzt bliebe. Deutschland hoffte dabei auch darauf, dass Russland, das hinter Serbien stand, nicht zum Krieg bereit sei und deshalb Serbien nichts unterstützen könne. Ein Krieg mit Russland konnte in Berlin dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden; hatte Deutschland doch Österreich-Ungarn seine bedingungslose Unterstützung zugesichert, auch für den Fall eines russischen Kriegseintritts.
Anfang Juli signalisierte plötzlich auch Frankreich dem russischen Zaren, dass es zu seinen Bündnisverpflichtungen stehen würde. Im Gegenzug entschied sich wenig später nun auch Russland, Serbien im Kriegsfall gegen seine Gegner zu unterstützen.
Damit war im Juli 1914 eine Krisensituation entstanden, durch die die Ausweitung des ursprünglich lokalen Konflikts vorprogrammiert war.

Österreich-Ungarn zündet den Funken

Mit der deutschen Blankovollmacht im Rücken stellte die Wiener Regierung am 23. Juli ein Ultimatum an Serbien (Text 1). Darin wurde das Land aufgefordert, alle gegen Österreich-Ungarn tätigen Verschwörer zu verfolgen und die Verantwortlichen für das Attentat unter Beteiligung österreichischer Behörden zu bestrafen.
Serbien erkannte diese Forderungen teilweise an, verhielt sich aber allen Bedingungen gegenüber ausweichend, die seine Souveränität einschränkten. Gleichzeitig wurde die Teilmobilmachung der serbischen Armee angeordnet.
Noch am gleichen Tag, an dem die serbische Antwort eingetroffen war, erklärte Österreich-Ungarn, dass diese unzureichend sei, brach alle diplomatischen Beziehungen zu Serbien ab und ordnete ebenfalls die Teilmobilmachung an.
Wenige Tage später machte Großbritannien einen letzten Versuch, den Konflikt zu entschärfen. Es schlug die Einberufung eines internationalen Schiedsgerichts zur Bewertung der Vorgänge vor.
Auch Frankreich versuchte auf diplomatischem Weg beschwichtigend einzugreifen, und selbst die deutsche Regierung hielt die serbische Antwort auf das Ultimatum für ausreichend. Sie schlug noch Ende Juli direkte Verhandlungen zwischen Österreich-Ungarn und Russland vor.
Dennoch erklärte am 28. Juli 1914 Österreich-Ungarn Serbien den Krieg und setzte damit das komplizierte Bündnissystem zwischen den europäischen Mächten in Gang:

  • Russland reagierte auf die Kriegserklärung an Serbien zunächst mit der Teilmobilmachung und am 30. Juli mit der Generalmobilmachung seiner Armee.
  • Der deutsche Generalstab drängte daraufhin Österreich-Ungarn zur Generalmobilmachung und zum Handeln gegen Serbien. Er riet des Weiteren davon ab, auf die Vermittlungsversuche Englands und Frankreichs einzugehen, womit sich die militärische Führung des Deutschen Reichs in Widerspruch zur Reichsregierung setzte.
  • Am 29. Juli 1914 eröffneten dann österreichisch-ungarische Truppen auch den Krieg gegen Serbien und beschossen die serbische Hauptstadt Belgrad.

Weitere europäische Großmächte folgen
Hintergrund für den Rat des deutschen Generalstabs war der sogenannte Schlieffenplan. Dabei handelte es sich um eine militärische Strategie, die im Falle eines Zweifrontenkriegs gegen Frankreich und Russland vorsah, zuerst Frankreich und dann Russland zu schlagen. Deshalb war es aus deutscher Sicht auch wichtig, schnell zu handeln, um den Überraschungseffekt gegenüber Frankreich nutzen zu können und Russland keine Zeit für lange Kriegsvorbereitungen zu lassen.
Deutschland, das von der Generalmobilmachung in Russland erfahren hatte, verkündete den „Zustand drohender Kriegsgefahr“ und forderte Russland ultimativ auf, die Mobilmachung innerhalb von 12 Stunden abzubrechen. Frankreich erhielt ein 18-stündiges Ultimatum mit der Forderung, im Falle eines deutsch-russischen Krieges neutral zu bleiben. Nachdem Russland nicht auf das Ultimatum geantwortet hatte, ergingen am 1. August 1914 der Befehl zur Generalmobilmachung im Deutschen Reich und die Kriegserklärung an Russland.
Da Frankreich verlautbaren ließ, dass es auch seine Interessen wahren werde, wurde ihm zwei Tage später von Deutschland der Krieg erklärt.
Am 3. August überfielen deutsche Truppen gemäß dem Schlieffenplan das neutrale Belgien, das es Deutschland nicht erlaubt hatte, das Land als Durchmarschgebiet zu missbrauchen. Der Einmarsch in Belgien wiederum rief Großbritannien auf den Plan, das Deutschland das Ultimatum stellte, die belgische Neutralität zu respektieren.
Damit befand sich Deutschland faktisch auch mit Großbritannien im Krieg. Die restlichen Kriegserklärungen zwischen Verbündeten und Gegnern folgten innerhalb weniger Tage.
Ein Funke hatte das Pulverfass auf dem Balkan zur Explosion gebracht und Europa in Brand gesteckt - der Erste Weltkrieg hatte begonnen.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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