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Die Hexe von Köln: Roman Taschenbuch
- Seitenzahl der Print-Ausgabe624 Seiten
- SpracheDeutsch
- HerausgeberHeyne, W
- ISBN-103453721535
- ISBN-13978-3453721531
Produktbeschreibungen
Klappentext
The Booklover
"Ein wahrer Page-Turner und eine Hymne an die Freiheit des Geistes."
Publisher's weekly
"Frivol, romantisch und voller ausgereifter Figuren. Learner schreibt so sinnlich wie Geraldine Brooks und Diana Gabaldson."
Library Journal
Leseprobe. Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Rechteinhaber. Alle Rechte vorbehalten.
JANUAR 1665
Die Schwangere krümmt sich, als die Wehen einsetzen, und schreit vor Schmerz. Schweißperlen stehen ihr auf der Stirn. Im flackernden Kerzenlicht ähnelt ihr verzerrtes Gesicht dem der Figur, die über dem Himmelbett hängt: die heilige Ursula, Schutzpatronin der Stadt Köln, die einst als Jungfrau den Märtyrertod erlitt.
»Tief atmen!«
Die Hebamme Ruth bas Elazar Saul, Tochter des obersten Rabbis von Deutz, reibt den prallen Bauch behutsam mit einer Salbe aus Lilienöl, Osterluzei und Safran ein.
»Atmen Sie, das lindert die Schmerzen!«, mahnt sie. Eine Haarsträhne fällt ihr ins Gesicht, die unter ihrer Damasthaube mit zwei Spitzen, der charakteristischen Kopfbedeckung jüdischer Frauen, herausgerutscht ist. Als sie sich vorbeugt, um die Lage des Kindes zu prüfen, heben sich die beiden Spitzen vor der dunklen Wand wie Silhouetten von Hörnern ab.
Die Hebamme lässt ihre Finger in die stöhnende Frau gleiten und untersucht, wie weit sich der Muttermund geöffnet hat. Ihre Gehilfin Miriam, eine unscheinbare Fünfzehnjährige, tupft der Gebärenden die Stirn ab und sieht Ruth besorgt an. Über zwanzig Stunden dauern die Wehen nun schon an, und das Kind hätte längst kommen müssen. Miriam, die sich der Konsequenzen für eine jüdische Hebamme, falls bei der Niederkunft einer reichen Katholikin etwas schief geht, nur allzu bewusst ist, deutet verstohlen mit dem Kopf auf die Geburtshaken: drei gebogene Stahlinstrumente am Herd, die sich im Schein des Feuers bedrohlich ausnehmen. Sie sind das letzte Mittel, um notfalls das Kind am Kopf zu packen und herauszuziehen.
»Nein, Miriam, noch nicht«, beantwortet Ruth die stumme Frage.
Die junge Frau zuckt plötzlich zusammen. Die violetten Adern auf ihrem gewaltigen Bauch spannen sich, als sie sich an die Bettpfosten hinter ihrem Kopf klammert. Ruth untersucht die Lage des Kindes und versucht, mit ihren langen Fingern die Wölbung des Köpfchens, die kleinen Knoten der Wirbelsäule und die Fußknochen zu ertasten. Mit der hohlen Hand umfasst sie das kleine Gesäß, das zum Muttermund weist. Sanft massiert sie das Kind, damit es sich dreht, aber es weigert sich hartnäckig.
»Steißlage«, raunt Ruth Miriam zu, deren Augen sich vor Schreck weiten.
Die Hebamme wendet sich vom Bett ab und öffnet eine Ledertasche von eigentümlicher orientalischer Machart, die auf der Vorderseite mit einem einzelnen hebräischen Buchstaben verziert ist. Sie kehrt der Frau den Rücken zu und holt ein Rauchglasgefäß mit einem graugrünen Pulver hervor.
Sie geht in die Knie und beginnt, die Asche vorsichtig in einem großen Kreis um die niederkommende Frau und ihre Helferin auf dem Boden zu verstreuen. Während sie den Kreis mit der linken Hand auslegt, murmelt sie die hebräischen Namen der drei Engel - Snwy, Snsnwy und Smnglf.
Obwohl Ruth sehr konzentriert arbeitet, steigt leichte Panik in ihr auf. Es muss Lilith sein, vermutet sie, die ihre Ängste schüren will. Lilith: die Dämonin, die Neugeborene erdrosselt und Müttern bei der Geburt das Leben raubt. Die geheime Verkörperung all ihrer Ungewissheiten und Zweifel, all ihrer Sehnsüchte; das nebulöse Phantom, von dem sie verfolgt wird, seit sie als kleines Mädchen sah, wie ihre Mutter bei ihrer zweiten Niederkunft starb. Ruth glaubt zu spüren, wie sich die Luft über ihr bewegt; sie kann die unsichtbare Anwesenheit des Bösen fast fühlen, kann den schwefeligen Atem fast riechen, der ihr über die linke Schulter weht.
Das sind unvernünftige Gedanken!, schilt die Hebamme und besinnt sich auf die nüchterne Klarheit ihrer medizinischen Kenntnisse, um die Furcht zu verjagen, die sich in ihrem Inneren auszubreiten droht. Aber das Bild der Dämonin lässt sich nicht vertreiben: Die große Verführerin, deren verschwommene Umrisse Ruth aus den Augenwinkeln wahrzunehmen glaubt, scheint sie aus jeder Ecke des mit dunklem Holz getäfelten Zimmers anzustarren.
Von draußen ertönt der unheimliche Ruf einer Schleiereule. Und plötzlich taucht in der grauen Dämmerung ein weiß gefiederter Kopf mit großen Augen vor dem Fenster auf, und die Eule fliegt blindlings gegen die Scheibe. Liliths Totem - das Tier, in das sie sich verwandelt, um an den Brüsten kleiner Kinder oder den Zitzen von Ziegen zu saugen. Miriam kauert neben dem Bett und greift verängstigt nach dem Davidstern, der unter dem Kleid versteckt an ihrem Hals baumelt. Ruth bezwingt ihre Angst und fährt beharrlich mit dem Schutzzauber fort.
Einen Augenblick später huscht ein langer Schatten über die Zimmerdecke. Die niederkommende Frau schreit und bäumt sich vor Schmerz auf. Nur mit Mühe gelingt es Miriam, sie im Bett festzuhalten. Entschlossen beißt Ruth die Zähne zusammen und vollendet den Kreis, während sie ihre Beschwörungsformel immer lauter spricht. Graue Ascheflocken vereinigen sich, als sie endlich den Schutzkreis schließt. Mit einem Seufzer der Erleichterung richtet sie sich auf. Nun hat sie alle erdenklichen Vorkehrungen getroffen, die spirituellen ebenso wie die medizinischen.
Sie geht zur Waschschüssel, um sich die Hände zu waschen, und betritt die an das Schlafgemach grenzende kleine Kammer.
Meister Franz Brassant erhebt sich. Er ist ein großer Mann Anfang fünfzig und mindestens fünfundzwanzig Jahre älter als seine Frau. Dennoch ist er modisch gekleidet wie ein Junger: Er trägt ein Seidenhemd mit bestickter Samtweste, dazu Kniehosen mit Spitzenbesatz - die Kleidung eines wohlhabenden Bürgers. Brassant sitzt als Gaffelmitglied im Rat und unterhält gute Beziehungen zu den vier einflussreichsten Kaufmannsfamilien von Köln.
»Wie geht es ihr?« Ein Geruch nach kaltem Schweiß und Angst steigt aus seinen Kleidern, die von der hastigen Heimfahrt durch den Regen noch dampfen.
Für lange Erklärungen fehlt die Zeit, und so beschließt Ruth, auf die Intelligenz des Mannes zu vertrauen, der vor ihr steht. Sie sieht ihm fest in die Augen und registriert die große Beklommenheit in seinem Blick.
»Ich muss schneiden«, antwortet sie ohne Umschweife.
Schockiert hält Meister Brassant die Luft an. Seine Hände tasten nach dem Rosenkranz seiner Frau aus Korallen und Silber, den er sich um den dicken Hals geschlungen hat. »Für gewöhnlich würde ich einer Jüdin nicht gestatten, meine Frau zu berühren. Nicht einmal ins Haus lassen würde ich sie. Aber man sagt, du bist die Beste im ganzen Rheinland.«
»Ich bin eine ausgebildete Hebamme, keine Wundertäterin.«
»Nicht an Wunder zu glauben ist Blasphemie.«
»Ich glaube an die scientia nova, Meister Brassant. An das Wissen und die Natur. Das sind für mich die Kräfte, die sich bewährt haben.«
»Beten und Glauben sind die Aufgaben des Menschen. Aller Menschen.«
»Wir vergeuden kostbare Zeit. Wenn wir uns nicht beeilen, erstickt das Kind und Ihre Frau stirbt.«
Brassant starrt die kleine, dunkelhaarige und seltsam Respekt einflößende Person an, die vor ihm steht. Einer Frau solchen Schlages ist er noch nie begegnet, und nun soll er das Schicksal seiner jungen Gattin und seines Kindes in ihre Hände legen! Sein Blick bleibt an dem goldenen Halbmond hängen, der an Ruths Hals baumelt - das Zeichen Spaniens. In ihren Adern muss sephardisches Blut fließen. Sofort ist ihm wohler: Mit den spanischen Juden in Amsterdam hat er schon Geschäfte gemacht, ihnen vertraut er.
»Ich gebe meine Erlaubnis. Aber wenn sie stirbt, oder das Kind, dann stirbst auch du.«
Ruth zeigt sich unbeeindruckt; ihre einzige Sorge gilt der jungen Frau. Sie nickt und macht äußerlich ungerührt einen Knicks, der keine Unterwürfigkeit erkennen lässt.
»Ich werde jedenfalls beten«, sagt Brassant noch, als die Hebamme wieder im Schlafgemach verschwindet. In diesem Augenblick schreit die Niederkommende laut auf. Schaudernd bekreuzigt sich der Goldhändler und küsst den Rosenkranz. Er hat bereits zwei Frauen und vier Kinder verloren und fürchtet sich vor einem neuerlichen Verlust.
Er sinkt auf die Knie und macht sich bereit, mit Gott bis zum Äußersten zu feilschen. Immerhin...
Produktinformation
- Sprache : Deutsch
- Taschenbuch : 624 Seiten
- ISBN-10 : 3453721535
- ISBN-13 : 978-3453721531
- Amazon Bestseller-Rang: Nr. 2,183,315 in Bücher (Siehe Top 100 in Bücher)
- Kundenrezensionen:
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Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen, obwohl sie teilweise sehr vorhersehbar war. Leider war der Schreibstil überhaupt nicht mein Ding und hat mich immer wieder dazu verleitet mit meinen Gedanken vom Buch abzuweichen, sodass ich manche Passagen mehrmals lesen musste.
Der ständige Wechsel zwischen der Gegenwartsform und der Vergangenheitsform war zwar notwendig, hat mich aber verwirrt. Mir kamen die Details im Buch vor, als wären sie gut recherchiert worden.
Von mir gibt es 4 von 5 Sternen - einen Punkt Abzug für die gewählte Erzählform bei einer trtoz allem gut erzählten Geschichte.
Die jüdische Hebamme Ruth bas Elazar Saul fällt dem persönlichen Rachefeldzug des spanischen Inquisitors Carlos Vincente Solitario zum Opfer und wird wegen ihrer revolutionären Geburtsmethoden der Hexerei angeklagt. Ihre Geburtshilfe ist eine Kombination der Mystik der Kabbala und der „Scientia Nova" nebst radikal-humanistischer Ideen Benedict Spinozas. Ruth wird gefoltert und kommt fast zu Tode. Zu Hilfe kommt ihr der Kanoniker des Hohen Doms zu Köln, Detlef von Tennen. Er erkennt während des Verhörs, dass Solitario von persönlicher Rachegier getrieben wird und dass Ruth von einer Welt träumt, in der alle gleich sind und die gleichen Rechte haben..
Inmitten von Inquisition, politischen Winkelzügen und einem persönlichen Rachefeldzug entwickeln sich Liebesbande zwischen Detlef und Ruth. Eine Liebe, entgegen aller Konventionen.......
Hört sich doch ganz gut an, oder? Nicht ganz, denn leider hat Learner die o.a. Liebesgeschichte in einem Wust aus Mystik, Politik und Philosophie versteckt, der über große Strecken die Lesefreude doch sehr trübt. Nach eigenen Angaben hat Learner monatelang in Europa und in den USA recherchiert. Jeder Autor nimmt sich verständlicherweise Freiheiten, aber ich denke kaum, dass ein Gerichtsverfahren in einem mittelalterlichen Hexenprozess auch nur geringste Ähnlichkeit hat mit Gerichtsverfahren, das uns in „Die Hexe von Köln" präsentiert wird. Wie kann sie sich nach angeblich so gründlicher Recherche dann solche Fehler erlauben? Der Prozess erinnerte mich eher an moderne amerikanische Gerichtsverfahren oder an „Matlock". Ich bin nicht besonders empfindlich, aber Learner hat die Foltermethoden wirklich etwas zu graphisch und detailliert beschrieben. Und gefoltert wurde ja nun einmal während der Inquisition ziemlich viel. Wenn Sie nicht wissen möchten, was z.B. getan wird, um jemandem die Augäpfel aus dem Kopf platzen zu lassen, sollten Sie dieses Buch lieber nicht lesen (und das ist nur ein Beispiel!).Gut gelungen sind allerdings die erotischen Szenen in diesem Buch und das waren wiederum nicht allzuviele. Vielleicht hätte sie doch besser bei erotischen Kurzgeschichten bleiben sollen?
Fazit: 3 Sterne. Warten Sie lieber bis zur Taschenbuchausgabe.
Manchmal etwas zu blutrünstig und das Ende ist sehr traurig, aber alles in allem ein netttes Buch das einen abtauchen lässt in eine längst vergangene (grausame) Zeit. Die Story ist sehr abwechslungsreich und langweilig wied es eigentlich auch nie,aber hin und wieder etwas unrealistisch (z.B. als sie ihr Kind bekommt und die Soldaten suche nach ihr und finden sie nicht).