Der Prunksüchtige: August der Starke - WELT
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Kunssammlung Dresden Feb2010 Der Prunksüchtige

August der Starke

Freier Autor Geschichte
August der Starke legte den Grundstock für die Kunstsammlungen in Dresden. Damit jeder seine Königswürde sehen konnte, statte er seine Residenzen so aus, dass sie zu den prächtigsten ihrer Zeit wurden. Doch alle Pracht seiner Hofhaltung konnte kaum die erheblichen Mängel seiner Herrschaft verdecken.

Wie komme ich zu einer Königskrone? Diese Frage stellte sich nach dem Frieden von Münster und Osnabrück auch Friedrich August aus dem Hause Wettin, als er nach dem Tod seines älteren Bruders plötzlich als Kronprinz und, 1694, im Alter von 24 Jahren als Kurfürst von Sachsen dastand. Von seinem Vater, Johann Georg III., hatte er ein Land geerbt, das die Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges erstaunlich schnell überwunden hatte. Eine ansehnliche Armee stand bereit. Die Erziehung, die Friedrich August zuteilwurde, hatte ihn zu einem selbstbewussten, weltläufigen Fürsten gemacht, der weite Teile Europas aus eigener Anschauung kannte.

Der neue Kurfürst handelte entschlossen und im rationalen Geist des Barock. Zum einen diente er sich dem Kaiser in Wien als Heerführer und Verbündeter gegen die Türken an. Zum anderen betrieb er, den Habsburger im Rücken, seine Kandidatur um die Krone Polens. Dafür konvertierte Friedrich August I., dessen Ahnen noch Luther verteidigt hatten und dem in der komplizierten Reichsverfassung doch der Vorsitz im Corpus Evangelicorum zukam, kurzerhand zum katholischen Glauben. Auch schmierte er den polnischen Adel. Im Laufe der Jahre sollen sich die Bestechungsgelder auf die gigantische Summe von 40 Millionen Gulden summiert haben. Und als ein französischer Prinz ihm doch noch die Wahl streitig machen wollte, scheute sich Friedrich August nicht, seine Armee gegen den Konkurrenten und dessen Anhänger ins Feld zu schicken. 1697 wählte ihn der polnische Sejm als August II. zum König.

Was den Rang anging, konnte der Sachse so mit seinem großen Vorbild, Ludwig XIV. von Frankreich, gleichziehen. Und damit jeder das sehen konnte, stattete er seine Residenzen in Dresden und Warschau in einer Weise aus, die sie zu den prächtigsten ihrer Zeit machte. Zahlreiche Schlösser entstanden, Kunstsammlungen von exquisitem Geschmack und erlesener Qualität, Luxusgewerbe wie die Meißener Porzellanmanufaktur. Der Zwinger und der Große Garten waren Schauplätze rauschender Feste. In Pillnitz feierte man Wasserfeste auf der Elbe, Moritzburg war das königliche Jagdschloss, der Barockgarten Großsedlitz diente den Festen zur Verleihung des polnischen Adlerordens. Zahlreiche Künstler hielten sich am Hof Augusts auf.

Doch das Geld, das Dresden in ein Elb-Florenz verwandelte, fehlte beim Aufbau einer absolutistischen Verwaltung, die erst die Voraussetzung dafür gewesen wäre, in der Hofhaltung dem Sonnenkönig in Versailles nachzueifern. Der Mangel an Macht und Geld verdüsterte bald auch die polnischen Perspektiven. In der Adelsrepublik galt der Königstitel nicht viel, er war vor allem nicht mit großen Einkünften verbunden, was erhebliche Zuschüsse aus Sachsen notwendig machte.

Vor allem aber zog Polen den Sachsen unweigerlich in eine komplizierte Mächtemelange hinein, die sich in mörderischen Kämpfen entlud. Es ging um die Vorherrschaft im Ostseeraum, die Schweden besaß und Russland begehrte. Von 1700 bis 1719 war Sachsen-Polen allein am großen Nordischen Krieg beteiligt, in dem Polen vor allem Schlachtfeld war und August II. zeitweilig seine Krone verlor. An dessen Ende hatten die Hohenzollern in Brandenburg ebenfalls die Standeserhebung zum Königtum geschafft. Polen aber war gleichsam zum fragilen Glacis herabgesunken zwischen Preußen, Schweden und der neuen zaristischen Großmacht.

Es steht für Charisma und Repräsentationskunst Augusts des Starken, wie er genannt wurde, dass er in dieser Position bestehen konnte. Allerdings bezog sich sein Beiname nicht auf die Stärke von Staat oder Armee, sondern auf eine sehr individuelle körperliche Leistungsfähigkeit. Einmal soll er ein Hufeisen mit bloßen Händen zerbrochen haben, was seine Untertanen begeisterte. Andererseits wurden ihm mehr als 354 Kinder nachgesagt, von denen er immerhin acht anerkannt hat.

Mängel in der Herrschaft

Doch alle Pracht seiner Hofhaltung konnte kaum die erheblichen Mängel seiner Herrschaft verdecken. Nur mit russischer Hilfe konnte sich August II. im Chaos der polnischen Innenpolitik behaupten, unfähig, irgendwelche nachhaltigen Reformen voranzutreiben. Seine brandenburgischen Nachbarn studierten die Lage wohl und ließen sich auch gern ihr chinesisches Porzellan gegen 600 Dragoner abtauschen. Schon damals aber machte die Idee bei den Preußen die Runde, neben der Führung im protestantischen Lager dem kaisertreuen Nachbarn auch gleich noch sein Land zu nehmen. Friedrich der Große wäre es beinahe gelungen. Es heißt, Demütigungen, die ihm der Sachse als Kronprinz zuteilwerden ließ, sollen ihn zusätzlich motiviert haben.

Doch diese Suppe hatte des Starken gleichnamiger Sohn auszulöffeln, dem es sogar noch gelang, die polnische Königskrone zu tragen. Sein Vater, der bereits an Diabetes litt und zuletzt 110 Kilogramm (bei einer Größe von 1,76 Metern) auf die Waage brachte, war am 1. Februar 1733 in Warschau zusammengebrochen. Noch in der Nacht starb er. Sein Körper wurde in der Kathedrale zu Krakau bestattet, seine Eingeweide kamen in die Kapuzinerkirche nach Warschau, aber sein Herz am Ende in die Katholische Hofkirche zu Dresden.

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