Warum Märchenkönig Ludwig regelmäßig nach Peißenberg kam
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Warum Märchenkönig Ludwig regelmäßig nach Peißenberg kam

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König Ludwig II. von Bayern
König Ludwig II., der bayerische Märchenkönig © dpa

Kaum ein bayrischer Herrscher ist auch heute noch so präsent wie der Märchenkönig. Das Leben sollte für Ludwig II. Höhen und Tiefen bereithalten – und dabei immer wieder nach Peißenberg führen.

Peißenberg – Ludwig Otto Friedrich Wilhelm von Bayern, genannt Ludwig II., wurde am 10. März 1864 zum König von Bayern ausgerufen. Nur einen Monat zuvor, am 5. Februar 1864, hatte ein Augsburger Baumeister mit dem Bau einer Bahnstrecke zwischen Starnberg und Peißenberg begonnen, der den Pfaffenwinkel mit München verband. Ein Umstand, der eine Rolle im Leben und im Sterben des Königs spielen sollte.

Doch der Reihe nach: Ludwig II. kam im Alter von 18 Jahren auf den bayrischen Thron. Der frühe Tod seines Vaters hatte den Prinzen unerwartet getroffen. Noch im Herbst desselben Jahres begann mit dem Deutsch-Dänischen Krieg der erste der drei sogenannten deutschen Einigungskriege. Bayern enthielt sich der Kampfhandlungen, der wachsende preußische Einfluss wurde dennoch spürbar. Den jungen König jedoch interessierte das wenig: Sein Herz schlug nicht für die hohe Politik, sondern für die Kunst – und für die Alpen.

Mittagsmahlzeit im Peißenberger „Gasthof zur Post“

Seit frühester Kindheit war Ludwig vernarrt in die bayrischen Alpen, besonders in die Gegend um Füssen. Schon als junger Prinz zog es ihn regelmäßig ins Oberland, wobei der spätere König auch mehrmals in Peißenberg Halt machte, um im „Gasthof zur Post“ seine Mittagsmahlzeit zu sich zu nehmen. Im beschaulichen Peißenberg konnte Ludwig Kraft tanken, denn er hatte große Ziele: Die Errichtung eines fantastischen Bauwerks, den Bau einer neuen Burg Hohenschwangau, dem heutigen Schloss Neuschwanstein.

Der König verlor keine Zeit: Kaum stand der Plan, begannen 1869 auch schon die Arbeiten. Dass Bayern zuvor im Deutsch-deutschen Krieg auf der Verliererseite gestanden hatte und Land, Geld und außenpolitische Souveränität abgeben musste, stellte für den Monarchen kein Problem dar. Im Gegenteil, seine Pläne schienen mit zunehmender politischer Unsicherheit ausgefallener zu werden.

Bayern kämpfte auf Druck Preußens 1870/1871 im Deutsch-französischen Krieg. Anstatt aber an den Siegesfeiern, an der sogenannten Einigung Deutschlands und der Kaiserproklamation in Schloss Versailles teilzunehmen, verbrachte Ludwig II. seine Tage lieber auf Schloss Linderhof, auf der Baustelle des Schlosses Neuschwansteins oder bei seinem Künstlerfreund Richard Wagner.

Der Königsstuhl aus dem Gasthof zur Post.
Der Königsstuhl aus dem Gasthof zur Post. © Marktarchiv Peißenberg

Ludwig II. war ein Sonderling, der nicht so recht in sein Amt passen wollte. Sogar seine Königskrone wollte er abgeben mit dem Plan, sich ganz in sein Privatleben zurückzuziehen. Der Verantwortung eines Königs und dem gesellschaftlichen Druck konnte er aber nicht entfliehen. Ludwig musste König bleiben, seine Tage verbrachte er jedoch nicht in seiner Residenz in München, sondern im Alpenvorland.

Schnellster Weg von München zu den Königsschlössern verlief durch Peißenberg

Immer wieder zog es ihn dabei auch nach Peißenberg. Seit Fertigstellung der Bahnlinie Starnberg-Peißenberg im Januar 1866 verlief der schnellste Weg von der Residenz in München zu seinen geliebten Schlössern durch Peißenberg. Hatte der König also genug von der Großstadt, was meistens der Fall war, dann bestieg er in München sein metallenes Dampfross, wie ein Zug damals gerne genannt wurde, und erreichte innerhalb von drei Stunden das Oberland.

An der heutigen Haltestelle „Peißenberg Nord“ war seit Fertigstellung der Bahnlinie Endstation. Der König stieg aus, kletterte auf seine bereitstehende Kutsche und fuhr auf einer schmalen Straße ins Dorf. Die Ludwigstraße ist nach ihm benannt, in früheren Zeiten auch König Ludwig II. Straße genannt.

An der Ecke Ludwigstraße/Hauptstraße wartete damals wie heute der „Gasthof zur Post“. Der König verkehrte in diesem altehrwürdigen Peißenberger Gasthaus, sogar ein eigenes Königszimmer wurde für ihn eingerichtet, mit prächtigem Himmelbett und ledernem Sessel, der noch heute in der Post aufbewahrt wird. Nach ausgiebiger Rast ging es schließlich weiter über den Hohen Peißenberg zu den Bergen hin.

Ludwig wurde mit der Zeit immer unzugänglicher

Einige Jahre ging das so: Der König bereiste Peißenberg und das Alpenvorland, Schloss Neuschwanstein nahm Gestalt an und die bayrischen Finanzen stürzten ins Bodenlose. Je länger Ludwigs Regierung dauerte, desto unzugänglicher wurde der König. Am Peißenberger Bahnhof zum Beispiel wurde für den König und seine hohen Gäste ein schmucker Aufenthaltsraum gebaut. Doch anstatt sich im pavillonartigen Gebäude von der Rast und der lauten, stickigen Zugfahrt zu erholen, wollte der König nur noch weiter.

Das ging so weit, dass der König den Zug inmitten der Strecke anhalten ließ, noch bevor dieser die Endhaltestelle erreicht hatte. Der König sprang aus dem Waggon, huschte in die bereitstehende Kutsche und preschte über den Hohen Peißenberg davon. So schnell wie möglich raus aus dem bayrischen Königreich, rein in sein ganz persönliches Reich in Neuschwanstein und Linderhof.

So wenig sich Ludwig noch in Peißenberg zeigte, so weit zog sich Ludwig auch aus der Politik zurück. Er ergab sich seinen „Märchen“, plante wahnwitzige Spielereien und ließ sich neueste technologische Wunder in seine Paläste bauen. Die Regierungsgeschäfte, soweit sie nicht die Finanzierung seiner Bauten betraf, überließ er den Ministern in München.

Keine 24 Stunden nach letztem Peißenberg-Besuch war Ludwig tot

Es war ein unsäglicher Zustand, der letztlich in die Katastrophe führte. In München hatte man schließlich von dem verschwenderischen und abwesenden König genug: Aus der Ferne diagnostizierte man eine unheilbare Seelenkrankheit, weswegen man den 40-jährigen König für regierungsunfähig erklärte. Am 10. Juni 1886 zog eine Münchner Kommission über Peißenberg nach Hohenschwangau. Zwei Tage später kam sie zurück, den entmachteten und entmündigten König im Schlepptau. Im „Gasthof zur Post“ legte der König noch einmal Rast ein. Seine Entourage erholte sich von der raschen Fahrt, dann ging es weiter nach Berg.

Es sollte des Königs letzter Besuch in Peißenberg sein: Keine 24 Stunden später war Ludwig II. tot, sein Körper treibend im Würmer See, dem heutigen Starnberger See. Die Umstände seines plötzlichen Ablebens sollten zu einem der großen Rätsel der bayrischen Geschichte werden und ironischerweise dazu führen, dass ausgerechnet der König, der am liebsten seine Krone abgegeben hätte und aus seinem Reich geflohen wäre, zur Symbolfigur des guten, alten bayrischen Königtums wurde.

Die Menschenmassen, die sich heute durch seine Schlösser wälzen, würden Ludwig vermutlich anwidern. Gut möglich, dass er daher zumindest ein anderes Gedenken an ihn schätzen würde: den König-Ludwig-Fernwanderweg im Pfaffenwinkel. Von Berg über den Starnberger See, nach Herrsching, Wessobrunn und den Hohen Peißenberg führt dieser Wanderweg bis nach Hohenschwangau. Auf kaum einem anderen Weg findet man mehr traumhafte Ausblicke und zauberhafte Ortschaften. Es ist ein Weg, den auch der König so gegangen sein könnte.

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