September 1914 - Was geschah im September des Jahres 1914?Ereignisse nach Monat und Jahr – Chroniknet

Was geschah im September 1914

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Wetterstationen September 1914

1.9.1914, Dienstag

Auf Anordnung von Zar Nikolaus II. wird die russische Hauptstadt Petersburg in Petrograd umbenannt (heute Leningrad). Mit der Russifizierung des Namens soll die Ablehnung alles Deutschen demonstriert werden.

Die Berliner “Vossische Zeitung” berichtet über ein von dem Barmener Fabrikanten Friedrich Reichmann entwickeltes Verfahren zur Ersetzung des Rohstoffs Jute. Es basiert auf der Aufschließung pflanzlicher Fasern. Jute, einer der wichtigsten pflanzlichen Rohstoffe, wird u.a. für Verpackungs- und Seilerwaren benötigt. Seit Beginn des Krieges ist der Jute-Import aus dem britischen Vizekönigreich Indien unterbrochen.

Deutsche Künstler, darunter die Maler Max Liebermann und Max Slevogt, beteiligen sich an der deutschen Kriegspropaganda durch die regelmäßige Herausgabe von illustrierten Flugblättern unter dem Titel “Kriegszeit!”. Der Erlös kommt dem Kriegsfonds des Wirtschaftlichen Verbandes bildender Künstler Berlins zu. Die erste Ausgabe enthält u.a. eine Darstellung der Kriegsrede des deutschen Kaisers Wilhelm II. vor dem Berliner Schloss.

2.9.1914, Mittwoch

Anlässlich des sog. Sedantages finden im Deutschen Reich zahlreiche nationalistische Feiern statt. In Groß-Berlin erhalten die Kinder schulfrei. Der Gedenktag gilt der Kapitulation der französischen Armee im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 am 2. September 1870 bei Sedan; dieses Datum wurde im Kaiserreich zum nationalen Feiertag stilisiert.

Im Osmanischen Reich wird die Generalmobilmachung angeordnet. Am 2. August hatte die osmanische Regierung ein Bündnis mit Österreich-Ungarn und dem Deutschen Reich abgeschlossen, tritt aber erst am 29. Oktober in den Krieg ein.

Auf einem Treffen führender Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Kultur in Berlin wendet sich der politisch einflussreiche Erste Direktor der Deutschen Bank, Arthur von Gwinner, gegen eine offen annexionistische Kriegszielpolitik der deutschen Regierung, fordert aber eine deutsche Hegemonialstellung in Europa. Gwinners Vorstellungen beeinflussen das sog. September-Programm des deutschen Reichskanzlers Theobald von Bethmann Hollweg.

In einer Mitteilung an die deutsche Zivilverwaltung in Belgien weist der deutsche Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg auf die Bedeutung der Flamenpolitik für eine erfolgreiche Bindung Belgiens an das Deutsche Reich hin. Zwischen belgischen Flamen und Wallonen gibt es seit langem Auseinandersetzungen.

Angesichts vorrückender deutscher Truppen verlegt die französische Regierung ihren Sitz von Paris vorübergehend nach Bordeaux im Südwesten des Landes.

3.9.1914, Donnerstag

Der albanische Fürst Wilhelm I. verlässt die Landeshauptstadt Durazzo (heute Durrës) und schifft sich nach Venedig (Italien) ein. Der am 7. März auf Betreiben der europäischen Großmächte eingesetzte Herrscher beugt sich damit dem Druck aufständischer Gruppen. Nach seiner Weiterreise ins Deutsche Reich tritt er in die deutsche Armee ein.

In einem Appell fordert der französische Präsident Raymond Poincaré anlässlich der Übersiedlung der französischen Regierung nach Bordeaux die Bevölkerung seines Landes zum Widerstand gegen die deutschen Invasionstruppen auf.

Im Vatikan wird der 63-Jährige Kardinal Giacomo della Chiesa als Benedikt XV. zum Papst ernannt. Er ist Nachfolger des am 20. August gestorbenen Pius X.

Die Königlich Preußische Bibliothek in Berlin nimmt ihren Ausleihbetrieb in beschränktem Umfang wieder auf. Künftig können Behörden, wissenschaftliche Institute sowie Personen mit dringenden wissenschaftlichen Aufgaben Bücher entleihen. Die bedeutendste deutsche Bibliothek hatte mit Kriegsbeginn ihren Betrieb eingestellt.

4.9.1914, Freitag

Die britische Regierung kündigt in London an, künftig keine Handelsschiffe mehr US-amerikanische Häfen anlaufen zu lassen, sofern sie zu Verteidigungszwecken bewaffnet sind. Sie folgt damit einem Wunsch der US-Regierung, die eine Gefährdung der Glaubwürdigkeit ihrer Neutralitätspolitik befürchtete.

5.9.1914, Samstag

Der seit 1907 vorwiegend in Genf, Paris und Krakau in der Emigration lebende russische Sozialist Wladimir I. Lenin siedelt in das schweizerische Bern über. Er zählt zu den schärfsten Kritikern des Krieges in Europa.

In London unterzeichnen Großbritannien, Frankreich und Russland einen Vertrag, in dem sie sich verpflichten, keinen Sonderfrieden abzuschließen (sog. Londoner Vertrag).

Die französischen Truppen unter Oberbefehlshaber Joseph Jacques Césaire Joffre beginnen an der Marne in Nordfrankreich mit einer Offensive gegen die deutsche Armee (sog. Marneschlacht).

6.9.1914, Sonntag

In New York besiegt Australien im Endspiel des Daviscups den Titelverteidiger USA 3:2. Australien hatte den Pokal bereits in den Jahren zwischen 1907 und 1911 gewonnen.

7.9.1914, Montag

Mit einem persönlichen Telegramm an den US-amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson versucht der deutsche Kaiser Wilhelm II., die bislang im Krieg neutrale US-Regierung in Washington zu einer deutschfreundlichen Haltung zu bewegen. Dabei weist Wilhelm II. auf angebliche Greueltaten französischer und britischer Soldaten sowie der belgischen Zivilbevölkerung hin.

Die russische Regierung in Petrograd (früher Petersburg, heute Leningrad) untersagt den Verkauf von Spirituosen im gesamten Land für die Dauer des Krieges. In der Vergangenheit kam es wiederholt zu Problemen mit angetrunkenen Soldaten und Zivilisten.

8.9.1914, Dienstag

Der französische Ministerpräsident René Viviani erklärt in Bordeaux das französische Abgeordnetenhaus für geschlossen. Die Einberufung zahlreicher Abgeordneter sowie die angespannte Kriegslage nehmen nach seinen Worten dem Parlament die Möglichkeit des Zusammentretens.

9.9.1914, Mittwoch

Der deutsche Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg stellt in Berlin ein Kriegszielprogramm der deutschen Regierung vor. In diesem als sog. September-Programm bekannten Memorandum fordert er neben wirtschaftlich und militärisch begründeten Annexionen eine deutsche Hegemonialstellung in Europa. Das Programm spiegelt den Einfluss deutscher Wirtschaftsführer wider. In einem Briefwechsel zwischen Bethmann Hollweg und dem deutschen Innenminister Clemens Delbrück werden zugleich Hintergründe und weitere Details der deutschen Kriegszielpolitik erörtert.

In einer in Berlin veröffentlichten Erklärung protestiert der Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands gegen die Kritik des Internationalen Sozialistischen Bureaus (Brüssel) an Greueltaten deutscher Soldaten. Nach Ansicht der Sozialdemokraten ist dessen Darstellung einseitig von französischen Sozialisten beeinflusst und berücksichtigt nicht die Grausamkeiten der anderen kriegführenden Nationen. Das Sozialistische Bureau ist eine 1900 entstandene informelle Kontaktstelle der sog. II. Sozialistischen Internationale.

Nach dem Ende der fünftägigen sog. Marneschlacht wird der Vormarsch deutscher Truppen an der Westfront von französischen und britischen Truppen vorläufig gestoppt. Die Marneschlacht gilt als einer der historischen Wendepunkte im Weltkrieg.

10.9.1914, Donnerstag

In Pretoria billigt das Parlament der Südafrikanischen Union (Dominion im British Commonwealth) auf Initiative von Ministerpräsident Louis Botha eine militärische Offensive gegen das deutsche Kolonialgebiet in Südwestafrika. In anderen afrikanischen Kolonialgebieten hatte es bereits kurz nach Kriegsausbruch Gefechte zwischen den Großmächten gegeben, so in Kamerun ab 6. und in Togo ab 8. August.

Mit einer an ausländische sozialistische Zeitungen versandten Erklärung dokumentierten vier bekannte deutsche Sozialdemokraten und -demokratinnen, darunter Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, ihre ablehnende Haltung zur Unterstützung der deutschen Kriegspolitik durch die Parteimehrheit.

11.9.1914, Freitag

Eine am 23. August begonnene Offensive österreichisch-ungarischer Truppen gegen Russland in Galizien endet mit dem Rückzug hinter die Flussläufe von San und Dunajec. Zugleich kritisiert das österreichisch-ungarische Armeeoberkommando die deutsche Heeresführung wegen mangelnder Hilfe.

In London wendet sich der Trade Union Congress als britischer Gewerkschaftsdachverband gegen eine Einführung der allgemeinen Wehrpflicht in Großbritannien. Diese wird angesichts des Krieges gegenwärtig in der britischen Öffentlichkeit diskutiert. Bisher verfügt Großbritannien über ein Berufsheer.

12.9.1914, Samstag

In Baltimore (US-Bundesstaat Maryland) wird der 26-Jährige Avery Brundage aus Chicago US-amerikanischer Mehrkampfmeister. Die Wettbewerbe des vom olympischen Zehnkampf stark abweichenden Mehrkampfes müssen an einem Tag mit jeweils höchstens fünfminütigen Pausen absolviert werden.

13.9.1914, Sonntag

Das Königlich Preußische Konsistorium (Zentralleitung der evangelischen Landeskirche) verkündet in Berlin, dass künftig feierliches Glockengeläute jede deutsche Siegesmeldung begleiten wird. Wörtlich heißt es in der Verfügung: “Es entspricht dem tiefsten Empfinden unserer Gemeinden, wenn auch von den Türmen unserer Kirchen die Kunde unserer Siege hinausgetragen wird durch den ehernen Klang unserer Glocken.”

14.9.1914, Montag

Nach umstrittenen Entscheidungen in der sog. Marneschlacht wird der deutsche Generalstabschef Helmuth von Moltke entlassen. Zu seinem Nachfolger ernennt der deutsche Kaiser Wilhelm II. Kriegsminister Erich von Falkenhayn.

15.9.1914, Dienstag

Die Offensive russischer Truppen in Ostpreußen scheitert nach einer Niederlage der 1. Armee (sog. Njemenarmee) gegen die 8. deutsche Armee unter Oberbefehlshaber Paul von Beneckendorff und von Hindenburg in der sog Schlacht an den Masurischen Seen.

16.9.1914, Mittwoch

Namhafte deutsche Künstler beteiligen sich an einem großen Wohltätigkeitskonzert im Kleinen Theater Berlin zugunsten von Kriegsopfern. Das Potpourri aus Instrumental- und Gesangsvorträgen sowie Rezitationen gestalten u.a. der Violoncellist Heinrich Grünfeld, die Sängerin Claire Dux und der Sänger Kurt Frederich.

17.9.1914, Donnerstag

In London ermächtigt das britische Parlament die Regierung des britischen Vizekönigtums Indien zur Ausrüstung eines Expeditionskorps für die Unterstützung britischer Truppen im Weltkrieg. Gleichzeitig erteilen sie der indischen Regierung eine Deckungsvollmacht für sämtliche Militärausgaben.

In Washington empfängt der US-amerikanische Präsident Woodrow Wilson eine belgische Gesandtschaft, die gegen Greueltaten der deutschen Besatzungstruppen in Belgien protestiert. Wilson – als neutrale Instanz von den Kriegsgegnern anerkannt – sagt eine Prüfung der Vorwürfe zu.

18.9.1914, Freitag

Japanische Truppen beginnen mit der Belagerung von Tsingtau. Die chinesische Hafenstadt (Provinz Schantung) war 1897 vom Deutschen Reich besetzt worden; seit 1898 ist sie offiziell deutscher Kolonialbesitz.

Unter Leitung von Karl Liebknecht findet in Stuttgart eine sog. Vertrauensleutekonferenz von SPD-Mitgliedern statt, die sich gegen die Kriegszielpolitik der Parteimehrheit richtet. Die innerparteiliche Opposition wird als sog. Gruppe Internationale bekannt.

Angesichts des Krieges beschließt die Generalversammlung der britisch-deutschen Freundschaftsgesellschaft in London ihre Selbstauflösung.

19.9.1914, Samstag

Der deutsche Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg erläutert Innenminister Clemens Delbrück seine Konzeption einer innenpolitischen Neuorientierung. Sie zielt vor allem auf eine Integration der Sozialdemokratie in das monarchistische System.

Die österreichisch-ungarische Regierung dementiert in Wien Berichte, denen zufolge innerhalb der Armee Konflikte mit Dienstpflichtigen aus nationalen Minderheiten entstanden seien. Vor Ausbruch des Krieges hatten die Nationalitätenprobleme zu heftigen innenpolitischen Auseinandersetzungen geführt.

20.9.1914, Sonntag

Bei der Belagerung der französischen Stadt Reims wird die weltberühmte gotische Kathedrale durch deutsche Artillerie weitgehend zerstört. Die Beschießung der Kathedrale von Reims führt zu internationalen Protesten (u.a. sog. Genfer Protest).

21.9.1914, Montag

Vier österreichisch-ungarische Armeen (1.-4.) beenden ihren am 11. September befohlenen Rückzug in Galizien. Lediglich die von russischen Truppen seit dem 15. September eingeschlossene Festung Przemeysl (westlich Lemberg) kann verteidigt werden.

22.9.1914, Dienstag

Das von Kapitanleutnant Otto Weddigen kommandierte deutsche Unterseeboot “U 9” versenkt in der Nordsee vor Hoek van Holland die drei britischen Panzerkreuzer “Abonkir”, “Hogue” und “Cressy”. Der erfolgreiche Angriff führt innerhalb des deutschen Admiralstabes langfristig zu einer Überschätzung der U-Boot-Waffe.

Zwischen der deutschen und der französischen Regierung entsteht ein Streit über die Verwendung sog. Dumdum-Geschosse im Krieg. Der französische Außenminister Théophile Delcassé weist entsprechende Vorwürfe deutscher Zeitungen gegen Frankreich als Propagandaaktion zurück.

In Rom fordert der Vorstand der Sozialistischen Partei Italiens (PSI) eine Aufrechterhaltung der italienischen Neutralität im Weltkrieg. Im Gegensatz zu der pazifistisch eingestellten PSI fordern allerdings andere einflussreiche gesellschaftliche Gruppen den Kriegseintritt Italiens.

23.9.1914, Mittwoch

Rumänien und Italien schließen einen geheimen Neutralitätsvertrag. Beide Länder waren bis zum Ausbruch des Weltkrieges über den Dreibund mit Österreich-Ungarn und dem Deutschen Reich verbündet, Rumänien allerdings nur als assoziiertes Mitglied.

Nach dem Eindringen deutscher Truppen in den Argonnerwald im östlichen Pariser Becken zwischen Aisne- und Airetal und der Einnahme von Varennes beginnt dort ein langwieriger Stellungskrieg. Die Argonnen werden 1914/15 zu einem der am heftigsten umkämpften Gebiete an der Westfront.

Als Reaktion auf Berichte über Völkerrechtsverletzungen durch deutsche Truppen in den besetzten westfranzösischen Gebieten richtet die französische Regierung eine Untersuchungskommission zur Aufklärung der Vorwürfe ein.

24.9.1914, Donnerstag

In einer Depesche an die Preußische Akademie der Künste in Berlin zeigt sich die italienische Schwesterakademie Accademia di San Luca (Rom) betroffen über die Zerstörung der Kathedrale von Reims durch deutsche Truppen am 20. September.

25.9.1914, Freitag

Nach ausführlichen Beratungen entscheidet sich der rumänische Ministerrat unter Ministerpräsident Ion C. Bratianu für die Aufrechterhaltung der rumänischen Neutralität im Weltkrieg. Zuvor hatten das Deutsche Reich und Österreich-Ungarn vergeblich um Unterstützung ihrer Kriegsziele durch das dem Dreibund assoziierte südosteuropäische Land geworben.

26.9.1914, Samstag

Nach einem Bericht der britischen Gesandtschaft in Den Haag an die niederländische Regierung kontrolliert die britische Flotte die gesamte Nordsee. Durch die Blockade der Elbmündung, so die Lagebeurteilung zum Seekrieg, schneide sie das Deutsche Reich vom internationalen Handel weitgehend ab.

Der US-amerikanische Kongress verabschiedet in Washington den sog. Federal Trade Commission Act. Mit diesem Gesetz soll die Bekämpfung unfairer Praktiken im Binnenhandel ermöglicht werden. Es ist Bestandteil eines gegen die wirtschaftliche Macht von Konzernen gerichteten Programms des US-amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson.

27.9.1914, Sonntag

Ein britisch-französischer Flottenverband schliest einen Vorstos in die osmanische Dardanellen-Meerenge unter Umgehung der Minensperren erfolgreich ab. Daraufhin werden die Dardanellen am 28. September vom Osmanischen Reich vollständig, d. h. auch für die Handelsschifffahrt, gesperrt. Das Osmanische Reich tritt am 29. Oktober auf Seiten des Deutschen Reiches und Österreich-Ungarns in den Weltkrieg ein.

Nach einem vom französischen Präsidenten Raymond Poincaré in der provisorischen Hauptstadt Bordeaux unterzeichneten wirtschaftspolitischen Erlass dürfen Jahresgehälter und -löhne bis zu 2000 Francs (1600 Mark) künftig nicht mehr gepfändet werden. Damit will er der wachsenden wirtschaftlichen Not vor allem unter den französischen Arbeitern begegnen.

28.9.1914, Montag

Italienische Freimaurer fordern in einem Geheim-Erlass zur Unterstützung von Frankreich und Großbritannien im Krieg gegen das Deutsche Reich auf. Die Freimaurerlogen zählen in Italien mit zu den einflussreichsten gesellschaftlichen Gruppen.

In Berlin beschließt eine Konferenz sozialdemokratischer Presseredakteure auf Initiative des Vorstandes ihrer Partei Leitsätze für die Haltung der Parteipresse zur Kriegszielpolitik der deutsche Regierung. Danach sollen “Hurra-Patriotismus”, Chauvinismus und Annexionspolitik bekämpft werden; außerdem verpflichten sich die Redakteure zu Objektivität bei Berichten über Kriegsgreuel.

Bei einer nationalistischen Kundgebung deutscher Wirtschaftsverbände in der Berliner Philharmonie wird eine Resolution verabschiedet, in der sich die Delegierten zu “jedem weiteren Opfer” für einen deutschen Sieg bereit erklären. An der Versammlung nehmen Vertreter des Deutschen Handelstages – sein Präsident Johannes Kaempf führt den Vorsitz der Veranstaltung -, des Zentralverbandes deutscher Industrieller, des Deutschen Landwirtschaftsrates, des Deutschen Handwerks- und Gewerbekammertages sowie von Großbanken teil.

29.9.1914, Dienstag

In Berlin findet eine Sitzung des Zentralausschusses der deutschen Reichsbank statt. In einem Bericht über die wirtschaftliche Lage im Deutschen Reich zeichnet Rudolf Havenstein, Präsident des Reichsbankdirektoriums, ein schönfärberisches Bild der deutschen Wirtschaft nach Kriegsausbruch. Tatsächlich ist es zu einem abrupten Produktionsrückgang und gravierenden Versorgungsproblemen in Industrie und Landwirtschaft gekommen.

Die Hafenbehörde der ostenglischen, an der Humbermündung gelegenen Stadt Grimsby untersagt fremden Fischereischiffen das Anlaufen von Häfen an der britischen Ostküste. Damit ist Fischerei für ausländische Boote nur noch an der Westküste möglich. Großbritannien will sich mit dieser Maßnahme gegen unter Tarnung durchgeführte deutsche Flottenoperationen schützen.

In einer Botschaft ersucht Großbritannien die US-amerikanische Regierung um die Überprüfung von Berichten über eine etwaige Versorgung deutscher Kreuzer mit Brennstoffen durch US-amerikanische Kohlenfrachter. Nach Ansicht der britischen Regierung verstößt dieses Verhalten gegen die von der US-Regierung verkündete Neutralität.

An der Marne (Nordfrankreich) fällt mit dem 25-Jährigen Langstreckenläufer Jean Bouin einer der populärsten Leichtathleten Europas. Er stellte in seiner Karriere drei Weltrekorde auf und wurde bei den Olympischen Spielen 1912 in Stockholm Silbermedaillengewinner im 5000-m-Lauf.

30.9.1914, Mittwoch

Laut einer in Berlin erlassenen Verordnung des deutschen Bundesrates (Vertretung der Bundesstaaten) dürfen deutsche Schuldner künftig keine Zahlungen mehr an britische Gläubiger leisten. Diese als Teil des unter den europäischen Großmächten ausgebrochenen Wirtschaftskrieges gedachte Maßnahme soll den Abfluss von Kapital aus dem Deutschen Reich verhindern.

Die französische Regierung verbietet per Erlass jeglichen Handelsverkehr mit Angehörigen feindlicher Staaten oder dort lebenden Personen. Gleichzeitig erklärt sie alle bisherigen Geschäfte für ungültig.

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