Regia Berolinensis

Im Wandel der Geschichte

Der Grundstein für das Berliner Schloss wurde bereits am 31. Juli 1443 gelegt. Mit dem Bau dieses Schlosses reagierte der Hohenzollern-Kurfürst Friedrich II. auf die Streitigkeiten der Doppelstadt Berlin/Cölln; die Zwingburg sollte der Selbstständigkeit beider Städte entgegenwirken. Trotz der Unruhen des sogenannten Berliner Unwillens von 1448, bei denen die Baustelle des Schlosses durch die Öffnung der Stadtschleuse unter Wasser gesetzt wurde, zog der Kurfürst 1451 in seine neue Residenz ein.

1538 wurde durch die Baumeister Konrad Krebs und Caspar Theiß mit dem Umbau und der Erweiterung der Zwingburg begonnen, die sich innerhalb weniger Jahre in ein glanzvolles Renaissanceschloss verwandelte. Seine endgültige Gestalt als eines der größten Barockbauwerke nördlich der Alpen erhielt das Schloss ab 1698 durch den Bildhauer und Architekten Andreas Schlüter. In seinem Schlossmodell griff er die vorhandene Bausubstanz auf und formte sie zu einem homogenen Kubus mit allseits geschlossenem Innenhof.  Mit der Ausrufung des brandenburgischen Kurfürsten Friedrichs III. zum König Friedrich I. in Preußen 1701 wurde das Schloss königliche Residenz. Der schwedische Architekt Johann Friedrich Eosander erweiterte es beträchtlich, indem er die Schlüter’schen Fassaden nach Westen verlängerte, wodurch ein zweiter, noch größerer Hof entstand.

Von 1845 bis 1853 erhielt das Schloss mit der Kuppel über Portal III,  unter der die neue Schlosskapelle eingerichtet wurde, seine endgültige Form. Die Entwürfe dazu stammten von Karl Friedrich Schinkel und Friedrich August Stüler. Kurz zuvor hatten Stüler und Peter Joseph Lenné die Terrassen auf der Lustgartenseite angelegt. Vor dem Schloss brach 1848 die Märzrevolution aus, und 1918 erklärte Karl Liebknecht vom Schlossbalkon Deutschland zur sozialistischen Republik. Bei einem Luftangriff auf Berlin im Februar 1945 wurde das Gebäude schwer beschädigt und brannte teilweise aus. 1950 veranlasste Walter Ulbricht die Sprengung der „Junker-Trutzburg“, um einen Platz für Massenaufmärsche zu schaffen.

Laden...
Portal I

Portal I

Im selben Jahr, als sich Kurfürst Friedrich III. (reg. 1688 – 1713) zum ersten König in Preußen krönte, nämlich 1701, vollendete Andreas Schlüter die Schlossplatzfassade mit Portal I als ersten Abschnitt seines 1698 begonnenen Schlossumbaus. Mit einer triumphbogenartigen Konstruktion aus Kolossalsäulen auf wuchtigen Sockelblöcken gelang ihm ein ausdrucksstarkes Sinnbild der neuerlangten Würde.

Bei dieser Architektur handelte es sich jedoch nicht um eine vorgeblendete Fassade, sondern sie war integraler Bestandteil eines dreidimensionalen Kastens, den Schlüter als kompletten Neubau in den alten Schlossplatzflügel regelrecht eingebrochen hatte, um ihn auch aus der Flucht der rückwärtigen Hoffassade markant hervortreten zu lassen.

Die Portalkörper – denn dasselbe gilt für das gegenüberliegende Portal V – waren für Schlüter das Instrument, die Außenfassaden mit den Hoffassaden stringent zu verbinden und somit sein Schloss als ein Werk aus einem Guss zu schaffen.

In den oberen Geschossen brachte Schlüter hinter den großen Öffnungen repräsentative Säle unter. Außerdem gelang Schlüter das Kunststück, das Treppenhaus noch in den Kasten selbst zu integrieren.

Portal II

Das Gleichmaß der Außenfassaden wird durch die Architektur der Portalrisalite massiv unterbrochen. Sie markierten schon von weitem die Zugänge in das Schloss. Im Erdgeschoss enthielten sie eine Passage in die Höfe und verklammerten somit außen und innen, zudem waren ihnen die Treppenhäuser zugeordnet.

Das am Schlossplatz gelegene Portal II, vollendet 1716 von Martin Heinrich Böhme als weitgehende Kopie von Schlüters östlich gelegenen Portal I, führte in den Großen Schlosshof. Bereits seit dem 16. Jahrhundert befand sich an dieser Stelle ein Tor, das den Hauptzugang in das Schloss bildete. Gleich zwei seitlich anstoßende Treppenhäuser, die Marmortreppe und die Fürstentreppe, führten in die oberen Geschosse.

Franco Stellas Entwurf wird der historischen Funktion des Portals gerecht, indem es nunmehr den Zugang in die öffentliche Schloss-Passage bildet, die quer durch das Gebäude verläuft und am anderen Ende in das Portal IV mündet. Hingegen wurden die historischen Treppenhäuser nicht berücksichtigt.

Portal II
Portal III

Portal III

Das an der Schlossfreiheit gelegene Portal III, errichtet um 1710 von Eosander, ist Ausdruck der zunehmenden Orientierung des Schlosses nach Westen zur Straße Unter den Linden. Seinen beiden Fassaden zur Stadt und zum Hof liegt das Vorbild des römischen Konstantinbogens zugrunde. Im Inneren wurde eine derart monumentale Durchfahrt angelegt, dass hier, anders als in den übrigen Portalrisaliten, für repräsentative Säle kein Platz mehr blieb, zumal die Triumphbogenarchitektur die Ausbildung von Fenstern verhinderte. Franco Stellas Entwurf trägt der Gestalt und Struktur des Portals vollumfänglich Rechnung, indem er nicht nur die beiden Portalfassaden einschließlich ihres bauplastischen Schmucks, der teils aus dem Barock, teils aus Wilhelminischer Zeit stammt, sondern auch die Durchfahrt, die eine Klammer zwischen den beiden Fassaden bildet, akribisch rekonstruiert.

Hingegen wurde auf die Wiederherstellung des nördlich anschließenden Treppenhauses, das in den Weißen Saal führte und einen funktionalen Bestandteil des Portals bildete, verzichtet. Zugleich wurde damit die Chance vertan, einen komplexen, von Säulen und Treppenläufen bestimmten Raum wiederzugewinnen, dessen Wirkung sich anhand von Fotografien nur ansatzweise ermessen lässt.

Portal IV

Das Portal IV ermöglichte den Zugang von der Lustgartenseite in den Großen Schlosshof. Die Durchfahrt, ein von imposanten Säulenstellungen geprägter Architekturraum, lag auf einer Achse mit Portal II und bildete somit auch eine schnelle Verbindung zum Schlossplatz. Diese Passage war lange Zeit öffentlich – und wird es nach Franco Stellas Planung auch wieder sein, zumal er durch die Errichtung eines weiteren, neuen Quergebäudes, das westlich des bestehenden angeordnet ist, den Charakter eines Durchgangs an dieser Stelle zusätzlich hervorhebt.

Errichtet wurde das Portal ab 1708 von Eosander, der hier die Formen von Schlüters Portal V weitgehend wiederholte. Vom Balkon im ersten Stock hatte Karl Liebknecht am 9. November 1918 die sozialistische Republik ausgerufen, was die DDR-Regierung später dazu veranlassen sollte, eine Kopie dieses Portals in die moderne Fassade des Staatsratsgebäudes zu integrieren. Original ist dort allerdings nur ein Teil der Bauplastik.

Mit dem Säulen- und dem Parolesaal besaß Portal IV im ersten Obergeschoss zwei wichtige Säle der frühklassizistischen Königskammern.

Das Portal IV mit Rossebändiger
Portal V

Portal V

Das zum Lustgarten ausgerichtete Portal V, das Schlüter nach 1701 errichtete, lag auf einer Achse mit Portal I. Durch den Verzicht auf eine kolossale Ordnung zugunsten einer geschossweisen Gliederung wirkte die Fassade intimer und einladender. Auch hier finden sich in allen drei Etagen eingestellte Säulen, denen weitere, in die Tiefe des Raumes greifend folgen, um an der Hofseite wieder zutage zu treten. Auch hier hat Schlüter also die Außenseite mit dem Innenhof konsequent verzahnt.

Auch an Portal V brach Schlüter die Wandflächen auf, um möglichst große Fenster einzufügen. Im zweiten Obergeschoss, dem eigentlichen Hauptgeschoss, lag der nach Schlüters Entwürfen ausgestattete Rittersaal, der die Erlangung der preußischen Königswürde mit den Mitteln der Raumkunst zelebrierte.

Die Gestaltung der Fassade zieht die Gliederung des Innenlebens – die Passage im Erdgeschoss, die Treppen, die Säle – zwangsläufig nach sich. In der Tat begreift Franco Stella in seiner Planung Portal V als dreidimensionales Gebilde und stellt es nicht nur in seiner äußeren Gestalt, sondern auch in seiner tektonischen Grundstruktur weitgehend originalgetreu wieder her. Zu bedauern bleibt der Verzicht des Bauherrn auf die Rekonstruktion der hofseitig gelegenen Rittersaal-Treppe.

Laden...

Der Kleine Schlosshof (Schlüterhof)

Der Kleine Schlosshof, der sogenannte Schlüterhof, entstanden zwischen 1698 und 1706, ist eines der außergewöhnlichsten Beispiele abendländischer Architektur. Dem trug auch der Bundestagsbeschluss von 2002 Rechnung, indem er die Rekonstruktion der drei barocken Hoffassaden forderte. Andreas Schlüter legte dem Hof eine klare Rhythmik aus zwei kleinen und einem großen Portalrisalit zugrunde, die er durch eine elegante zweigeschossige Galeriekonstruktion verband. Wer sich über die kleine Durchfahrt vom Großen Schlosshof näherte – und dies war der offizielle Zugang in den Schlüterhof! –, erblickte folgerichtig zuerst den fünfachsigen Risalit des Großen Treppenhauses, das dann den Zugang in die kurfürstlich-königlichen Paraderäume eröffnete.

Franco Stella hat die drei barocken Fassaden des Schlüterhofs akribisch rekonstruiert, während er an die Stelle des vorbarocken Quergebäudes einen neuen Baukörper setzte, dessen Geschossgliederung freilich auf die Architektur Schlüters Bezug nimmt.

Der Kleine Schlosshof
Der Große Schlosshof

Der Große Schlosshof (Eosanderhof)

Der weitläufige Große Schlosshof hatte lange Zeit weniger die Funktion eines Binnenhofes für die Schlossbewohner als die eines öffentlichen und frei zugänglichen Platzes für die Berliner Bevölkerung. Erst im ausgehenden 19. Jahrhundert wurde der ungehinderte Zutritt, nicht zuletzt aus Sicherheitserwägungen, aufgehoben.

Die Ausmaße dieses Hofes waren wohl bereits seit der Gründung des Schlosses im Jahr 1450 umrissen, die einheitliche Fassadengestaltung entstand nach Entwürfen des Schweden Johann Friedrich Eosanders zwischen 1708 und 1716. Ausgenommen davon war die Ostseite des Hofes, die bis zuletzt durch zwei ältere Gebäude geprägt war: Das Quergebäude aus dem späten 16. Jahrhundert und den ab 1680 errichteten Alabastersaal.

Der Große Schlosshof findet im Humboldt-Forum keine Berücksichtigung, sondern wird heute weitgehend durch das moderne Humboldt-Foyer ausgefüllt. Doch legte Franco Stella immerhin im östlichen Bereich des einstigen Hofs einen schmalen langgestreckten Freiraum an, der wie schon im 18. und 19. Jahrhundert die Passage zwischen den Portalen II und IV ermöglicht. Auch wurden die barocken Hoffassaden dieser beiden Portale als wirkungsvolle points de vue der Schloss-Passage rekonstruiert. Desgleichen gilt für Portal III, das der kubischen Empfangs- und Veranstaltungshalle des Humboldt-Foyers den Charakter eines Theaters verleiht.

Laden...

Das Große Treppenhaus

Sein Ideal einer auf ihre tektonische Grundstruktur reduzierten Fassade verwirklichte Schlüter am reinsten am Risalit des Großen Treppenhauses. Hinter den lichten weiten Tür- und Fensteröffnungen erstreckte sich über dreieinhalb Geschosse eines der bedeutendsten Treppenhäuser des Barockzeitalters. Zwei Treppenläufe, der eine als Rampe, der andere mit herkömmlichen Stufen, wanden sich um massive Pfeiler hinauf in das Paradegeschoss. Der Besucher war einem komplexen Wechselspiel von Licht und Schatten ausgesetzt und wurde durch immer neue Ausblicke auf Hof und Treppenhaus überrascht, ehe er vor dem ebenfalls in diesem Risalit gelegenen Schweizersaal ankam, der bereits über der Decke des Treppenhausschachtes lag.

Das Treppenhaus wird vorrangig durch architektonische Elemente wie Säulen, Pilaster und Gebälke oder die teils freischwebenden Läufe bestimmt. Da dieser Raum eng mit der Struktur der Portalfassade verbunden ist, hat die Gesellschaft Berliner Schloss e.V. von Beginn an seine Rekonstruktion gefordert. Dafür sprechen außerdem eine sehr gute fotografische Dokumentation sowie zahlreiche stuckplastische Arbeiten Andreas Schlüters, die sich in den Beständen der Staatlichen Museen zu Berlin erhalten haben, darunter die sechs Atlanten aus dem Erdgeschoss sowie eine Stuckdecke von einem der Wendepodeste, die heute in Schloss Köpenick ausgestellt ist. Immerhin wurde der Raumkubus in neutraler Form wiederhergestellt, um künftig als Lapidarium genutzt zu werden.

Das Große Treppenhaus, Blick nach Süden
Der Schweizersaal

Der Schweizersaal

Nach dem Anstieg durch das Große Treppenhaus gelangte man zunächst in den Schweizersaal, den Schlüter, die komplizierte Verschränkung suchend, noch geschickt im Treppenkasten selbst untergebracht hatte. Seine Belichtung musste daher indirekt über den Flur des Treppenhauses erfolgen, was die weitgehende Auflösung seiner Westwand zugunsten großer Fenster zur Folge hatte. Seinen Namen trug der anderthalbgeschossige Saal nach der kurfürstlich-königlichen Leibwache von Schweizergardisten, die hier die Eingänge in die anschließenden Herrscherappartements bewachte. Den Raumeindruck bestimmte vor allem die vornehme Wandgliederung aus korinthischen Pilastern mit ihrer hohen Frieszone. Darüber spannte sich der gemalte Deckenplafond, im unteren Bereich mit einer Scheinarchitektur, vor der sich Angehörige verschiedener Völker sammelten, und im Zentrum mit einem Wolkenhimmel.

Die Paradevorkammern

Nach Norden folgten die Erste und die Zweite Paradevorkammer, durch die sich auswärtige Gesandte nach einem streng definierten Zeremoniell dem anschließenden Thronsaal näherten. Die kunsthistorische Bedeutung der beiden Räume rührte aus den Schlüterschen Deckengestaltungen, wo Malerei und stuckplastische Arbeiten im Sinne des barocken Gesamtkunstwerks eine enge Symbiose eingingen. Die von Augustin Terwesten stammende Plafondmalerei der Zweiten Vorkammer, die die Verherrlichung des preußischen Staatswappens zeigte, fand ihre Fortsetzung in den in Stuck geformten Putten und Figuren. Kaiser Wilhelm II. (reg. 1888–1918) ließ das Gemälde 1915 für die Decke der Bildergalerie kopieren.

Die Erste Paradevorkammer
Das Königszimmer

Das Königszimmer

Im sogenannten Königszimmer hielt der Kurfürst bzw. König Audienz. Von der Schlüterschen Raumausstattung zeugte zuletzt nur noch die stuckierte Voute der Decke, wo die vollplastisch gearbeiteten allegorischen Figurengruppen in den Ecken die Tugenden des Herrschers veranschaulichten. Nach Osten schlossen sich die privaten Wohnräume des Großen Kurfürsten (reg. 1640–1688) an, die später auch sein Nachfolger Friedrich (III.) I. bezog. Nach Westen setzte sich das Staatsappartement fort.

Die Drap d’Or-Kammer

Die an das Königszimmer anschließende Drap d’Or-Kammer gehörte zu den hinreißendsten Raumschöpfungen Schlüters. Sie war ein Beleg seiner erfinderischen Gestaltungskraft und bezeugte zugleich die handwerkliche Leistungsfähigkeit seiner Werkstatt. So bestand die ovale Scheinkuppel an der Decke aus einem Spiegel, der mit einem filigranen Netz geschnitzter Herrschaftsinsignien überzogen war. Die in Alabaster gearbeitete Geniengruppe über dem Kamin stammte womöglich von dem jungen Balthasar Permoser, dem Bildhauer des Dresdner Zwingers. Friedrich (III.) I. hielt in der Drap d’Or-Kammer Rat, abends diente sie ihm als Tabakskollegium. Sie ist der einzige Raum, von dem sich ein noch zu Lebzeiten des ersten Königs angefertigtes farbiges Gemälde erhalten hat.

Die Drap d’Or-Kammer
Die Brandenburgische Kammer

Die Brandenburgische Kammer

Um die Würde der nachfolgenden Räume zu steigern, gliederte Schlüter ihre Wände durch korinthische Pilaster, über denen sich dann die tektonisch aufgefasste Voute der Decke erhob. Am Beginn stand hier die Brandenburgische Kammer, auch Rote-Adler-Kammer genannt. Die aufwendige Plafondmalerei Samuel Theodor Guerikes zeigte die Wahrheit, personifiziert durch eine nackte Frauengestalt, die die 1701 neuerlangte preußische Königskrone der antiken Götterversammlung – und damit der Welt – präsentiert. Die in Stuck gearbeiteten Figuren der Voute bereicherten die Szenerie um weitere Herrschaftssymbole des brandenburgisch-preußischen Staates. Das Deckengemälde und die Stuckaturen wurden 1943 durch eine Folge von Farbdias über die zahlreich erhaltenen Schwarz-Weiß-Fotografien hinaus dokumentiert.

Der Rittersaal

Im Zentrum der Fest- und Staatsräume stand der Rittersaal, der die obersten anderthalb Geschosse von Portal V einnahm. Der 1702 vollendete Raum war nicht nur mit den Paradekammern verbunden, sondern zugleich über ein eigenes Treppenhaus erreichbar. Die in diesem Fall besonders hohe Voute füllte Schlüter mit einer ganzen Folge stukkierter, zum Teil als Reliefs gestalteter Friese, Attiken und Gesimse. In den Ecken entluden sich regelrechte Figurenkaskaden, darunter Allegorien der Winde und Tageszeiten, während über den vier seitlichen Eingangsportalen lebensgroße Personifikationen der vier Erdteile platziert waren. Auch hier vervollständigten die stuckplastischen Arbeiten den Ideengehalt des von Johann Friedrich Wentzel stammenden Deckenbildes, das die segensreiche Wirkung der neuen preußischen Königskrone für die Wissenschaften und Künste zum Gegenstand hatte.

Als einer der bedeutendsten Räume des Schlosses ist der Rittersaal durch eine unüberschaubare Menge an Fotografien, worunter sich auch zahlreiche Farbdias befinden, der Nachwelt überliefert. Als zentrales Ausstattungsstück blieb das ebenso wertvolle wie imposante Silberbuffet erhalten, das heute in Köpenick gezeigt wird, in jedem Fall jedoch an seinen ursprünglichen Ort zurückkehren sollte, der allein eine angemessene Aufstellung garantiert.

Der Rittersaal
Die Schwarze-Adler-Kammer

Die Schwarze-Adler-Kammer

Der anschließende Raum der Schwarzen-Adler-Kammer bildete ein Pendant zur Brandenburgischen Kammer, beide rahmten sie den Rittersaal, zu dritt ergaben sie einen feierlichen Dreiklang. Das von Schlüter konzipierte Programm, virtuos verwirklicht von seinen Stuckateuren und dem Maler Augustin Terwesten, war erneut ganz dem erfolgreichen Erwerb der preußischen Königskrone gewidmet. Das hochbedeutende Ereignis, von dem die maßgeblichen Impulse für den Schlossumbau insgesamt ausgingen, wurde an dieser Stelle anschaulich und lebendig vor Augen geführt. So sind die Raumdekorationen der Paradekammern nicht allein von hohem kunsthistorischem Wert, sondern gleichzeitig ein Schlüssel zum Verständnis der Architektur des Schlosses und nicht zuletzt seiner Außenfassaden. Dank ihrer historischen und künstlerischen Bedeutung zählt die Schwarze-Adler-Kammer heute zu den bestdokumentierten Innenräumen des Schlosses.

Die Rote Samtkammer

Von geringeren Ausmaßen als die vorhergehenden Räume war die Rote Samtkammer, die, da ihr zum Hof hin eine kleine Kammer und ein Treppenhaus vorgelagert waren, nicht mehr von beiden Seiten belichtet wurde. Bis zu ihrer Zerstörung hatte sich hier ausnahmsweise noch die ursprüngliche Wandbespannung erhalten, während die anderen Paraderäume gerade im Wandbereich fast alle im 19. Jahrhundert renoviert worden waren. Die Schlütersche Deckengestaltung einschließlich der von Paul Carl Leygebe geschaffenen Malereien ist auch in Farbdias festgehalten. Zudem existieren aus diesem Raum noch Möbel, wie die aus kurfürstlicher Zeit stammende geschnitzte Sitzbank, die heute in Schloss Charlottenburg steht.

Die Rote-Samt-Kammer
Der Kapitelsaal

Die Alte Kapelle/Kapitelsaal

Mit der Alten Kapelle endete 1706 der Lustgartenflügel und damit auch die Schlüterschen Paradekammern. Durch den Entschluss zur Erweiterung des Schlosses nach Westen ab 1708 wurde sie zum Durchgangsraum, behielt jedoch ihre ursprüngliche Funktion noch nahezu anderthalb Jahrhunderte bei, bis zur Vollendung der zwischen 1844 und 1852 errichteten großen Kapelle in der neuen Schlosskuppel. Ab 1879 fungierte die Alte Kapelle als Kapitelsaal der Ritter zum Schwarzen Adlerorden. Trotz späterer Eingriffe bildete das Schlütersche Raumkonzept mit den eingestellten korinthischen Vollsäulen, auf denen Emporen ruhten, bis zuletzt die kunsthistorisch wesentliche Raumschicht. Dies gilt vor allem für die aufwendig stuckierte Decke des anderthalbgeschossigen Raumes, dem durch eine Laterne zusätzliches Licht von oben zugeführt wurde.

Die Bildergalerie

Die langgestreckte Bildergalerie entstand gegen 1710 nach Entwürfen Johann Friedrich Eosanders, der die gesamte nach Westen orientierte und um den Großen Schlosshof herum geführte Schlosserweiterung leitete und dabei ähnliche Vollmachten wie sein Vorgänger Schlüter genoss. Das Gewölbe der eigentlichen Galerie und die Decke des westlich anschließenden Vorraumes waren mit Stuckaturen und Malereien dekoriert, deren Farbigkeit mehr als ein Dutzend Farbdias überliefert. Unter den Malereien ragten die vier Bilder in den Lünetten hervor, Szenen aus der jüngsten preußischen Geschichte, die der aus Charlottenburg bekannte Maler Anthonie Coxcie gemalt hatte. Aufgrund ihres Fassungsvermögens kam der Galerie eine besondere Rolle innerhalb der Festsuite zu, zugleich waren hier selbstverständlich Teile der königlichen Gemäldesammlung untergebracht. Kaiser Wilhelm II. stattete sie noch 1916 mit den sogenannten Kurfürsten-Teppichen aus, die Friedrich III. gegen 1690 in Auftrag gegeben hatte, um an die Feldzüge seines Vaters zu erinnern. Sie befanden sich seit jeher im Berliner Schloss, werden heute jedoch in Schloss Oranienburg ausgestellt. Anton von Werners Gemälde „Eröffnung des Reichstags im Jahr 1888″, die im direkt benachbarten Weißen Saal stattfand, hing nach seiner Vollendung im Vorraum der Gemäldegalerie und befindet sich heute im Deutschen Historischen Museum.

Die Bildergalerie
Der Weiße Saal

Der Weiße Saal

König Friedrich I. hatte an dieser Stelle eine große Schlosskapelle geplant, doch sein Sohn und Nachfolger Friedrich Wilhelm I. gab das Projekt auf und richtete statt dessen 1728 den ersten Weißen Saal ein. Friedrich Wilhelm IV. ließ den Saal 1844/45 durch Friedrich August Stüler tiefgreifend erneuern, ehe er zwischen 1891 und 1895 unter Kaiser Wilhelm II. durch Ernst von Ihne ein weiteres Mal von Grund auf umgestaltet wurde. Seine Grundfläche und Raumhöhe wurden dabei vergrößert, zudem war es möglich, ihm durch die Verbreiterung des Flügels eine Galerie vorzulegen. Die Wandverkleidungen und Säulen bestanden aus echtem Marmor.

Im Gegensatz zu fast allen übrigen Räumen des Schlosses überstand dieser Saal den Feuersturm des Schlosses vom Februar 1945 leidlich und konnte daher schon im selben Jahr provisorisch instandgesetzt werden, so dass hier zwischen 1946 und 1948 mehrere Kunst- und Gedenkausstellungen stattfinden konnten. An diese Tradition könnte ein wiederaufgebauter Weißer Saal ebenso anschließen wie an seine Rolle als herausragender Berliner Festsaal!

Da es sich beim Weißen Saal auch in seiner wilhelminischen Fassung um eine künstlerisch hochrangige und eigenständige Leistung ihrer Zeit handelt, sollte es unstrittig sein, dass allein sie Grundlage einer eventuellen Rekonstruktion sein kann und nicht etwa die erheblich schlechter dokumentierte Stülersche Fassung. Allerdings schließt die neue Architektur des Humboldt-Forums eine Rekonstruktion des Weißen Saals nahezu aus, da sie auf die historische Raumsituation, anders als in den weiter östlich gelegenen Paraderäumen und im Großen Treppenhaus, keinerlei Rücksicht nimmt.

Laden...
Die Lustgartenterrasse

Die Lustgartenterrasse

Die zwischen 1842 und 1846 nach Entwürfen von Friedrich August Stüler und Peter Joseph Lenné errichteten Königlichen Terrassen bildeten einen Puffer zwischen der Schlossfassade mit ihren beiden Portalen und dem 1828–1833 nach Entwürfen Karl Friedrich Schinkels neu angelegten Lustgarten. Sie bestanden aus zwei Teilen, deren erster zwischen den Portalen V und IV und deren zweiter sich von Portal IV bis zur Ecke an der Schlossfreiheit erstreckte. Die Höhe der Futtermauer divergierte zwischen 1,80 und 2,73 Meter und glich somit die Unebenheiten des Geländes aus. Zwei 6 Meter breite Streifen, auf denen Beete angelegt und niedrige Bäumchen gepflanzt wurden, waren durch einen ebenfalls 6 Meter breiten und mit Mosaikpflaster belegten Weg getrennt. Zuletzt war diese aufwendige gärtnerische Gestaltung allerdings schmucklosen Rasenflächen gewichen.

Der 2013 aus dem Wettbewerb „Freiraumgestaltung Umfeld Humboldtforum“ hervorgegangene Siegerentwurf des Berliner Büros bbz Landschaftsarchitekten greift das Motiv der Terrassen in einer modernen Formensprache auf. Allerdings werden sie mit einer Höhe von lediglich 80 Zentimeter über dem Platzniveau nicht die erhabene Stellung der historischen Terrassen erreichen. Die Gesellschaft Berliner Schloss e.V. favorisiert an dieser sensiblen Stelle eine akribische Rekonstruktion der historischen Architektur der Terrassen, die im Einklang mit den Schlossfassaden steht.

Die Rossebändiger

Mit der Fertigstellung der Königlichen Terrassen 1846 ging die Aufstellung der beiden Rossebändiger seitlich von Portal IV einher, die 1842 als Geschenk Zar Nikolaus‘ I. von Russland an seinen Schwager Friedrich Wilhelm IV. nach Berlin gelangt waren. Geschaffen hatte sie der Bildhauer Peter Clodt von Jürgensburg eigentlich für die Anitschkowbrücke in St. Petersburg, auf welcher dann bald nach dem Abtransport der Originale Repliken aufgestellt wurden. Jede der beiden Bronzegruppen stellt ein sich aufbäumenden Pferd und einen daneben stehenden Jüngling, der die Zügel hält, dar.

1945 wurden die Rossebändiger, die den Krieg schadlos überstanden hatten, in den Schöneberger Kleistpark vor das Gebäude des Kammergerichts versetzt, das seit dieser Zeit Sitz des Alliierten Kontrollrats in Deutschland war. Ihre Rückführung vor das Schloss bildet eines der zentralen Anliegen der Gesellschaft Berliner Schloss e.V.

Der Rossebändiger vor dem Berliner Kammergericht
Der Neptunbrunnen

Der Neptunbrunnen (Schlossbrunnen)

Der von Reinhold Begas ab 1888 geschaffene Schlossbrunnen war ein Geschenk des Berliner Magistrats an Kaiser Wilhelm II. Nach seiner Vollendung wurde er auf dem Schlossplatz gegenüber von Portal II und in der Achse der Breiten Straße aufgestellt und am 1. November 1891 feierlich enthüllt. Auf dem hohen Felsblock im Zentrum der Anlage thront der Meeresgott Neptun. Die vier Frauengestalten auf dem Brunnenrand personifizieren die vier ehemals preußischen Ströme Rhein, Elbe, Oder und Weichsel.

1942 wurde der Brunnen eingemauert, so dass er den Krieg ohne größere Schäden überstand. Nach dem Schlossabriss wurden sämtliche Bronzefiguren eingelagert und das marmorne Brunnenbecken zerstört. Seit 1969 befindet sich der Brunnen, ergänzt um eine neugeschaffene Schale, an seinem heutigen Ort unterhalb des Fernsehturms. Erst seit dieser Zeit wird er als Neptunbrunnen bezeichnet.

Die Gesellschaft Berliner Schloss e.V. setzt sich mit zahlreichen anderen Akteuren für die Rückführung des Brunnens an seinen ursprünglichen Standort vor dem Schloss ein.

Das Nationaldenkmal

Das am 22. März 1897 an der Westseite des Schlosses gegenüber von Portal III eingeweihte Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmal gehörte zusammen mit dem Kyffhäuserdenkmal (1888–1896), dem Kaiser-Wilhelm-Denkmal an der Porta Westfalica (1888–1896) und dem Kaiser-Wilhelm-Denkmal am Deutschen Eck in Koblenz (1888–1897) zu den bedeutendsten deutschen Nationaldenkmälern der Wilhelminischen Epoche. Den Mittelpunkt der Anlage bildete das 9 Meter hohe Reiterstandbild Kaiser Wilhelms I., begleitet von einem weiblichen Genius. Die Gruppe stammte von Reinhold Begas, auf dessen Entwurf sämtliche Bildhauerarbeiten am Denkmal zurückgingen und der einige Jahre zuvor bereits den Schlossbrunnen geschaffen hatte. Die Architektur aus mächtigem, in den Spreekanal ragenden Sockel und Kolonnaden basierte auf Plänen von Gustav Halmhuber.

Im Krieg kaum beschädigt, wurde das Denkmal dennoch 1950 abgetragen. Erhalten blieb immerhin der Sockel samt seinem – erst neuerdings beseitigten – Fußbodenmosaik. Auf ihm entsteht nun das Freiheits- und Einheitsdenkmal, umgangssprachlich auch als Wippe bezeichnet. Die meisten Bronzefiguren des Denkmals wurden 1950 eingeschmolzen. Lediglich die von August Kraus und August Gaul geschaffenen Löwen, die um das Postament des Reiterstandbilds angeordnet waren, haben sich im Tierpark Friedrichsfelde erhalten. Ein bronzener Adler befindet sich im Märkischen Museum.

Das Nationaldenkmal Kaiser Wilhelm
Das Reiterstandbild

Das Reiterstandbild

Andreas Schlüters Reiterstandbild des Großen Kurfürsten, das seit 1703 auf der Langen Brücke schräg gegenüber dem Berliner Schlosses stand, war bis zum Krieg das kunsthistorisch bedeutendste Monument innerhalb des Schlossbezirks. Wie mit seiner Architektur der Schlossfassaden gelang Schlüter auch hier ein Werk von internationalem Rang, das Berlin auf eine Stufe mit Rom und Paris stellte. Seit 1952 befindet sich das Denkmal im Ehrenhof von Schloss Charlottenburg.

Dessen Rückführung nach 1989 in die Mitte Berlins an seinen ursprünglichen Ort war insofern aussichtslos, als die Lange Brücke mit ihrem auskragenden Mittelpodest seit 1945 nicht mehr existierte. Zwar musste die Stahlkonstruktion der 1974–1976 entstandenen Rathausbrücke durch einen Neubau ersetzt werden, doch durfte dieser aufgrund verkehrstechnischer Bestimmungen nur stützenlos über die Spree, die hier eine Bundeswasserstraße bildet, geführt werden. Eine Rekonstruktion des Vorkriegszustands kam daher nicht in Frage.