Maximiliansweg von Lindau nach Berchtesgaden: Eine königliche Alpenreise
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Maximiliansweg von Lindau nach Berchtesgaden

Eine königliche Alpenreise

Im Sommer 1858 brach König Maximilian II. zu einer mehr­wöchigen Alpen­reise von Lindau am Boden­see nach Berchtes­gaden auf. Er wollte das bayerische Gebirge besser kennen­lernen. Außer­dem suchte er gezielt den Kontakt zur einfachen Bevölkerung. In Anlehnung an das Ereignis richtet der Deutsche Alpen­verein 1991 den Maximilians­weg ein. Dieser verläuft in 22 Tages­etappen quer durch die Bayerischen Alpen. Die tatsächliche Route des Königs streift er aller­dings nur am Rande. Statt­dessen folgt er weit­gehend dem Euro­päischen Fern­wander­weg E4. Mit der Via Alpina gibt es viele Über­schneidungen. (Stand: )

Vorgeschichte

König Maximilian II. von Bayern
König Maximilian II. von Bayern um 1860. Bild: Franz Hanfstaengl, München (gest. 1877)
Quelle: Wikimedia Commons

Als König Maximilian II. im Sommer 1858 zu einer Fuß­reise von Lindau nach Berchtes­gaden aufbrach, kannte er die Bayerischen Alpen schon weit besser als es die meisten von uns jemals tun werden. Erstmals hatte er sie 1829 im Alter von sieb­zehn Jahren zusammen mit seinem Bruder Otto, dem späteren König von Griechen­land, bereist. Bei dieser Gelegen­heit lernte er die verfallene Burg Hohen­schwangau kennen, die er kost­spielig zu einem roman­tischen Sommer­schloss ausbauen ließ.
Die könig­liche Familie unter­nahm von Hohen­schwangau aus einige durch­aus anstrengende Touren in die umliegenden Berge, beispiels­weise auf den Säuling.
Maximilian besaß zudem zahl­reiche Jagd­hütten, die er regel­mäßig aufsuchte. Sie lagen haupt­säch­lich in den Ammer­gauer Alpen, im Isar­winkel und bei Berchtes­gaden.

Friedrich von Bodenstedt
Friedrich von Boden­stedt um 1860. Bild: Franz Hanfstaengl, München (gest. 1877)
Quelle: Wikimedia Commons

Teilnehmer und Durchführung

König Maximilian II. reiste ohne Familien­mit­glieder. Sein Bruder Luitpold, der spätere Prinz­regent, war ledig­lich am Anfang kurz anwesend. Neben dem Dienst­personal begleiteten den König als persön­liches Gefolge vor allem Militärs sowie die Schrift­steller Wilhelm Heinrich Riehl (1823–1897), Franz von Kobell (1803–1882) und Friedrich von Bodenstedt (1819–1892). Riehl leitete die könig­lichen Presse­angelegen­heiten. Kobell war ein alter Jagd­freund. Der Nieder­sachse Boden­stedt hatte damals eine Professur in München inne. Maximilian soll dessen Bücher sehr geschätzt haben.
Die Führung über­nahm der bayerische General Ludwig von der Tann (1815–1881).

Das mit der Fuß­reise muss man übrigens relativ sehen.Es standen 42 Reit- und Wagenpferde zur Verfügung, außer­dem leichte Berg­wagen für Personen nebst zusätz­lichen Gepäck­wagen. Laut Riehl legten sie 150 Stunden per Pferd, 60 im Wagen und ledig­lich 15 zu Fuß zurück. Eine Feld­küche war eben­falls mit dabei. Meistens speisten sie aber in Gast­höfen und das ziemlich üppig. In jeder Hinsicht also eine Genuss­reise.

Von Lindau in den Bregenzerwald

Lindau Hafeneinfahrt
Die Hafeneinfahrt in Lindau mit dem Löwen­monument und dem Leucht­turm wurde 1856 fertig­gestellt. Quelle: Internet Archive

König Maximilian II. traf am 20. Juni in Lindau ein. Bevor die eigent­liche Alpen­reise begann, unter­nahmen sie Boots­fahrten über den Boden­see und Ausflüge in die Umgebung. Sie besuchten Ermatingen, die Schlösser Arenen­berg und Heiligen­berg sowie die Insel Mainau. Ein klassisches Touristen­programm eben.
Am 24. Juni verließen sie schließ­lich Lindau. Per Wagen fuhren sie über Schwarzach nach Alber­schwende im Bregenzer­wald. Ab da ritten sie auf Norwegern bis Schwarzen­berg1.Es war äußerst schwierig, auf den steilen, ungebahnten Gebirgs­wegen zu Pferd vorwärts zu kommen.Tags darauf herrschte Regen­wetter. Das Quartier wurde in Hittisau2 bezogen mit Blick auf die Gottes­acker­wände.

Anders als das Original verläuft der Maximilians­weg etwas nörd­licher, zunächst eben­falls vom Boden­see nach Hittisau. Von da geht es dann direkt zum Hoch­grat.
Insbesondere die ersten drei Tages­etappen, aber auch viele weitere Teil­abschnitte nutzen viel­fach monotone Teer- und Kies­straßen. Die Beschil­derung ist uneinheitlich oder gar nicht vorhanden. Seit 2019 wird deshalb auf Initiative des Vereins Bayerische Fern­wege eine Verbes­serung mit zahl­reichen Strecken­ver­legungen diskutiert.

Bei Oberstdorf im Illertal

Einödsbach
Trettach­spitze, Mädele­gabel und Hoch­frott­spitze bei Einöds­bach. Bild: Hermann Ludewig, Leipzig
Quelle: Foto von alter Ansichtskarte (Eigenbesitz)

Am 26. Juni erreichten sie über Sibratsgfäll wieder bayerisches Gebiet. Durch das Balder­schwanger Tal und mit Mittags­pause in Tiefen­bach kamen sie am Abend in das festlich geschmückte Sonthofen. Den nächsten Tag verbrachte die Gesell­schaft ohne besondere Unter­nehmungen rastend im Jagd­haus des Prinzen Luitpold bei Oberst­dorf.
Was das genaue Ziel der miss­lungenen Berg­tour am 28. Juni von Einöds­bach3 aus hätte sein sollen, bleibt unklar. Angeblich waren es die Schnee­felder am Ursprung der Trettach, was geo­grafisch aller­dings nicht passen kann. Ob sie wohl zum Rappen­see wollten?Bei Boden­stedt ist von kochenden Tobeln, wild­zerklüfteten Fels­bildungen und einer Riesen­brücke aus Schnee, aber auch von anmutigen Alm­weiden die Rede.Nach dem Bericht von Riehl waren sie dagegen in der Spiel­mannsau. Die Schnee­brücke würde gut zum Sperrbach­tobel passen. Ein Gewitter beendete die Partie jeden­falls vor­zeitig. Über­haupt gestaltete sich das Wetter während der gesamten Reise sehr wechsel­haft. Dem König machte das nach Aussagen seiner Begleiter offenbar wenig aus. Als leiden­schaft­licher Jäger war er es wohl gewohnt.

Grüntenbesteigung

Grüntenhaus
Das 1853 erbaute Grünten­haus war das erste touris­tische Berg­haus in den Bayerischen Alpen. Bild: Wilhelm Scheuchzer, München (gest. 1866)
Quelle: Wikimedia Commons

Die Grüntenbesteigung von Burg­berg aus fand am 29. Juni statt. Sie entwickelte sich ungewollt zu einer Art Volks­fest. Eigent­lich war ein zeitiger Aufbruch geplant. Der König wollte vor der Mittags­hitze am Gipfel sein, weil er bei starker Sonnen­ein­strahlung leicht Kopf­schmerzen bekam. Der Tag begann jedoch ganz unerwartet mit einer längeren Ansprache des Burg­berger Pfarrers, gefolgt von musika­lischen Darbietungen der Kinder und einer Verkostung lokaler Weine vom Grünten.Den Aufstieg flankierten dann Scharen fröhlicher Menschen. Die aller­meisten sahen den König zum ersten Mal und wollten ihn unbedingt begrüßen.Auch die Berg­leute aus den Erz­gruben kamen. Sie gossen danach zur Erinne­rung eine Gedenk­säule, die am ehe­maligen Wein­berg steht. Schließ­lich erreichten die Wanderer trotz aller Verzögerungen doch noch den Grünten­gipfel4.
Am Grünten­haus gab es später ein ausgiebiges Mahl. Spät nachts erst ritten sie weiter nach Bad Hinde­lang. Böller­schüsse begrüßten dort den König. Das ganze Dorf war auf den Beinen.

Der Maximilians­weg führt über die Nagel­fluh­kette ins Iller­tal. Den Grünten lässt er aus. Statt­dessen passiert er den Spieser bei Bad Hinde­lang und verläuft an der Vils nach Pfronten. Von da über­quert er den Falken­stein­kamm nach Füssen.

Nach Hohenschwangau

Schloss Hohenschwangau
Das neugotische Schloss Hohen­schwangau mit dem Säuling im Hinter­grund. Bild: Bernhard Lehrburger, Nürnberg (gest. 1946)
Quelle: Foto von alter Ansichtskarte (Eigenbesitz)

Die nächste Etappe erfolgte am 30. Juni oder nach anderen Angaben erst am 1. Juli. Sie begann früh­morgens mit einem langen Ritt von Bad Hinde­lang über Bad Oberdorf und Schattwald ins Tann­heimer Tal zum Vils­alp­see5.Der Vils­alp­see schaute in melancholischer Einsam­keit zu den steilen Fels­wänden des Gais­horn und Rauh­horn empor, die sich in ihm abspiegeln.Es muss schön gewesen sein am Vils­alp­see ohne die Touristen­massen von heute.
Am Nach­mittag ging es von Tann­heim hinaus ins Lech­tal und stets am Fluss entlang, vorbei an dem bereits damals verbauten Lech­fall zum könig­lichen Schloss in Hohen­schwangau6.
Dringende Regierungs­geschäfte erforderten nun einen mehr­tägigen Aufenthalt. Boden­stedt erkundete derweil die Gegend. Er bestaunte den Pöllat­fall oben vom hölzernen Vorläufer­steg der Marien­brücke aus und besuchte den Aussichts­punkt auf der Jugend. Maximilian hatte rings um das Schloss zahl­reiche Spazier­wege mit Aussichts­punkten anlegen lassen. Beim Wandern am Alp­see und Schwan­see kann man davon noch immer einiges sehen.

Durch das Ammergebirge

Linderhof
Der Linder­hof zur Zeit von Maximilian II., bevor das Schloss erbaut wurde. Quelle: Die Gartenlaube (1886 Heft 38)

Die Reiseroute am 4. Juli verlief vermut­lich entlang der Pöllat durch das Jugend­tal und die Bleckenau. Bei strömendem Regen gelangten sie über Ammer­wald zur Schwaige Linder­hof. Maximilian hatte dort einen Jagd­sitz, den Ludwig II. später zum Rokoko­schloss ausbaute. Auf dem Reit­weg ging es danach hinauf zum könig­lichen Jagd­haus am Brunnen­kopf7, einer ziemlich kargen Unter­kunft. Seit 1922 nutzt der Alpen­verein die Hütte.
Am 5. Juli schüttete es wie gehabt weiter. Ungeachtet dessen wollte der König zusammen mit Boden­stedt zum Plan­see. Durch­nässt kamen sie unten am Linder­hof an. Um trocken zu werden, marschierten sie bei nach­lassendem Regen zu Fuß zum Plan­see. Der Wagen fuhr hinterher.Man fühlt sich hier wie durch unheimliche Zauber­gewalt plötzlich in eine andere Welt versetzt. Das dunkle Wasser und die dunklen Berg­massen, die es einschließen, haben den Reiz einer düster-feierlichen, grabesöden Einsam­keit.Die Begeisterung über den wolken­verhangenen Plan­see hielt sich offenbar in Grenzen.

In den Ammer­gauern läuft der Maximilians­weg land­schaft­lich zu seiner Höchst­form auf. Er klappert den Tegel­berg, die Hoch­platte und den Klamm­spitz­kamm ab. Am Brunnen­kopf streift er kurz das Original. Von Unter­ammergau aus über­schreitet er zuletzt das Hörnle.

Ausflüge im Werdenfelser Land

Kuhflucht
Die Wasser­fälle in der Kuh­flucht sind schon seit Langem eine Touristen­attraktion. Bild: Ferdinand Feldhütter, München (gest. 1898)
Quelle: Die Gartenlaube (1897 Heft 15)

Am 6. Juli gab es ein vollgepacktes Programm. Morgens ging es zunächst zur Partnach­klamm. Anschlie­ßend erkundeten sie das Höllen­tal8 mit der Höllen­tal­klamm. Begehbar waren die beiden Schluchten damals natür­lich noch nicht. Erst ab 1887 durchquerte ein Trift­steig die Partnach­klamm. Den Klamm­steig ins Höllen­tal eröffnete der Alpen­verein erst 1905. Vermut­lich betrachteten sie das Natur­schau­spiel also von oben. Einfache, aus Stamm­holz gebaute Stege existierten bereits jeweils über die Abgründe. Die Stamm­brücke an der Höllen­tal­klamm befand sich jedoch in einem derart desolaten Zustand, dass sie gesperrt war. Als Letztes besuchten sie den Eibsee, der ihnen seltsamer­weise nicht sonderlich gefiel.
Vor der Weiterfahrt nach Mitten­wald machten sie am folgenden Tag trotz eines starken Regen­geplätschers einen Abstecher in die Kuh­flucht9.Wir unter­nahmen noch einen Ritt in die roman­tische Kuh­flucht, der an herrlicher Augen­weide reich war und die ganze Majestät des wilden Gebirges, nebst schneeigen Wasser­fällen und grünen Auen, über­sprenkelt mit Heustadln, an uns vorüber­ziehen ließ.

Das Werden­felser Land ignoriert der Maximilians­weg komplett. Er durch­quert von Eschen­lohe aus die Walchen­see­berge mit dem einzig­artigen Grat­weg vom Heim­garten zum Herzog­stand, dem Joch­berg sowie dem Raben­kopf.

Entlang der oberen Isar

Leutaschklamm
Im 19. Jahr­hundert war die Leutasch­klamm noch unerschlossen. Bild: Gustav Sundblad (gest. 1891)
Quelle: Deutsches Alpenbuch: Die deutschen Hochlande in Wort und Bild (Band 1) von Heinrich Noë

Am 8. Juli inspizierte der König mit seinem Gefolge als Erstes eine Werk­statt der Mitten­walder Geigen­bauer. Danach schauten sie sich die Leutascher Schanz aus den Franzosen­kriegen an und zuletzt die Leutasch­klamm10.
Erneut bei starkem Regen fuhren sie dann am selben Tag durch das wunder­schöne Obere Isar­tal weiter zum könig­lichen Jagd­haus in die Vorder­riß11.Es zog eine wilde Jagd durch die Luft, wie ich sie in solcher Groß­artigkeit noch nie gesehen hatte. Man begriff nicht, woher all die Wolken kamen, die der Sturm in endloser Reihe vor sich hertrieb.Den 9. Juli genossen sie bei ausnahms­weise mal besserem Wetter umher­wandernd am Alt­lacher Hoch­kopf. Die heutige Selbst­versorger­hütte des Alpen­vereins am Hoch­kopf stammt im Kern noch von Maximilian. Die meisten anderen Hütten brannten ja irgend­wann ab oder wurden komplett umgebaut. König Ludwig II. suchte die Hoch­kopf­hütte später regel­mäßig auf. Richard Wagner verbrachte mehr als eine Woche oben. Auf Grund einer Erkältung behielt er den Aufenthalt aber in schlechter Erinne­rung.

Über die Hinterriß zum Achensee

Jagdschloss Hinterriß
Jagd­schloss in Hinter­riß um 1859. Quelle: Die Gartenlaube (1859 Heft 5)

Von der Vorder­riß ritt die Reise­gesell­schaft am 10. Juli in die Hinter­riß12. Die Ansiedlung bestand damals aus einem Franziskaner­kloster mit Gast­hof, einem Forst­haus und einem Jagd­schloss. Ab der Hinteren Riß mussten sie zu Fuß weiter­marschieren. Ziel war Pertisau am Achen­see. Der Weg verlief über das anstrengende Plumser Joch, heute Plums­sattel genannt.Am imposantesten sahen die aus tief dunklem Grün hoch vor uns aufsteigenden nackten, wunderlich gezackten und gewölbten Zinken, Spitzen und Kuppen aus, von denen frisch gefallener Schnee uns augen­blendend entgegen­blitzte.Wieder einmal durch­nässt und erschöpft erreichten sie am frühen Nach­mittag ein paar armselige Alm­hütten am Plums­sattel13. Immer­hin war die Feld­küche schon auf­gebaut. Ein Kuh­stall diente wegen des Neu­schnees und des schneidenden Winds kurzer­hand als Speise­saal. Der Boden wurde mit Stroh ausgelegt, die Tür zur Tafel umfunktioniert. Die eisige Kälte zwang alle dazu, ihre Mäntel anzulassen. Ein paar Kühe, welche Schutz vor einem Hagel­schauer suchten, mussten draußen bleiben.

Plumsalm
So sah die Plumsalm zur Zeit der Alpen­reise aus. Bild: Ludwig Rohbock, München (gest. 1893)
Quelle: Foto von Originalgrafik (Eigenbesitz)

Der Abstieg in die Pertisau gestaltete sich bei strömendem Regen unangenehm rutschig. Per Boot gelangten sie zum Gast­hof Schlolastika in Achen­kirch, wo sie erst in der Dämmerung völlig durch­froren ankamen.

Das Karwendel gehört nicht zum Maximilians­weg. Dieser nimmt im Isar­winkel die Strecke über die Bene­dikten­wand zum Braun­eck. Von Lenggries geht es anschlie­ßend via Geier­stein und Focken­stein nach Bad Wies­see am Tegern­see. Der Über­gang zum Schlier­see erfolgt über die Gindel­alm­schneid.

Kreuth, Tegernsee und Valepp

Rottachtal Wasserfall
Der Weg führte den König von Kreuth durch das roman­tische Rottach­tal in die Valepp. Bild: Wilhelm Scheuchzer, München (gest. 1866)
Quelle: Lenbachhaus Sammlung Online (CC0 1.0)

Vom Achen­see fuhr der König mit seinen Begleitern am 11. Juli nach Wild­bad Kreuth14. Die Kur­anstalt gehörte zu dieser Zeit dem Prinzen Karl von Bayern, einem Sohn von König Maximilian I.
Nach einem Erholungstag in Kreuth machten sie sich am 13. Juli bei fort­dauernd nassem Wetter über Tegern­see und Rottach in die Valepp15 auf. Dort gastierten sie im Forst­haus, welches schon damals als Gast­haus fungierte.Bei Boden­stedt liest man bezüglich der Valepp auch von der Kaiser­klause, obwohl es diese eigent­lich gar nicht mehr gab.Die Kaiser­klause war eine Trift­klause, die dort seit dem ausgehenden Mittel­alter existierte. Sie versorgte die kaiserliche Kupfer­hütte in Brixlegg mit Holz, deshalb der Name. In den 1830er Jahren hatte man die Kaiser­klause aber bereits zu Gunsten der Erzherzog-Johann-Klause aufgegeben. Der Orts­name blieb nach ihrem Ende anscheinend noch eine Weile am Forst­haus kleben.
Die Valepp hat sich seitdem übrigens kaum verändert. Neben dem Forst­haus und der Ochsenalm aus dem 19. Jahr­hundert besteht sie aus einem ehe­maligen Klausen­haus der Holz­knechte von 1683 sowie einer Kapelle von 1710.

Bergtour auf den Wendelstein

Wendelsteingipfel
Im 19. Jahr­hundert standen auf dem Wendel­stein ledig­lich die Wendelin­kapelle, ein Gipfel­kreuz und eine Wetter­fahne. Bild: Richard Püttner, München (gest. 1913)
Quelle: Die Gartenlaube (1887 Heft 6)

Am 14. Juli ging es von Bayrisch­zell auf den Wendel­stein16. Der alte Bürger­meister des Orts leitet die Gruppe. Ab der Hoch­alm, vermut­lich die Wendel­stein­alm, machte ihnen das luftige, gefähr­liche Gelände zu schaffen.Auf schmalen, an steilen Fels­wänden hinauf­laufenden Pfaden, bald im Zick­zack aufsteigend, bald über scharfe Kanten und Fels­vor­sprünge führend, den Blick in die schauerliche Tiefe des jähen Abhangs ziehend.Offenbar nahmen sie nicht den einfachen Steig von Osten über die Reindler Scharte, sondern einen gefähr­lichen Jäger­pfad, wahr­schein­lich den Vorläufer des nicht mehr vorhandenen Stangen­steigs. Die Wendelin­kapelle am Gipfel gab es bereits seit 1718. Das Wendel­stein­haus wurde erst 1883 gebaut.
Beim Abstieg erwartete sie auf der Hoch­alm ein üppiges Fest­mahl mit Gesang und Champagner. Viel Volk aus Bayrisch­zell hatte sich eingefunden. Der späte Rück­weg erfolgte im Schein der Fackeln.
In Bayrisch­zell blieb das freudige Ereignis in lebhafter Erinne­rung. Als Andenken pflanzten die Bayrisch­zeller die Königs­linde. Die Wander­route auf den Wendel­stein heißt bis heute König-Maximilian-Weg.

Am Wendel­stein gibt es eine der wenigen Über­schneidungen der modernen mit der historischen Strecke. Von Fisch­bachau kommend, passiert der Maximilians­weg den Breiten­stein und verläuft vom Wendel­stein hinunter nach Brannen­burg.

Vom Rosenheimer Land ins Inntal

Schloss Brannenburg
Land­schaft Bei Brannen­burg um 1844 mit dem Schloss Brannen­burg und in der Ferne dem Schloss Neu­beuern. Bild: Eduard Schleich, München (gest. 1874)
Quelle: Bayerische Staatsgemäldesammlungen (CC BY-SA 4.0)

Nach der anstrengenden Berg­tour des Vor­tags verbrachten sie den 15. Juli bei heißem Wetter mit Ruder­boot­fahren und Baden am Schlier­see17. Nach­mittags ritten sie hinaus ins flache Land nach Miesbach. Tags darauf musste Maximilian für Regierungs­geschäfte sogar bis Rosen­heim.Viele Gutsbesitzer hatten sich um die Ehre beworben, Seine Majestät auf ihren Besitzungen begrüßen zu dürfen, doch konnten nur wenige dieser Wünsche berück­sichtigt werden.Der italienische Markgraf Pallavicini auf Schloss Brannen­burg18 durfte sich deshalb wohl glücklich schätzen. Er bereitete den Reisenden zum Dank einen fürst­lichen Empfang. Die heutige Gestalt im Stil der englischen Neu­gotik erhielt das Schloss vermut­lich erst einige Jahre später. Der Graf sollte das Schloss bald weiter­verkaufen. Einige Jahre später erschoss er seine Frau in Neapel aus Eifersucht.

Am nächsten Tag, den 18. Juli, bestiegen alle zusammen den Großen Riesen­kopf und kehrten danach auf der Hohen Asten ein.
Der 19. Juli führte den König schließ­lich über Kiefers­felden bis Kufstein, wo er ausnahms­weise die Festung19 besichtigen durfte, auf der politische Gefangene eingesperrt waren.

Kreuz und quer durch den Chiemgau

Hohenaschau
Zeitgenössische Darstellung von Hohen­aschau mit Schloss und Kampen­wand. Bild: Wilhelm Scheuchzer, München (gest. 1866)
Quelle: Wikimedia Commons

Den Chiemgau bereiste König Maximilian kreuz und quer, ohne einen einzigen Berg zu besteigen. Zunächst ging es am 20. Juli von Kufstein nach Reit im Winkl20, dann über Ruhpolding hinaus bis Prien am Chiem­see. Am 23. Juli gab es eine beschau­liche Dampfer­rund­fahrt über den Chiem­see mit Besuch der beiden Inseln.
Der Ausflug am darauf­folgenden Tag hatte Schloss Hohen­aschau21 zum Ziel. Es befand sich nach 250 Jahren Preysing'scher Herr­schaft vorüber­gehend in Besitz eines gewissen Grafen Hugo Waldbott von Bassenheim, der durch seinen ver­schwenderischen Lebens­stil ein riesiges Vermögen durchbrachte.In den großen herr­schaft­lichen Räumen sah es aus, als ob sie seit Jahr­hun­derten unbewohnt geblieben wären. Das verödete Schloss schien seit langer Zeit von den wechselnden Besitzern nur als unnützes Anhängsel behandelt worden zu sein.Theodor von Cramer-Klett, der das Schloss dann 1875 erwarb, hielt es eben­falls für unwohnlich. Erst sein Sohn modernisierte es zu einem komfortablen Wohn­sitz, aller­dings zu derart hohen Kosten, dass es die Familie letztlich veräußern musste. Die Reise­gesell­schaft wählte für das Abend­essen statt des modrigen Hohen­aschau das gemüt­lichere Schloss Niedern­fels22 im Achen­tal. Die Nacht verbrachten sie dann in einem Gast­hof in Unter­wössen. Berg­feuer begrüßten dort den König.

Auch im Chiemgau nimmt der Maximilians­weg wieder wie gehabt die Route über die Gipfel der ersten Reihe, also die Hoch­ries, die Kampen­wand, den Hoch­gern und den Hoch­felln. Von Inzell führt er am Staufen vorbei nach Bad Reichen­hall. Die schöne Staufen-Über­schreitung lässt er seltsamer­weise aus.

Vom Kaiserwinkl nach Berchtesgaden

Sankt Bartholomä am Königssee
Malerischer Ziel­punkt der Reise, Sankt Bartholomä am Königs­see mit der Watz­mann Ost­wand. Bild: Heinrich Hoffmann, Heidelberg (gest. 1933)
Quelle: Foto von alter Ansichtskarte (Eigenbesitz)

Über Kössen gelangten sie am 25. Juli nach Waidring in Tirol, wo der Rest des Tages einmal mehr ins Wasser fiel. Am nächsten Morgen starteten sie bei freund­licherem Wetter nach Lofer23 im Saalach­tal. Der König wollte die Schwarz­berg­klamm bei Unken sehen.Am Eingang schoben sich uns imposante Fels­wände entgegen, durch welche der tobende Gieß­bach sich wild­schäumend hindurch­drängte. Am höchsten zugäng­lichen Punkt befanden wir uns inmitten eines großen, phantastisch gewundenen, aus unter­irdischer Tiefe hoch­aufsteigenden Felsen­saals.Ein wenig dichterisch über­trieben von Boden­stedt. So groß­artig ist die Klamm eigent­lich gar nicht.
Am letzten Reise­tag, den 27. Juli, lagen auf ihrer Route die Orte Bad Reichen­hall, Jetten­berg, Ramsau und Berchtes­gaden. Das Mittag­essen wurde an der Schwarz­bach­wacht24 einge­nommen, einem ehe­maligen Grenz­posten der Fürst­propstei Berchtes­gaden. Es gab dort seit 1817 ein Brunn­haus mit Pumpe und Sole­reserve an der Sole­leitung von Berchtes­gaden nach Bad Reichen­hall. Die letzte voll­ständig erhaltene Anlage dieser Art ist das Brunn­haus Klaus­häusl bei Rottau. Es kann besichtigt werden.

Als krönenden Ausflug der mehr­wöchigen Reise unter­nahmen sie zuletzt eine Boots­fahrt zur Halb­insel Sankt Bartholomä am Königs­see. Die Wall­fahrts­kirche25 mit dem Jagd­schloss dort war im Zuge der Säkulari­sation von der Fürst­propstei Berchtes­gaden an das Wittels­bacher Königs­haus gefallen.