Stark, ehrgeizig, gebildet und charmant soll er gewesen: Markgraf
Karl III.
Wilhelm von Baden-Durlach (1679 – 1738). Als absolutistischer
Herrscher regierte er ab 1709 bis 1738 sein Land, das im Osten
an das Herzogtum Württemberg, im Westen an den Rhein und
Frankreich angrenzte. Während seiner Regierungszeit verlegte
Karl Wilhelm die markgräfliche Residenz von Durlach nach
Carols-Ruhe. Diese weltweit berühmt gewordene und nach ihrem
Gründer benannte, einzigartige Schloss- und Stadtanlage
prägt bis heute das Stadtbild.
Karl Wilhelms Leben stand ganz im Zeichen des Absolutismus
und der barocken Inszenierungen. Mit Magdalene Wilhelmine von
Württemberg
verheiratet, galt seine Leidenschaft jedoch vielmehr seinen legendären
Hofsängerinnen und den Tulpen. Damit erlangte er Berühmtheit
weit über die Landesgrenzen hinaus.
Die Große Landesausstellung widmet sich erstmals der Persönlichkeit
des Gründers von Karlsruhe, der heute nach Stuttgart zweitgrößten
Stadt in Baden-Württemberg. Als Jubiläumsschau nimmt
sie den 300. Stadtgeburtstag zum Anlass, Leben und Wirken des
Markgrafen von Baden-Durlach in drei chronologisch aufeinanderfolgenden
Ausstellungsbereichen am Originalschauplatz zu präsentieren.
Unter den rund 250 Exponaten aus dem In- und Ausland befinden
sich einzigartige und persönliche Objekte, die aus dem markgräflichen
Familienbesitz des Hauses Baden stammen.
Baden und Europa um 1700
Nach Beendigung des Dreißigjährigen Krieges und der
Grenzziehung am Rhein 1648 verschärft sich der Konflikt
zwischen den Häusern Habsburg und Bourbon. Ab der zweiten
Hälfte des 17. Jahrhunderts wird der Oberrhein zum deutsch-französischen
Kriegsschauplatz. Als Folge von Frankreichs Machtpolitik erschüttern
der Holländische Krieg (1672 – 1678) und der sogenannte
Pfälzer Erbfolgekrieg (1688 – 1697) (Reunionskriege)
das Land. Zur Reichsverteidigung wird der Festungsbau entlang
des Rheins massiv vorangetrieben.
Von den feindlichen Auseinandersetzungen zwischen dem französischen
Heer unter König Ludwig XIV. und der Reichsarmee unter dem
Habsburger Kaiser Leopold I. sind auch die rechtsrheinischen
Markgrafschaften Baden-Durlach und Baden-Baden betroffen. Zum
Inbegriff französischer Expansionspolitik wird die Zerstörung
Heidelbergs im Jahre 1693. Mit dem Offizier Ezéchiel du
Mas, Comte de Mélac bekommt die Kriegsstrategie der „verbrannten“ Erde,
der die Markgrafschaft Baden-Durlach zum Opfer fällt, ein
Gesicht. Baden-Durlach gehört dem Schwäbischen Reichskreis
an, der auch bei Ausbruch des Spanischen Erbfolgekrieges (1701 – 1714)
Truppen stellt.
Mit unerschrockenem Muth
Mit Ausbruch des Spanischen Erbfolgekrieges (1701 – 1714)
gerät Baden-Durlach erneut zwischen die Fronten: Sowohl
Frankreich als auch Österreich erheben Anspruch auf den
spanischen Thron. Während sich König Ludwig XIV. mit
Bayern verbündet, geht der österreichische Kaiser Leopold
I. mit Preußen, Holland, England und Portugal eine große
Allianz ein. Die kaiserlichen Truppen werden unterstützt
vom Schwäbischen Kreis, dem auch die Markgrafschaften Baden-Durlach,
Baden-Baden sowie das Herzogtum Württemberg angehören.
Als junger Offizier zieht Karl Wilhelm in die Schlacht. Erste
Verdienste erwirbt er sich 1702 in Landau, wo er unter der Führung
des Reichsgeneralfeldmarschalls Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden-Baden,
bekannt als Türkenlouis, die Franzosen zurücktreibt
und dabei eine Schusswunde am Oberschenkel erleidet. Für
seinen Einsatz in der Schlacht von Friedlingen, die die Vereinigung
der französischen mit den bayerischen Truppen vereitelt,
wird er zum Generalfeldmarschall-Lieutenant ernannt. Bekrönt
wird seine militärische Laufbahn 1708 durch die Ernennung
zum kaiserlichen General-Feldzeugmeister.
Markgraf Karl Wilhelm von Baden-Durlach – Ein Prinz wird
Landesfürst (1709)
Mitten im Krieg erreicht Karl Wilhelm die Nachricht vom schlechten
Gesundheitszustand seines Vaters. Als Friedrich VII. Magnus am
25. Juni 1709 mit 62 Jahren in der Karlsburg in Durlach stirbt,
hinterlässt er Karl Wilhelm, dem zukünftigen Markgrafen
von Baden-Durlach, ein Land mit rund 47. 000 Bewohnern.
Die sogenannte Erbhuldigungsfeier findet am 30. Juli 1709 im
Gasthaus zur Krone in Durlach statt. Alle männlichen Einwohner
aus Durlach und Mühlburg sowie die Bauern aus dem Umland
ab dem Alter von 14 Jahren sind aufgefordert, ihrem neuen Landesherrn
die Treue zu schwören. Die 1600 hierzu auf dem Marktplatz
Versammelten werden von Geheimrat Johann Christoph von Wallbrunn
einzeln in den schwarz verhangenen
Gastraum im 1. Obergeschoss gebeten, wo der Thronfolger Karl
Wilhelm auf einem schwarz bezogenen Baldachinsessel die Treueschwüre
entgegennimmt.
Aus Gründen der Staatsräson verzichtete Karl Wilhelm
auf kostspielige Feuerwerke, Triumphzüge und das sonst übliche
Werfen von Geldmünzen, denn Krieg, Hungersnot und ein strenger
Winter hatten bereits genug Opfer gefordert.
Carols’ruhe: Der Residenzbau und die Stadtgründung
(1715)
Die zerstörte Karlsburg in Durlach, ehemaliger Wohnsitz
der Markgrafenfamilie, sollte nach der Rückkehr aus dem
Basler Exil wieder errichtet werden. Den Auftrag erhielt der
italienische Architekt Domenico Egidio Rossi, der bereits nach
dem Vorbild von Versailles die Residenz in Rastatt erbaute. Doch
das ehrgeizige Bauprojekt des Markgrafen Friedrich VII. Magnus
wurde zu teuer und blieb unvollendet.
Nach seinem Regierungsantritt greift Karl Wilhelm die Idee seines
Vaters, das alte Schloss zu erweitern, wieder auf. Doch auch
dieser Plan scheitert an der engen städtebaulichen Situation
Durlachs, den zu hohen Baukosten und nicht zuletzt an den Durlachern
selbst. Sie zeigen kaum Bereitschaft, Abgaben zu leisten und
ihre Grundstücke zu verkaufen.
In der unbesiedelten Rheinebene nahe Durlach, mitten im markgräflichen
Jagdwald, legt Karl Wilhelm am 17. Juni 1715 den Grundstein zu
seiner neuen Residenz. Nach den Regeln eines idealisierenden
Ordnungsprinzips erbaut, erhebt sich im Zentrum der symmetrischen
Gesamtanlage der Turm. Von hier führen 32 Wege wie die Strahlen
einer Sonne ins markgräfliche Land hinaus. Gleichzeitig
gründet Karl Wilhelm die Stadt Carols’Ruhe, stiftet
den Orden der Treue und lockt mit Privilegien die ersten Siedler
an.
Ein barocker Fürst zwischen Lust und Last
1718 ist es soweit: Nach drei Jahren Bauzeit kann Karl Wilhelm
mit Hofstaat und Verwaltung sein neues Schloss in Karlsruhe beziehen.
In der Karlsburg zurück bleibt seine Frau Magdalene Wilhelmine,
die sich nun auf ein Leben ohne ihren Mann einstellt.
In den folgenden 20 Jahren widmet sich Karl Wilhelm überwiegend
Staats- und Verwaltungsgeschäften. Wichtige Themen sind
die Wirtschaftsförderung, aber auch das Medizin- und Sozialwesen.
Trotz seiner straffen, auf Sparsamkeit bedachten Regierung
widmet sich Karl Wilhelm mit großer Leidenschaft seinen kostspieligen
Neigungen. Wie alle Fürsten seiner Zeit legt auch er großen
Wert auf Prachtentfaltung und Repräsentation. Seine besondere
Liebe gilt der Botanik, insbesondere der Tulpenzucht. Ausgeprägt
ist auch sein Sinn für Musik, Tanz und Theater, weshalb
er sogar ein eigenes Hoftheater mit einem festen Ensemble unterhält.
Einige seiner Hofsängerinnen bewohnen kleine Kammern im
Schlossturm. Die zahlreichen amourösen Abenteuer mit diesen
jungen Damen sind auch Gesprächsthema am französischen
Hof. In Versailles lebt Liselotte von der Pfalz, die Schwägerin
des französischen Königs Ludwig XIV. Empört über
Karl Wilhelms Liebesleben bezeichnet sie ihn als Narr in Folio.
Karls Ruhe
Mit der Geburt der beiden Enkel, Friedrich (1728) und Wilhelm
Ludwig (1732), kehrt Freude ein im Hause Baden-Durlach. Doch
schon 1732 stirbt ihr Vater, Erbprinz Friedrich an der Tuberkulose
und die Mutter, Prinzessin Anna Charlotte von Nassau-Dietz Oranien
wird zum Pflegefall. Karl Wilhelm ist tief getroffen und trägt
seitdem ausschließlich Trauerkleidung. Die Erziehung der
beiden Jungen liegt nun in den Händen der Markgräfin
Magdalene Wilhelmine.
Und wieder herrscht Krieg. Mit Ausbruch des polnischen Erbfolgekriegs
(1733 –1735) begibt sich Karl Wilhelm erneut und ohne Familie
ins Exil nach Basel. Als er 1736 nach Karlsruhe zurückkehrt,
ist sein Testament bereits verfasst.
Einem ersten Schlaganfall folgt bald der zweite: In den frühen
Morgenstunden des 12. Mai 1738, um 4:16 Uhr, stirbt Karl Wilhelm
im Alter von 59 Jahren unter „diefen Seüffzern“ in
seinem Schlafgemach. In der evangelisch-lutherischen Stadtkirche,
der Konkordienkirche, findet er seine letzte Ruhestätte.
KARLS // RUHE // LOUNGE
Nach dem Ausstellungsrundgang betreten Sie nun die „KARLS//RUHE//LOUNGE“,
einen Raum der Kommunikation und Interaktion.
Hier haben Sie Zeit, Ihre eigenen Gedanken zu entwickeln: Wer
war Karl Wilhelm, was ist das Besondere an seiner Person und
an seinem Wirken? Was hat es mit dem Karlsruher Fächer auf
sich? Wenn der Blick auf die Wandprojektion „Karlsruhe
aus dem Weltall“ fällt, ist sogar aus dieser Perspektive
der einmalige Grundriss der Fächerstadt erkennbar.
Treten Sie mit anderen Besuchern in einen Dialog. Tauschen
Sie sich zu diesen Fragen aus oder setzen Sie sich an eine der
interaktiven
Stationen. Gestalten Sie Ihre „Traumstadt“ oder begegnen
Sie dem träumenden Karl Wilhelm in einem Computerspiel.
Vertiefen Sie sich in die Welt des Barock und prüfen Sie
Ihre Kenntnisse auf spielerische Art und Weise. Gehen Sie auf
eine musikalische Zeitreise oder schmökern Sie in der gemütlichen
Leseecke.
Gestärkt und voller neuer Ideen spazieren Sie durch das
heutige Karlsruhe mit anderen Augen! |